NWB Nr. 52 vom Seite 3873

Schöne Bescherung

Professor Dr. Cornelia Kraft | Steuerberaterin | Fachhochschule Bielefeld

Der seit Langem erwartete Beschluss des Großen Senats des BFH zur Trennungstheorie fällt aus

Seit etwas mehr als drei Jahren war beim Großen Senat des BFH die Rechtsfrage anhängig (GrS 1/16), wie im Fall der teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Einzelbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG) die Höhe eines eventuellen Gewinns aus dem Übertragungsvorgang zu ermitteln sei. Mit großer Spannung wurde erwartet, ob der Große Senat zugunsten der strengen oder der modifizierten Trennungstheorie entscheiden würde. Mit Beschluss v. , der am veröffentlicht wurde, ist das Verfahren nun überraschend ohne eine Entscheidung über die vorgelegte Rechtsfrage beendet worden.

Der dem Vorlagebeschluss an den Großen Senat zugrundeliegende Fall () betraf die Einbringung von Wirtschaftsgütern in eine GmbH & Co. KG durch deren einzige Kommanditistin teilweise gegen Gesellschaftsrechte und teilweise gegen Entgelt in Form einer Darlehensforderung. Nach der vom X. Senat und von der Finanzverwaltung vertretenen strengen Trennungstheorie führt ein teilentgeltlicher Übertragungsvorgang zur Aufdeckung der stillen Reserven in dem Verhältnis, in dem das Entgelt zum Verkehrswert der Wirtschaftsgüter steht. Vom IV. Senat des BFH (v.  - IV R 1/08) und von einem großen Teil der Literatur wird dagegen die modifizierte Trennungstheorie bevorzugt, nach der ein steuerpflichtiger Gewinn nicht entsteht, soweit das (Teil)Entgelt geringer ausfällt als der Buchwert der übertragenen Wirtschaftsgüter. Wegen der divergierenden Rechtsauffassungen des IV. und X. Senats war die Rechtssache zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beim Großen Senat des BFH seit dem anhängig. In einer ausführlich begründeten Beitrittsaufforderung an das BMF () sowie im Vorlagebeschluss an den Großen Senat ließ der X. Senat erkennen, der strengen Trennungstheorie den Vorzug geben zu wollen.

Die Einstellung des Verfahrens erfolgte, da das Finanzamt dem Begehren des Klägers im zugrunde liegenden Revisionsverfahren X 28/12 abgeholfen hat und damit der Rechtsgrund für eine Entscheidung des Großen Senats entfallen ist. Es ist bedauerlich, dass in der jüngeren Vergangenheit zunehmend Verfahren ohne eine Entscheidung in der Sache beendet werden. Im vorliegenden Fall ist dies umso erstaunlicher, als die Finanzverwaltung im finanzgerichtlichen Verfahren obsiegte und zur Beendigung des Revisionsverfahrens – entgegen der von ihr seit Jahren vertretenen Auffassung – dem Begehren des Steuerpflichtigen durch die Anwendung der modifizierten Trennungstheorie abgeholfen hat. Zudem stellt sich die Frage, wie sich die Finanzverwaltung in der Zukunft bei vergleichbaren Fällen positionieren wird, insbesondere, ob der in diesem Zusammenhang bestehende Nichtanwendungserlass ( BStBl 2010 I S. 1206) in naher Zukunft aufgehoben wird.

Cornelia Kraft

Fundstelle(n):
NWB 2018 Seite 3873
NWB UAAAH-03442