NWB Nr. 7 vom Seite 377

Der Senf im deutschen Lohnsteuerrecht

Hans-Ulrich Dietz | Finanzwirt, Betriebswirt (VWA) | Lehrbeauftragter an der Frankfurt School of Finance & Management

Eine Realsatire

Mit hat die deutsche Finanzverwaltung ihr Schreiben zum Ansatz des Sachbezugswerts für arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten neu gefasst. Des Weiteren wurde Mahlzeitenzuschüsse für Home-Office-Mitarbeiter und Teilzeitkräfte geregelt. Was für Verwunderung sorgt und erklärungsbedürftig ist, sind die Regularien rund um Einzelbestandteile von Mahlzeiten und den steuerlich nicht erwünschten Vorratskauf.

Nach Nr. 4 des o. g. Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen ist es aus steuerlicher Sicht nicht zu beanstanden, wenn der Arbeitnehmer einzelne Bestandteile seiner Mahlzeit bei verschiedenen Akzeptanzstellen erwirbt. Mit elektronisch einzuscannenden und mithilfe von Essenmarkenemittenten abzurechnenden Kaufbelegen über Mahlzeitenbestandteile (z. B. ein Brötchen vom Bäcker, ein Stück Fleischwurst vom Metzger und eine Tüte Senf vom Lebensmitteleinzelhandel) ist der Erwerb bei verschiedenen Akzeptanzstellen darstellbar. Wird aber die „alte“ papierhafte Essenmarke verwendet, so ist ein Erwerb bei unterschiedlichen Akzeptanzstellen nicht möglich. Da auch eine Barauszahlung des nicht verbrauchten Werts steuerschädlich ist, muss die Verteilung der Anschaffungskosten einzelner Mahlzeitenbestandteile mithilfe der papierhaften Essenmarke wohl unterbleiben.

Schwierig und mit steuerlichen Haftungsrisiken für den Arbeitgeber verbunden wird es, welche Portion Senf der Arbeitnehmer an einer weiteren Akzeptanzstelle erwirbt. Eine Tüte Senf mit einem Brötchen und einem Stück Fleischwurst wird wohl bundesweit als Mahlzeit anzusehen sein. Wenn nun der Arbeitnehmer statt der Tüte Senf eine Tube Senf oder gar ein Glas Senf kauft, ist von einem taggleichen Verzehr des Senfs normalerweise nicht auszugehen. Hier findet ein Vorratskauf statt, der nach Nr. 5 des in Rede stehenden BMF-Schreibens für eine steuergünstige Bewertung mit dem Sachbezugswert unzulässig ist. Selbst wenn die Finanzverwaltung den Kauf einer Tube oder eines Glases Senf tolerieren sollte, kann sich das Problem beim Sonderangebot von fünf Bechern Joghurt stellen. Findet hier ein steuerunschädlicher (ggf. aber gesundheitsschädlicher) taggleicher Verzehr oder ein steuerschädlicher Vorratskauf statt?

Es bleibt zu hoffen, dass das Bundesministerium der Finanzen in einem weiteren Schreiben seinen Senf dazu gibt, damit alle Arbeitgeber nicht noch die Verzehrgewohnheiten ihrer Mitarbeiter zur Vermeidung von Steuerrisiken dokumentieren müssen.

Hans Ulrich Dietz

Fundstelle(n):
NWB 2019 Seite 377
NWB MAAAH-06618