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FG Berlin-Brandenburg Beschluss v. - 7 K 3133/17 PKH

Gesetze: EStG § 62 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, EStG § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, EStG § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, EStG § 64 Abs. 2 S. 1, EStG § 64 Ab S. 2, EStG § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, EStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, EStG § 1 Abs. 3, EGV 987/2009 Art. 60 Abs. 1, FGO § 142 Abs. 1, ZPO § 114 S. 1, ZPO § 115, AO § 8, EGV Nr. 883/2004 Art. 11 Abs. 3 Buchst. a, EGV Nr. 883/2004 Art. 11 Abs. 3 Buchst. c, EGV Nr. 883/2004 Art. 11 Abs. 3 Buchst. e, EGV Nr. 883/2004 Art. 68 Abs. 1 Buchst. a

Kindergeldanspruch bei Wohnsitzen des Steuerpflichtigen in Deutschland und in Polen

Gewerbeanmeldung in Deutschland

Überschreitung der Einkommensgrenzen für polnische Familienleistungen und Verzicht der Ehefrau auf Kindergeldanspruch

vorübergehende Unterbrechung der Arbeitsleistungen im Rahmen des Gewerbes

Zeiten nach Abmeldung des Gewerbes

Leitsatz

1. Im Prozesskostenhilfeverfahren: Hat ein Steuerpflichtiger, der im Inland eine selbständige Erwerbstätigkeit (Gewerbeanmeldung) ausübt, einen Wohnsitz im Inland und zusätzlich einen gemeinsamen Wohnsitz mit der nicht erwerbstätigen Ehefrau und den gemeinsamen Kindern in Polen, werden in Polen Familienleistungen wegen Überschreitung der Einkommensgrenzen nicht gezahlt und hat die Ehefrau ihr Einverständnis mit dem Kindergeldbezug durch den Ehemann erklärt, so ist der Ehemann in Deutschland kindergeldanspruchsberechtigt.

2. Im Prozesskostenhilfeverfahren: Hat der Steuerpflichtige in Deutschland ein Gewerbe angemeldet und zwischen unstreitigen Zeiten der tatsächlichen Ausübung des Gewerbes mehrere Monate keine Arbeitsleistungen im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit ausgeübt, so kann für den Kindergeldanspruch nicht davon ausgegangen werden, dass er in diesen Zeiten ohne tatsächliche Arbeitsleistung keine „selbständige Erwerbstätigkeit” i.S. von Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004 ausgeübt hat. Saison- und/oder konjunkturbedingte Umsatzausfälle sind für selbständige Erwerbstätigkeiten nicht ungewöhnlich und können nicht ohne Weiteres zum Anlass genommen werden, das Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit auszuschließen, zumal das Akquirieren von Aufträgen, die Abrechnung von abgewickelten Projekten, die Beitreibung von ausstehenden Forderungen oder die Planung künftiger Tätigkeit der selbständigen Erwerbstätigkeit immanent ist. Die Kindergeldanspruchsberechtigung des Steuerpflichtigen entfällt jedoch nach der Abmeldung des Gewerbes, wenn der Steuerpflichtige nunmehr keine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt.

3. Im Prozesskostenhilfeverfahren: Die BFH-Rechtsprechung, wonach ein Kindergeldberechtigter im Sinne des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, also ein nach § 1 Abs. 3 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelter Anspruchsteller, nur für die Monate kindergeldberechtigt ist, in denen er Einkünfte in Deutschland erzielt (vgl. ), ist nicht auf Kindergeldberechtigte im Sinne des § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG, also für im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Anspruchsteller, die in Deutschland einen Wohnsitz haben, anwendbar.

4. Das Urteil, EuGH, Urteil v. , C-322/17 (Bogatu) sowie das Urteil des BFH, Urteil v. , III R 18/16 sind dahingehend zu verstehen, dass unmittelbar nach dem Ende eines Beschäftigungsverhältnisses die Kindergeldberechtigung nach den unionsrechtlichen Antikumulierungsvorschriften auf dem Wohnsitz des Kindergeldberechtigten im Sinne des Art. 11 Abs. 3 Buchst. e) VO (EG) Nr. 883/2004 beruht.

Fundstelle(n):
HAAAH-28287

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