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BFH Urteil v. - IV R 6/93

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und Herr A sind ... meister. Sie betrieben in den Streitjahren 1971 bis 1982 in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der sie je zur Hälfte beteiligt waren, einen Gewerbebetrieb. Am 2. Januar 1984 wurde gegen den Kläger ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung eingeleitet. Im Rahmen der am selben Tage bei dem Kläger und der GbR begonnenen Steuerfahndungsprüfungen stellte der Prüfer fest, daß der Kläger in den Streitjahren in erheblichem Umfang Bareinzahlungen auf Bankkonten geleistet und Sparkassenbriefe bar angeschafft hatte. Aufgrund einer für den privaten Vermögensbereich erstellten Geldverkehrsrechnung und eines -- ergänzenden -- äußeren Betriebsvergleiches gelangte der Prüfer zu der Auffassung, daß die ungeklärten Ausgabenüberschüsse im wesentlichen aus dem Betrieb herrührten. Er rechnete die den Gewinnen zuzuschätzenden (Netto-)Beträge i. H. von 20 000 DM (1971), 45 945 DM (1972), 12 072 DM (1973), 49 549 DM (1974), 104 954 DM (1975), 81 531 DM (1976), 44 684 DM (1977), 66 785 DM (1978), 23 822 DM (1979), 56 460 DM (1980), 25 663 DM (1981) und 38 495 DM (1982) -- jeweils unter Berücksichtigung erhöhter Gewerbesteuerrückstellungen -- ausschließlich dem Kläger zu, da entsprechende Feststellungen in bezug auf Herrn A nicht hätten getroffen werden können. Der Kläger erhob gegen die vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt -- FA --) entsprechend geänderten, auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) ge stützten Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre vom 7. April 1986 nach erfolglosem Einspruch Klage. Der Kläger wurde vom Vorwurf der Steuerhinterziehung für die Streitjahre rechtskräftig freigesprochen. Einwendungen gegen die Verwertung der strafgerichtlichen Feststellungen im finanzgerichtlichen Verfahren erhoben die Beteiligten nicht. Das Finanzgericht (FG) holte ein Gutachten des FG-Prüfers ein und vernahm Herrn A als Zeugen. Der FG-Prüfer hielt die Geldverkehrsrechnung des Fahndungsprüfers für zutreffend und ermittelte durch eine Nachkalkulation Kalkulationsdifferenzen (netto) i. H. von 25 005 DM (1971), 15 034 DM (1972), 35 464 DM (1973), 14 915 DM (1974), 24 486 DM (1975), 95 579 DM (1976), 38 087 DM (1977), 47 090 DM (1978), 5 493 DM (1979), 8 732 DM (1980), 31 750 DM (1981) und 0 DM (1982). Das FG gab der Klage für die Jahre 1971 bis 1977 und 1982 in vollem Umfang und für die Jahre 1978 bis 1981 teilweise statt. Es stellte fest, daß für die Jahre 1971 bis 1979 die Feststellungserklärungen -- abgesehen von der 1974 abgegebenen Erklärung für 1972 -- in dem auf den jeweiligen auf den Feststellungszeitraum folgenden Jahr und die Einkommensteuererklärungen des Klägers für 1971, 1973, 1975 bis 1977 in dem ersten und die übrigen in dem zweiten auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum folgenden Jahr abgegeben worden sind. Es führte aus: Für die Jahre 1971 bis 1977 sei der Erlaß geänderter Bescheide nur bei Eingreifen der zehnjährigen Verjährungsfrist, die eine Steuerhinterziehung voraussetze, möglich. Eine Steuerhinterziehung könne das Ge richt nur feststellen, wenn es von ihrem Vorliegen überzeugt sei. Dem Steuerpflichtigen könne nicht angelastet werden, daß er bei der Aufklärung des Sachverhalts nicht mitwirke. Das Beweismaß werde allein durch § 96 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz der Finanzgerichtsordnung (FGO) bestimmt. Eine Minderung dieses Beweismaßes verbunden mit einer Schätzungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz FGO) trete in diesem Fall nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. August 1991 X R 86/88 (BFHE 165, 458, BStBl II 1992, 128, 131), das im Einklang mit dem Beschluß des Großen Senats vom 5. März 1979 GrS 5/77 (BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570) stehe, nicht ein. Nach diesen Grundsätzen ergäben sich aus den strafgerichtlichen Feststellungen und dem Gutachten zwar etliche Anhaltspunkte für die Annahme, daß Be triebseinnahmen verkürzt seien; zahlreiche andere Umstände begründeten indes -- entsprechend der Würdigung des Strafgerichts -- letztlich nicht behebbare Zweifel. Für die Jahre 1979 bis 1982 seien die Bescheide noch vor Ablauf der normalen Feststellungsfrist ergangen. Für das Jahr 1978 habe trotz Ablaufs der Feststellungsfrist nach § 181 Abs. 5 AO 1977 ein Bescheid ergehen dürfen, da die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer des Klägers wegen der nach § 171 Abs. 4 AO 1977 eingetretenen Hemmung noch nicht abgelaufen gewesen sei. Da die Geldverkehrsrechnung zutreffend sei und der Kläger die Herkunft der Mittel trotz der ihn treffenden Feststellungslast nicht aufgeklärt habe, be rechtigten die festgestellten Ausgabenüberschüsse ungeachtet der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung die Zuschätzungen. Die weitere Voraussetzung, daß höhere als die erklärten Gewinne erzielt werden konnten, sei durch das Gutachten belegt. Allerdings seien die Hinzuschätzungen entsprechend der Nachkalkulation des FG-Prüfers zu beschränken. Hierzu sei das FG nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO befugt. Die Bedenken der Beteiligten gegen die Zuverlässigkeit der Nachkalkulation seien nicht durchgreifend. Für 1982 entfalle die Hinzuschätzung. Für 1978 bis 1981 könnten die Kal kulationsdifferenzen nur zur Hälfte dem Kläger zugerechnet werden, da kaum vorstellbar erscheine, daß allein der Kläger -- unbemerkt vom Zeugen A -- nicht verbuchte Einnahmen entnommen habe; der Gewinnanteil des Mitgesellschafters bleibe unverändert. Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Fundstelle(n):
BFH/NV 1995 S. 573
BFH/NV 1995 S. 573 Nr. 7
IAAAB-34818

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