BGH Beschluss v. - 3 StR 414/23

Instanzenzug: Az: 3 StR 414/23 Beschlussvorgehend LG Wuppertal Az: 30 KLs 20/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten B.          wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten S.      hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verhängt wegen „Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wobei er in einem Fall tateinheitlich hierzu sonstige Gegenstände bei sich führte, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt waren, sowie wegen Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“. Zudem hat es die Unterbringung des Angeklagten S.        in einer Entziehungsanstalt sowie einen Vorwegvollzug von einem Jahr und drei Monaten angeordnet. Im Übrigen hat die Strafkammer Einziehungsentscheidungen getroffen, insbesondere gegen den Angeklagten B.       die Einziehung sichergestellter 3.580 € und des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.956.400 €, davon in Höhe von 145.500 € als Gesamtschuldner, angeordnet. Die Revisionen der Angeklagten, welche die Verletzung prozessualen und materiellen Rechts beanstanden, haben mit den Sachrügen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Der Senat hat das Verfahren in Bezug auf Tat 8, hinsichtlich derer der Angeklagte B.      wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist, aus prozessökonomischen Gründen auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO eingestellt. Dies hat eine entsprechende Änderung des den Angeklagten B.       betreffenden Schuldspruchs zur Folge.

3Damit entfällt die für die Tat festgesetzte Einzelstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. Gleichwohl kann die Gesamtstrafe bestehen bleiben, da auszuschließen ist, dass das Landgericht ohne die wegfallende Einzelstrafe auf eine geringere Gesamtstrafe erkannt hätte. Zu der unveränderten Einsatzstrafe von zehn Jahren treten weitere Einzelstrafen von sieben und fünf Jahren, drei Mal vier Jahren und sechs Monaten, vier Jahren sowie einem Jahr und sechs Monaten hinzu. Vor diesem Hintergrund ist es hier nicht von Belang, in welchem Umfang sich die schriftlichen Urteilsgründe mit der eingestellten Tat befassen oder sich die Hauptverhandlung darauf erstreckt hat, zumal sich Letzteres nicht aus dem Urteil ergibt. Gleiches gilt für den vom Revisionsführer vorgebrachten Umstand, in der mündlichen Urteilsbegründung sei auf das internationale Agieren des Angeklagten abgestellt worden. Ungeachtet dessen weisen auch andere Taten grenzüberschreitende Bezüge auf und kann eine prozessordnungsgemäß festgestellte Tat trotz einer Teileinstellung bei der Strafzumessung herangezogen werden (vgl. , NStZ-RR 2019, 153, 154 mwN).

4Infolge der Einstellung ist die angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB) um den Betrag der aus der eingestellten Tat 8 erlangten Kaufpreise in Höhe von insgesamt 74.300 € zu reduzieren (vgl. , NStZ 2022, 95 Rn. 16 f.; Beschluss vom - 1 StR 266/22, StV 2023, 463 Rn. 12). Da außer dem Angeklagten B.        noch ein Mitangeklagter über die Erlöse verfügte und das Landgericht insofern - zutreffend - eine gesamtschuldnerische Haftung angenommen hat, ist der von der Gesamtschuld umfasste Betrag ebenfalls herabzusetzen.

5Ferner ist die Einziehung des Wertes von Taterträgen um den Betrag der eingezogenen 3.580 € zu mindern; denn es ist nach den getroffenen Feststellungen nicht auszuschließen, dass das Geld zumindest teilweise aus den abgeurteilten Taten herrührt. Da weitergehende Feststellungen zur Herkunft des Geldes ausgeschlossen sind und der gleiche Vermögensvorteil insoweit nur einmal abgeschöpft werden darf, ist das eingezogene Geld auf den Wert der Taterträge anzurechnen (vgl. etwa , juris Rn. 8 mwN).

62. Der den Angeklagten S.       betreffende Schuldspruch ist klarstellend dahin neu zu fassen, dass jener unter anderem des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln schuldig ist. Entsprechend ist der Straftatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 Variante 1 BtMG unabhängig davon zu bezeichnen, ob der Täter eine Schusswaffe oder einen sonstigen Gegenstand mit sich führt, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist (vgl. , juris Rn. 2; Urteil vom - 4 StR 334/16, NStZ-RR 2017, 117; zur Reihenfolge der Tatbestände , juris Rn. 4 mwN).

7Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten S.        hat für sich genommen auch nach der durch das Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts - Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vom (BGBl. I Nr. 203) geänderten Rechtslage Bestand. Insoweit ist für die konkret anwendbare Gesetzesfassung nicht der zum in Kraft getretene Art. 316o Abs. 1 EGStGB von Belang, da dieser lediglich die Vollstreckung von vor dem rechtskräftig angeordneten Unterbringungen sowie hier nicht gegebene Sonderkonstellationen nach Art. 316o Abs. 1 Satz 2, Art. 313 Abs. 2 EGStGB betrifft (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 354/23, NStZ-RR 2024, 49; vom - 3 StR 295/23, juris Rn. 6; BT-Drucks. 20/5913 S. 77 f.; 20/9359 S. 23). Die demnach maßgeblichen erhöhten Anforderungen der seit dem geltenden und vom Revisionsgericht zu berücksichtigenden Fassung des § 64 StGB (vgl. etwa , juris Rn. 14 mwN) sind erfüllt, wie den Urteilsgründen in ihrem Zusammenhang noch zu entnehmen ist.

8Indes ist die Dauer des Vorwegvollzuges neu zu bestimmen. Für den Teil der Strafe, der vor der Maßregel zu vollziehen ist, ist nach § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 5 Satz 1 StGB nF entscheidend, dass die Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes nunmehr erst nach Erledigung von zwei Dritteln statt der Hälfte der Strafe in Betracht kommt. Auf Grundlage der hierzu vom Landgericht getroffenen Feststellungen und Wertungen, namentlich angesichts der angenommenen Therapiezeit von zwei Jahren, kann der Senat die Dauer des Vorwegvollzuges selbst berechnen sowie entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ändern (s. , NStZ-RR 2024, 49).

93. Die Kostenfolge ergibt sich hinsichtlich der eingestellten Tat aus § 467 Abs. 1 StPO. Im verbleibenden Umfang lässt es der geringfügige Teilerfolg der Rechtsmittel nicht unbillig erscheinen, die Beschwerdeführer jeweils mit den gesamten Kosten ihrer Rechtsmittel zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Schäfer                                        Paul                                         Hohoff

                      Anstötz                                         Voigt

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:050224B3STR414.23.0

Fundstelle(n):
HAAAJ-61893