BAG Urteil v. - 4 AZR 301/22

Eingruppierung eines Tierpflegers - besonders qualifizierte Spezialtätigkeiten - selbständige und verantwortliche Betreuung von Revieren

Gesetze: § 29a Abs 1 S 1 TVÜ-VKA, § 29b Abs 1 S 1 TVÜ-VKA

Instanzenzug: ArbG Gelsenkirchen Az: 2 Ca 914/21 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 3 Sa 1524/21 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2Der Kläger, der eine dreijährige Berufsausbildung zum Tierpfleger in der Fachrichtung Zoo abgeschlossen hat, ist seit 2010 bei der Beklagten als Tierpfleger in der ZOOM Erlebniswelt beschäftigt, zuletzt seit April 2016 als Tierpfleger in dem Bereich Springerpool. Nach dem Arbeitsvertrag vom bestimmt sich das Arbeitsverhältnis „nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (§ 1 Abs. 2 TVÜ-VKA)“. Daneben sollen die für die Beklagte jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung finden.

3Die ZOOM Erlebniswelt ist ein zoologischer Garten, der aus den von der Beklagten als „Reviere“ bezeichneten Einheiten „Afrika 1“, „Afrika 2“, „Afrika 3“, „Alaska“, „Asien“, „Grimberg“, „Bauernhof“ und „Veterinärstation“ besteht. Das „Revier Alaska“, in dem der Kläger eingesetzt wird, ist in den „Bereich Wald“ sowie die beiden weiteren Bereiche „Seelöwenhaus“ und „Braunbären/Rentiere“ untergliedert. Im Waldbereich leben Luchse, Schneeeulen, Waschbären, Elche, Biber, Skunks, Baumstachler, Wölfe und Otter, im Seelöwenhaus neben den Seelöwen Eisbären und bis zum Winter des Jahres 2021 Pelikane. Im Bereich Braunbären/Rentiere leben Kamschatkabären, Europäische Braunbären und Rentiere. Die Tiere sind in Stallungen, Gehegen, Wasserbecken und in Volieren untergebracht. Sie erhalten pflanzliche und tierische Nahrung.

4In der ZOOM Erlebniswelt wird in Frühschicht (7:00 bis 15:48 Uhr) und in Spätschicht (je nach Saison 8:12 bis 17:00 Uhr, 9:12 bis 18:00 Uhr oder 10:12 bis 19:00 Uhr) gearbeitet. Der Kläger wird - ebenso wie die anderen Tierpfleger im „Revier Alaska“ - in der Regel in einen bestimmten „Bereich“ jeweils für die Dauer einer Woche eingeteilt. Dort obliegt ihm die Pflege, Beobachtung, Versorgung (einschließlich Futterzubereitung, Futtergabe und Einstreu) und Beschäftigung der Tiere sowie die Reinigung/Instandhaltung der Unterkünfte und Einfriedungen. Dabei entscheidet er über den Zeitpunkt und die Art und Weise einer Beschäftigung der Tiere, ihre Fütterung im Rahmen der tierärztlichen Vorgaben, die Art der Reinigung der Anlagen sowie darüber, ob die Anlagen funktionsgerecht sind oder Handlungsbedarf besteht. Darüber hinaus bestimmt der Kläger über Kontrollmaßnahmen (Ablauf der Öffnung der Gehege, Verwendung von Abwehrmaterial) sowie über die Eintragung etwaiger Verhaltensauffälligkeiten in digitale Tageszettel. Der Revierleiter, der Vorgesetzte des Klägers, kontrolliert die Arbeitserledigung nicht. Zudem wird der Kläger als Springer sowohl in der Früh- als auch in der Spätschicht aufgrund von Weisungen bereichsübergreifend eingesetzt, etwa bei der Fütterung der Seelöwen und deren Training sowie im Anschluss an Besprechungen der Tierpfleger mit dem Revierleiter. An einem bis zwei Tagen der Woche ist der Kläger in der Spätschicht tätig. In dieser ist nach 15:48 Uhr nur ein Tierpfleger pro Revier und der Zoologische Dienst, der aus dem Zoologischen Direktor, der Tierärztin oder einem Revierleiter besteht, eingesetzt.

5Die Beklagte vergütet den Kläger nach Entgeltgruppe 6 TVöD/VKA. Mit Schreiben vom beantragte der Kläger „eine Höhergruppierung sowie eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7“ rückwirkend ab dem . Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom ab.

6Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei aufgrund seines Höhergruppierungsantrags seit dem Inkrafttreten des Eingruppierungsverzeichnisses Anhang zu Teil A § 11a Landesbezirklicher Tarifvertrag vom zum TVöD im Bereich des KAV NW (TVöD-NRW) idF des Zehnten Änderungstarifvertrags vom (Eingruppierungsverzeichnis) nach Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA zu vergüten. Er werde als Tierpfleger iSd. Entgeltgruppe 7 Abschn. a Nr. 51 Eingruppierungsverzeichnis beschäftigt.

7Der Kläger hat zuletzt beantragt

8Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat den Standpunkt eingenommen, das Vorbringen des Klägers ermögliche nicht den erforderlichen wertenden Vergleich zwischen einer Tätigkeit der Ausgangsentgeltgruppe 6 Abschn. a und derjenigen der Entgeltgruppe 7 Abschn. a Nr. 51 Eingruppierungsverzeichnis. Dem Kläger obliege nicht die verantwortliche Betreuung eines Reviers. Als Springer sei er nur in einzelnen Bereichen des „Reviers Alaska“, nicht aber im gesamten Revier eingesetzt.

9Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Gründe

10Die Revision der Beklagten ist nur teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht durfte die Berufung der Beklagten gegen das klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts nicht insgesamt zurückweisen. Die zulässige Klage ist nicht bereits ab dem , sondern erst ab dem begründet.

11I. Der Antrag ist als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig (dazu etwa  - Rn. 12), insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Durch die Entscheidung über den Antrag wird der Streit der Parteien insgesamt bereinigt. Über weitere Vergütungselemente, insbesondere die Stufenzuordnung, besteht kein Streit (zum anderenfalls bestehenden Erfordernis der Benennung der Stufe im Feststellungsantrag vgl.  - Rn. 15; - 4 AZR 1005/06 - Rn. 15, BAGE 124, 240). Ein Feststellungsinteresse besteht auch für die zu den Hauptforderungen akzessorischen Zinsforderungen ( - Rn. 9 mwN).

12II. Die Klage ist überwiegend begründet. Der Kläger kann seit dem eine Vergütung nach Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA beanspruchen. Die für den Zeitraum vom bis zum geltend gemachten Entgeltansprüche sind dagegen verfallen.

131. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich aufgrund vertraglicher Bezugnahme nach dem TVöD/VKA, dem TVÜ-VKA und den sonstigen für die Arbeitgeberin geltenden Tarifverträgen, darunter der TVöD-NRW und - über § 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA - der bisherige Bezirkszusatztarifvertrag zum BMT-G für den Bereich des Kommunalen Arbeitgeberverbands Nordrhein-Westfalen (BZT-G/NRW) einschließlich des Lohngruppenverzeichnisses zu § 4 Abs. 1 BZT-G/NRW.

142. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts sind für die Eingruppierung des Klägers aufgrund seiner seit dem Jahr 2016 unveränderten Tätigkeit die Regelungen des § 4 Abs. 1 BZT-G/NRW iVm. dem Lohngruppenverzeichnis zu § 4 Abs. 1 BZT-G/NRW (Lohngruppenverzeichnis) sowie der Anlage 3 TVÜ-VKA maßgebend, nicht aber die Nachfolgeregelungen des TVöD-NRW iVm. dem Eingruppierungsverzeichnis.

15a) § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA in der bis zum geltenden Fassung ordnete ua. die Weitergeltung der landesbezirklichen Lohngruppenverzeichnisse gemäß Rahmentarifvertrag zum § 20 BMT-G an. Die Regelungen in § 4 Abs. 1 BZT-G/NRW iVm. dem Lohngruppenverzeichnis wurden durch den TVöD-NRW vom nicht ersetzt. Für Eingruppierungen zwischen dem und dem Inkrafttreten des neuen Eingruppierungsverzeichnisses zum wurden die Lohngruppen der Lohngruppenverzeichnisse nach § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA gemäß dessen Anlage 3 den Entgeltgruppen des TVöD/VKA zugeordnet.

16b) Auch nach Inkrafttreten des Eingruppierungsverzeichnisses zum verbleibt es grundsätzlich bei der bis zum zutreffenden Eingruppierung.

17aa) Nach § 11a Satz 2 TVöD-NRW gilt für Beschäftigte iSd. § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA, die von den Besonderen Teilen Verwaltung, Entsorgung und Flughäfen des TVöD erfasst werden und in einem Arbeitsverhältnis zu einem Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands Nordrhein-Westfalen stehen, das Eingruppierungsverzeichnis im Anhang zu Teil A § 11a TVöD-NRW. Für ihre Überleitung in das Eingruppierungsverzeichnis gilt nach Satz 3 der Tarifregelung Abschnitt IVb TVÜ-VKA entsprechend.

18bb) Nach § 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gelten für die in den TVöD-NRW übergeleiteten Beschäftigten sowie für die zwischen dem Inkrafttreten des TVöD-NRW und dem neu eingestellten Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis über den hinaus fortbesteht, ab dem für (Neu-)Eingruppierungen § 11a TVöD-NRW iVm. dem Eingruppierungsverzeichnis. Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierung anhand dieser Vorschriften fand jedoch anlässlich der Überleitung in das Eingruppierungsverzeichnis nicht statt (§ 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29a Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA). Vielmehr erfolgte die Überleitung nach § 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit. Hierdurch sollten eine „Eingruppierungswelle“ vermieden und die öffentlichen Arbeitgeber entlastet werden ( - Rn. 15; vgl. zu § 29a TVÜ-Länder  - Rn. 21, BAGE 172, 130). Die bisherige Entgeltgruppe ist nach der Protokollerklärung zu § 29a Abs. 1 TVÜ-VKA diejenige, die nach Anlage 1 oder 3 TVÜ-VKA in der bis zum geltenden Fassung der Lohngruppe des BMT-G II, deren tarifliche Anforderungen die Tätigkeit erfüllte, zugeordnet war ( - Rn. 23).

19cc) Eine Ausnahme besteht für die in § 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA geregelte Fallgestaltung. Bei unveränderter Tätigkeit kommt eine Eingruppierung nach dem Eingruppierungsverzeichnis in Betracht, wenn sich danach eine höhere Entgeltgruppe als in der Anlage 1 oder 3 TVÜ-VKA vorgesehen ergibt und der Beschäftigte bis zum auf dieser Grundlage eine höhere Eingruppierung beantragt hat.

20dd) § 29b TVÜ-VKA räumt dem Beschäftigten nicht das Recht ein, zwischen einer Korrektur der nach dem Lohngruppenverzeichnis unzutreffenden Eingruppierung und einer Eingruppierung nach dem Eingruppierungsverzeichnis als der neuen Entgeltordnung zu wählen, wenn sich nach dieser keine höhere, sondern dieselbe Entgeltgruppe ergibt. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift („höhere Entgeltgruppe“) und deren Überschrift („Höhergruppierungen“). Für dieses Verständnis sprechen ferner der Regelungszusammenhang mit § 29a Abs. 1 TVÜ-VKA sowie dessen Sinn und Zweck (sh. Rn. 18). Mit einem Wahlrecht wäre zudem die Möglichkeit verbunden, den Fälligkeitszeitpunkt für Entgeltansprüche zu beeinflussen. Aufgrund des konstitutiven Charakters des Höhergruppierungsantrags nach § 29b TVÜ-VKA entstanden die Ansprüche nach der neuen Entgeltordnung erst ab Zugang des Antrags, der bis zum gestellt werden konnte, und wurden erst dann fällig. § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD/VKA ist insoweit - anders als für Ansprüche nach der bisherigen Entgeltordnung - nicht einschlägig ( - Rn. 56). Es ist nicht ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien den Beschäftigten die Möglichkeit eröffnen wollten, durch Stellung eines Höhergruppierungsantrags - unabhängig von dessen tariflich bestimmten Voraussetzungen - den Beginn der Ausschlussfrist nach § 37 Abs. 1 TVöD/VKA für Entgeltansprüche zu beeinflussen.

21c) Für die Eingruppierung des Klägers ist nach den vorstehenden Grundsätzen auch nach Inkrafttreten des Eingruppierungsverzeichnisses noch § 4 Abs. 1 BZT-G/NRW iVm. dem Lohngruppenverzeichnis maßgebend.

22aa) Der Kläger ist Beschäftigter iSd. § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA, da seine Tätigkeit als Tierpfleger vor dem der Rentenversicherung der Arbeiter unterlegen hätte (vgl. §§ 128133 Abs. 2 SGB VI in der bis zum geltenden Fassung). Mangels anderweitiger Erfassung durch besondere Teile des TVöD ist für die Eingruppierung der Besondere Teil Verwaltung des TVöD einschlägig (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 TVöD-BT-V).

23bb) Seit dem wird der Kläger unverändert als Tierpfleger in den drei Bereichen im Rahmen des Springerpools beschäftigt. Soweit die Beklagte erstmals in der Revision behauptet, der Bereich Springerpool sei seit Ende 2016 aufgelöst, handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag, dessen Berücksichtigung in der Revisionsinstanz nach § 559 ZPO ausgeschlossen ist.

24cc) Der Kläger hat zwar mit Schreiben vom fristgerecht einen Antrag nach § 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ/VKA gestellt. Dessen Voraussetzungen sind aber nicht gegeben. Unter Anwendung des Eingruppierungsverzeichnisses kommt wegen der inhaltsgleichen Übernahme des maßgebenden Tätigkeitsmerkmals, der Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Lohngruppen des Lohngruppenverzeichnisses sowie § 4 Abs. 1 BZT-G/NRW keine höhere Eingruppierung des Klägers als aufgrund der Überleitung gemäß der Anlage 3 TVÜ-VKA in Betracht (vgl. Rn. 19). Erfüllte der Kläger das Tätigkeitsmerkmal der Lohngruppe 6 Abschn. a Nr. 58 Lohngruppenverzeichnis „Tierpfleger in zoologischen Gärten, die selbständig und verantwortlich Reviere mit artenreichem Tierbestand mit vielseitigen Futter- und Haltungsbedürfnissen zu betreuen haben“, wäre er nach der Anlage 3 TVÜ-VKA in der bis zum geltenden Fassung ebenfalls in die Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA (Lohngruppe 6 mit Aufstieg nach 7 und 7a Lohngruppenverzeichnis) eingruppiert.

253. Die maßgebenden Eingruppierungsvorschriften lauten wie folgt:

264. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, die vom Kläger auszuübende Tätigkeit sei einheitlich zu bewerten.

27a) Nach § 4 Abs. 1 Unterabs. 1 BZT-G/NRW ist der Arbeiter in die Lohngruppe des Lohngruppenverzeichnisses im Anhang 2 eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte entspricht. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von Unterabsatz 1 abweichendes zeitliches Maß bestimmt, gilt nach § 4 Abs. 1 Unterabs. 2 dieses. Maßgebend ist danach zunächst, ob die Tätigkeit sich als einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit darstellt oder ob es sich um mehrere getrennt zu bewertende Teiltätigkeiten handelt ( - Rn. 28; vgl. zum TVLohngrV  - Rn. 22; grds.  -). Eine etwaig abweichende tarifliche Bewertung bleibt bei der Bestimmung der Gesamttätigkeit außer Betracht (vgl.  - Rn. 19 mwN).

28b) Für die Feststellung, ob der Arbeiter eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit ausübt oder ob seine Tätigkeit aus mehreren jeweils eine Einheit bildenden und gesondert zu bewertenden Teiltätigkeiten besteht, sind die gesamten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen ( - Rn. 14), wobei vorrangig auf die Arbeitsaufgabe abzustellen ist ( - Rn. 36 mwN, BAGE 122, 244). Von einer einheitlichen Gesamttätigkeit ist auszugehen, wenn dem Arbeiter eine einheitliche, nicht weiter trennbare Aufgabe übertragen ist ( -) oder wenn zwischen den ihm übertragenen Aufgaben ein sachlicher Zusammenhang besteht (vgl.  - Rn. 23). Dagegen sind tatsächlich getrennte und nicht im Zusammenhang stehende Tätigkeiten als Teiltätigkeiten getrennt zu bewerten ( - Rn. 22; - 4 AZR 392/79 - [zum TVAL II]; sh. auch  - Rn. 22, BAGE 131, 36).

29c) Bei der Einteilung der Tätigkeiten des Arbeiters hat das Tatsachengericht einen Beurteilungsspielraum. Das Revisionsgericht kann nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht die Begriffe der Gesamt- und Teiltätigkeit als solche erkannt und bei der Subsumtion beibehalten hat, ob es Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat sowie darauf, ob es in sich widerspruchsfrei ist ( - Rn. 14; - 4 ABR 99/08 - Rn. 21, BAGE 131, 36; sh. bereits  -).

30d) Nach diesen Grundsätzen ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die vom Kläger auszuübende Tätigkeit sei eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit, nicht zu beanstanden. Es ist vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen und hat alle wesentlichen Tatsachen des Streitfalls gewürdigt. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger sei die Arbeitsaufgabe der fach- und artgerechten Pflege und Betreuung der Tiere im „Revier Alaska“ während aller Schichten übertragen. Dem stehe nicht entgegen, dass der Kläger in der Regel einem bestimmten Bereich des „Reviers Alaska“ zugeteilt sei. Denn er müsse als Springer während jeder Schicht bereichsübergreifend tätig werden, so dass die verschiedenen Arbeitsschritte tatsächlich nicht schichtbezogen oder stundenweise voneinander getrennt seien.

315. Die vom Kläger auszuübende Tätigkeit entspricht auch den Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der Lohngruppe 6 Abschn. a Nr. 58 Lohngruppenverzeichnis. Er betreut als Tierpfleger in einem zoologischen Garten selbständig und verantwortlich ein Revier mit artenreichem Tierbestand mit vielseitigen Futter- und Haltungsbedürfnissen.

32a) Der Kläger erfüllt die tariflichen Anforderungen der Lohngruppe 5 Abschn. a Lohngruppenverzeichnis. Davon gehen die Parteien übereinstimmend aus. Deshalb konnte sich das Landesarbeitsgericht auf eine pauschale, summarische Prüfung beschränken. Eine solche ist ausreichend, wenn über die Tätigkeit eines Arbeiters zwischen den Parteien kein Streit besteht und diese das maßgebende Tätigkeitsmerkmal übereinstimmend als erfüllt ansehen (st. Rspr., zuletzt zB  - Rn. 34 mwN). Der Kläger verfügt als Tierpfleger in der Fachrichtung Zoo über einen Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf nach dreijähriger Ausbildung (vgl. Verordnung über die Berufsausbildung zum Tierpfleger/zur Tierpflegerin vom - BGBl. I S. 1093) und wird in dem erlernten Fach als Tierpfleger in einem zoologischen Garten beschäftigt.

33b) Der Kläger ist Tierpfleger in zoologischen Gärten iSd. Lohngruppe 6 Abschn. a Nr. 58 Lohngruppenverzeichnis, auch wenn er nur in „einem“ zoologischen Garten beschäftigt ist. Der Plural wird durchgängig in der Norm verwendet. Dies lässt auf seine Verwendung als bloßes Mittel zur Verallgemeinerung schließen (näher dazu  - Rn. 36; - 4 AZR 42/19 - Rn. 20, BAGE 168, 13).

34c) Ihm obliegt die Betreuung eines Reviers iSd. Lohngruppe 6 Abschn. a Nr. 58 Lohngruppenverzeichnis. Revier ist der einem Arbeiter übertragene Tätigkeitsbereich. Das ergibt die Auslegung der tariflichen Regelung (zu den Maßstäben der Tarifauslegung zB  - Rn. 35 mwN, BAGE 164, 326).

35aa) Der Tarifvertrag definiert den Begriff „Revier“ nicht. Bei der Auslegung ist anzunehmen, dass ein Begriff in dem Sinne verwendet wird, der dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem der beteiligten Kreise entspricht, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind ( - Rn. 50 mwN; - 4 AZR 173/19 - Rn. 24, BAGE 170, 214). Nach dem allgemeinen Sprachverständnis versteht man unter einem Revier einen „Tätigkeits-, Aufgabenbereich, in dem jemand sich verantwortlich, zuständig oder ähnliches fühlt“ (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „Revier“; in diesem Sinn zum Tarifbegriff „Revierkellner“  -).

36Der zoologische Revierbegriff iSe. begrenzten Bereichs oder Platzes in der freien Natur, den ein Tier als sein Territorium betrachtet (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „Revier“, sh. auch Lexikon der Biologie Stichwort: „Revier“, www.spektrum.de/lexikon/biologie/revier/56517, zuletzt abgerufen am ) kann aufgrund der Haltungsbedingungen in einem zoologischen Garten, in dem Tiere - wie vorliegend - in Stallungen, Wasserbecken und Volieren untergebracht sind, nicht herangezogen werden. Ein Verständnis der beteiligten Verkehrskreise, unter welchen Voraussetzungen von einem „Revier“ in einem zoologischen Garten auszugehen ist, besteht nicht (anders für eine Station in einem Krankenhaus, die zudem durch die Vorbemerkung Nr. 1 Buchst. b zum Teil B Abschnitt XI Ziffer 2 der Anlage 1 zum TVöD/VKA näher bestimmt wird, vgl.  - Rn. 19, 22). Es fehlt weiterhin an sicheren Anhaltspunkten dafür, die Tarifvertragsparteien hätten an die Bezeichnungen des Betreibers eines zoologischen Gartens für bestimmte Areale und damit zusammenhängende Organisationsentscheidungen (etwa Bestellung eines „Revierleiters“) innerhalb eines zoologischen Gartens anknüpfen wollen.

37bb) Nach diesen Maßstäben ist das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, der Kläger sei „mindestens in drei Revieren (Waldbereich, Seelöwenhaus und Braunbären sowie Rentiere) im tariflichen Sinn tätig“. Ihm ist als Arbeitsaufgabe vielmehr die fach- und artgerechte Pflege und Betreuung der Tiere im gesamten „Revier Alaska“ während aller Schichten übertragen (sh. Rn. 30). In diesem abgegrenzten Tätigkeitsbereich - „Revier“ im tariflichen Sinne - wird er beschäftigt (ähnlich  - für einen „Revierkellner“; für die Tätigkeit eines Revierförsters, bei dem allerdings nach Landesrecht eine bestimmte Größe des Revierforstbezirks vorausgesetzt wird, vgl.  - BAGE 14, 337).

38d) Der Senat kann die weitere erforderliche Prüfung selbst vornehmen, da das Landesarbeitsgericht alle erforderlichen Feststellungen getroffen hat (§ 563 Abs. 3 ZPO).

39aa) Ausreichend ist die Betreuung eines Reviers. Soweit im Tätigkeitsmerkmal der Plural („Reviere“) verwendet wird, ist von seiner Verwendung als bloßes Mittel zur Verallgemeinerung auszugehen (sh. bereits Rn. 33, „zoologische Gärten“).

40bb) Das von dem Kläger zu betreuende Revier verfügt über einen artenreichen Tierbestand mit vielseitigen Futter- und Haltungsbedürfnissen. In den Bereichen des „Reviers Alaska“ leben mindestens 14 verschiedene Tierarten, die vielseitige Futter- und Haltungsbedürfnisse aufweisen. Darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit.

41cc) Der Kläger hat das Revier Alaska auch „selbständig“ und „verantwortlich“ im tariflichen Sinne zu betreuen.

42(1) Nach dem allgemeinen, abstrakten Begriff verlangt Selbstständigkeit eine gewisse eigene Entscheidungsbefugnis über den zur Erbringung seiner Leistungen jeweils einzuschlagenden Weg und das zu findende Ergebnis und damit zugleich auch eine gewisse Eigenständigkeit des Aufgabenbereichs, ohne dass dadurch die fachliche Anleitung oder die Abhängigkeit von Weisungen ausgeschlossen wird ( - Rn. 40 mwN). Unter Verantwortung im Tarifsinn ist die Verpflichtung des Arbeiters zu verstehen, dafür einstehen zu müssen, dass in dem übertragenen Dienst- oder Arbeitsbereich die dort - ggf. auch von anderen Arbeitern - zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsgemäß ausgeführt werden (vgl.  - Rn. 38, BAGE 170, 214; - 4 AZR 6/04 - zu I 2 b bb (3) (b) (aa) der Gründe, BAGE 113, 291). Die Begriffe „Verantwortung“ und „Verantwortlichkeit“ werden dabei in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes synonym verwendet (vgl. zB  -).

43(2) In Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Lohngruppen des Lohngruppenverzeichnisses haben die Tarifvertragsparteien selbst festgelegt, welche Anforderungen hinsichtlich der beiden Merkmale „selbständig“ und „verantwortlich“ ab Lohngruppe 6 Lohngruppenverzeichnis im Hinblick auf die dort in den einzelnen Tätigkeitsmerkmalen aufgeführten „besonders qualifizierten Spezialtätigkeiten“ (Lohngruppe 6 Abschn. a Einleitungshalbsatz Lohngruppenverzeichnis) bestehen (sh. bereits  - zu II 4 c der Gründe). Die Vorbemerkung lautet:

44(3) Danach erfordert das Merkmal „selbständig“, dass der Arbeiter die in den jeweiligen Tätigkeitsmerkmalen genannten Tätigkeiten ohne besondere Anweisung ausführt. Eine gewisse Eigenständigkeit, wie sie bereits aufgrund einer abgeschlossenen Berufsausbildung bei Tätigkeiten erwartet werden kann, genügt dazu nicht. Vielmehr ist erforderlich, dass der Arbeiter die Tätigkeit - im vorliegenden Fall die Betreuung eines Reviers mit artenreichem Tierbestand - grundsätzlich ohne fachliche Anweisung ausübt und unter Beurteilung der bei der Ausübung seiner Tätigkeiten zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen über den zur Erbringung seiner Leistungen jeweils einzuschlagenden Weg und das zu findende Ergebnis selbst entscheidet, ohne dass dadurch eine Abhängigkeit von allgemeinen Weisungen (etwa welche Art von Tätigkeiten durchgeführt werden soll) ausgeschlossen ist. Ferner ist vorausgesetzt, dass der Arbeiter die mit der erweiterten Selbständigkeit einhergehende Verantwortung zu tragen hat.

45(4) Es bedarf daher entgegen der Auffassung der Beklagten keines Vorbringens seitens des Klägers, welches einen wertenden Vergleich mit den Anforderungen der Ausgangslohngruppe ermöglicht. Ein solcher ist nur dann erforderlich, wenn das Tätigkeitsmerkmal der höheren Entgeltgruppe auf dem einer niedrigeren Entgeltgruppe aufbaut und eine zusätzliche tarifliche Anforderung - „Heraushebungs- oder Qualifizierungsmerkmal“ - vorsieht, deren genauer Inhalt sich erst durch eine Darstellung der Tätigkeit in der Ausgangsentgeltgruppe und deren Anforderungen erschließt (ausf.  - Rn. 33 mwN zu einzelnen Qualifizierungsmerkmalen). Das ist vorliegend nicht der Fall, da die Tarifvertragsparteien die Anforderungen „selbständig“ und „verantwortlich“ selbst definiert haben.

46(5) Nach diesen Maßstäben betreut der Kläger das „Revier Alaska“ selbständig und verantwortlich. Er führt die Betreuung der Tiere eigenständig durch, ohne konkrete Anweisungen durch einen Vorgesetzten zu erhalten. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts entscheidet er selbst, welche Aufgaben er wann und in welcher Weise erledigt, wie er die Tiere beschäftigt und sie im Rahmen der tierärztlichen Vorgaben füttert. Ihm obliegt weiterhin die Entscheidung über die Reinigung und die Instandsetzung der Anlagen. Der Kläger trägt für die Betreuung des Reviers - die Arbeitserledigung, deren Ordnungsgemäßheit und sachgerechte Durchführung - auch die volle Verantwortung. Diese Tätigkeit wird nicht durch den Revierleiter kontrolliert. Die Überprüfung der digitalen Tageszettel erfolgt lediglich hinsichtlich des Inhalts der vom Kläger vorgenommenen Dokumentation.

476. Der Kläger hat die sechsmonatige Ausschlussfrist nach § 37 Abs. 1 TVöD/VKA für die Entgeltansprüche ab dem gewahrt. Für die Monate Januar 2017 bis März 2017 sind diese dagegen verfallen.

48a) Der Kläger hat mit seinem Antrag im Schreiben vom , in dem er eine „Höhergruppierung sowie eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7 rückwirkend ab dem “ verlangt, zugleich hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass er mindestens eine Vergütung nach Entgeltgruppe 7 TVöD/VKA beansprucht (zu den Maßstäben einer ausreichenden Geltendmachung ausf.  - Rn. 57 ff.; - 4 AZR 354/21 - Rn. 64 ff.).

49b) Mit seinem Schreiben hat der Kläger allerdings die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD/VKA nicht für alle streitgegenständlichen Entgeltansprüche gewahrt.

50aa) Die Fälligkeit der Entgeltansprüche des Klägers bestimmt sich, da seine Eingruppierung nicht auf dem Höhergruppierungsantrag nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA beruht (Rn. 21 ff.), nach § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD/VKA. Danach erfolgt die Zahlung am letzten Tag des Monats (Zahltag) für den laufenden Kalendermonat.

51bb) Mit dem der Beklagten spätestens am zugegangenen Schreiben sind die Entgeltansprüche ab dem Monat April 2017 fristgerecht geltend gemacht worden. Die Ansprüche für den Zeitraum Januar 2017 bis März 2017 sind dagegen verfallen.

527. Das auf die Zinsforderung bezogene Feststellungsbegehren ist - soweit der Hauptforderung entsprochen wurde - begründet. Durch die Geltendmachung eines Entgeltanspruchs wird die tarifliche Ausschlussfrist auch für Ansprüche auf Zahlung von Verzugszinsen gewahrt. Bei diesen handelt es sich um Nebenforderungen, die von der Hauptforderung abhängig sind ( - Rn. 74 mwN). Die Verzugszinsen (§ 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB) stehen dem Kläger gemäß § 187 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach Eintritt der Fälligkeit (§ 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD/VKA) zu; für die Monate April 2017 bis Oktober 2017 fordert er Zinsen erst ab dem .

53III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu tragen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2023:160823.U.4AZR301.22.0

Fundstelle(n):
BB 2024 S. 116 Nr. 3
HAAAJ-55014