NWB Nr. 28 vom Seite 2273

„Asbest, Xylamon und Serpula lacrymans”

Professor Dr. Hans-Joachim Kanzler | Rechtsanwalt, Steuerberater, Bad Kreuznach

Gesundheitsgefährdung durch Asbest, Holzschutzmittel und Echten Hausschwamm

Es brauchte mehr als ein Jahrzehnt bis wieder einmal ein Fall zum Abzug außergewöhnlicher Belastungen durch die Asbestsanierung eines Wohngebäudes den BFH beschäftigt hat. Noch mit Urteil vom - III R 6/01 (BStBl 2002 II S. 240) hatte der BFH entschieden, dass derartige Aufwendungen dann als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen seien, wenn durch ein vor Durchführung der Maßnahme erstelltes amtliches Gutachten nachgewiesen ist, dass eine Sanierung zur Beseitigung einer konkreten Gesundheitsgefährdung infolge der Freisetzung von Asbestfasern unverzüglich erforderlich ist. Bereits mit dieser Asbest-Entscheidung ist dem III. Senat des BFH der Versuch gelungen, durch Bildung einer neuen, zwischen Krankheitskosten und Hausratswiederbeschaffung angesiedelten Fallgruppe zu praktikablen Lösungen zu gelangen. Die damals noch zur Missbrauchsabwehr allfällige Forderung nach Vorlage eines vor Durchführung der Sanierungsmaßnahmen erstellten amtlichen Gutachtens hat der VI. Senat in seinen jüngsten Entscheidungen zur Asbest- und Holzschutzmittelsanierung über Bord geworfen. Er sah sich auch nicht durch den neuen § 33 Abs. 4 EStG und die dazu ergangene Rechtsverordnung in § 64 Abs. 1 EStDV gehindert, die er für ihren konkreten Anwendungsbereich auch mit rückwirkender Anwendung gerade in einem weiteren Urteil als verfassungsgemäß akzeptiert hat ( NWB SAAAE-12298).

In der Pressemitteilung des werden die drei Urteile zum Abzug von Gebäudeaufwendungen unter dem Titel „Aufwendungen für die Sanierung eines Gebäudes als außergewöhnliche Belastung„ zur Kenntnis gebracht. Die Presse hat daraus flugs die griffige Überschrift „Haussanierung von der Steuer absetzbar„ (so etwa die Süddeutsche Zeitung vom S. 24) gemacht und damit vielleicht Erwartungen erweckt, die die Urteile nicht einlösen können. Gut, das vor Durchführung der Maßnahme zu erstellende amtliche Gutachten ist vom Tisch; ein Nachweis der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen ist aber gleichwohl geboten und es kann kaum bezweifelt werden, dass eine frühzeitige Begutachtung der verlässlichste Nachweis ist. Bleschick (s. Seite 2294) weist in seinem Beitrag zu den drei Urteilen einen ganzen Katalog von Ausschlussgründen aus. Eine Luxussanierung wird nicht möglich sein. Daher sind die abziehbaren Aufwendungen auf den notwendigen und angemessenen Betrag für die Sanierung eines Wohngebäudes der üblichen Größe zu kürzen. Das vorinstanzliche Urteil zu der Hausschwamm-Entscheidung VI R 70/10 enthält dazu umfangreiche Ausführungen ( NWB QAAAD-54297). Nicht zu entscheiden – weil unstreitig – war das Verhältnis des § 33 EStG zur Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen. Hier verwundert es einigermaßen, dass die Finanzverwaltung den Kürzungsbetrag der zumutbaren Belastung gegen jede Auslegungsregel für die Steuerermäßigung nach § 35a EStG freigibt (Rn. 28 des BStBl 2010 I S. 140). Die Steuerpflichtigen wird dies freuen.

Kanzler

Fundstelle(n):
NWB 2012 Seite 2273
NWB BAAAE-12684