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NWB Nr. 52 vom Seite 4661 Fach 19 Seite 2311

Die guten Sitten als Schranke im Wirtschafts- und Rechtsverkehr

von Prof. Dr. J. Vahle, Bielefeld

I. Einführung

Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland gewährt den Menschen umfassende Freiheiten (s. nur Art. 2 Abs. 1 GG), insbesondere auch die Freiheit, selbst zu entscheiden, ob, mit wem und zu welchen Bedingungen rechtsgeschäftliche Kontakte zu anderen aufgenommen werden. Kraft der sog. Privatautonomie können prinzipiell Verträge jeglichen Inhalts geschlossen werden (§ 305 BGB). Gewerbliche Betätigungen stehen unter dem - auch verfassungsrechtlich garantierten (Art. 12 Abs. 1 GG) - Schutz der Gewerbefreiheit (vgl. dazu Stober, f.).

Diese Freiheiten bedürfen jedoch eines notwendigen Korrektivs, um einen Mißbrauch zu verhindern. Dem trägt die Rechtsordnung insbesondere dadurch Rechnung, daß sie die Ausübung des Freiheitsrechts unter den Vorbehalt der ”guten Sitten” oder - wie es in Art. 2 Abs. 1 GG heißt - des ”Sittengesetzes” stellt. Wettbewerbshandlungen sind einfachgesetzlich z. B. unzulässig, wenn sie gegen diese Anforderung verstoßen (§ 1 UWG); gewerberechtliche Erlaubnisse sind zu versagen, wenn ”Unsittlichkeit” droht (§ 33a Abs. 2 Nr. 2 GewO für ”Schaustellungen von Personen”). Mit dem unbestimmten Begriff der ”guten Sitten” (oder vergleichbarer Umschreibungen) nimmt die Rechtsordnung einen Maßsta...