BFH Beschluss v. - III B 62/99

Gründe

I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) war in den Jahren 1991 bis 1993 (Streitjahre) Inhaber eines Imbissbetriebes. Im Jahr 1994 führte der Beklagte (das Finanzamt —FA—) bei dem Antragsteller eine Betriebsprüfung für die Streitjahre durch. Hierbei stellte er fest, dass die vom Antragsteller vorgelegten Kassenaufzeichnungen durch die damalige steuerliche Vertreterin nachträglich gefertigt worden waren, die hierzu verwendeten Uraufzeichnungen des Steuerpflichtigen nicht mehr vorhanden, in den Prüfungszeiträumen 1991 und 1992 Wareneinkäufe nur teilweise erklärt und über den gesamten Prüfungszeitraum hohe Kalkulationsdifferenzen sichtbar waren. Aufgrund dieser Feststellungen ging das FA davon aus, dass zu den erklärten Erlösen bzw. Umsätzen Hinzuschätzungen in Form von Sicherheitszuschlägen erforderlich seien und änderte die streitgegenständlichen, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) stehenden Bescheide entsprechend ab.

Der Einspruch des Antragstellers hatte keinen Erfolg. Mit der Einspruchsentscheidung erhöhte das FA die für die Streitjahre anzusetzenden Gewinne erneut, da nicht abzugsfähige Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bisher zu Unrecht als Betriebsausgaben berücksichtigt worden seien.

Am hat der Antragsteller Klage erhoben und beantragt, die streitgegenständlichen Bescheide aufzuheben. Mit Schreiben vom beantragte der Antragsteller, ihm für das Hauptsacheverfahren Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seines anwaltlichen Vertreters zu bewilligen. Der Antrag hatte keinen Erfolg. Mit Beschluss vom lehnte das Finanzgericht (FG) den Antrag auf PKH ab, da das vom Antragsteller beabsichtigte Klageverfahren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom legte der Antragsteller ohne Begründung Beschwerde gegen den Beschluss des FG ein. Die Begründung der Beschwerde wurde zwar angekündigt, bisher trotz Erinnerung durch die Geschäftsstelle des erkennenden Senats aber nicht vorgelegt.

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet bei der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Zunächst steht der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen, dass die Beschwerdeschrift weder einen förmlichen Antrag noch eine Begründung enthält. Es reicht insofern aus, dass sich das Begehren des Antragstellers, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ihm PKH für das anhängige Klageverfahren zu bewilligen, konkludent und zweifelsfrei aus der Einlegung der Beschwerde sowie aus dem beim FG gestellten Antrag ergibt (, BFH/NV 1999, 1637; vom V B 48/97, BFH/NV 1998, 563, m.w.N.). Die Beschwerde war daher nicht schon deshalb zu verwerfen, weil der Antragsteller sein Vorbringen zu den Erfolgsaussichten nicht erneut in der Beschwerdeschrift dargelegt hat.

Die Beschwerde ist jedoch als unbegründet zurückzuweisen. Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht i.S. des § 114 ZPO ist im Allgemeinen gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund der Sachdarstellung und vorhandener Unterlagen für richtig, zumindest aber für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (, BFH/NV 1993, 351, m.w.N.).

In Klageverfahren, die sich gegen die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen richten, ist es zwar grundsätzlich ausreichend, wenn nach den vorgetragenen rechtserheblichen Tatsachen der angestrebte Erfolg möglich erscheint. Jedoch schließt dies nicht aus, dass das Gericht die Möglichkeit einer Beweisführung dann für unwahrscheinlich hält, wenn der Antragsteller den der Schätzung zugrunde liegenden konkreten Tatsachen und Schlussfolgerungen lediglich pauschal entgegentritt oder keinen Versuch unternimmt, in Erfüllung der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen (BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 563, m.w.N.). Im Streitfall ist eine Verletzung der vom FA angewandten Schätzungsgrundsätze nicht erkennbar; der Antragsteller hat keine Tatsachen vorgetragen, die geeignet sind, einen anderen als den von der Finanzbehörde geschätzten Betrag als wahrscheinlicher erscheinen zu lassen.

Kann die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht anhand vorgelegter Unterlagen berechnen oder ermitteln, hat sie sie zu schätzen. Hierbei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 AO 1977). Eine Schätzung ist insbesondere dann vorzunehmen, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, oder wenn die Buchführung bzw. die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen wegen fehlender sachlicher Richtigkeit der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden können (§ 162 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 158 AO 1977). Der Antragsteller hat im Rahmen der von dem FA durchgeführten Betriebsprüfung Aufzeichnungen über seine Kassenbestände nicht vorgelegt. Die dem Prüfer zur Verfügung gestellten Aufzeichnungen wurden von der damaligen steuerlichen Beraterin des Antragstellers nachträglich gefertigt. Ferner war festzustellen, dass der Antragsteller getätigte Fleischeinkäufe nicht vollständig erklärt hat, insbesondere für den Zeitraum von August bis November 1992 keine Einkäufe von Nackengiros und Schulterfleisch verzeichnet waren. Da die Buchführung des Antragstellers insoweit unter wesentlichen Mängeln litt, war das FA berechtigt, die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 zu schätzen und im Rahmen der Bandbreite möglicher Wertansätze einen Unsicherheitszuschlag anzusetzen.

Auch die Höhe der Schätzung ist nicht zu beanstanden. Zwar enthält jede Schätzung gewisse Unsicherheiten. Jedoch ist ein Steuerpflichtiger —sofern er eine abweichende Schätzung herbeiführen will— gehalten, erweisbare Tatsachen oder Erfahrungssätze vorzutragen, die geeignet sind, einen anderen als den von der Finanzbehörde geschätzten Betrag als wahrscheinlicher erscheinen zu lassen (BFH-Beschluss in BFH/NV 1993, 351, m.w.N.).

Dies hat der Antragsteller indes nicht getan. Seine Ausführungen in erster Instanz sind nicht geeignet, die den Steuerfestsetzungen zugrunde liegenden Feststellungen des FA schlüssig zu widerlegen, da sie sich lediglich darauf beschränken, diese Feststellungen mit pauschalen und z.T. widersprüchlichen Einwänden zu bestreiten. Da der Antragsteller seine Beschwerde nicht begründet hat, hat der erkennende Senat keine Anhaltspunkte, die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels abweichend von der Vorinstanz zu beurteilen. Die Beschwerde ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2000 S. 1119 Nr. 9
KAAAA-65525