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Grundlagen vom

Vorweggenommene Erbfolge durch Schenkung

Zekiye Kaya

A. Problemanalyse

1Erhebliche Vermögensübertragungen durch Schenkung

Von erheblicher Bedeutung sind lebzeitige Schenkungen, die außerhalb des Bereiches unternehmerischen Vermögens vor allem Kapitalvermögen (Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Festgelder etc.) und Immobilien (fremdvermietete Mehrfamilienhäuser, selbstgenutzte Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen) betreffen. Laut Schenkungsteuerstatistik 2019 des Statischen Bundesamtes beliefen sich im Jahre 2019 Erwerbe aus Schenkungen auf 12 Milliarden Euro. Die dafür insgesamt festgesetzte Steuer betrug 1,2 Milliarden Euro. 72,5 % der veranlagten Erwerbe hatten hier einen Wert bis 50.000 Euro. Diese hatten einen Anteil von 3,4 % an der gesamten festgesetzten Steuer. Lediglich 0,7 % der Schenkungsfälle wiesen einen steuerpflichtigen Erwerb von über 5 Millionen Euro auf, trugen jedoch zu 32,6 % der festgesetzten Schenkungsteuer insgesamt bei.

I. Begriff der Schenkung

2Verschiedene Formen der Schenkung

Der Begriff der Schenkung ist untechnisch zu verstehen. Er umfasst zivilrechtlich neben der reinen Schenkung auch die Schenkung unter Auflage, die gemischte Schenkung, die Ausstattung und die ehebedingte (unbenannte) Zuwendung, mithin alle Rechtsformen, die im laienhaften Sprachgebrauch vielfach zusammenfassend als Schenkungen bezeichnet werden. Damit deckt sich der Begriff der Schenkung weitgehend mit dem der vorweggenommenen Erbfolge, der jedoch keine klar definierte Rechtsform beinhaltet und das charakteristische Merkmal der unentgeltlichen Zuwendung weniger deutlich hervortreten lässt als der Begriff der Schenkung. Aus dem letztgenannten Grund wird auch davon abgesehen, den verbreiteten Begriff des Übergabevertrages zu verwenden.

II. Vorzüge lebzeitiger Schenkungen

Eine lebzeitige Schenkung kann aus rechtlicher und steuerlicher Sicht zahlreiche Vorzüge bieten.

1. Verringerung der Pflichtteilsansprüche

3In rechtlicher Hinsicht ist bedeutsam, dass Schenkungen, die mehr als 10 Jahre vor dem Erbfall erfolgen, vom Pflichtteil bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruch grundsätzlich nicht mehr erfasst werden, es sei denn, der Ehegatte/eingetragene Lebenspartner des Erblassers war Schenkungsempfänger.

2. Streitvermeidung

4Schenkungen können ferner dazu beitragen, noch zu Lebzeiten des künftigen Erblassers eine einvernehmliche Nachlassregelung vorzunehmen und damit Streit innerhalb der Familie zu vermeiden.

3. Wertzuwachs beim Zuwendungsempfänger

5Folge der Vermögensübertragung ist es, dass jeder künftige Wertzuwachs in der Sphäre des Zuwendungsempfängers eintritt, so dass es zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage, die bei einer späteren Übertragung durch Erbfolge eine Steuererhöhung nach sich gezogen hätte, nicht mehr kommen kann. Dieser Gesichtspunkt ist bei solchen Vermögensgegenständen bedeutsam, die über ein beträchtliches Wertsteigerungspotential verfügen.

4. Mehrfache Ausnutzung der persönlichen Freibeträge

6Ferner ist es durch lebzeitige Vermögensübertragung möglich, die schenkungsteuerlichen persönlichen Freibeträge alle 10 Jahre erneut in Anspruch zu nehmen; denn es werden jeweils nur diejenigen Vermögensübertragungen zusammengerechnet, die innerhalb eines 10-Jahreszeitraums erfolgen, § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG. Dadurch läßt sich ein größeres Vermögen sukzessive steuerfrei auf die künftigen Erben übertragen, so dass im Erbfall entweder keine Erbschaftsteuer mehr anfällt oder aber deren Bemessungsgrundlage und im Hinblick auf die Steuerprogression der Steuersatz geringer ausfällt, als wenn der geschenkte Gegenstand noch Nachlassgegenstand wäre.

5. Einkommensteuerverringerung durch Familiensplitting

7Darüber hinaus kann aus der Vermögensübertragung auch eine Einkommensteuerersparnis folgen. Das ist dann der Fall, wenn der Schenkungsgegenstand (z. B. Mietshaus, Wertpapierdepot) laufend Einkünfte generiert und der Zuwendungsempfänger (z. B. minderjähriges Kind, Enkel) einer niedrigeren Steuerprogression als der Schenker unterliegt. Ein derartiges Familiensplitting ist tendenziell geeignet, durch eine Verteilung der Einkunftsquelle auf mehrere Köpfe den progressiven Steuersatz zu senken und damit eine Steuerersparnis herbeizuführen.

6. Steuerfreiheit bestimmter nur lebzeitiger Zuwendungen

8Schließlich liegt ein Vorzug lebzeitiger Zuwendungen darin, dass für bestimmte Zuwendungen Steuerfreiheit nur unter der Voraussetzung gewährt wird, dass sie zu Lebzeiten des Zuwendenden vorgenommen werden (vgl. z. B. § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG und § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG).

9-10Einstweilen frei

III. Erfordernis eines Gesamtkonzeptes

11Interessen des Schenkers und des Beschenkten berücksichtigen

Trotz aller steuerlichen Vorzüge der lebzeitigen Schenkung muss jedoch davor gewarnt werden, diese nur um der Steuerersparnis willen durchzuführen. Erforderlich ist vielmehr ein Gesamtkonzept wirtschaftlicher, familiärer, steuerlicher und rechtlicher Art, von dem die Schenkung getragen wird. Ansonsten geht der Schenker das erhöhte Risiko ein, seine Großzügigkeit einmal zu bereuen. Geprüft werden sollte, ob der Zuwendungsempfänger mit dem Vermögensgegenstand hinreichend verantwortungsvoll umgehen kann und ob die Schenkung von ihm psychisch verkraftet wird; denn eine Zuwendung größeren Umfanges an einen jungen Zuwendungsempfänger kann einen demotivierenden Einfluss auf dessen beruflichen Ehrgeiz haben. Schließlich muss der Schenker auch prüfen, in welchem Umfang er selbst ggfs. den fraglichen Vermögensgegenstand benötigt, um seine Altersversorgung abzusichern. Die Altersversorgung und finanzielle Unabhängigkeit des Schenkers muss zeitlebens gewährleistet sein.

12Vorbehalt von Nutzungen und Leistungen

Aus dieser Interessenlage folgt, dass vielfach eine Schenkung unter Vorbehalt von Nutzungen oder Leistungen sachgerechter als eine reine Schenkung ist. So wird etwa bei einem selbstgenutzten Einfamilienhaus oft eine Schenkung unter Vorbehalt des Wohnrechtes sachgerecht sein und bei einem fremdvermieteten Mehrfamilienhaus wird es vielfach in Betracht kommen, dass sich der Schenker den Nießbrauch vorbehält oder dass ihm vom Schenkungsempfänger Rentenzahlungen versprochen werden. Dabei ist als flankierender Schutz jeweils ein Rückforderungsrecht vorzusehen bezogen auf die typischen Störfälle, etwa für den Fall des Vorversterbens oder der Insolvenz des Übernehmers.

13Familienpool

Insbesondere bei größerem Vermögen mit einer Mehrzahl verschiedener Objekte kann sich auch deren Einbringung in eine Familienvermögensgesellschaft (sog. Familienpool) anbieten, wobei die Absicherung des Schenkers weitgehend durch Nutzungs- und Geschäftsführungsvorbehalte zu seinen Gunsten erreicht werden kann. Die damit verbundenen Fragen sowie die Unternehmensnachfolge können im Rahmen dieser Abhandlung nicht erörtert werden.

14-15Einstweilen frei

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