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FG Berlin-Brandenburg Beschluss v. - 7 V 7357/07 EFG 2008 S. 182 Nr. 3

Gesetze: AO § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. cFGO § 33 Abs. 1 Nr. 1FGO § 114FGO § 102GG Art. 1 Abs. 1GG Art. 2 Abs. 1GG Art. 5 GG Art. 19 Abs. 4

Entbindung vom Steuergeheimnis bei Verbreitung gravierender unwahrer Behauptungen über ein angebliches willkürliches und schikanöses Verwaltungshandeln einer Finanzbehörde gegen ein Mitglied des Petitionsausschusses und des Abgeordnetenhauses des Landes Berlin

Leitsatz

1. Dass nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO die Offenbarung von grundsätzlich durch das Steuergeheimnis geschützten Verhältnissen zulässig ist, wenn die Offenbarung zur Richtigstellung in der Öffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen erforderlich ist, soll das Vertrauen der Allgemeinheit in die integre Arbeit der betroffenen Behörde schützen. Für die Befugnis zur Offenbarung ist unerheblich, ob der durch das Steuergeheimnis geschützte Steuerpflichtige selbst oder Dritte die unwahren Tatsachen verbreitet haben. Die Entscheidung über die Offenbarung ist eine Ermessensentscheidung, die vom Gericht nur in den Grenzen des § 102 FGO überprüft werden kann (Ausführungen zum Rechtsschutz und Rechtsweg des von einer Offenbarung nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO betroffenen Steuerpflichtigen).

2. Die in der Öffentlichkeit verbreiteten Behauptungen, dass eine Behörde der Finanzverwaltung wegen einer einzigen versehentlich unbezahlten Steuerforderung ohne Vorwarnung das Konto eines Mitglieds des Abgeordnetenhauses und des Petitionsausschusses des Landes Berlin gepfändet und ihn auf diese Weise schikaniert und unter Druck gesetzt habe, weil er sich im Petitionsausschuss für einen Petenten aus dem Dienst der Finanzverwaltung eingesetzt habe, und dass bei dem Abgeordneten ohne sachlichen Grund und zum Zwecke der Einflussnahme im Zusammenhang mit Petitionsverfahren eine Außenprüfung durchgeführt worden sei, haben die betroffene Behörde nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO jedenfalls dann berechtigt, zu den Vorwürfen durch eine Pressemitteilung Stellung zu nehmen und diese Mitteilung über das Internet dauerhaft abrufbar zu machen, wenn die Vorwürfe zur Überzeugung des Gerichts unwahr sind, von dem Abgeordneten aber in der Öffentlichkeit nicht ausgeräumt worden sind (im Streitfall: Pfändung, weil der Abgeordnete erhebliche Steuerrückstände hat und eine Ratenzahlungsvereinbarung nicht eingehalten wurde; eine Außenprüfung fand bei dem Abgeordneten tatsächlich nicht statt).

3. „Unwahre Tatsachen” i.S. von § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO können auch durch unvollständige Sachdarstellungen verbreitet werden.

Tatbestand

Fundstelle(n):
DStRE 2008 S. 453 Nr. 7
EFG 2008 S. 182 Nr. 3
NAAAC-65878

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