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NWB Nr. 32 vom Seite 2391

Ermäßigter Umsatzsteuersatz bei gemeinnützigen Körperschaften

Anmerkungen zum

Andreas Fiand

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG können gemeinnützige Körperschaften unter bestimmten Voraussetzungen die erbrachten Leistungen dem ermäßigten Steuersatz unterwerfen. Aufgrund von Differenzen zwischen nationalem Recht und Unionsrecht spielt insbesondere die Beurteilung hinsichtlich des ermäßigten Steuersatzes bei gemeinnützigen Körperschaften im Rahmen eines Zweckbetriebs eine bedeutende Rolle. In diesem Zusammenhang musste sich der BFH in seinem Urteil v.  - XI R 2/17 (NWB SAAAH-35689) dieses Mal sowohl mit der Gemeinnützigkeit als auch mit der Umsatzsteuer auseinandersetzen. Er blieb dabei im Bereich der Umsatzsteuer seiner strengen Linie treu, während im Bereich der Gemeinnützigkeit Irritationen eingetreten sind. Die hier bestehenden Divergenzen, bedingt durch das Zusammenspiel der beiden Rechtsgebiete, werden im Beitrag erläutert.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I.

[i]Ermäßigter Umsatzsteuersatz – Bistro als Zweckbetrieb?Streitig war in dem Verfahren, ob der Kläger, ein gemeinnütziger Verein, mit dem Betrieb eines Bistros für seine Ausgangsumsätze in den Genuss des ermäßigten Umsatzsteuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG kommen konnte. Um § 12 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. a UStG anwenden zu können, muss nach bisher gängiger Lesart zunächst geklärt werden, ob aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht ein Zweckbetrieb gegeben ist.

1. Sachverhalt

[i]Gemeinnütziger Verein betreibt anerkannte Werkstatt und ...Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein zur Förderung des Wohlfahrtswesens. Er verfolgt mildtätige Zwecke i. S. des § 53 AO durch die Unterstützung von Personen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands der Hilfe bedürfen. Zur Erfüllung dieses Satzungszwecks betreibt er eine anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen mit dem Ziel, solchen Personen Arbeitsplätze zu bieten, die wegen ihrer Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.

[i]... staatlich gefördertes Bistro, welches kein Teil der Werkstatt istZudem betreibt der Kläger ein Bistro und eine öffentliche Toilette, die nicht Betriebsteil der Werkstatt für Behinderte sind. Die Ausstattung von drei neu geschaffenen Arbeitsplätzen für behinderte Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt wurde mit drei personenbezogenen Bewilligungsbescheiden des Landesamts für Soziales und Versorgung (Integrationsamt) zu 100 % gefördert. Ein Leistungsbescheid des Integrationsamts lag nicht vor. Der Kläger unterwarf die Umsätze aus dem Betrieb des Bistros S. 2392und der öffentlichen Toilette trotzdem dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG.

[i]Finanzamt: Bistro ist kein ZweckbetriebIm Rahmen einer Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass es sich bei dem Bistro um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb handele, der kein Zweckbetrieb sei. Folglich sei der allgemeine Steuersatz anzuwenden.

2. Entscheidungsgründe der Vorinstanz –

[i]Finanzgericht teilt Auffassung der FinanzverwaltungNoch in erster Instanz hat das FG Berlin-Brandenburg in seinem Urteil v.  - 5 K 5372/14 (NWB MAAAG-48771) entsprechend der Verwaltungsauffassung entschieden, dass ein Bistro, das nicht Bestandteil der von demselben gemeinnützigen Verein zur Förderung des Wohlfahrtswesens betriebenen Werkstatt für Behinderte ist, keinen steuerbegünstigten Zweckbetrieb darstellt. Dies gilt selbst dann, wenn ehemalige langzeitarbeitslose als auch behinderte Menschen, die aus dem Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen ausgegliedert und nunmehr in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis beschäftigt sind, in einem mit öffentlichen Mitteln geförderten Bistro arbeiten. Der Betrieb dieses Bistros ist auch kein Integrationsprojekt i. S. des § 68 Nr. 3 Buchst. c AO, wenn es an einem Leistungsbescheid des zuständigen Integrationsamts über erbrachte Leistungen nach § 134 SGB IX a. F. (jetzt § 217 SGB IX) fehlt.