PiR Nr. 4 vom Seite 1

Facetten der IFRS

WP/StB Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann | Herausgeber | pir-redaktion@nwb.de

Im ersten Fokus-Beitrag dieses PiR-Hefts liefern Nadine Antonakopoulos und Christian Fink eine zusammenfassende Übersicht über den Inhalt dreier Änderungszyklen im Rahmen des Annual Improvement Projects IASB . Dieses Projekt soll als „Omnibusstandard“ kleinere Änderungen anderer Standards bewirken. Der erforderliche due process mit einer Bearbeitungsdauer von durchaus einem Jahr nach Ergehen eines Entwurfs macht die Sache für den Rechtsanwender und für die Kommentierung immer recht unübersichtlich. Deshalb ist dem genannten Fokus-Beitrag ein hoher Informationswert durch seine zusammengefasste Darstellung zu bescheinigen. Der Inhalt der einzelnen „ cycles“ ist jeweils tabellarisch aufgelistet. Das erleichtert die themenbezogene Lektüre des PiR-Lesers ungemein.

Im zweiten Fokus-Beitrag aus der Feder der Versicherungsexperten Christian Knoller und Roman Sauer wird die schwierige Geburt eines branchenspezifischen Standards zum Ausdruck gebracht. Es geht um die Abbildung von Versicherungsverträgen im Rahmen der IFRS. Das entsprechende Projekt läuft seit 1997 und gebar 2010 einen ersten exposure draft, seit 2005 liegt in IFRS 4 ein Übergangsstandard vor. 2013 ist nun der zweite Versuchsballon des IASB in Form eines re-exposure drafts der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Dieser ist Gegenstand des Fokus-Beitrags.

Im dritten Fokus-Beitrag wird von Henning Zülch und Matthias Höltken das other comprehensive income (OCI) aus Sicht der Bilanzierungspraxis unter die Lupe genommen. Möglicherweise nähert sich der interessierte PiR-Leser der Problematik entgegen dem sonst bestehenden Usus anhand der Schlussbemerkungen des Aufsatzes. Das wörtliche Zitat aus einer Rede des IASB-Chairmans zeigt die spitzen Finger auf, mit denen innerhalb des boards mehr und mehr das OCI angefasst wird. Die HGB-Rechnungslegung kennt diese Sonderform der Ergebnisrechnung nicht. Man kann etwas nonchalant das OCI als „GuV II“ bezeichnen. In nicht ganz wenigen Fällen gelingt dabei in der eigentlichen GuV-Rechnung ein positiver Ausweis, während sich unter Einbeziehung des other comprehensive income die erwirtschaftete Eigenkapitalveränderung als negativ darstellt. Der Irreführungseffekt der Abschlussadressaten liegt dann nahe. Ob tatsächlich im Laufe der weiteren Standardisierungsprozesse das OCI nach den Denkprozessen des IASB-Chairman zu einem „ instrument of last resort“ zurückgestutzt wird, darf mit einer gehörigen Portion Skepsis beurteilt werden. Die Interessenlage der Anwender wird hier reichlich mit Querschüssen arbeiten.

Aber auch sonst liefert die statistische Aufbereitung der Darstellungspraxis des OCI in den deutschen IASB-Abschlüssen durch unsere beiden Autoren ungemein viel Anschauungsmaterial. Die heterogene Präsentation stellt an die bilanzanalytische Aufbereitung hohe Anforderungen, erst recht unter Berücksichtigung der expliziten und impliziten Wahlrechte. Der Beitrag bietet ein schönes Beispiel für die Verknüpfung von wissenschaftlicher Forschungstätigkeit und praktischer Anwendung des Untersuchungsgegenstands.

Beste Grüße

Wolf-Dieter Hoffmann

Fundstelle(n):
PiR 4/2014 Seite 1
NWB TAAAE-61074