BMF - IV C 6 - S 2171-b/19/10001 :001

Einzelwertberichtigung bei Kreditinstituten

Bezug: BStBl 2016 I S. 995

Bezug: BStBl 2019 I S. 1269

Bezug: BStBl 1994 I S. 98

Bezug: BStBl 1980 II S. 327

Bezug: BStBl 2003 II S. 941

Bezug: BStBl 1984 II S. 33

Bezug: BStBl 2009 II S. 100

Bezug: BStBl 2007 II S. 469

Bezug: BStBl 1981 II S. 766

Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind bei Kreditinstituten Einzelwertberichtigungen (EWB) von Kundenforderungen (§ 15 der Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute vom RechKredV – BGBl I S. 3658) steuerlich nur anzuerkennen, soweit sie im Einklang mit den nachfolgenden Grundsätzen gebildet werden:

I. Grundsätze der EWB

1Geldforderungen sind in der Steuerbilanz gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 1 EStG ebenso wie in der Handelsbilanz gemäß § 253 Absatz 1 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB) grundsätzlich mit ihren Anschaffungskosten anzusetzen. Diese entsprechen in der Regel ihrem Nennwert.

2Ist der Teilwert einer Forderung niedriger als ihr Nennwert, weil zweifelhaft ist, ob die Forderung in Höhe des Nennwerts erfüllt werden wird (Ausfallrisiko), so kann statt des Nennwerts der niedrigere Teilwert angesetzt werden, wenn die Wertminderung voraussichtlich dauerhaft ist (§ 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG). Zum Begriff der voraussichtlich dauernden Wertminderung wird auf das (BStBl 2016 I S. 995) verwiesen.

3Bei dem Teilwert handelt es sich um einen ausschließlich steuerrechtlichen Wertbegriff. Er tritt auf Grund des Bewertungsvorbehalts (§ 5 Absatz 6 EStG) für die Steuerbilanz zwingend an die Stelle des handelsrechtlichen Werts. Der Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 3 EStG).

4Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung ist bei Kundenforderungen als Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens gegeben, wenn die Minderung bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz oder dem vorangegangenen Verkaufszeitpunkt anhält. Handelsrechtliche Abschreibungen von Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens, die nach dem strengen Niederstwertprinzip des § 253 Absatz 4 HGB in der Handelsbilanz vorgenommen werden müssen, aber nur einer vorübergehenden Wertminderung unterliegen, dürfen nicht in die steuerliche Gewinnermittlung (nachfolgend Steuerbilanz) übernommen werden.

5Für die Umstände, die zur Bildung einer Wertberichtigung durch eine Teilwertabschreibung berechtigen, trägt das Kreditinstitut die Beweislast. Das Kreditinstitut muss belegen, dass seine Teilwertschätzung eine objektive betriebliche Grundlage hat. Die Ermittlung und Aufzeichnung von Einzelwertberichtigungen mittels eines Datenverarbeitungssystems ist vom Kreditinstitut i. S. des GoBD (BStBl 2019 I S. 1269) zu dokumentieren und maschinell nachprüfbar bereitzustellen. An den dem Bilanzstichtag der Wertminderung folgenden Bilanzstichtagen ist das Wertaufholungsgebot des § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 i. V. m. Nummer 1 Satz 4 EStG zu beachten.

1. EWB dem Grunde nach

6Bei der Bewertung von Forderungen ist der Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Absatz 1 Nummer 3 HGB) zu beachten. Gegenstand der Betrachtung ist das spezielle Ausfallrisiko der jeweiligen Forderung.

7Sind Forderungen mit einem über das latente Ausfallrisiko hinausgehenden akuten Ausfallrisiko behaftet, kann diesem Umstand in der Steuerbilanz im Wege der EWB Rechnung getragen werden. Die Frage, wann ein über das latente Ausfallrisiko hinausgehendes akutes Ausfallrisiko vorliegt, richtet sich in erster Linie nach der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit des Schuldners, die individuell nach dessen Verhältnissen zu ermitteln ist.


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EWB (zweifelhafte Forderungen)
Pauschalwertberichtigung (PWB) (werthaltige Forderungen)
EWB
pauschalierte Einzelwertberichtigung (pEWB)
akutes Ausfallrisiko
latentes Ausfallrisiko
vorliegendes BMF-Schreiben

8Für eine EWB dem Grunde nach reichen bloße Vermutungen oder pessimistische Beurteilungen der künftigen Entwicklung, für die am Bilanzstichtag kein greifbarer Anhaltspunkt vorliegt, nicht aus. Es müssen beim Schuldner bereits Merkmale erkennbar sein, die auf einen nicht vollen Eingang der Forderung schließen lassen. Es muss daher eine Zahlungsstörung vorliegen, die am Bilanzstichtag bereits eine gewisse Zeit besteht und mindestens bis zur Bilanzaufstellung anhält.

9Eine Zahlungsstörung liegt in folgenden Fällen immer vor:

  1. 90 Tage ununterbrochener Zahlungsverzug;

  2. drei aufeinanderfolgende rückständige Raten je Darlehenskonto;

  3. Insolvenzantrag;

  4. Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c Zivilprozessordnung durch den Schuldner oder

  5. Tod des Schuldners bei überschuldetem Nachlass.

Die Kriterien müssen am Bilanzstichtag vorliegen. Eine Zahlungsstörung im Sinne von a) und b) ist am Bilanzstichtag nicht gegeben, wenn die vertraglich vereinbarten Zahlungen wieder regelmäßig geleistet werden. Davon ist auszugehen, wenn bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz mindestens drei aufeinander folgende vertraglich vereinbarte Zahlungen geleistet worden sind.

10Eine Zahlungsstörung kann auch in weiteren Fällen als den in Randnummer 9 genannten vorliegen. Zieht das Kreditinstitut andere Kriterien zur Feststellung einer Zahlungsstörung heran, hat es nachprüfbar aufzuzeichnen, dass am Bilanzstichtag der Teilwert der einzelnen Forderung voraussichtlich dauerhaft wertgemindert ist.

11EWB betreffen Forderungen, die dem Grunde nach bestehen und in die Bilanz aufzunehmen sind, deren Erfüllung aber zweifelhaft ist. Hiervon abzugrenzen sind solche Forderungen, die bilanziell bereits dem Grunde nach nicht anzusetzen sind.

12In Abgrenzung zur EWB ist eine Forderung insbesondere dann in der Steuerbilanz nicht anzusetzen, wenn

  1. ein schwebendes Geschäft vorliegt,

  2. sie unter einer aufschiebenden Bedingung steht und die Bedingung weder eingetreten noch ihr Eintritt am Bilanzstichtag so gut wie sicher ist,

  3. der Schuldner zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben hat oder damit fest zu rechnen ist oder

  4. sie bestritten ist oder damit fest zu rechnen ist und über den Anspruch noch nicht rechtskräftig entschieden wurde oder eine Einigung zwischen den Parteien noch nicht zustande gekommen ist.

13Während ein Ansatz bei Vorliegen dieser Voraussetzungen zwingend ausscheidet, besteht bei EWB das unter Randnummer 2 beschriebene Wahlrecht für eine Wertberichtigung. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn nicht anzusetzende Forderungen in der Steuerbilanz mit einem Erinnerungswert von null ausgewiesen werden, soweit sie auch in der Handelsbilanz als Merkposten enthalten sind.

2. EWB der Höhe nach

14Der Teilwert einer Forderung (§ 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 i. V. m. Nummer 1 Satz 3 EStG) ist der Wert, den ein Erwerber des ganzen Betriebs am Bilanzstichtag für die Forderung bezahlen und zu dem der Veräußerer des ganzen Betriebs sie abgeben würde (, BStBl 1957 III S. 16). Obergrenze für den Ansatz des Teilwerts sind die Anschaffungskosten. Wertuntergrenze ist der losgelöst vom Unternehmen zu erzielende Einzelveräußerungspreis (, BStBl 1980 II S. 327).

15Ein (wegen des Ausfallrisikos) unter ihrem Nennbetrag liegender Teilwert von Forderungen kann im Allgemeinen innerhalb dieser Grenzen nur im Wege der Schätzung ermittelt werden. Dabei kommt dem Ermessen / der Einschätzung des Kreditinstituts besondere Bedeutung zu. Maßgebend ist, ob ein vorsichtig bewertendes Kreditinstitut nach der allgemeinen betrieblichen Erfahrung aus den jeweiligen Umständen des Einzelfalls die Annahme eines – teilweisen – Forderungsausfalls herleiten darf. Die Zahlungsfähigkeit und -willigkeit eines Schuldners sind dabei individuell nach dessen Verhältnissen zu ermitteln.

16Allerdings muss die Schätzung eine objektive Grundlage in den am Bilanzstichtag gegebenen Verhältnissen finden. Bloße Vermutungen oder Beurteilungen der künftigen Entwicklung, für die am Bilanzstichtag kein greifbarer Anhalt vorliegt, reichen nicht aus. Wegen der Schwierigkeiten, ein Ausfallwagnis als einen am Bilanzstichtag nicht sicher vorhersehbaren künftigen Umstand zu beurteilen, können entsprechende betriebliche Erfahrungen der Vergangenheit einen wertvollen Anhaltspunkt für die Schätzung bieten, solange sich die Verhältnisse nicht wesentlich geändert haben (, BStBl 2003 II S. 941).

17Für die Schätzung des Teilwerts sind die Verhältnisse am Bilanzstichtag (Stichtagsprinzip) maßgebend (, BStBl 1984 II S. 33). Dabei sind bis zum Tag der Bilanzerstellung erlangte Kenntnisse über den Wert von Forderungen zum Bilanzstichtag zu berücksichtigen. Als Tag der Bilanzerstellung ist der Tag maßgebend, an dem die Handelsbilanz vom Vorstand (Geschäftsführer) unterschrieben wurde (, BStBl 2009 II S. 100), spätestens jedoch der letzte Tag des dritten auf den Bilanzstichtag folgenden Monats (§ 26 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes - KWG). Auch der Umstand einer späteren (teilweisen) Erfüllung der Forderung kann deren Wert zum Bilanzstichtag „aufhellen“. Der Wertermittlung zugrunde zu legen ist er jedoch nur, wenn er spätestens am Tag der Bilanzerstellung verwirklicht worden ist. Nach dem Tag der Bilanzerstellung eingetretene Umstände oder erlangte Kenntnisse sind unbeachtlich (, BStBl 2003 II S. 941).

a) Allgemeine Schätzungsgrundlagen

18Die Möglichkeit zur Bildung einer EWB dem Grunde nach (Randnummern 6 bis 13) erlaubt in der Regel nicht die sofortige vollständige Abschreibung einer Forderung. Die Forderung ist mit ihrem wahrscheinlichen Wert anzusetzen.

19Die Wertberichtigung ist aus den institutsspezifischen Erfahrungen der Vergangenheit zu ermitteln. Hierbei hat das Kreditinstitut alle Faktoren zu dokumentieren, die den Wert der Forderung am Bilanzstichtag beeinflussen. Hierzu gehören insbesondere der Wert vorhandener Sicherheiten, die Dauer der Zahlungsstörung und der Umfang noch zu erwartender Tilgungsanteile. Die GoBD ( a. a. O.) sind zu beachten. Bei Nichtvorlage dieser Dokumentation gehen die Unsicherheiten zu Lasten des Kreditinstituts.

20Bei der Bemessung der jeweiligen EWB ist dabei beispielsweise zu berücksichtigen, dass

  1. auch im Fall eines Insolvenzantrags regelmäßig keine vollständige Abschreibung möglich, sondern maximal nur auf die Höhe der zu erwartenden Insolvenzquote abzuschreiben ist.

    Bei Ansatz der Insolvenzquote ist jedoch zu beachten, dass im Einzelfall Sicherheiten zu Gunsten der Bank vorhanden sein können, die nicht in die Insolvenzquote fallen (§§ 49 f. der Insolvenzordnung, abgesonderte Befriedigung). In diesen Fällen scheidet ein Ansatz allein nach der Insolvenzquote aus;

  2. durch eigene Beitreibungsmaßnahmen des Kreditinstituts noch Zahlungseingänge auf die zu bewertende Kreditforderung erzielbar sind;

  3. durch den möglichen Verkauf wertberichtigter oder abgeschriebener Forderungen an andere Institute oder Inkasso-Unternehmen nicht unerhebliche Kaufpreise zu erzielen sind oder

  4. eine Restschuldversicherung greifen kann.

21Bei der Ermittlung der Wertberichtigung sind alle noch zu erwartenden Zahlungseingänge auf die zu bewertende Forderung einzubeziehen. Dabei sind die Erfahrungen der Vergangenheit hinsichtlich der konkret zu bewertenden Forderung zu beachten.

b) Unbesicherte Forderungen

22Für die Höhe der EWB bei unbesicherten Forderungen gelten die allgemeinen Schätzungsgrundlagen (Randnummern 18 bis 21).

23Der Teilwert bei unbesicherten Forderungen ist wie folgt zu ermitteln:


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Nennwert der Forderung ./. noch zu erwartende Tilgungsanteile = Wertberichtung
Nennwert der Forderung ./. Wertberichtigung = Teilwert der Forderung

c) Besicherte Forderungen

24Bei besicherten Forderungen gelten ebenfalls die allgemeinen Schätzungsgrundlagen (Randnummern 18 bis 21). Bei der Ermittlung einer EWB ist zunächst der Nennwert der Forderung um den Wert der Sicherheiten am Bilanzstichtag zu mindern (Blankoanteil der Forderung). Eine EWB ist maximal in der Höhe möglich, in der der Blankoanteil der Forderung nicht durch zu erwartende sonstige Tilgungsanteile des Schuldners gedeckt ist. Der Teilwert einer besicherten Forderung entspricht der Summe aus Sicherheitenwert und zu erwartenden sonstigen Tilgungsanteilen.

25Der Teilwert bei besicherten Forderungen ist daher wie folgt zu ermitteln:


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Nennwert der Forderung ./. Sicherheiten = Blankoanteil
Blankoanteil ./. noch zu erwartende sonstige Tilgungsanteile = Wertberichtigung
Nennwert der Forderung ./. Wertberichtigung = Teilwert der Forderung

26Hierbei sind alle Sicherheiten zu erfassen, die der Forderung direkt (enger Sicherheitenzusammenhang, konkrete Zweckerklärung) oder indirekt (weiter Sicherheitenzusammenhang, globale Zweckerklärung) als Sicherheit dienen. Bei der Teilwertermittlung sind auch solche Sachen oder Rechte als Sicherheiten einzubeziehen, die das Kreditinstitut am Bilanzstichtag in seinem Besitz oder seiner Verfügungsmacht hat und auf die sich ein AGB-Pfandrecht des jeweiligen Kreditinstituts erstreckt. Sicherheiten sind in der Regel mit ihrem Verkehrswert (z. B. § 194 Baugesetzbuch) zu bewerten. Abzüge vom Verkehrswert können nur dann vorgenommen werden, wenn sich aus den betrieblichen Erfahrungen der Vergangenheit für die jeweilige Sicherheitenverwertung nachweisbare Kosten ergeben haben, die tatsächlich zu einem geringeren Verwertungserlös führten. Soweit am Bilanzstichtag bereits ein Verwertungsverfahren eingeleitet wurde, kann der Wert der Sicherheit auch mit dem zu erwartenden Verwertungserlös angesetzt werden. Dabei hat das Kreditinstitut die Besonderheiten aus dem jeweiligen Verwertungsverfahren sowie die besonderen Marktverhältnisse bei der Verwertung der betreffenden Sicherheit am Bewertungsstichtag zu berücksichtigen. Eigene Erfahrungen aus der Vergangenheit hat das Kreditinstitut ebenfalls in seine Ermittlungen mit einzubeziehen. Die Randnummer 35 ist zu beachten.

Im Einzelnen gilt zudem:

aa) Grundschulden

27Grundschulden sind mit 100 Prozent der eingetragenen Grundschuld zuzüglich des im Grundbuch individuell eingetragenen dinglichen Zinssatzes für drei Jahre nach Zinslaufbeginn, höchstens in Höhe des Verkehrswerts der mit dieser Grundschuld belasteten Immobilie unter Berücksichtigung der Verwertungskosten anzusetzen.

28Noch valutierende Vorlasten sind ebenfalls unter Berücksichtigung dinglicher Zinsen zu berücksichtigen und deshalb vom Sicherheitenwert abzuziehen.

29Abschläge auf den Verkehrswert im Rahmen der Beleihungswertermittlung des Kreditinstituts sind steuerlich unbeachtlich. Ist die Verkehrswertermittlung nicht auf den Bewertungsstichtag, sondern auf einen früheren Zeitpunkt erfolgt, so ist der ermittelte Verkehrswert auf den Bewertungsstichtag umzurechnen.

bb) Bürgschaften

30Bürgschaften sind unter steuerlichen Gesichtspunkten mit ihrem Nominalbetrag anzusetzen, solange keine Gründe vom Kreditinstitut nachgewiesen worden sind, dass sich die Werthaltigkeit der Bürgschaft seit der Kreditvergabe bis zum Bewertungsstichtag geändert hat.

cc) Sicherungsübereignungen

31Sicherungsübereignete Wirtschaftsgüter sind mit ihrem Verkehrswert anzusetzen. Aus Vereinfachungsgründen kann dieser aus den linear fortgeführten Anschaffungs-/Herstellungskosten abgeleitet werden, soweit dies nicht offensichtlich zu einem unzutreffenden Ergebnis führt.

dd) Bankguthaben und Wertpapierdepots

32Bankguthaben sind mit dem Nennwert am Bilanzstichtag anzusetzen.

33Wertpapierdepots sind mit dem Depotwert am Bilanzstichtag anzusetzen.

d) Kündigung und Fälligstellung der Forderung

34Auch in Fällen der Kreditkündigung und handelsrechtlichen Abschreibung ist der Teilwert der Forderung in der Steuerbilanz nach den vorgenannten Grundsätzen zu jedem Bilanzstichtag neu zu bestimmen.

35Eine Forderung aus einem gekündigten Bankdarlehen, bei dem wegen fehlender Solvenz des Schuldners nur noch mit dem Eingang des den nominalen Forderungsbetrag unterschreitenden Erlöses aus der Sicherheitenverwertung und nicht mehr mit Zinszahlungen gerechnet werden kann, ist dabei auf den Betrag des zu erwartenden Erlöses zu reduzieren und mit dem kreditinstitutsspezifischen Refinanzierungssatz auf den Zeitpunkt abzuzinsen, zu dem mit dem Eingang des Erlöses zu rechnen ist (, BStBl 2007 II S. 469).

3. Besonderheiten bei pEWB

36Forderungen können ebenso wie andere gleichartige Wirtschaftsgüter zu Sammelposten in der Bilanz zusammengefasst und pauschal wertberichtigt werden, wenn die Gemeinsamkeiten die Unterschiede überwiegen und die individuelle Behandlung schwierig oder unzumutbar erscheint (, BStBl 1981 II S. 766).

37Sachverhalte, in denen eine individuelle Betrachtung der einzelnen Kreditforderung erforderlich ist (wie beispielsweise unter § 18 KWG fallende Sachverhalte, Beitreibungsfälle, an die Rechtsabteilung abgegebene Fälle), sind von einer pEWB ausgenommen.

38Bei Massenkreditverfahren erscheint eine strikte Einzelbewertung der Forderungen in der Praxis nicht durchführbar, so dass hier die akuten Risiken durch pEWB abgebildet werden können.

39Der Wert von Sicherheiten, der von individuellen Faktoren abhängt, kann nicht in einem typisierenden Verfahren pauschal bestimmt werden. Eine pEWB ist daher bei besicherten Forderungen nur möglich, wenn auch der Wert aller Sicherheiten pauschaliert ermittelt werden kann. Andernfalls kann ein pEWB-Verfahren nur auf die Differenz zwischen Nennwert der Forderung und dem Wert der Sicherheiten zuzüglich zu erwartender sonstiger Tilgungsanteile angewendet werden.

a) Bildung homogener Gruppen

40Dem Einzelbewertungsgrundsatz wird in Fällen der pEWB dann entsprochen, wenn Einzelforderungen mit gleichen Merkmalen zu homogenen Risikogruppen / Portfolios zusammengefasst und anhand einheitlicher (objektiver) Kriterien mit einem bestimmten EWB-Satz belegt werden. Die Gruppenbildung muss den institutsspezifischen Belangen gerecht werden und die jeweilige Risikogruppe / das jeweilige Portfolio muss hinreichend groß und repräsentativ sein.

41Dabei dürfen pEWB jedoch ausschließlich auf die zahlungsgestörten Forderungsbestände angewandt werden, für die eine EWB dem Grunde nach möglich wäre (akutes Ausfallrisiko). Für die übrigen Forderungsbestände wird auf Randnummer 46 verwiesen.

42Bei der Bildung von pEWB sind insbesondere die vom Kreditinstitut vorgehaltenen Daten der Finanzverwaltung nachvollziehbar offen zu legen.

b) Methoden der pEWB

43Die konkrete Ermittlung der jeweiligen Wertberichtigungsquoten hat insgesamt nach einem einheitlichen Verfahren auf der Grundlage der institutsspezifischen Erfahrungen der Vergangenheit (i. d. R. der letzten fünf Jahre) zu erfolgen. Das Verfahren muss durch das Kreditinstitut ausreichend dokumentiert und durch die Finanzverwaltung nachvollziehbar und überprüfbar sein.

44Hierbei können IT-gestützte Verfahren verwendet werden. Die steuerliche Anerkennung dieser Wertberichtigungsquoten steht dabei unter dem Vorbehalt, dass keine zukünftigen Entwicklungen der Kreditforderungen antizipiert werden dürfen und die Angemessenheit der Wertberichtigungsquoten jährlich überprüft wird (Backtesting). Die Ergebnisse dieser Angemessenheitsprüfung sind der Finanzverwaltung im Rahmen der Prüfung nachzuweisen.

c) Scoringverfahren

45Scoringverfahren können steuerlich nur dann anerkannt werden, wenn die unter den Randnummern 36 bis 44 genannten Kriterien erfüllt sind.

d) Abbildung latenter Ausfallrisiken in einem pEWB-System

46Soweit latente Risiken im Rahmen eines Gruppenbewertungsverfahrens abgebildet werden sollen, kann ein solches Verfahren im konkreten Einzelfall den individuellen Verhältnissen besser Rechnung tragen. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn die so ermittelte Wertberichtigung die maximal zulässige Pauschalwertberichtigungsquote nach dem Berechnungsschema des BMF-Schreibens „Pauschalwertberichtigung bei Kreditinstituten“ vom (a. a. O.) nicht überschreitet.

II. Steuerliches Vereinfachungsverfahren

47Anstelle einer Einzelbewertung nach Abschnitt I kann das Kreditinstitut einheitlich für Forderungen i. S. des § 15 RechKredV die folgende standardisierte EWB mit festen Wertberichtigungsquoten (vgl. Randnummer 57) wählen, deren Berechnung an der Dauer der Zahlungsstörung (Zahlungsverzug) ausgerichtet ist. Das Vereinfachungsverfahren stellt eine von der Finanzverwaltung akzeptierte Teilwertermittlung i. S. des § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG dar.

48Die Entscheidung über die Anwendung des steuerlichen Vereinfachungsverfahrens kann für jedes Wirtschaftsjahr bis zur erstmaligen elektronischen Übermittlung der Bilanz gemäß § 5b Absatz 1 EStG an die Finanzverwaltung getroffen werden. Eine Inanspruchnahme danach ist für dieses Wirtschaftsjahr nicht mehr möglich. Wählt das Kreditinstitut das steuerliche Vereinfachungsverfahren, ist es für dieses Wirtschaftsjahr an diese Entscheidung gebunden.

49Das steuerliche Vereinfachungsverfahren umfasst Forderungen, die einzeln wertberichtigt oder pauschaliert einzelwertberichtigt werden können. Es ist auf den gesamten in Randnummer 47 genannten Forderungsbestand nur einheitlich anzuwenden. Der Wertansatz der Summe dieser Forderungen in der Steuerbilanz darf den zulässigen Ansatz ihrer Summe in der Handelsbilanz nicht unterschreiten.

50Das Vereinfachungsverfahren kann nur in Anspruch genommen werden, wenn das Kreditinstitut die Zahlungsstörung und die Einordnung der jeweiligen Forderung als besichert oder unbesichert für die Finanzverwaltung nachprüfbar elektronisch dokumentiert.

1. Zahlungsverzug

51Das Merkmal Zahlungsverzug im Rahmen des vorliegenden Vereinfachungsverfahrens ist für jede einzelne Forderung separat zu ermitteln. Ein Zahlungsverzug liegt vor, wenn ein Schuldner seine Schuld bis zur vom Gläubiger im Kreditvertrag eingeräumten oder festgelegten Frist nicht vollständig bezahlt.

2. Zahlungsverzug von unter 90 Tagen

52Soweit bei einer Kreditforderung ein Zahlungsverzug von unter 90 Tagen besteht, ist die Forderung mit dem Nennwert anzusetzen. Für diese Kundenforderungen können PWB gemäß (a. a. O.) gebildet werden.

3. Zahlungsverzug von mindestens 90 Tagen

53Ab einem ununterbrochenen Zahlungsverzug am Bilanzstichtag von 90 Tagen ergibt sich die Wertberichtigungsquote durch ratierliche Verteilung der Wertberichtigung im Wertberichtigungszeitraum. Die Berechnung der Wertminderung erfolgt für jede Forderung einzeln. Hierbei wird ein Wertberichtigungszeitraum von insgesamt 300 Tagen unterstellt.

54Bei unbesicherten Forderungen beginnt die Wertberichtigung mit 30 Prozent und erhöht sich alle 30 Tage um weitere 10 Prozent bis zu einer vollständigen Abschreibung nach Ablauf von 300 Tagen Zahlungsverzug. Als unbesichert gelten auch Forderungen, für die zwar ein AGB-Pfandrecht vereinbart ist, das Kreditinstitut am Bilanzstichtag aber keine pfändbaren Sachen oder Rechte des Kunden in seinem Besitz hat.

55Bei besicherten Forderungen beginnt die Wertberichtigung mit 9 Prozent und erhöht sich alle 30 Tage um weitere 3 Prozent bis sich nach Ablauf von 300 Tagen Zahlungsverzug eine Abschreibung von maximal 30 Prozent des Nominalwerts der Forderung auf den pauschalen Sicherheitenwert ergibt. Eine Einzelermittlung der jeweiligen Sicherheitenwerte und zukünftigen Tilgungsleistungen ist bei Anwendung des steuerlichen Vereinfachungsverfahrens ausgeschlossen. Die Höhe des jeweiligen Sicherheitenwerts ist für die Einordnung als besicherte Forderung unerheblich.

56Sind bei besicherten Forderungen alle vorhandenen Sicherheiten verwertet, ist die Forderung vollständig abzuschreiben.

4. Wertberichtigungsquoten des steuerlichen Vereinfachungsverfahrens

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Zahlungsverzug am Bilanzstichtag in Tagen
Wertberichtigungsquote in Prozent
< 90
entsprechend den Regelungen des (a. a. O.)
Unbesicherte Forderungen
Besicherte Forderungen
ab 90
30
9
ab 120
40
12
ab 150
50
15
ab 180
60
18
ab 210
70
21
ab 240
80
24
ab 270
90
27
ab 300
100
30

58Es wird nicht beanstandet, wenn das Kreditinstitut einen aus der erstmaligen Anwendung des Vereinfachungsverfahrens entstehenden Gewinn gleichmäßig auf das Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung des Vereinfachungsverfahrens und die vier folgenden Wirtschaftsjahre verteilt. Die Inanspruchnahme der Nichtbeanstandungsregelung zur Gewinnverteilung hat das Kreditinstitut durch den Ausweis einer entsprechenden Rücklage in der Steuerbilanz darzustellen. Sollte das Vereinfachungsverfahren in einem der vier folgenden Wirtschaftsjahre nicht mehr angewendet werden, ist die Rücklage in dem Wirtschaftsjahr der Abkehr vom Vereinfachungsverfahren vollständig aufzulösen.

59Das Vereinfachungsverfahren aus Abschnitt II darf erst für nach dem endende Wirtschaftsjahre in Anspruch genommen werden. Es ist letztmals für vor dem endende Wirtschaftsjahre anzuwenden. Es ist eine Evaluierung des BMF-Schreibens mit dem Ziel einer praxistauglichen Verlängerung vorgesehen.

Schlussbestimmungen

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt I veröffentlicht. Ab sofort steht es für eine Übergangszeit auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen zur Verfügung.

BMF v. - IV C 6 - S 2171-b/19/10001 :001

Fundstelle(n):
IAAAJ-63601