BGH Beschluss v. - III ZB 110/05

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 85 Abs. 2; ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4; ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 1

Instanzenzug: LG Düsseldorf 35 O 147/04 vom OLG Düsseldorf I-5 U 66/05 vom

Gründe

I.

Die Beklagte wurde durch Urteil des Landgerichts Düsseldorf zur Zahlung von 58.725 € nebst Zinsen verurteilt. Gegen das ihr am zugestellte Urteil legte sie mit Schriftsatz vom , beim Oberlandesgericht eingegangen am Dienstag, dem , Berufung ein. Mit ihrem Wiedereinsetzungsgesuch vom hat die Beklagte vorgetragen und durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemacht, ihr Prozessbevollmächtigter habe die Berufungsschrift am unterschrieben und seiner Büroangestellten den Auftrag erteilt, den Schriftsatz per Telefax noch am Vormittag des Tages vorab an das Oberlandesgericht zu übermitteln und bei etwaigen Übertragungsproblemen unverzüglich den mandatsführenden Rechtsanwalt zu unterrichten. Die Angestellte habe die Versendung per Telefax jedoch vergessen.

Das Berufungsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei nicht ohne Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten gehindert gewesen, die Berufungsfrist einzuhalten. Der Anwalt sei gehalten, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen Fehlerquellen bei der Behandlung von Fristsachen in größtmöglichem Umfang auszuschließen. Im vorliegenden Fall sei nicht sichergestellt gewesen, dass die Berufungsfristen erst dann gelöscht wurden, wenn der Schriftsatz die Kanzlei so verlassen habe, dass er unter normalen Umständen rechtzeitig bei Gericht eingehe. Mit Rücksicht auf die Risiken beim Einsatz eines Telefaxgerätes komme der Rechtsanwalt seiner Verpflichtung, für eine wirksame Ausgangskontrolle zu sorgen, nur dann nach, wenn er seinen Mitarbeitern die Weisung erteile, auf der Grundlage des Einzelnachweises zu prüfen, ob der Schriftsatz ordnungsgemäß übermittelt wurde und erst nach dieser Kontrolle die entsprechende Notfrist zu löschen. Eine solche Anweisung werde nicht behauptet.

II.

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Rechtsbeschwerde der Beklagten ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Das Rechtsmittel ist auch begründet. An der Versäumung der Berufungsfrist trifft den Prozessbevollmächtigten der Beklagten nach dem glaubhaft gemachten Geschehensablauf kein Verschulden (§ 233 ZPO), das diese sich gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsste. Hiernach hatte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten seiner Rechtsanwaltsfachangestellten K. eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei ihrer Befolgung die Einhaltung der Frist gewährleistet hätte. Auf die Beachtung der Weisung durch Frau K. , die sich bisher als zuverlässig erwiesen hatte, durfte sich der Rechtsanwalt verlassen. Die vom Berufungsgericht vermisste allgemeine Ausgangskontrolle bei Telefaxschreiben ist in Fällen konkreter Einzelanweisungen, deren Befolgung - wie hier - eine Fristwahrung sichergestellt hätte, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht maßgebend (Beschluss vom - XII ZB 56/97 - NJW 1997, 1930; Beschluss vom - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823; Beschluss vom - II ZB 11/01 - NJW-RR 2002, 1289; Beschluss vom - VI ZB 26/03 - NJW-RR 2004, 711, 712). Die Erteilung einer klaren und präzisen Anweisung (vgl. hierzu - NJW-RR 2004, 1361, 1362) steht im vorliegenden Fall nicht in Frage. Ebenso wenig bestehen sonstige Bedenken gegen die beantragte Wiedereinsetzung.

Fundstelle(n):
SJ 2007 S. 43 Nr. 6
NAAAB-98226

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein