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NWB-EV Nr. 8 vom Seite 244

Umwandlung einer Erbengemeinschaft in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Zugleich Besprechung des

Dr. Rüdiger Werner

Wird ein Erblasser von mehreren Erben beerbt, dann besteht kraft Gesetzes gemäß § 2302 Abs. 1 BGB eine Erbengemeinschaft. Obwohl die Erbengemeinschaft gemäß § 2023 Abs. 2 BGB darauf ausgerichtet ist, auseinandergesetzt zu werden und daher nach dem Willen des Gesetzgebers nur eine Verbindung auf Zeit sein soll, entschließen sich deren Mitglieder häufig dazu, die Auseinandersetzung nicht aktiv zu betreiben, sondern die gemeinschaftliche Verwaltung des ererbten Vermögens auf Dauer anzulegen. In den entsprechenden Fällen wird die Entscheidung regelmäßig nicht dokumentiert. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob die ursprüngliche Erbengemeinschaft noch fortbesteht oder durch die Entscheidung, sich nicht auseinandersetzen zu wollen, eine GbR entstanden ist. Der BFH hat dies in einem jüngst ergangenen Urteil abgelehnt. Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich aus diesem Anlass mit dieser Frage.

Kernaussagen
  • Ein identitätswahrender Formwechsel einer Erbengemeinschaft in eine GbR ist nach dem UmwG nicht möglich. Es bleibt jedoch die Möglichkeit, eine Erbengemeinschaft dadurch in eine GbR umzuwandeln, dass die Mitglieder der Erbengemeinschaft eine Vereinbarung über die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft treffen, eine neue Personengesellschaft gründen und sodann die Nachlassgegenstände aus dem Bestand der Erbengemeinschaft als Einlage in die neue Gesellschaft einbringen.

  • Diese Möglichkeit besteht insbesondere dann, wenn im Zusammenhang mit der vollzogenen Umwandlung keine Vermögensgegenstände betroffen sind, deren Übertragung formbedürftig ist.

  • Selbst im Fall der Übertragung einer Immobilie von der Erbengemeinschaft auf eine aus den Mitgliedern der Erbengemeinschaft bestehende GbR ist fraglich, ob § 311b BGB anwendbar ist. Es bestehen erhebliche Zweifel an der Annahme, dass auf diese Übertragung die Formvorschrift des § 311b BGB anzuwenden ist.

I. Sachverhalt

In dem dem Urteil des BFH zugrundeliegenden Sachverhalt stritten die Beteiligten über die steuerliche Behandlung von Einnahmen bzw. Aufwendungen aus einem Swap-Geschäft in den Streitjahren 2008 bis 2012. Klägerin und Revisionsbeklagte war die X- und Y-GbR Grundstücksgemeinschaft. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts soll diese aus einer Erbengemeinschaft hervorgegangen sein. Gesellschafter der GbR waren die Geschwister A, B und C. Diese hatten zum diverse Grundstücke geerbt. Darunter befand sich auch ein Grundstück, auf dem die D-GmbH ein Hotel betrieb. Zum Erbe gehörten weiterhin sämtliche Geschäftsanteile an der D-GmbH. Gegenstand des Verfahrens waren neben den in den angefochtenen Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen zur Höhe eines laufenden Gesamtgewinns 2008 bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb sowie zur Höhe eines Überschusses 2008 bis 2012 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch die Feststellungen, nach denen in den festgestellten gewerblichen Einkünften Einkünfte aus Termingeschäften i. S. des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG enthalten waren oder nicht.

II. Das BFH-Urteil

Der BFH stellt sich auf den Standpunkt, aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts nicht entscheiden zu können, ob bzw. inwieweit die streitbefangenen Feststellungen für das richtige Feststellungssubjekt getroffen worden waren. Das Finanzgericht habe nicht näher untersucht, ob bzw. in welchen Streitjahren zwei eigenständige Feststellungssubjekte – nämlich die Klägerin als GbR und eine Erbengemeinschaft bestehend jeweils aus denselben natürlichen Personen (den Geschwistern A, B und C) – als Gesellschafter bzw. Miterben existiert haben oder ob für alle Streitjahre nur von einem Feststellungssubjekt – nämlich der Klägerin – auszugehen sei. Hinterlasse der Erblasser mehrere Erben, dann werde der Nachlass gemäß § 2023 Abs. 1 BGB gemeinschaftliches Vermögen der Erben. Die so entstehende Erbengemeinschaft beruhe nicht auf einem freien Willensentschluss der Miterben, sondern auf der gesetzlichen ErbfolS. 245geordnung, dem Entschluss des Erblassers oder beidem. Sie sei keine werbende Gemeinschaft, sondern erreiche ihren Zweck schon dadurch, dass sie das Vermögen zur Befriedigung der Nachlassgläubiger und zum besten Nutzen der Miterben erhalte.

Im Gegensatz zu einer Personengesellschaft, die auf Willensübereinstimmung beruhe und einen gemeinsamen Zweck verfolge, sei die Erbengemeinschaft als Zufallsgemeinschaft auf gemeinschaftlicher Grundlage zu verstehen, der ein gemeinsamer Zweck fehle. Anders als Personengesellschaften, die grundsätzlich auf Dauer ausgelegt seien, sei die Erbengemeinschaft von vornherein auf ihre Beendigung durch Erbauseinandersetzung angelegt. Dabei können sich die Miterben auch dahingehend auseinandersetzen, dass sie zukünftig in einer Personengesellschaft einen gemeinsamen Zweck verfolgen wollen. Die Auseinandersetzung könne dann in der Weise erfolgen, dass die Erbengemeinschaft notwendig im Wege der Einzelrechtsübertragung den gesamten Nachlass im Bruchteilseigentum einer von den bisherigen Miterben gebildeten GbR übertrage. Ein identitätswahrender Formwechsel in eine GbR nach dem UmwG sei nicht möglich. Eine Identität zwischen einer Erbengemeinschaft und der aus den Miterben gebildeten GbR sei daher nicht gegeben. Seien alle Erbteile auf eine durch die Miterben gebildete Personengesellschaft übergegangen, sei die Erbengemeinschaft beendet.

III. Stellungnahme

1. Identitätswahrende Umwandlung

Das vom BFH gegen die Möglichkeit der identitätswahrenden Umwandlung einer Erbengemeinschaft in eine GbR angeführte Argument des Fehlens eines strukturgleichen Rechtsträgers geht fehl. Tatsächlich ist anerkannt, dass etwa ein kaufmännisches Einzelunternehmen gemäß § 152 UmwG auf einen anderen eintragungsfähigen Rechtsträger ausgegliedert werden kann. Auch eine Erbengemeinschaft kann Träger eines vollkaufmännisch eingerichteten Einzelunternehmens sein. In der Literatur wird allerdings teilweise vertreten, dass die Miterben die Erbengemeinschaft dadurch auseinandersetzen können, dass einvernehmlich die Fortsetzung der gesamthänderischen Bindung auf Zeit oder auf Dauer beschlossen wird. Dies soll zur Folge haben, dass sich die Erbengemeinschaft identitätswahrend umwandelt in eine vertraglich vereinbarte Gesamthandsgemeinschaft, d. h. in eine GbR.

Gegen die Möglichkeit einer identitätswahrenden Umwandlung einer Erbengemeinschaft in eine Personengesellschaft wird weiterhin auf § 1 Abs. 2 UmwG verwiesen, der Umwandlungen i. S von § 1 Abs. 1 UmwG außer in den durch das UmwG geregelten Fällen ausschließt, wenn sie nicht durch ein anderes Bundesgesetz oder Landesgesetz ausdrücklich vorgesehen werden. § 190 Abs. 1 UmwG eröffnet zwar die Möglichkeit eines identitätswahrenden Rechtsträgerwechsels durch Formwechsel in eine andere Rechtsform. Dies ist jedoch nach § 191 Abs. 1 UmwG nur durch den dort vorgesehenen Rechtsträger möglich, zu dem die Erbengemeinschaft jedoch nicht gehört. In derselben Weise fehlen auch landesrechtliche oder bundesrechtliche Bestimmungen, die eine abweichende Regelung von den Vorschriften des UmwG enthalten würden. Wegen des aus § 1 Abs. 2 UmwG abzuleitenden umfassenden Analogieverbots im Umwandlungsrecht ist eine identitätswahrende Umwandlung einer Erbengemeinschaft in eine Personengesellschaft nach dem UmwG ausgeschlossen.