NWB Nr. 30 vom Seite 2513

Ein Freiberufler darf nicht alles

Rechtsanwalt Franz-Christian Keil | Hauptgeschäftsführer der Steuerberaterkammer Niedersachsen

Gemeinsamer Internetauftritt von Steuerberatern mit Gewerbetreibenden

Es ist nunmehr höchstrichterlich entschieden, dass ein Steuerberater als Angehöriger eines Freien Berufes nicht mit Gewerbetreibenden gemeinsam Werbung betreiben und auch nicht den Eindruck erwecken darf, dass eine irgendwie geartete Zusammenarbeit vorliegt ( StBSt [R] 3/10 NWB BAAAD-80306). Der BGH hat in seiner Entscheidung festgestellt, dass Steuerberater mit anderen Berufsgruppen keine Werbeplattform im Internet betreiben dürfen und hat den gemeinsamen Vertrieb einer einheitlichen Produktlinie als eine nach § 56 StBerG verbotene Kooperation mit Gewerbetreibenden und zugleich als eine verbotene gewerbliche Tätigkeit i. S. des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG angesehen.

Das OLG Celle hatte zunächst die gleichlautende Entscheidung des zuständigen Landgerichts aufgehoben und den Steuerberater vom Vorwurf einer Berufspflichtverletzung freigesprochen. Die in der veröffentlichten Meinung jedenfalls teilweise zum Ausdruck gekommene Freude über die OLG-Entscheidung war jedoch nicht von langer Dauer. Der BGH hat deutlich gemacht, dass die Berufskammer mit dem Aufgreifen der Sache nicht „ihre Pfründe sichern” und auch nicht als „Hardliner den Steuerberater der alten Schule konservieren” wollte (so Financial Times v. ).

Der Freiberufler genießt in Deutschland ein hohes Ansehen und hat gewisse Privilegien. Der Preis dafür ist die Pflicht zur Beachtung der Berufsgesetze. Dem Steuerberater bleiben gleichwohl moderne Werbemöglichkeiten über das Internet nicht verwehrt. Im vorliegenden Fall hat die Steuerberatungsgesellschaft die Grenze der Werbefreiheit jedoch überschritten und sich selbst auf eine Stufe mit Gewerbetreibenden gestellt.

Die Konsequenzen einer berufsrechtlich unzulässigen gewerblichen Tätigkeit sind für Steuerberater erheblich. Gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 StBerG ist die Bestellung als Steuerberater zu widerrufen, wenn der Berufsangehörige eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf nicht vereinbar ist.

Das OLG als zuständiges Obergericht für berufsgerichtliche Verfahren hat inzwischen die von der Generalstaatsanwaltschaft in dieser Sache betriebenen berufsgerichtlichen Verfahren eingestellt, nachdem der betroffene Steuerberater die vom BGH geforderte Auflage erfüllt hat. In der Sache wird daher keine weitere Entscheidung mehr ergehen.

Die Entscheidung des BGH ist für den Berufsalltag des Steuerberaters von großer Bedeutung, weil sie auch nach der Berufsrechtsreform im Jahr 2010 klarstellt, dass es für die gegenüber Gewerbetreibenden eingeschränkte Werbefreiheit von Freiberuflern gute Gründe gibt.

Die ratsuchende Öffentlichkeit sieht den Steuerberater als qualifizierten Dienstleister und nicht als dynamischen Marketing-Spezialisten. Dieser fundamental anderen Akzentuierung trägt das Berufsrecht Rechnung, sie unterscheidet den Freiberufler vom Gewerbetreibenden.

Franz-Christian Keil

Fundstelle(n):
NWB 2011 Seite 2513
NWB FAAAD-87172