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IWB Nr. 24 vom Seite 1016

Verzinsung von Erstattungsansprüchen nach einem Verständigungsverfahren

FG Münster, Urteil v. 24.11.2021 - 3 K 3403/19 AO

Prof. Dr. Stephan Rasch

[i]FG Münster, Urteil v. 24.11.2021 - 3 K 3403/19 AO, NWB UAAAJ-53861 Am hat das FG Münster ein bereits am gefälltes Urteil veröffentlicht, was aber gleichwohl für die praktische Anwendung durchaus von Interesse ist. Im Verfahren ging es um die Frage, ob die Finanzverwaltung bei der Änderung von Einkommensteuerbescheiden anlässlich des Abschlusses eines Verständigungsverfahrens nach dem DBA Singapur von einer Verzinsung der sich dabei ergebenden Erstattungsbeträge nach § 233a Abs. 2a AO absehen konnte. Die Rechtsfrage ist deshalb besonders relevant, da das Thema Zinsen regelmäßig eine Rolle spielt. Zu beleuchten ist dabei die Fragestellung, ob die Durchführung der Zinsfestsetzung nach § 233, § 233a AO dispositiv ist und damit Gegenstand einer Verständigungsvereinbarung sein kann. Damit zusammen hängt die Frage, ob der abkommensrechtliche Begriff der Steuer steuerliche Nebenabgaben (wozu die Zinsen gehören) umfasst. Wenn das nicht der Fall ist, wäre eine Verständigung hierüber nicht möglich – was noch einmal besonders relevant ist, weil die OECD 2017 ihren Musterkommentar revidiert hat. Dazu kommt die weitere Frage, ob es sich wegen § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO bei der Verständigungsvereinbarung um ein rückwirkendes Ereignis gehandelt hat. Damit würde sich der Beginn des Zinslaufs auf 15 Monate nach dem rückwirkenden Ereignis beziehen. Im konkreten Fall spielte das eine Rolle, weil das Verständigungsverfahren zwischen 2002 und 2017 lief und damit 15 (!) Jahre gebraucht hat. In diesem Beitrag sollen das umfangreich begründete Urteil vorgestellt und die Rechtsfragen untersucht werden.

Kernaussagen
  • Die Behandlung von Erstattungs- bzw. Nachzahlungszinsen nach Abschluss eines Verständigungsverfahrens bleibt unklar. Grundsätzlich handelt es sich bei der Zinsfestsetzung um dispositives Recht.

  • Das FG Münster hat es als zulässig erachtet, dass die Staaten eine Vereinbarung über die Behandlung von Zinsen getroffen haben. International ist die Beurteilung seit dem OECD-Musterkommentar 2017 nicht mehr so eindeutig.

  • Der Abschluss eines Verständigungsverfahrens ist kein rückwirkendes Ereignis i. S. des § 175 AO und begründet damit auch keinen abweichenden Zinslauf i. S. des § 233a Abs. 2a AO.