EuGH Urteil v. - C-155/10

Arbeitsbedingungen - Richtlinie 2003/88/EG - Arbeitszeitgestaltung - Recht auf Jahresurlaub - Linienpiloten

Leitsatz

Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung und Klausel 3 der Vereinbarung, die der Richtlinie 2000/79/EG des Rates vom über die Durchführung der von der Vereinigung Europäischer Fluggesellschaften (AEA), der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF), der European Cockpit Association (ECA), der European Regions Airline Association (ERA) und der International Air Carrier Association (IACA) geschlossenen Europäischen Vereinbarung über die Arbeitszeitorganisation für das fliegende Personal der Zivilluftfahrt als Anhang beigefügt ist, sind dahin auszulegen, dass ein Linienpilot während seines Jahresurlaubs nicht nur Anspruch auf die Fortzahlung seines Grundgehalts hat, sondern zum einen auch auf alle Bestandteile, die untrennbar mit der Erfüllung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben verbunden sind und durch einen in die Berechnung seines Gesamtentgelts eingehenden Geldbetrag abgegolten werden, und zum anderen auch auf alle Bestandteile, die an seine persönliche und berufliche Stellung anknüpfen.

Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob die verschiedenen Bestandteile des Gesamtentgelts dieses Arbeitnehmers diese Kriterien erfüllen.

Instanzenzug: Supreme Court of the United Kingdom (Vereinigtes Königreich) -

Gründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299, S. 9) sowie Klausel 3 der Vereinbarung, die der Richtlinie 2000/79/EG des Rates vom über die Durchführung der von der Vereinigung Europäischer Fluggesellschaften (AEA), der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF), der European Cockpit Association (ECA), der European Regions Airline Association (ERA) und der International Air Carrier Association (IACA) geschlossenen Europäischen Vereinbarung über die Arbeitszeitorganisation für das fliegende Personal der Zivilluftfahrt (ABl. L 302, S. 57) als Anhang beigefügt ist (im Folgenden: Europäische Vereinbarung).

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Williams u. a. und ihrem Arbeitgeber, der British Airways plc (im Folgenden: British Airways), über das während ihres bezahlten Jahresurlaubs bezogene Entgelt.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Art. 7 ("Jahresurlaub") der Richtlinie 2003/88 sieht vor:

(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind.

(2) Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden."

Klausel 3 der Europäischen Vereinbarung bestimmt:

"(1) Das fliegende Personal der Zivilluftfahrt hat Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub von mindestens vier Wochen; die Voraussetzungen für diesen Anspruch und für die Gewährung des Jahresurlaubs sind durch die nationalen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten geregelt.

(2) Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden."

Nationales Recht

Die Civil Aviation (Working Time) Regulations 2004 (Statutory Instruments 2004 Nr. 756, Arbeitszeitverordnung für die Zivilluftfahrt 2004) bestimmt:

"4. (1) Mitglieder einer Flugbesatzung haben Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub von mindestens vier Wochen oder bei einer Beschäftigungsdauer von weniger als einem Jahr auf einen entsprechenden Anteil der vier Wochen.

(2) Der Urlaub, auf den die Mitglieder einer Flugbesatzung nach dieser Regulation Anspruch haben,

(a) kann in Abschnitten genommen werden;

(b) darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Mitglieds der Flugbesatzung nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden."

Nach Regulation 9 dieser Verordnung hat der Arbeitgeber sicherzustellen, dass

"... pro Monat

a) keine von ihm angestellte Person während ihrer Arbeitszeit als Mitglied einer Flugbesatzung arbeiten darf, wenn die Gesamtheit der Flugzeiten des Betreffenden innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der mit Ende des Monats endet, der dem zu beurteilenden Monat vorausgeht, mehr als 900 Stunden beträgt; und

b) kein von ihm angestelltes Mitglied einer Flugbesatzung innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der mit dem Ende des Monats endet, der dem zu beurteilenden Monat vorausgeht, eine jährliche Gesamtarbeitszeit von mehr als 2 000 Stunden hat."

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Die Kläger des Ausgangsverfahrens sind Piloten, die bei British Airways angestellt sind (im Folgenden: Piloten). Ihre Arbeitsbedingungen werden von der British Air Line Pilots Association mit British Airways ausgehandelt. Diese Bedingungen sind in dem Memorandum of Agreement vom (im Folgenden: MOA) enthalten.

Nach dem MOA besteht das Entgelt der Piloten aus drei Bestandteilen. Der erste Bestandteil ist ein fester Jahresbetrag. Der zweite und der dritte Bestandteil sind Zulagen, deren Höhe sich zum einen nach den geflogenen Zeiten richtet, wobei diese Zulage auf der Grundlage von 10 GBP je planmäßiger Flugstunde berechnet wird, und zum anderen nach der Dauer der Abwesenheit vom Stützpunkt, wobei die Zulage in diesem Fall 2,73 GBP je Stunde beträgt. Die flugzeitabhängige Zulage ist in vollem Umfang Entgelt und zu versteuern, während bei der Zulage für die Abwesenheit vom Stützpunkt 82 % als Aufwandsentschädigung und lediglich 18 % als Entgelt gelten und zu versteuern sind.

Die Flugzeiten eines Piloten hängen von den ihm zugewiesenen Flugstrecken und den Flugplänen ab. Sie betragen gemäß den Angaben des Supreme Court of the United Kingdom in der Regel ungefähr 15 Tage pro Monat.

Nach dem MOA beruht der für den bezahlten Jahresurlaub entrichtete Betrag ausschließlich auf dem ersten Bestandteil des Entgelts, d. h. dem festen Jahresbetrag.

Die Piloten machen geltend, dass gemäß dem Unionsrecht die Grundlage des für den Jahresurlaub zu zahlenden Betrags ihr gesamtes Entgelt einschließlich der Zulagen sein müsse.

Das Employment Tribunal und das Employment Appeal Tribunal haben diesem Antrag stattgegeben. Der Court of Appeal (England & Wales) schloss sich der gegensätzlichen Auffassung von British Airways an und entschied, dass das Entgelt lediglich im festen Jahresbetrag bestehe.

Das vorlegende Gericht hat Zweifel hinsichtlich der Bedeutung des Ausdrucks "bezahlter Jahresurlaub" und des Umfangs des Spielraums für die nationale Gesetzgebung und/oder Praxis, "Bedingungen für den Anspruch auf solchen Urlaub und dessen Gewährung" festzulegen.

Unter diesen Umständen hat der Supreme Court of the United Kingdom beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Im Hinblick auf a) Art. 7 der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 307, S. 18) in der durch die Richtlinie 2000/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom (ABl. L 195, S. 41) geänderten Fassung und Art. 7 der Richtlinie 2003/88 und b) Klausel 3 der Europäischen Vereinbarung:

a) Inwieweit werden gegebenenfalls Voraussetzungen in Bezug auf Natur und/oder Höhe des Entgelts, das für Zeiten des bezahlten Jahresurlaubs zu zahlen ist, europarechtlich bestimmt oder geregelt, und

b) inwieweit können die Mitgliedstaaten gegebenenfalls festlegen, wie dieses Entgelt zu berechnen ist?

2. Genügt es insbesondere, dass das Entgelt, das nach innerstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten und/oder Tarifverträgen und/oder individuellen Verträgen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gezahlt wird, so bemessen ist, dass es den Arbeitnehmer in die Lage versetzt und ihn dazu motiviert, den Jahresurlaub zu nehmen und im wahrsten Sinne des Wortes zu genießen; dass es also so bemessen ist, dass keine ernsthafte Gefahr besteht, dass der Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub nicht antritt?

3. Oder ist es erforderlich, dass das Entgelt entweder

a) genau mit dem "gewöhnlichen" Entgelt des Arbeitnehmers übereinstimmt oder

b) im Wesentlichen mit dem "gewöhnlichen" Entgelt des Arbeitnehmers vergleichbar ist?

4. Sofern die Fragen 3 a) oder 3 b) bejaht werden: Handelt es sich bei der Zahlung, die Gegenstand der einschlägigen Maßnahme oder des einschlägigen Vergleichs ist,

a) um das Entgelt, das der Arbeitnehmer während des jeweiligen Urlaubs verdient hätte, wenn er anstelle des Urlaubs gearbeitet hätte, oder

b) um das Entgelt, das er während eines anderen Zeitraums - und wenn ja, welchen Zeitraums - verdient hat, in dem er gearbeitet hat?

5. Wie ist ein solches "gewöhnliches" oder "vergleichbares" Entgelt zu berechnen,

a) wenn auf das Entgelt, das der Arbeitnehmer für einen Zeitraum erhält, in dem er arbeitet, eine Zulage gezahlt wird, wenn und soweit er einer besonderen Tätigkeit nachgeht?

b) wenn eine jährliche oder sonstige Höchstgrenze für den Umfang oder den Zeitraum besteht, in dem der Arbeitnehmer einer solchen Tätigkeit nachgehen kann, und diese Höchstgrenze bereits ganz oder beinahe überschritten ist, wenn der Jahresurlaub angetreten wird, so dass es dem Arbeitnehmer tatsächlich nicht gestattet gewesen wäre, dieser Tätigkeit nachzugehen, wenn er anstelle des Urlaubs gearbeitet hätte?

Zu den Vorlagefragen

Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 7 der Richtlinie Nr. 2003/88 und Klausel 3 der Europäischen Vereinbarung Hinweise bezüglich des Entgelts, auf das ein Fluglinienpilot während seines Jahresurlaubs Anspruch hat, zu entnehmen sind, und falls ja, welche.

Einleitend ist zum einen festzustellen, dass die Richtlinien Nrn. 2000/79 und 2003/88 denselben Zweck haben, nämlich die Arbeitszeit zum Wohl der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zu gestalten, und zum anderen, dass der Wortlaut von Klausel 3 im Wesentlichen identisch mit dem des Art. 7 der Richtlinie Nr. 2003/88 ist. Daraus folgt, wie die Generalanwältin in Nr. 43 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, dass die Rechtsprechungsgrundsätze, die der Gerichtshof im Zuge der Auslegung der letztgenannten Bestimmung entwickelt hat, auf Klausel 3 der Europäischen Vereinbarung übertragbar sind. Art. 7 der Richtlinie Nr. 2003/88 ist aber mit Blick auf seinen Wortlaut und die Ziele dieser Richtlinie auszulegen.

Der Wortlaut von Art. 7 der Richtlinie Nr. 2003/88 enthält keinen ausdrücklichen Hinweis bezüglich des Entgelts, auf das der Arbeitnehmer während seines Jahresurlaubs Anspruch hat. In der Rechtsprechung wurde jedoch darauf hingewiesen, dass sich bereits aus dem Wortlaut von Abs. 1 dieses Artikels - einer Bestimmung, von der diese Richtlinie keine Abweichung zulässt -, ergibt, dass jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen hat und dass dieser Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub als ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Gemeinschaft anzusehen ist (vgl. Urteil vom , Schultz-Hoff u. a., C-350/06 und C-520/06, Slg. 2009, I-179, Randnrn. 22 und 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Der Anspruch auf einen solchen bezahlten Jahresurlaub ist im Übrigen in Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausdrücklich verankert, der Art. 6 Abs. 1 EUV rechtliche Gleichrangigkeit mit den Verträgen zuerkennt.

In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof bereits klargestellt, dass der Ausdruck "bezahlter [Jahresurlaub]" in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 bedeutet, dass das Arbeitsentgelt für die Dauer des "Jahresurlaub[s]" im Sinne dieser Richtlinie weiterzugewähren ist und dass der Arbeitnehmer mit anderen Worten für diese Ruhezeit das gewöhnliche Arbeitsentgelt erhalten muss (vgl. Urteile vom , Robinson-Steele u. a., C-131/04 und C-257/04, Slg. 2006, I-2531, Randnr. 50, und Schultz-Hoff u. a., Randnr. 58).

Durch das Erfordernis der Zahlung dieses Urlaubsentgelts soll der Arbeitnehmer nämlich während des Jahresurlaubs in eine Lage versetzt werden, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist (vgl. Urteile Robinson-Steele u. a., Randnr. 58, und Schultz-Hoff u. a., Randnr. 60).

Wie die Generalanwältin in Nr. 90 ihrer Schlussanträge ausführt, ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass das Urlaubsentgelt grundsätzlich so bemessen sein muss, dass es mit dem gewöhnlichen Entgelt des Arbeitnehmers übereinstimmt. Daraus ergibt sich auch, dass eine finanzielle Vergütung den unionsrechtlichen Vorgaben nicht genügt, wenn sie gerade noch so bemessen ist, dass keine ernsthafte Gefahr besteht, dass der Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub nicht antritt.

Besteht das vom Arbeitnehmer bezogene Entgelt jedoch aus mehreren Bestandteilen, erfordert die Bestimmung dieses gewöhnlichen Entgelts und folglich des Betrags, auf den dieser Arbeitnehmer während seines Jahresurlaubs Anspruch hat, eine spezifische Prüfung. So verhält es sich bei dem von einem Linienpiloten als Angehörigem des fliegenden Personals einer Fluggesellschaft bezogenen Entgelt, das aus einem festen Jahresbetrag und aus variablen, von den geflogenen Zeiten und der Dauer der Abwesenheit vom Stützpunkt abhängigen Zulagen besteht.

Hierzu ist festzustellen, dass die Struktur des gewöhnlichen Entgelts eines Arbeitnehmers als solche zwar den Vorschriften und Gepflogenheiten nach dem Recht der Mitgliedstaaten unterliegt, sie jedoch keinen Einfluss auf den in Randnr. 19 des vorliegenden Urteils genannten Anspruch des Arbeitnehmers haben kann, während des ihm für Erholung und Entspannung zur Verfügung stehenden Zeitraums in den Genuss wirtschaftlicher Bedingungen zu kommen, die mit denen vergleichbar sind, die die Ausübung seiner Arbeit betreffen.

Daher muss jede Unannehmlichkeit, die untrennbar mit der Erfüllung der dem Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben verbunden ist und durch einen in die Berechnung des Gesamtentgelts des Arbeitnehmers eingehenden Geldbetrag abgegolten wird, wie bei Linienpiloten die geflogenen Zeiten, zwingend Teil des Betrags sein, auf den der Arbeitnehmer während seines Jahresurlaubs Anspruch hat.

Dagegen müssen Bestandteile des Gesamtentgelts des Arbeitnehmers, die ausschließlich gelegentlich anfallende Kosten oder Nebenkosten decken sollen, welche bei der Erfüllung der dem Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben entstehen, wie Kosten, die mit dem Zeitraum verbunden sind, in dem sich die Piloten gezwungenermaßen nicht am Stützpunkt aufhalten, bei der Berechnung der für den Jahresurlaub zu entrichtenden Zahlung nicht berücksichtigt werden.

Insoweit ist es Sache des nationalen Gerichts, den inneren Zusammenhang zwischen den verschiedenen Bestandteilen des Gesamtentgelts des Arbeitnehmers und der Erfüllung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu beurteilen. Diese Beurteilung muss auf der Basis eines Durchschnittswerts über einen hinreichend repräsentativen Referenzzeitraum und im Licht des von der genannten Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes vorgenommen werden, wonach der Anspruch auf Jahresurlaub und der auf Zahlung des Urlaubsentgelts in der Richtlinie 2003/88 als zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs behandelt werden (vgl. Urteile Robinson-Steele u. a., Randnr. 58, und Schultz-Hoff u. a., Randnr. 60).

Hiernach ist noch darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass eine Arbeitnehmerin, die bei einer Fluggesellschaft als Kabinenchefin angestellt war und der für die Dauer ihrer Schwangerschaft vorübergehend eine Tätigkeit am Boden zugewiesen worden war, nicht nur Anspruch auf Fortzahlung ihres Grundgehalts, sondern auch auf die Entgeltbestandteile oder Zulagen hat, die an ihre berufliche Stellung anknüpfen. Daher waren die Zulagen, die an ihre leitende Position, die Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit und an ihre beruflichen Qualifikationen anknüpfen, fortzuzahlen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Parviainen, C-471/08, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 73). Diese Rechtsprechung gilt auch für eine schwangere Arbeitnehmerin, die beurlaubt ist (Urteil vom , Gassmayr, C-194/08, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 65).

Daraus folgt, dass über die in Randnr. 24 des vorliegenden Urteils genannten Bestandteile des Gesamtentgelts hinaus alle diejenigen Bestandteile, die an die persönliche und berufliche Stellung des Linienpiloten anknüpfen, während seines bezahlten Jahresurlaubs fortzuzahlen sind.

Schließlich bleibt noch klarzustellen, dass sowohl die Richtlinie 2003/88 als auch die Europäische Vereinbarung nur einen Mindestschutz in Bezug auf den Entgeltanspruch der sich im Jahresurlaub befindenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorsieht.

Daher hindert keine Bestimmung des Unionsrechts die Mitgliedstaaten oder gegebenenfalls die Sozialpartner daran, über den von der Unionsregelung garantierten Mindestschutz des Arbeitnehmers hinauszugehen und die Fortzahlung sämtlicher Bestandteile des Gesamtentgelts vorzusehen, auf die der Arbeitnehmer während seiner Arbeitszeit Anspruch hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Parviainen, Randnr. 63).

Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88 und Klausel 3 der Europäischen Vereinbarung dahin auszulegen sind, dass ein Linienpilot während seines Jahresurlaubs nicht nur Anspruch auf die Fortzahlung seines Grundgehalts hat, sondern zum einen auch auf alle Bestandteile, die untrennbar mit der Erfüllung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben verbunden sind und durch einen in die Berechnung seines Gesamtentgelts eingehenden Geldbetrag abgegolten werden, und zum anderen auch auf alle Bestandteile, die an seine persönliche und berufliche Stellung anknüpfen. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob die verschiedenen Bestandteile des Gesamtentgelts dieses Arbeitnehmers diese Kriterien erfüllen.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung und Klausel 3 der Vereinbarung, die der Richtlinie 2000/79/EG des Rates vom über die Durchführung der von der Vereinigung Europäischer Fluggesellschaften (AEA), der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF), der European Cockpit Association (ECA), der European Regions Airline Association (ERA) und der International Air Carrier Association (IACA) geschlossenen Europäischen Vereinbarung über die Arbeitszeitorganisation für das fliegende Personal der Zivilluftfahrt als Anhang beigefügt ist, sind dahin auszulegen, dass ein Linienpilot während seines Jahresurlaubs nicht nur Anspruch auf die Fortzahlung seines Grundgehalts hat, sondern zum einen auch auf alle Bestandteile, die untrennbar mit der Erfüllung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben verbunden sind und durch einen in die Berechnung seines Gesamtentgelts eingehenden Geldbetrag abgegolten werden, und zum anderen auch auf alle Bestandteile, die an seine persönliche und berufliche Stellung anknüpfen.

Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob die verschiedenen Bestandteile des Gesamtentgelts dieses Arbeitnehmers diese Kriterien erfüllen.

Fundstelle(n):
XAAAD-92207