Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
IWB Nr. 13 vom Seite 540

Renaissance des Verbots der „virtuellen“ Doppelbesteuerung?

DBA-eigene und unilaterale Abwehrklauseln am Beispiel freiberuflicher Mitunternehmerschaften

Dr. Stephan Salzmann

Die deutsche Abkommenspraxis ist nach wie vor von der Freistellungsmethode geprägt, die im Gegensatz zur Anrechnungsmethode eine Besteuerung auf dem Steuerniveau des Quellenstaates bewirken soll, damit deutsche Investoren im Ausland steuerliche Rahmenbedingungen vorfinden, die nicht schlechter als diejenigen anderer Investoren im Quellenstaat sind. Ursprünglich war die Freistellungsmethode davon geprägt, dass die Freistellung unabhängig davon erfolgt, ob der Quellenstaat tatsächlich („effektiv“) oder in einer bestimmten Mindesthöhe besteuert. Dieses Verbot nicht nur der aktuellen, sondern auch der sog. virtuellen Doppelbesteuerung ist nicht erst im Rahmen des BEPS-Projekts der OECD als eine Quelle des Entstehens nicht besteuerter („weißer“) oder „zu niedrig“ besteuerter („grauer“) Einkünfte in die Kritik geraten. Bereits vor BEPS prägten DBA-eigene und unilaterale Abwehrklauseln die gesetzgeberischen Bemühungen, Doppelfreistellungen bzw. als zu niedrig empfundene Quellenstaatsbesteuerungen mit Versagung der Freistellung zu beantworten. Umso bemerkenswerter erscheint es, dass das FG München im Fall der Besteuerung einer internationalen freiberuflichen Mitunternehmerschaft eine aus Sicht des Finanzamtes unzureichende Quellenstaatsbesteuerung durch die USA hingenommen hat.

Kernaussagen
  • Das Hochsteuerland Deutschland ist zwingend auf die abkommensrechtliche Freistellungsmethode angewiesen, um seinen gebietsansässigen Investoren nach dem Grundsatz der Kapitalimportneutralität gleichwertige steuerliche Rahmenbedingungen im Quellenstaat wie deren Wettbewerbern aus anderen Staaten zu ermöglichen.

  • Zum Nachteil gebietsansässiger Investoren wurde die Freistellungsmethode in der Vergangenheit dadurch ausgehöhlt, dass eine Freistellung nur noch gewährt werden soll, wenn der Quellenstaat (ausreichend hoch) besteuert.

  • Wie die Rechtsprechung zeigt, gilt der Grundsatz des Verbotes der virtuellen Doppelbesteuerung insoweit fort, als er nicht durch DBA-eigene oder unilaterale Abwehrklauseln ausgehebelt wird.