NWB Nr. 20 vom Seite 1633

„Ein Weg durch das Minenfeld”

Reinhild Foitzik | Verantw. Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Kapitalgesellschaften kennen keine Privatsphäre,

das stand für den Bundesfinanzhof schon 1957 fest, Kapitalgesellschaften können nur betrieblich tätig werden, da sie kein Privatleben wie natürliche Personen haben (BStBl 1958 III S. 10). Trotzdem trieb die Frage nach der Privatsphäre der Kapitalgesellschaft – dem „Atlantis des Körperschaftsteuerrechts” wie Thiel/Eversberg es auch bezeichneten (vgl. DStR 1993 S. 1881) – die steuerrechtliche Fachliteratur noch bis Ende der 90ziger Jahre des letzten Jahrhunderts um. Im Dezember 1996 NWB YAAAA-96773 entschied das höchste deutsche Finanzgericht dann ganz deutlich: „Steuerlich gesehen hat eine Kapitalgesellschaft keine außerbetriebliche Sphäre”. Damit ist aber nicht alles, was in der Kapitalgesellschaft geschieht, betrieblich veranlasst. Vielmehr ist zwischen einem betrieblichen und einem gesellschaftsrechtlichen Bereich zu unterscheiden. Zahlungen für private Zwecke des Gesellschafters, die bei einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft als Privatentnahmen zu buchen wären, werden auf einem Verrechnungskonto erfasst; hieraus entsteht eine Forderung der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter. Andererseits kann ein Verrechnungskonto dadurch entstehen, dass der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft liquide Mittel (etwa zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen) zur Verfügung stellt, die bei einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft als Privateinlagen zu behandeln wären; es entsteht eine Verbindlichkeit der Kapitalgesellschaft gegenüber dem Gesellschafter. Diese, auf schuldrechtlichen Verträgen beruhenden Zahlungen müssen aber dem Fremdvergleich standhalten, sonst kommt es zu verdeckten Gewinnausschüttungen bzw. zu verdeckten Einlagen. Wiesch erläutert auf Seite 1660, was es hierbei zu beachten gilt.

Klein anzufangen, um dann ganz groß herauszukommen, ist im Grunde ja nicht verkehrt. Im Steuerrecht allerdings entwickeln sich kleine Vorschriften häufig zu komplexen Regelungen. Dieses Schicksal widerfuhr auch der Neuregelung des Verlustabzugs bei Körperschaften. Im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 als Nachfolgevorschrift zur Mantelkaufregelung als § 8c KStG mit einem einzigen, aus vier Sätzen bestehenden Absatz gestartet, umfasst die Vorschrift heute einen Absatz 1 mit 9 Sätzen, einer „Konzernklausel” sowie einer „Stille-Reserven-Regelung” und einem in seiner Anwendung suspendierten Absatz 1a, besser bekannt als „Sanierungsklausel”. Seinen Absatz 2, die „Private-Equity-Klausel”, hat § 8c KStG wegen Unvereinbarkeit mit EU-Recht verloren, bevor er je zur Anwendung kam. Und nun steht die Vorschrift als Ganzes auf der Kippe, hat doch das Bundesverfassungsgericht ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen. Für Steuerberater ein wahres „Minenfeld”, durch das der Praxisleitfaden von Engelberth auf Seite 1685 sicher führt.

Beste Grüße

Reinhild Foitzik

Fundstelle(n):
NWB 2012 Seite 1633
NWB DAAAE-09099