BFH Beschluss v. - IX B 166/06

Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor.

1. Zu Unrecht tragen die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) vor, die Revision sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die geltend gemachte Abweichung der angefochtenen Entscheidung von dem (BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106) liegt nicht vor. Insbesondere ist das Finanzgericht (FG) nicht von dem Grundsatz jener Entscheidung abgewichen, dass im Rahmen des Fremdvergleichs für die Beurteilung von (Miet-)Verträgen unter Angehörigen die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten maßgebend ist und deshalb nicht jede geringfügige Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen notwendigerweise die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses ausschließt. Vielmehr hat das FG diese Entscheidung ausdrücklich zum rechtlichen Ausgangspunkt seiner Beurteilung gemacht und die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten unter Hinweis auf die fehlende Unkündbarkeit des vereinbarten Mietvertrages, die Vereinbarung einer vierteljährlichen Mietzahlungspflicht sowie die fehlende Vereinbarung einer Nebenkostenabrechnungspflicht in der Weise gewürdigt, dass ein Mietverhältnis im Streitfall nicht ernstlich vereinbart und durchgeführt worden ist. Im Übrigen enthält die Entscheidung in BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106 keine Ausführungen zur Unkündbarkeit von Mietverträgen unter Angehörigen als mögliches Indiz für deren private Veranlassung.

Bei dieser Sachlage betreffen die Einwendungen der Kläger gegen die Berücksichtigung der Unkündbarkeit des streitigen Mietvertrags sowie die Vereinbarung einer vierteljährlich zu zahlenden Bruttomiete nicht eine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zwischen den Rechtssätzen der Entscheidung in BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106 einerseits und den Rechtssätzen des angefochtenen Urteils andererseits, sondern die Richtigkeit der tatsächlichen Würdigung des FG, die dem materiellen Recht zuzurechnen ist und deshalb mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision grundsätzlich nicht angefochten werden kann (vgl. BFH-Beschlüsse vom III B 219/92, BFH/NV 1993, 613; vom VII B 154/93, BFH/NV 1994, 835). Dies gilt auch für den Hinweis der Kläger auf das anhängige Revisionsverfahren gegen die Ablehnung der Investitionszulage für den Erwerb des Mietobjekts. Abgesehen davon, dass die Voraussetzungen der Investitionszulage im dafür vorgesehenen eigenständigen Verfahren unabhängig von der ertragsteuerlichen Behandlung zu ermitteln und zu würdigen sind (, BFH/NV 2003, 657, m.w.N.), hat jenes Verfahren im Übrigen für die hier streitige Anerkennung des Mietverhältnisses schon deshalb keine Bedeutung, weil das FG die Rechtswirksamkeit des entgeltlich abgeschlossenen Grundstücksübertragungsvertrags zwischen den Vertragsparteien nicht in Zweifel gezogen, sondern lediglich den anschließend abgeschlossenen Mietvertrag wegen bestimmter mietvertraglicher Regelungen nicht anerkannt hat.

2. Auch eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt nicht in Betracht.

a) Dieser Revisionszulassungsgrund kann zwar selbst dann gegeben sein, wenn er —wie im Streitfall— nicht ausdrücklich geltend gemacht wird, aber dessen Voraussetzungen aus der Begründung für die begehrte Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ersichtlich sind (, BFH/NV 2001, 325; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 116 FGO Rz 177, m.w.N.).

Die Revision kann darüber hinaus nach der Rechtsprechung sogar dann wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden, wenn der Vortrag des Beschwerdeführers keine entscheidungserhebliche, für das Interesse der Allgemeinheit bedeutsame und klärungsfähige Rechtsfrage zum Ausdruck bringt (vgl. zu diesem grundsätzlichen Erfordernis , BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605), eine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO aber offenkundig ist (BFH-Beschluss in BFH/NV 1994, 835).

b) Eine solche Offenkundigkeit ist indessen im Streitfall zu verneinen, weil auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage ersichtlich ist, die seit längerer Zeit in der Literatur kontrovers diskutiert, vom BFH noch nicht geklärt und für eine Vielzahl von Steuerpflichtigen von Bedeutung ist (vgl. zu diesen Voraussetzungen einer Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung BFH-Beschlüsse vom IV B 35/87, BFHE 153, 378, BStBl II 1988, 725; vom VIII B 72/96, BFH/NV 1997, 882).

aa) Dies gilt zunächst hinsichtlich der allgemeinen Grundsätze zur Anerkennung von Mietverträgen unter Angehörigen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106, m.w.N.). Sie sind auch vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit der Begründung gebilligt worden, im Interesse einer effektiven Missbrauchsbekämpfung seien an den Beweis des Abschlusses und an den Nachweis der Ernstlichkeit von Vertragsgestaltungen zwischen nahen Angehörigen strenge Anforderungen zu stellen (vgl. , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1992, 23, m.w.N.). Diese Anforderungen des sog. Fremdvergleichs von Angehörigenverträgen sind nach der Rechtsprechung des BVerfG zwar schon bei ernstlicher und hinsichtlich der Gegenleistung angemessener Vereinbarung sowie bei tatsächlicher Durchführung als erfüllt anzusehen, so dass darüber hinausgehende Anforderungen aufgrund sonstiger (ggf. von der Rechtsprechung entwickelter) selbständiger Tatbestandsmerkmale mit dem Gebot der Gesetzesbindung unvereinbar sein können (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34; vom 2 BvR 1791/92, Neue Juristische Wochenschrift 1996, 834). Soweit das Schrifttum in der Vergangenheit einen solchen Verstoß der Rechtsprechung zum Fremdvergleich gegen die Gesetzesbindung gesehen hat, weil nach der Rechtsprechung des BVerfG einem ernsthaft —mit angemessenen Gegenleistungen— vereinbarten und durchgeführten Vertrag unter Angehörigen nicht allein wegen „Fremdunüblichkeit” die Anerkennung versagt werden dürfe (vgl. Bilsdorfer, Steuer und Wirtschaft, 1997, 51, 68; a.A. Seer, Der Betrieb 1987, 713, 715), kann sich daraus für den Streitfall schon deshalb keine offenkundig entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ergeben, weil der BFH eine Verselbständigung der „Fremdüblichkeit” zu einem eigenen Tatbestandsmerkmal unter Bezugnahme auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG in BStBl II 1996, 34 ausdrücklich ausgeschlossen hat (, BFHE 214, 173).

bb) Schließlich ist eine offenkundig entscheidungserhebliche und für die Allgemeinheit bedeutsame Rechtsfrage auch nicht hinsichtlich der Frage gegeben, welche Bedeutung die Vereinbarung eines Kündigungssausschlusses im Rahmen der Anerkennung eines Mietvertrages unter Angehörigen hat. Insoweit hat der BFH bereits in der Vergangenheit Werbungskostenüberschüsse aus der Vermietung von Wohnungen an Angehörige der Besteuerung zugrunde gelegt, ohne die ggf. in den Mietverträgen vereinbarte Unkündbarkeit als mögliches Hindernis für eine Anerkennung der Verträge würdigen zu müssen (vgl. , BFH/NV 2003, 465; vom IX R 30/99, BFH/NV 2004, 1271); auch eine darauf bezogene nachhaltige Diskussion ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Fundstelle(n):
VAAAC-61532