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NWB Nr. 13 vom Seite 908

Inanspruchnahme des Haftungsschuldners nach § 71 AO

FG Münster zu Akzessorietät, Festsetzungsfrist und Haftungsumfang

Dr. Marcel Scholz

[i]Zugmaier/Nöcker/Duda, § 71 AO, NWB BAAAH-75655 Ein kürzlich veröffentlichter Beschluss des FG Münster (Beschluss v.  - 7 V 2136/22, NWB SAAAJ-34390) befasst sich mit einigen praxisrelevanten Fragen zur haftungsrechtlichen Inanspruchnahme nach § 71 AO. Nach Ansicht des erkennenden Senats stehen der Eintritt einer Fiskalerbschaft und das damit verbundene Erlöschen der Steuerschulden im Wege der Konfusion dem Erlass eines Haftungsbescheids nach § 71 AO nicht entgegen. Der Grundsatz der Akzessorietät ist insoweit durchbrochen. Ferner droht eine in zeitlicher Hinsicht erweiterte Inanspruchnahme etwaiger Haftungsschuldner, da die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 5 Satz 2 AO auch auf Haftungsbescheide Anwendung finden soll. Zugleich beschränkt das FG Münster den Umfang der Haftung nach § 71 AO in zwei entscheidenden Punkten, indem sowohl eine Haftung für Säumniszuschläge als auch eine Haftung für Nachzahlungszinsen grundsätzlich nicht in Betracht kommen.

I.

[i]FG Münster, Beschluss v. 24.1.2023 - 7 V 2136/22, NWB SAAAJ-34390 In dem der Entscheidung des FG Münster zugrunde liegenden Sachverhalt wurde der Antragsteller als Beteiligter an einer Steuerhinterziehung nach dem Tod des Steuerschuldners gem. § 71 AO als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Die Inanspruchnahme stützte sich im Wesentlichen auf die Erkenntnisse eines Berichts der Steuerfahndung. Die entsprechenden Ermittlungen wurden gegen den Steuerschuldner und den Antragsteller vorgenommen, und die Einleitung des Steuerstrafverfahrens wurde dem Antragsteller bekannt gegeben. Die beachtliche Haftungssumme setzte sich dabei aus Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Zinsen für die Jahre 2008 bis 2017 sowie hierauf entfallende Säumniszuschläge zusammen. Die Vollstreckung gegen den Steuerschuldner war bisher ohne Erfolg geblieben; insbesondere war nach dessen Tod bisher von allen möglichen Erben die Erbschaft ausgeschlagen S. 909worden. Während der Bescheid vom Antragsteller ursprünglich nur wegen eines vermeintlichen Begründungsfehlers angegriffen wurde, der nach Ansicht des Senats zumindest im Verlauf des Verfahrens geheilt worden sei, eröffnete die Fallkonstellation dem erkennenden Senat die Möglichkeit der Stellungnahme zu mehreren ungeklärten Rechtsfragen.