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Grundlagen vom

Betrieblicher Schuldzinsenabzug

Falco Hänsch

A. Problemanalyse

I. Finanzierung von betrieblichen Ausgaben mittels Eigenkapital oder Fremdkapital

1Bei mehreren möglichen Finanzierungsmöglichkeiten im betrieblichen Bereich entscheidet in der Praxis oftmals der Steuerberater, von welcher letztendlich tatsächlich Gebrauch gemacht wird. Welches die unter steuerlichen Gesichtspunkten „günstige“ Finanzierungsart ist, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab.

Finanzierungen werden generell danach eingeteilt, ob das Kapital als Eigenkapital oder als Fremdkapital überlassen wird und ob eine private oder betriebliche Veranlassung besteht. Diese Unterteilung ist entscheidend für die Frage, ob als Betriebsausgaben zu berücksichtigende Zinsaufwendungen vorliegen und diese ggf. in voller Höhe oder lediglich eingeschränkt abzugsfähig sind.

Dieser Beitrag behandelt die Einschränkungen des betrieblichen Schuldzinsenabzugs nach § 4 Abs. 4a EStG.

§ 4 Abs. 4a EStG schränkt seit dem Veranlagungszeitraum 1999 den Betriebsausgabenabzug für betriebliche Schuldzinsen bei Überentnahmen ein. Die Vorschrift soll verhindern, dass Steuerpflichtige privat veranlasste Schuldzinsen gewinnmindernd als Betriebsausgaben abziehen.

Hinweis

Die Vorschrift des § 4 Abs. 4a EStG ist ausschließlich bei der Erzielung von Gewinneinkünften (§ 4 Abs. 1 EStG, § 5 EStG, § 4 Abs. 3 EStG) zu prüfen. Sie gilt nicht für Überschusseinkünfte. Daher sind auch vermögensverwaltende Personengesellschaften grundsätzlich vom Anwendungsbereich ausgenommen. Auch Kapitalgesellschaften sind vom Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4a EStG ausgenommen, da sie keine Privatsphäre besitzen und daher keine Entnahmen tätigen können.

2Private Veranlassung

Bei privater Veranlassung spielt die Unterscheidung in Eigenkapital und Fremdkapital keine große Rolle. Denn hierbei (also kreditfinanziertem Privatvermögen), sind anfallende Schuldzinsen im Regelfall als steuerlich unbeachtliche Kosten der Lebensführung i. S. von § 12 Nr. 1 EStG zu qualifizieren.

Hinweis

Entsprechend sind auch Schuldzinsen zu behandeln, die im Rahmen der Liebhaberei (Aktivitäten ohne Einkünfteerzielungsabsicht) anfallen.

3Betriebliche Veranlassung

Bei betrieblicher Veranlassung ist hingegen von Relevanz, ob die Finanzierung mittels Eigenkapital oder Fremdkapital erfolgt. Denn die für die Aufnahme von Fremdkapital zu entrichtenden Finanzierungskosten können prinzipiell als Betriebsausgaben geltend gemacht werden.

Präzisierung

Hintergrund dieser Unterscheidung ist das bei der Ausgestaltung des Einkommensteuerrechts zu beachtende objektive Nettoprinzip. Das objektive Nettoprinzip besagt, dass nur dasjenige zur Besteuerung herangezogen werden darf, was nach Abzug aller Erwerbsaufwendungen beim Steuerpflichtigen verbleibt. Nur das nach Abzug sämtlicher Erwerbsaufwendungen verbleibende Nettoeinkommen stehe schließlich zur Befriedigung privater Bedürfnisse zur Verfügung und steigere die finanzielle Leistungsfähigkeit. Das objektive Nettoprinzip darf nur bei Vorliegen gewichtiger Gründe eingeschränkt werden.

4Eingeschränkter Schuldzinsenabzug

Die Regelung des § 4 Abs. 4a EStG stuft einen Anteil der betrieblich veranlassten Schuldzinsen als nicht abziehbar ein, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Der Betrag der nicht abziehbaren Schuldzinsen wird pauschal mit 6 % der Überentnahmen berechnet. Die Hinzurechnung wird jedoch auf die um einen Freibetrag i. H. von 2.050 € verminderte Höhe der tatsächlich angefallenen Schuldzinsen begrenzt. Der Abzug von Zinsen für die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (Investitionsdarlehen) bleibt hiervon unberührt.

Präzisierung

§ 4 Abs. 4a EStG ist nur zu prüfen, wenn die geltend gemachten Schuldzinsen als Betriebsausgabe zu berücksichtigen sind und schränkt den Betriebsausgabenabzug ggf. ein. Sind die Schuldzinsen privat veranlasst, gilt grundsätzlich das generelle Abzugsverbot für Kosten der privaten Lebensführung (§ 12 Nr. 1 EStG).

II. Zweifelsfragen

5BMF-Schreiben

Wegen erheblicher Zweifelsfragen i. Z. mit § 4 Abs. 4a EStG hat die Finanzverwaltung am ein neues BMF-Schreiben zum betrieblichen Schuldzinsenabzug nach § 4 Abs. 4a EStG veröffentlicht. Mit Schreiben v. hat das BMF als Reaktion auf die Rechtsprechung zum Gewinnbegriff i. S. des § 4 Abs. 4a EStG Rz. 8 Satz 4 des entsprechend geändert. Mit Schreiben v. hat das BMF zur Berücksichtigung der Gewerbesteuerrückstellung beim betrieblichen Schuldzinsenabzug nach § 4 Abs. 4a EStG Stellung genommen und die Rz. 18 des um folgenden Satz ergänzt:

„Im Hinblick auf den Ansatz des Hinzurechnungsbetrags ist eine Neuberechnung der Gewerbesteuerrückstellung nicht erforderlich, aber auch nicht zu beanstanden.“.

Hinweis

Das Schreiben v. ersetzt die bisherigen , v. und v. und ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

6Übergangsregelung

Die Verlustberücksichtigung kann für vor dem begonnene Wirtschaftsjahre auf Antrag auch entsprechend der im vorgegebenen abweichenden Berechnung erfolgen. Bei Mitunternehmerschaften ist hierfür ein einvernehmlicher Antrag aller Mitunternehmer erforderlich.

7 Verfassungsmäßigkeit

Beim BFH war ein Revisionsverfahren zu der Frage anhängig, ob die typisierte Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen mit 6 % der Überentnahmen angesichts des strukturellen Niedrigzinsniveaus gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und das Übermaßverbot verstößt. Im vorinstanzlichen Verfahren hat das entschieden, dass die typisierte Berechnung der Hinzurechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen mit 6 % der Überentnahmen nach § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG verfassungsgemäß sei. Der die Sache an das Finanzgericht zwecks Nachholung von Feststellungen hinsichtlich der betrieblichen Veranlassung der hinzugerechneten Schuldzinsen zurück verwiesen. Die aufgeworfene Frage, ob der in § 4 Abs. 4a EStG enthaltene Prozentsatz von 6 % verfassungsgemäß ist, hat der BFH im vorliegenden Verfahren nicht geklärt.

Hinweis

Nach Erledigung des beim BFH unter dem Az. IV R 19/19 anhängigen Revisionsverfahrens ruhen hierauf berufende Rechtsbehelfe nicht mehr kraft Gesetzes (§ 363 Abs. 2 Satz 2 AO). Ggf. kommt eine Verfahrensruhe aus Zweckmäßigkeitsgründen in Betracht (§ 363 Abs. 2 Satz 1 AO).

III. Zweistufiges Prüfungsschema

8 Erster Prüfungsschritt

Der Regelung des § 4 Abs. 4a EStG unterliegen nur Schuldzinsen, die betrieblich veranlasst sind. Dies erfordert im Hinblick auf die steuerliche Abziehbarkeit eine zweistufige Prüfung. In einem ersten Schritt ist zu ermitteln, ob und inwieweit Schuldzinsen zu den betrieblich veranlassten Aufwendungen gehören.

9 Zweiter Prüfungsschritt

In einem zweiten Schritt muss geprüft werden, ob der Betriebsausgabenabzug im Hinblick auf Überentnahmen eingeschränkt ist (§ 4 Abs. 4a EStG).

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