BVerfG Beschluss v. - 2 BvR 2611/18

Nichtannahmebeschluss: Verfassungsbeschwerde gegen Maßnahmen im Ermittlungsverfahren wegen Subsidiarität sowie mangels Rechtswegerschöpfung unzulässig

Gesetze: Art 13 Abs 1 GG, Art 103 Abs 1 GG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 33a StPO, § 33 Abs 4 StPO, § 98 Abs 2 S 2 StPO, § 102 StPO

Instanzenzug: LG Kempten Az: 1 Qs 188/18 Beschlussvorgehend AG Kempten Az: 12 Cs 110 Js 3171/17 (2) Beschluss

Gründe

I.

1Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, wendet sich gegen die richterliche Anordnung der Durchsuchung seiner Person, seiner Wohnung und seiner Geschäftsräume sowie gegen die Art und Weise ihres Vollzugs in einem gegen ihn gerichteten Strafverfahren wegen des Verdachts der Beleidigung.

II.

2Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen (vgl. dazu BVerfGE 90, 22 <24 ff.>). Die Verfassungsbeschwerde ist bereits unzulässig.

31. Soweit sich der Beschwerdeführer durch die richterliche Anordnung der Durchsuchung in seinen Grundrechten verletzt sieht, wäre er zur Wahrung des Grundsatzes der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG) gehalten gewesen, die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts zunächst mit einer Anhörungsrüge nach § 33a StPO anzugreifen (vgl. BVerfGE 134, 106 <115 Rn. 27>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvQ 26/20 -, juris, Rn. 25; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 2668/18 -, Rn. 3). Die Erhebung einer Anhörungsrüge war ihm auch zumutbar. Eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG lag nahe und die Erhebung einer Anhörungsrüge hätte die Möglichkeit gewahrt, die von ihm gerügte Verletzung des Art. 13 GG noch im fachgerichtlichen Verfahren feststellen zu lassen.

4Der Beschwerdeführer legte am Beschwerde gegen die am angeordnete und am vollzogene Durchsuchungsanordnung ein. In der Beschwerdeschrift kündigte er an, die Beschwerdebegründung zeitnah zu fertigen. Das Landgericht verwarf die Beschwerde ohne weiteres Zuwarten bereits am unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung als unbegründet. Das Landgericht, das keine Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung bestimmt hatte, wäre vor dem Hintergrund der angekündigten Beschwerdebegründung zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gehalten gewesen, mit einer der Beschwerde nicht stattgebenden Entscheidung angemessene Zeit zu warten (vgl. BVerfGE 8, 89 <91>; 17, 191 <193>; 49, 212 <215>; BVerfGK 15, 121 <124>). Dem kommt besondere Bedeutung zu, wenn im Strafverfahren - wie hier - Eingriffsmaßnahmen ohne vorherige Anhörung des Betroffenen gerichtlich angeordnet werden (§ 33 Abs. 4 StPO). Dann ist das rechtliche Gehör jedenfalls im Beschwerdeverfahren nachträglich zu gewähren (vgl. BVerfGK 3, 197 <204>; 7, 205 <211>; 10, 7 <9>). Hätte der Beschwerdeführer im Rahmen einer Anhörungsrüge seine Zweifel an der Recht- und Verfassungsmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung vorgebracht und hätte sich das Landgericht damit befassen müssen, wäre nicht ausgeschlossen gewesen, dass die Entscheidung über die Beschwerde im Ergebnis anders ausgefallen wäre.

52. Soweit sich der Beschwerdeführer darüber hinaus durch die Art und Weise des Vollzugs der Durchsuchungsanordnung in seinen Grundrechten verletzt sieht, genügt die Verfassungsbeschwerde nicht dem Gebot der Rechtswegerschöpfung (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG), da der Beschwerdeführer vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde schon keinen fachgerichtlichen Antrag auf richterliche Entscheidung in entsprechender Anwendung des § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO gestellt hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 1681/07 -, juris, Rn. 2; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 2990/14 -, juris, Rn. 20).

6Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

7Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2021:rk20211221.2bvr261118

Fundstelle(n):
OAAAI-01043