NWB Nr. 13 vom Seite 881

Volksweisheit und Rechtsgrundsatz

Reinhild Foitzik | Verantw. Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

„Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“,

diese Volksweisheit, die schon im römischen Recht als Rechtsgrundsatz „Ignorantia legis non excusat“ fixiert war, hat auch heute noch in weiten Teilen des Rechtsalltags ihre Gültigkeit. Bitter erfahren mussten dies viele Anleger, die einem Schneeballsystem aufgesessen waren. Sie verloren in der Regel nicht nur das gesamte angelegte Kapital, am Ende fiel auch noch Kapitalertragsteuer auf Erträge an, die sie nie gesehen hatten. Da ist nichts zu machen, sagt der BFH. Hat der Anleger seinen „Ertrag“ stehen lassen und wiederangelegt, komme es zu einem „Hin- und Herzahlen“ der Scheinrenditen zwischen Anleger und Betreiber des Schneeballsystems – und somit zur Kapitalertragsteuerpflicht. Mit seinen Ende letzten Jahres veröffentlichten Urteilen hat das höchste deutsche Finanzgericht seine strikte Rechtsprechung zum Zufluss von lediglich gutgeschriebenen und wiederangelegten Erträgen bestätigt. Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es aber doch – muss der Betreiber des Schneeballsystems bei Gutschriftserteilung oder Abschluss der Vereinbarung über die Wiederanlage tatsächlich leistungsbereit und -fähig gewesen sein. Dies ist, so Levedag auf Seite 914, ein Ansatzpunkt für den Berater, der Annahme eines Zuflusses durch die Finanzverwaltung etwas entgegenzusetzen.

Unwissenheit kann auch Berufsverbände und gemeinnützige Organisationen teuer zu stehen kommen. Denn übt die gemeinnützige Organisation bzw. der Berufsverband eine noch so geringfügige unternehmerische Betätigung aus, führt diese Tätigkeit umsatzsteuerlich bereits zur grundsätzlichen Anwendung des B2B-Prinzips. Folge: Die gemeinnützige Organisation bzw. der Berufsverband wird als Leistungsempfänger zum Steuerschuldner. Dies gilt selbst dann, wenn die Organisation als unternehmerischer Kleinunternehmer anzusehen ist. Gemäß dem Motto „Gefahr erkannt, Gefahr gebannt“, zeigen Adrian/Engelsing auf Seite 900 die typischen Fälle auf, erläutern, wie bei diesen zu verfahren ist und wo Problemfelder und Risiken liegen.

Mit einem ganz besonderen „Risiko“ des Internets für Arbeitgeber und Arbeitnehmer befasst sich Müller auf Seite 924. Was tun, wenn der gekündigte Mitarbeiter z. B. einer Steuerkanzlei seine Profildaten auf Berufsportalen nicht aktualisiert? Hat der Arbeitgeber einen Unterlassungsanspruch? Und was tun, wenn umgekehrt der Arbeitgeber aus Imagegründen auf seiner Kanzleihomepage die Profildaten seines ausgeschiedenen Mitarbeiters nicht löscht? Liegt hier nicht ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des ehemaligen Mitarbeiters vor? Oft ist es ein Abwägen und Beurteilen der zu schützenden Interessen. Untätig bleiben sollte man aber nicht, hat das Internet ohnehin schon ein langes Gedächtnis.

Beste Grüße

Reinhild Foitzik

Fundstelle(n):
NWB 2015 Seite 881
NWB FAAAE-86641