BMF - IV C 1 - S 1980-1/16/10010 :001 BStBl 2019 I S. 527

Investmentsteuergesetz; Anwendungsfragen zum Investmentsteuergesetz in der ab dem geltenden Fassung (InvStG)

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung des Investmentsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung vom (BGBl 2016 I S. 1730, BStBl 2016 I S. 731), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom (BGBl 2018 I S. 2338, BStBl 2018 I S. 1377) Folgendes:

A. Allgemeines

Alle Vorschriften des Kapitels 1 (§§ 1 bis 5a InvStG) und § 56 InvStG finden sowohl auf Investmentfonds als auch auf Spezial-Investmentfonds Anwendung (Umkehrschluss aus § 25 InvStG). Daher sind die nachfolgenden Erläuterungen zu den §§ 1 bis 5a und § 56 InvStG auch auf Spezial-Investmentfonds und Altersvorsorgevermögenfonds anzuwenden, auch wenn diese nicht gesondert genannt werden.

B. Zu den Einzelregelungen

1. Anwendungsbereich (§ 1 InvStG)

1.1. Umfasste Vehikel und Anleger (§ 1 Absatz 1 InvStG)

1.1 Der persönliche Anwendungsbereich des Investmentsteuergesetzes erstreckt sich gemäß § 1 Absatz 1 InvStG auf Investmentfonds (§ 1 Absatz 2 bis 4 InvStG) und deren Anleger (§ 2 Absatz 10 InvStG).

1.2. Definition von Investmentfonds (§ 1 Absatz 2 InvStG)
a. Investmentvermögen nach den Bestimmungen des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB)

1.2 Investmentfonds sind nach § 1 Absatz 2 Satz 1 InvStG sämtliche Investmentvermögen i. S. d. § 1 Absatz 1 KAGB. Investmentvermögen i. S. d. § 1 Absatz 1 KAGB ist jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist. Zur Auslegung des Begriffs des Investmentvermögens kann auf die aufsichtsrechtlichen Verwaltungsverlautbarungen zurückgegriffen werden (insbesondere Auslegungsschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vom , zuletzt geändert am – Q 31-Wp 2137-2013/0006 –). Hinsichtlich der von den Finanzbehörden zu beurteilenden Rechtsfrage, ob ein Investmentfonds vorliegt, besteht jedoch keine Bindung an die aufsichtsrechtliche Entscheidung nach § 5 Absatz 3 Satz 2 KAGB zum Vorliegen eines Investmentvermögens.

1.3 Ein Investmentvermögen liegt mangels wirtschaftlich oder rechtlich von den Anlegern verselbständigtem Vermögen nicht vor, wenn die Vermögensgegenstände den Anlegern des Investmentvehikels zuzurechnen sind. Insbesondere Vermögensverwaltungsmandate (sog. Managed Accounts), bei denen einem Vermögensverwalter lediglich eine Verfügungsmacht an dem Vermögen eingeräumt wird, die Eigentumsposition der Anleger jedoch unverändert bleibt, stellen keine Investmentvermögen dar. Von einem Investmentvermögen ist dagegen auszugehen, wenn die Vermögensgegenstände nach § 92 Absatz 1 KAGB oder einer vergleichbaren ausländischen Vorschrift im Miteigentum der Anleger stehen.

1.4 Kein verselbständigter Organismus für gemeinsame Anlagen in diesem Sinne liegt zudem vor, wenn das vom Anleger hingegebene Kapital ohne wirtschaftliche oder rechtliche Trennung Vermögen einer dritten Person wird, die mit dem Kapital eigene wirtschaftliche Interessen verfolgen kann. Darüber hinaus ist in diesem Fall keine festgelegte Anlagestrategie zum Nutzen der Anleger für das eingesetzte Vermögen gegeben. Die Kapitalhingabe zum Erwerb von Schuldverschreibungen erfüllt somit nicht den Begriff des Investmentvermögens. Dies gilt auch, wenn – wie bei Zertifikaten – die Höhe der Anlagesumme und des Rückzahlungsanspruchs aus der Schuldverschreibung in Relation zur Wertentwicklung anderer Finanzinstrumente steht. Damit sind auch Zertifikate und Schuldverschreibungen vom Anwendungsbereich ausgenommen, die von einer Verbriefungszweckgesellschaft nach Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe g i. V. m. Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe an der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie) begeben werden.

1.5 Interne Fonds i. S. d. § 124 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (VAG) stellen ebenfalls keine rechtlich verselbständigten Organismen und damit keine Investmentfonds nach § 1 Absatz 2 Satz 1 InvStG dar.

b. Ein-Anleger-Fonds (§ 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 InvStG)

1.6 Nach § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 InvStG können auch Organismen für gemeinsame Anlagen, deren mögliche Anlegerzahl auf eine Person begrenzt ist, als Investmentfonds gelten. Dies setzt voraus, dass der Organismus mit Ausnahme der Beschränkung der möglichen Anzahl der Anleger (§ 1 Absatz 1 Satz 2 KAGB) sämtliche weiteren Voraussetzungen des § 1 Absatz 1 KAGB erfüllt.

c. Steuerbefreite vermögensverwaltende Kapitalgesellschaften (§ 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 InvStG)

1.7 § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 InvStG stuft Kapitalgesellschaften, die nicht die Voraussetzungen des § 1 Absatz 1 KAGB erfüllen, als Investmentfonds ein, wenn diesen nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung haben, eine operative unternehmerische Tätigkeit untersagt ist und sie dort keiner Ertragsbesteuerung unterliegen oder von dieser befreit sind.

1.8 Die Regelung findet ausschließlich auf Kapitalgesellschaften Anwendung. Bei ausländischen Rechtsformen bedarf es eines Rechtstypenvergleichs entsprechend den Kriterien des (BStBl 2004 I S. 411). Die Tabellen 1 und 2 des (BStBl 1999 I S. 1076) sind zu berücksichtigen.

1.9 Nach § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 InvStG muss der Kapitalgesellschaft eine operative unternehmerische Tätigkeit gesetzlich untersagt sein. Maßgeblich sind die Rechtsvorgaben desjenigen Staates, in dem die Kapitalgesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat.

1.10 Gemeinnützige Körperschaften i. S. d. § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sind nicht vom Anwendungsbereich des § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 InvStG erfasst, da diese neben dem Bereich der Vermögensverwaltung nach § 14 Satz 3 der Abgabenordnung (AO) auch im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nach § 64 AO oder eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs nach den §§ 65 bis 68 AO operativ unternehmerisch tätig sein dürfen.

1.11 § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 InvStG setzt weiterhin voraus, dass die Kapitalgesellschaft nicht der Ertragsbesteuerung unterliegt oder von dieser befreit ist. Dies ist der Fall, wenn sie aus dem persönlichen Anwendungsbereich des betreffenden nationalen Steuergesetzes ausgenommen wurde oder sachlich in vollem Umfang steuerbefreit ist. Die konkrete Belastung der Kapitalgesellschaft mit Ertragsteuern ist unbeachtlich.

1.3. Ausnahmen vom Anwendungsbereich (§ 1 Absatz 3 InvStG)

Investmentvermögen in der Rechtsform einer Personengesellschaft (§ 1 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG)

1.12 Als inländische Personengesellschaften und vergleichbare ausländische Rechtsformen strukturierte Investmentvermögen sind gemäß § 1 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG grundsätzlich keine Investmentfonds. Bei ausländischen Rechtsformen ist ein Rechtstypenvergleich mit den möglichen inländischen Rechtsformen einer Personengesellschaft anhand der Kriterien des (BStBl 2004 I S. 411) durchzuführen. Die Tabellen 1 und 2 des (BStBl 1999 I S. 1076) sind zu berücksichtigen.

1.13 Haftungs- und vermögensrechtlich voneinander getrennte Teile eines Investmentvermögens in der Rechtsform einer Personengesellschaft sind für die Zwecke der Besteuerung nach dem Einkommen als eigenständige Personengesellschaften zu betrachten. Es ist keine gesonderte Feststellung vorzunehmen, wenn an dem haftungs- und vermögensrechtlich getrennten Teil der Personengesellschaft nur eine Person beteiligt ist, die mit ihren Einkünften in Deutschland einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig ist (§ 180 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 AO).

1.14 Sondervermögen nach § 1 Absatz 10 KAGB und vergleichbare ausländische Rechtsformen gelten nach § 1 Absatz 3 Satz 2 InvStG nicht als Personengesellschaften. Einem Sondervermögen sind ausländische Investmentvermögen der Vertragsform vergleichbar.

1.15 Abweichend von diesem Grundsatz sind nach § 1 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 2. Halbsatz InvStG Personengesellschaften oder vergleichbare ausländische Rechtsformen als Investmentfonds zu behandeln, wenn sie als Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) i. S. d. § 1 Absatz 2 KAGB oder als Altersvorsorgevermögenfonds i. S. d. § 53 InvStG zu qualifizieren sind. OGAW sind infolge der Rechtsgrundverweisung auf § 1 Absatz 2 KAGB ausschließlich inländische OGAW (§§ 192 ff. KAGB) sowie EU-OGAW (§ 1 Absatz 2 KAGB i. V. m. Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW-Richtlinie)). EU-OGAW sind OGAW, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum unterliegen. In einem Drittstaat aufgelegte Investmentvermögen in einer der Personengesellschaft entsprechenden Rechtsform sind nicht von der Rückausnahme erfasst.

1.4. Haftungs- und vermögensrechtlich voneinander getrennte Teile eines Investmentfonds (§ 1 Absatz 4 InvStG)

1.16 Für die Anwendung des Investmentsteuergesetzes gelten haftungs- und vermögensrechtlich voneinander getrennte Teile eines Investmentfonds als eigenständige Investmentfonds. Diese Regelung betrifft insbesondere Teilgesellschaftsvermögen einer Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital (§ 117 KAGB) oder – bei Anwendbarkeit des Investmentsteuergesetzes (Rzn. 1.1 bis 1.15) – einer offenen Investmentkommanditgesellschaft (§ 132 KAGB) sowie vergleichbare haftungs- und vermögensrechtlich voneinander getrennte Teile eines ausländischen Investmentfonds.

1.17 In einer Umbrella-Konstruktion zusammengefasste Teilsondervermögen i. S. d. § 96 Absatz 2 Satz 1 KAGB sind Sondervermögen i. S. d. § 1 Absatz 10 KAGB. Diese erfüllen bereits unmittelbar die Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 InvStG, so dass § 1 Absatz 4 InvStG nicht einschlägig ist. Liegt bei ausländischen Investmentfonds der Vertragsform eine haftungs- und vermögensrechtliche Trennung einzelner Teile des Investmentfonds vor, findet die Fiktion des § 1 Absatz 4 InvStG Anwendung.

2. Begriffsbestimmungen (§ 2 InvStG)

2.1. Begriffsbestimmungen des KAGB (§ 2 Absatz 1 InvStG)

2.1 Im Rahmen des Investmentsteuergesetzes gelten die Begriffsbestimmungen des Kapitalanlagegesetzbuchs grundsätzlich entsprechend. Definiert das Investmentsteuergesetz hingegen Begrifflichkeiten für Zwecke dieses Gesetzes eigenständig, sind diese spezialgesetzlichen Definitionen vorrangig gegenüber den allgemeinen Bestimmungen des Kapitalanlagegesetzbuchs.

2.2. Inländische und ausländische Investmentfonds (§ 2 Absatz 2 und 3 InvStG)

2.2 Die Einordnung eines Investmentfonds als inländisch oder ausländisch richtet sich nach dem jeweiligen Recht, dem der Investmentfonds unterliegt. Die maßgebliche Rechtsordnung bestimmt sich unter Beachtung des Rechts desjenigen Staats, unter dem der Investmentfonds aufgelegt wurde und nach dessen Bestimmungen sich die Ausgestaltung und die Anlagebedingungen des Investmentfonds richten. Maßgeblich ist somit das jeweilige Privatrecht.

2.3. Investmentanteile und Spezial-Investmentanteile (§ 2 Absatz 4 InvStG)

2.3 Anteile an einem Investmentfonds werden als Investmentanteile, Anteile an einem Spezial-Investmentfonds als Spezial-Investmentanteile bezeichnet. Hierbei ist die rechtliche Ausgestaltung der Anteile unbeachtlich. Die Anteile können somit mitgliedschaftliche Rechte verkörpern (beispielsweise Aktien einer Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital i. S. d. § 108 KAGB) oder auf einer rein vertraglichen Beziehung beruhen (beispielsweise Anteile an einem Sondervermögen i. S. d. § 92 KAGB).

2.4 Spezial-Investmentfonds, die die Voraussetzungen des Kapitels 3 des Investmentsteuergesetzes erfüllen, stellen eine spezielle Ausgestaltung von Investmentfonds dar. Die Klassifikation als Spezial-Investmentfonds führt – im Vergleich zum grundlegenden Besteuerungsregime für Investmentfonds (§§ 6 bis 24 InvStG) – zu modifizierten Besteuerungsfolgen auf Investmentfonds- und Anlegerebene. Soweit in Kapitel 1 des Investmentsteuergesetzes auf Investmentanteile Bezug genommen wird, sind vor diesem Hintergrund auch Spezial-Investmentanteile umfasst.

2.4. Dach- und Ziel-(Spezial-)Investmentfonds (§ 2 Absatz 5 InvStG)

2.5 Für steuerrechtliche Zwecke handelt es sich bei einem Investmentfonds oder einem Spezial-Investmentfonds, der Anteile an einem anderen Investmentfonds (Ziel-Investmentfonds) hält, um einen Dach-Investmentfonds. Die aufsichtsrechtlichen Vorgaben der zu § 4 Absatz 2 KAGB ergangenen Fondskategorien-Richtlinie vom sind insoweit unbeachtlich.

Ein Spezial-Investmentfonds, der Anteile an einem anderen Spezial-Investmentfonds (Ziel-Spezial-Investmentfonds) hält, wird als Dach-Spezial-Investmentfonds bezeichnet. Ein Dach-Spezial-Investmentfonds kann gleichzeitig ein Dach-Investmentfonds sein, soweit er Anteile an einem Investmentfonds hält.

2.5. Aktienfonds und Mischfonds (§ 2 Absatz 6 und 7 InvStG)
a. Kapitalbeteiligungsquote

2.6 Ein Investmentfonds qualifiziert als Aktienfonds, wenn er gemäß seinen Anlagebedingungen fortlaufend mehr als 50 % seines Aktivvermögens (Rz. 2.42) in Kapitalbeteiligungen i. S. d. § 2 Absatz 8 InvStG investiert (Aktienfonds-Kapitalbeteiligungsquote). Ein Mischfonds liegt hingegen vor, wenn der Investmentfonds nach seinen Anlagebedingungen mindestens 25 % seines Aktivvermögens (Rz. 2.42) in Kapitalbeteiligungen anlegt (Mischfonds-Kapitalbeteiligungsquote). Beschränken die Anlagebedingungen den Kreis der erwerbbaren Vermögensgegenstände auf einen Teil der in § 2 Absatz 8 InvStG genannten Kapitalbeteiligungen (z. B. börsengehandelte Kapitalgesellschaftsanteile), ist diese, gegenüber den gesetzlichen Vorgaben weitergehende Einschränkung, unschädlich. Demgegenüber erfüllen Investmentfonds, die nach den Anlagebedingungen die Wertentwicklung von Kapitalbeteiligungen (auch) synthetisch mittels Finanzderivaten (z. B. Aktien-Swaps) abbilden können, nicht die Voraussetzungen des § 2 Absatz 6 oder 7 InvStG, es sei denn, die Anlagebedingungen sehen (ergänzend) eine Mindestbeteiligungsquote von mehr als 50 % bzw. mindestens 25 % unmittelbar in Kapitalbeteiligungen vor. Für Zwecke des § 2 Absatz 6 und 7 InvStG ist unbeachtlich, ob der Investmentfonds das Wertänderungsrisiko aus den gehaltenen Kapitalbeteiligungen absichert, denn Sicherungsgeschäfte haben keine Auswirkung auf die steuerliche Belastung der laufenden Einnahmen aus Kapitalbeteiligungen.

b. Fortlaufende Anlage

2.7 Die gesetzliche Einstufung als Aktien- oder Mischfonds lehnt sich primär an die in den Anlagebedingungen vorgesehenen Anlagevorgaben an. Der Investmentfonds hat jedoch aufgrund des gesetzlich gegebenen Kriteriums der „fortlaufenden Anlage” die durchgehende Erfüllung (d. h. grundsätzlich an jedem Tag des Geschäftsjahres) dieser Vermögenszusammensetzung anzustreben.

2.8 Die gesetzlich vorgegebene Zielsetzung der „fortlaufenden Anlage” in Kapitalbeteiligungen wird innerhalb von sechs Monaten nach Neuauflage oder während der Abwicklung (Rzn. 17.4 f.) eines Investmentfonds auch dann erfüllt, wenn der Investmentfonds innerhalb dieses Zeitraums noch nicht oder nicht mehr die vorausgesetzte tatsächliche Vermögenszusammensetzung des § 2 Absatz 6 oder 7 InvStG erreicht.

c. Maßgeblichkeit des zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentums

2.9 Für Zwecke der Kapitalbeteiligungsquote sind nur solche Kapitalbeteiligungen zu berücksichtigen, bei denen der Investmentfonds sowohl zivilrechtlicher Eigentümer als auch wirtschaftlicher Eigentümer i. S. d. § 39 Absatz 2 Nummer 1 AO ist. Die Finanzverwaltung wird es für Zwecke der Berechnung der Kapitalbeteiligungsquote jedoch grundsätzlich nicht beanstanden, dass der Investmentfonds bereits bei schuldrechtlichem Erwerb (Handelstag) von zivilrechtlichem Eigentum ausgeht, wenn der sachenrechtliche Erwerb innerhalb von fünf Tagen nach dem Handelstag tatsächlich erfolgt und wenn bei der Veräußerung ebenfalls auf den Handelstag abgestellt wird.

2.10 Wenn ein Investmentfonds das zivilrechtliche Eigentum an Kapitalbeteiligungen übertragen hat (z. B. im Rahmen eines Wertpapierdarlehens oder eines Wertpapierpensionsgeschäftes), sind diese Beteiligungen grundsätzlich nicht (mehr) im Rahmen der Ermittlung der Kapitalbeteiligungsquote zu berücksichtigen, auch wenn ein Rückübertragungsanspruch besteht. Wenn umgekehrt Kapitalbeteiligungen im Rahmen eines Wertpapierleih- oder eines Wertpapierpensionsgeschäftes an einen Investmentfonds übertragen werden, sind diese für Zwecke der Kapitalbeteiligungsquote zu berücksichtigen, wenn neben dem zivilrechtlichen Eigentum auch das wirtschaftliche Eigentum übertragen wird. Bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Eigentums sind die Umstände des Einzelfalls zu würdigen, so dass keine pauschale Aussage zur Berücksichtigung von Wertpapierleih- und Wertpapierpensionsgeschäften im Rahmen der Kapitalbeteiligungsquote getroffen werden kann.

2.11 Ziel-(Spezial-)Investmentanteile gehen mit ihrem Nettoinventarwert in das Aktivvermögen ein.

2.12 Bei OGAW (Rz. 1.15), die nach § 199 KAGB für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger kurzfristige Kredite nur bis zur Höhe von 10 % des aufsichtsrechtlichen Werts des OGAW aufnehmen dürfen, ist es für den Zeitraum vor dem nicht zu beanstanden, wenn diese zur Bestimmung der Kapitalbeteiligungsquote auf den Nettoinventarwert abstellen. Das Gleiche gilt für andere Investmentfonds, bei denen die Kreditaufnahme folgendermaßen beschränkt ist: Es dürfen nur kurzfristige Kredite (maximale Laufzeit von einem Jahr) aufgenommen werden, die maximale Kreditaufnahme beträgt höchstens 30 % des aufsichtsrechtlichen Werts des Investmentfonds und die Kredite dürfen nicht für die Anschaffung von Vermögensgegenständen des Investmentfonds verwendet werden. Kurzfristige negative Salden der Bankkonten des Investmentfonds, die im Rahmen der operativen Ausführungs- und Settlementprozesse bei Handelsgeschäften entstehen, sind nicht als Kreditaufnahme zu betrachten. Negative Salden können dadurch entstehen, dass einzelne Abrechnungen für Vermögensgegenstände dem Bankkonto des Investmentfonds erst mit späterer Valuta gutgeschrieben oder belastet werden.

2.13 Für die Besteuerung von Investmenterträgen, die dem Anleger bis einschließlich zugeflossen sind, ist es auch bei den übrigen Investmentfonds nicht zu beanstanden, dass in den Anlagebedingungen auf den Nettoinventarwert abgestellt wird, wenn der Investmentfonds tatsächlich die anhand des Aktivvermögens ermittelte Kapitalbeteiligungsquote fortlaufend eingehalten hat und dies gegenüber den Anlegern, in öffentlich zugänglicher Weise (z. B. auf der Internetseite des Investmentfonds) oder gegenüber einem Finanzinformationsdienstleister versichert hat.

d. Dach-Investmentfonds (§ 2 Absatz 6 Satz 2 und 3 sowie Absatz 7 Satz 2 und 3 InvStG)

2.14 Ein Dach-Investmentfonds kann nach § 2 Absatz 6 Satz 2 InvStG die Anforderungen an die Kapitalbeteiligungsquote eines Aktienfonds auch dadurch erfüllen, dass der Dach-Investmentfonds in seinen Anlagebedingungen regelt, dass er unmittelbar oder mittelbar über Ziel-Investmentfonds mehr als 50 % seines Aktivvermögens in Kapitalbeteiligungen investiert. Außerdem müssen die Anlagebedingungen vorsehen, dass der Dach-Investmentfonds bei der mittelbaren Anlage über Ziel-Investmentfonds auf die bewertungstäglich von den Ziel-Investmentfonds veröffentlichten Kapitalbeteiligungsquoten abstellt. Dies wird in der Praxis in der Regel so umgesetzt, dass die Ziel-Investmentfonds ihre bewertungstäglich ermittelten Kapitalbeteiligungsquoten einem Finanzinformationsdienstleister (z. B. WM-Datenservice) mitteilen, der wiederum diese Daten dem Dach-Investmentfonds zur Verfügung stellt.

2.15 Mit Bewertungstag ist jeder Tag gemeint, an dem ein Investmentfonds den Wert seiner Vermögensgegenstände ermittelt und unter Berücksichtigung der Verbindlichkeiten den Wert pro Investmentanteil berechnet. Bei Publikums-Investmentfonds wird in der Regel an jedem Geschäftstag eine Bewertung vorgenommen.

2.16 Um etwaige Gestaltungen auszuschließen, bei denen ein Dach-Investmentfonds in nicht öffentlich vertriebene Ziel-Investmentfonds investiert, die z. B. nur einmal im Jahr eine Bewertung vornehmen und genau zu diesem Zeitpunkt eine hohe Kapitalbeteiligungsquote ausweisen, während die Kapitalbeteiligungsquote im Rest des Jahres wesentlich niedriger ist, setzt § 2 Absatz 6 Satz 3 InvStG voraus, dass der Ziel-Investmentfonds mindestens einmal pro Woche eine Bewertung vornimmt. Investiert der Dach-Investmentfonds in einen Ziel-Investmentfonds, der weniger als einmal pro Woche eine Bewertung vornimmt, dann ist § 2 Absatz 6 Satz 2 InvStG hinsichtlich dieses Ziel-Investmentfonds nicht anwendbar. Maßgebend für die Berechnung der Kapitalbeteiligungsquote des Dach-Investmentfonds sind dann nur die Anlagebedingungen des betreffenden Ziel-Investmentfonds. Um eine hinreichende Übergangszeit für eine IT-technische Umsetzung zu gewährleisten, ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn ein Dach-Investmentfonds vor dem im Regelfall davon ausgeht, dass die Ziel-Investmentfonds mindestens einmal pro Woche eine Bewertung vornehmen.

2.17 Die Anforderungen eines Dach-Investmentfonds an die Kapitalbeteiligungsquote eines Mischfonds können unter den gleichen Voraussetzungen durch die mittelbare Anlage über Ziel-Investmentfonds erreicht werden (§ 2 Absatz 7 Satz 2 InvStG).

e. Wesentlicher Verstoß gegen die Anlagebedingungen (§ 2 Absatz 6 Satz 4 und Absatz 7 Satz 4 InvStG)

2.18 Ein wesentlicher Verstoß gegen die Vorgaben für die Vermögenszusammensetzung führt zum Verlust des Status als Aktien- oder Mischfonds. Ob ein Verstoß „wesentlich” ist, hängt von den Gesamtumständen des Einzelfalls ab. Bei der Beurteilung der Wesentlichkeit sollte insbesondere Folgendes berücksichtigt werden:

  • Grad des Verschuldens des Verwalters bei der Entstehung des Verstoßes,

  • Zeitdauer des Verstoßes,

  • wertmäßiger Umfang des Verstoßes im Verhältnis zum Gesamtwert des Fondsvermögens,

  • Umfang der Bemühungen des Verwalters, die auf eine Beseitigung des Verstoßes gerichtet sind.

Kein wesentlicher Verstoß liegt insbesondere bei einer passiven Grenzverletzung vor, wenn der Investmentfonds unverzüglich nach Kenntnis der Grenzverletzung ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen unternimmt, um die für ihn erforderliche Kapitalbeteiligungsquote wiederherzustellen. Mögliche Maßnahmen sind abhängig von den jeweiligen Vermögensgegenständen und deren Handelbarkeit zu beurteilen. Zu einer passiven Grenzverletzung kann es insbesondere kommen aufgrund von Wertveränderungen der gehaltenen Vermögensgegenstände, einer unbeabsichtigten oder unverschuldeten fehlerhaften Einstufung eines Vermögensgegenstandes als Kapitalbeteiligung oder aufgrund der marktüblichen Dauer der Abwicklung des Eigentumserwerbs an Wertpapieren und deren Bezahlung (Settlement).

2.19 Zur Verfahrensvereinfachung ist grundsätzlich nicht von einem wesentlichen Verstoß auszugehen, wenn ein Aktien- oder Mischfonds in einem Geschäftsjahr an insgesamt bis zu 20 einzelnen oder zusammenhängenden Geschäftstagen i. S. d. § 675n BGB (=Bankarbeitstag) die Vermögensgrenzen des § 2 Absatz 6 oder 7 InvStG unterschreitet (20-Geschäftstage-Grenze).

2.20 Die 20-Geschäftstage-Grenze ist für jedes Geschäftsjahr gesondert zu betrachten. D. h. eine zusammenhängende Grenzverletzung in den letzten 10 Geschäftstagen eines Geschäftsjahres und in den ersten 11 Geschäftstagen des folgenden Geschäftsjahres stellt keine Überschreitung der 20-Geschäftstage-Grenze dar. Bei einem Rumpfgeschäftsjahr ist die 20-Geschäftstage-Grenze zusammen mit dem nächsten Geschäftsjahr oder mit nachfolgenden Rumpfgeschäftsjahren zu betrachten, so dass der Betrachtungszeitraum mindestens ein Jahr beträgt.

2.21 Die in Rz. 2.8 genannten Ausnahmen vom Erfordernis einer fortlaufenden Einhaltung der in den Anlagebedingungen enthaltenen Kapitalbeteiligungsquoten bei Neuauflage oder Abwicklung eines Investmentfonds bleiben unberührt.

2.22 Einen wesentlichen Verstoß gegen die Vorgaben zur Vermögenszusammensetzung hat der Investmentfonds nach § 153 Absatz 2 AO der zuständigen Finanzbehörde anzuzeigen. Den Anlegern hat der Investmentfonds in öffentlich zugänglicher Weise mitzuteilen, wenn sich der Teilfreistellungssatz i. S. d. § 20 InvStG ändert (z. B. durch einen zur Information der Anleger geeigneten Hinweis auf der Internetseite des Investmentfonds). Darüber hinaus ist der Investmentfonds verpflichtet, unverzüglich seine früheren und nun nicht mehr zutreffenden Angaben gegenüber Entrichtungspflichtigen oder Finanzinformationsdienstleistern (z. B. WM-Datenservice) zum anwendbaren Teilfreistellungssatz zu korrigieren.

2.23 Erhält der Entrichtungspflichtige Informationen über einen wesentlichen Verstoß, hat er den hierdurch eintretenden Verlust des Status als Aktien- oder Mischfonds für den Kapitalertragsteuerabzug zu berücksichtigen. Ein zwischen dem Eintritt des Statuswechsels und dem Erhalt der Information hierüber fehlerhaft vorgenommener Kapitalertragsteuerabzug ist seitens des Entrichtungspflichtigen zu korrigieren.

2.24 Wenn keine Korrektur durch den Entrichtungspflichtigen vorgenommen wurde, der Anleger aber erkennt, dass zu seinen Gunsten ein falscher Teilfreistellungssatz angewendet wurde, ist der Anleger verpflichtet, auf diesen Umstand in seiner Steuererklärung hinzuweisen.

g. Übergangsregelungen für die Ermittlung der Kapitalbeteiligungsquote

2.25 Es wird nicht beanstandet, wenn ein Dach-Investmentfonds zur Ermittlung seiner Kapitalbeteiligungsquote (als Aktien- oder Mischfonds) bis einschließlich auf die Erklärung eines Ziel-Investmentfonds vertraut hat, dass der Ziel-Investmentfonds eine konkret benannte höhere Kapitalbeteiligungs-Mindestquote als 51 % oder 25 % während des Kalenderjahres 2018 fortlaufend einhalten wird und diese höhere Kapitalbeteiligungs-Mindestquote bis einschließlich in den Anlagebedingungen des Ziel-Investmentfonds festgelegt wurde.

2.26 Des Weiteren wird nicht beanstandet, wenn ein Dach-Investmentfonds die in seinen Anlagebedingungen festgelegte Kapitalbeteiligungsquote in dem Zeitraum vom bis einschließlich unterschritten hat.

2.27 Für eine Übergangszeit bis einschließlich ist es nicht zu beanstanden, wenn sich das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Aktienfondsteilfreistellung nicht aus den Anlagebedingungen ergeben hat. Stattdessen durften Finanzinformationsdienstleister und die Entrichtungspflichtigen auf eine Eigenerklärung eines Investmentfonds vertrauen, dass der Investmentfonds während des gesamten Kalenderjahres 2018 fortlaufend mindestens 51 % seines Werts in Kapitalbeteiligungen investiert und damit in tatsächlicher Hinsicht die Voraussetzungen eines Aktienfonds erfüllen wird (Selbstdeklaration). Das Gleiche gilt hinsichtlich der Voraussetzungen eines Mischfonds.

2.6. Kapitalbeteiligungen (§ 2 Absatz 8 InvStG)

2.28 § 2 Absatz 8 InvStG definiert abschließend den Begriff der Kapitalbeteiligungen für die Anwendung des § 2 Absatz 6 und 7 InvStG. Der Katalog bildet typisiert diejenigen Vermögensgegenstände ab, bei denen es zu einer steuerlichen Vorbelastung mit Ertragsteuern kommt. Dementsprechend stellen insbesondere Finanzderivate, die die Wertentwicklung von Kapitalbeteiligungen synthetisch nachbilden, keine Kapitalbeteiligungen i. S. d. § 2 Absatz 8 InvStG dar. Ebenfalls keine Kapitalbeteiligungen i. S. d. § 2 Absatz 8 InvStG sind:

  • Anteile an REIT-Aktiengesellschaften i. S. d. §§ 1 ff. REITG und Anteile an anderen REIT-Körperschaften, -Personenvereinigungen oder -Vermögensmassen i. S. d. § 19 Absatz 5 REITG und

  • Hinterlegungsscheine auf Aktien (sog. Depositary Receipts, z. B. American Depositary Receipts (ADR), Global Depositary Receipts (GDR), European Depositary Receipts (EDR)).

2.29 Als Kapitalbeteiligungen kommen nach § 2 Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 und 2 InvStG Anteile an Kapitalgesellschaften in Betracht. Sind die Anteile an einer Börse zum amtlichen Handel zugelassen oder auf einem organisierten Markt notiert, liegt eine Kapitalbeteiligung i. S. d. § 2 Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 InvStG vor. Marktplätze außerhalb der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums sind grundsätzlich als Börsen anzuerkennen, wenn sie in der von der BaFin erstellten Liste der zugelassenen Börsen und der anderen organisierten Märkte gemäß § 193 Absatz 1 Nummer 2 und 4 KAGB aufgeführt sind. Bei darin nicht aufgeführten Marktplätzen außerhalb der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums besteht eine widerlegbare Vermutung, dass es sich nicht um Börsen handelt.

2.30 Bei nicht börsengehandelten Anteilen an Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH-Anteile) fordert § 2 Absatz 8 Satz 1 Nummer 2 InvStG weitere Voraussetzungen für die Ertragsbesteuerung der Kapitalgesellschaft. In den EU- oder EWR-Mitgliedstaaten ansässige Kapitalgesellschaften müssen in ihrem Ansässigkeitsstaat der allgemeinen Ertragsbesteuerung für Kapitalgesellschaften unterliegen und dürfen nicht von dieser befreit sein. Bei in Drittstaaten ansässigen Kapitalgesellschaften wird zudem ein nomineller Ertragsteuersatz von mindestens 15 % gefordert.

2.31 Nicht börsengehandelte Anteile an Immobilien-Kapitalgesellschaften i. S. d. § 1 Absatz 19 Nummer 22 KAGB stellen nach § 2 Absatz 8 Satz 1 Nummer 2 InvStG keine Kapitalbeteiligungen dar. Die Beteiligungen an solchen Kapitalgesellschaften sind ausschließlich für die Einstufung eines Investmentfonds als Immobilienfonds nach § 2 Absatz 9 InvStG sowie bei Bestimmung des Teilfreistellungssatzes nach § 20 Absatz 3 Satz 1 InvStG für Immobilienfonds zu berücksichtigen.

2.32 Anteile an körperschaftlich strukturierten Ziel-(Spezial-)Investmentfonds (z. B. Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital i. S. d. § 108 KAGB oder SICAV-SA) sind nach § 2 Absatz 8 Satz 4 InvStG keine Kapitalbeteiligungen i. S. d. § 2 Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 oder 2 InvStG. Unter den Voraussetzungen des § 2 Absatz 8 Satz 1 Nummer 3 und 4 InvStG werden diese (Spezial-)Investmentanteile aber anteilig als Kapitalbeteiligungen behandelt. Anteile an einem Aktienfonds i. S. d. § 2 Absatz 6 InvStG gelten i. H. v. 51 % und Anteile an Mischfonds i. S. d. § 2 Absatz 7 InvStG gelten i. H. v. 25 % des Werts der Anteile als Kapitalbeteiligungen. Sieht ein Aktienfonds oder ein Mischfonds in seinen Anlagebedingungen einen höheren Prozentsatz als 51 % bzw. 25 % seines Aktivvermögens für die fortlaufende Mindestanlage in Kapitalbeteiligungen vor, gilt der Investmentanteil im Umfang dieses höheren Prozentsatzes als Kapitalbeteiligung (§ 2 Absatz 8 Satz 2 und 3 InvStG).

2.33 Kapitalbeteiligungen, die nur mittelbar über Personengesellschaften gehalten werden, bleiben für die Zwecke des § 2 Absatz 8 InvStG unberücksichtigt. Anteile an Investmentfonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft sind nur unter den Voraussetzungen des § 2 Absatz 8 Satz 1 Nummer 3 und 4 InvStG und nur in dem dort bestimmten Umfang als Kapitalbeteiligungen zu berücksichtigen.

2.7. Immobilienfonds (§ 2 Absatz 9 InvStG)

2.34 Ein Immobilienfonds ist ein Investmentfonds, der gemäß seinen Anlagebedingungen fortlaufend mehr als 50 % seines Aktivvermögens in Immobilien und Immobilien-Gesellschaften investiert (Immobilienfondsquote). Die Immobilien-Gesellschaften sind in der Neufassung des § 2 Absatz 9 Satz 1 InvStG durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom (BGBl 2018 I S. 2338) lediglich aufgrund eines Redaktionsversehens nicht in den neuen Wortlaut übernommen worden. Nach Sinn und Zweck der Norm und aus dem Umstand, dass in § 20 Absatz 3 Satz 1 InvStG unverändert auf Immobilien-Gesellschaften abgestellt wird, ergibt sich, dass diese weiterhin für die Immobilienquote zu berücksichtigen sind.

2.35 Immobilien-Gesellschaften sind Gesellschaften, die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung nur Immobilien (direkte Immobilieninvestition) sowie die zur Bewirtschaftung der Immobilien erforderlichen Gegenstände erwerben dürfen (§ 1 Absatz 19 Nummer 22 KAGB). Darüber hinaus dürfen Immobilien-Gesellschaften nach § 238 KAGB auch Beteiligungen an anderen Immobilien-Gesellschaften erwerben (mittelbare Immobilieninvestition).

Immobilien-Gesellschaften können sowohl nebeneinander direkte und mittelbare Immobilieninvestitionen vornehmen als auch ausschließlich Beteiligungen an anderen Immobilien-Gesellschaften halten (Immobilien-Holdinggesellschaften). Immobilien-Gesellschaften können rechtsformunabhängig sowohl als Kapital- wie auch als Personengesellschaften ausgestaltet sein.

2.36 Anteile an Immobilienfonds gelten für die Zwecke der Immobilienquote gemäß § 2 Absatz 9 Satz 2 InvStG i. H. v. 51 % des Werts des Investmentanteils als Immobilien. Sieht ein Immobilienfonds in seinen Anlagebedingungen einen höheren Prozentsatz als 51 % seines Aktivvermögens für die fortlaufende Mindestanlage in Immobilien vor, gilt der Investmentanteil im Umfang dieses höheren Prozentsatzes als Immobilie (§ 2 Absatz 9 Satz 3 InvStG).

2.37 Für die Ermittlung der Immobilienquote sind 100 %ige Beteiligungen an Immobiliengesellschaften in der Rechtsform einer Personen- oder Kapitalgesellschaft mit dem Verkehrswert der Immobilien zuzüglich des Werts der Bewirtschaftungsgegenstände i. S. d. § 231 Absatz 3 KAGB (z. B. Telefonanlage, Reinigungsgeräte, Schneepflug) anzusetzen, wenn sich diese Werte aus dauerhaft öffentlich zugänglichen Informationen des Investmentfonds (z. B. Jahresberichte) ergeben. Soweit es an einer Veröffentlichung des Verkehrswertes der Immobilien fehlt, ist nur der Beteiligungswert der Immobilien-Gesellschaft anzusetzen. Wenn der Investmentfonds weniger als 100 % der Anteile an einer Immobilien-Gesellschaft hält, ist nur der auf die Beteiligungsquote entfallende Wert anzusetzen.

2.38 Beispiel:

Der A-Investmentfonds ist alleiniger Gesellschafter der Immobilien-Gesellschaft B in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in dem ausländischen Staat X.

Der A-Investmentfonds stattet die B-Immobilien-Gesellschaft mit einem Eigenkapital i. H. v. 50.000 € aus. Zudem stellt der A-Investmentfonds der B-Immobilien-Gesellschaft ein Gesellschafterdarlehen i. H. v. 30.000 € zur Verfügung.

Darüber hinaus nimmt die B-Immobilien-Gesellschaft ein Darlehen bei einer Bank i. H. v. 20.000 € auf. Mit dem vorhandenen Kapital erwirbt die B-Immobilien-Gesellschaft eine Immobilie in dem ausländischen Staat X zu einem Kaufpreis in Höhe des aktuellen Verkehrswerts von 95.000 € und erwirbt Bewirtschaftungsgegenstände im Wert von 5.000 €. Der A-Investmentfonds hält eine Liquiditätsreserve i. H. v. 40.000 € und darüber hinaus keine weiteren Vermögensgegenstände.

Wenn der A-Investmentfonds die Werte der in der B-Immobilien-Gesellschaft gehaltenen Vermögensgegenstände in dauerhaft zugänglicher Weise veröffentlicht, sind als Aktivvermögen 170.000 € (95.000 € + 5.000 € + 30.000 € + 40.000 €) anzusetzen. Als Immobilien sind 100.000 € (95.000 € + 5.000 €) anzusetzen. Daraus ergibt sich eine Immobilienquote von 58,8 %.

Fehlt eine Veröffentlichung dieser Werte, ist bei der Ermittlung des Aktivvermögens die B-Immobilien-Gesellschaft nur mit ihrem Beteiligungswert i. H. v. 50.000 € zu berücksichtigen. Insgesamt ergibt sich damit ein Aktivvermögen i. H. v. 120.000 € (50.000 € + 30.000 € + 40.000 €). Als Wert der Immobilien ist nur der Beteiligungswert i. H. v. 50.000 € anzusetzen. Daraus ergibt sich eine Immobilienquote von 41,7 %.

2.39 Folgende Aktiva gelten, soweit sie sich auf den Rücknahmepreis auswirken, für die Zwecke der Ermittlung der Immobilienquote als Immobilien:

  • aktivierte und noch nicht abgeschriebene Anschaffungsnebenkosten i. S. d. § 248 Absatz 3 KAGB,

  • Forderungen aus schwebenden Grundstücksveräußerungsgeschäften,

  • Forderungen aus der Grundstücksbewirtschaftung (z. B. Nebenkostenforderungen gegenüber Mietern und Pächtern der Immobilie),

  • Steuererstattungsansprüche im Zusammenhang mit der Immobilie und

  • sonstige immobilienbezogene Vermögensgegenstände.

2.40 Die Ausführungen zu § 2 Absatz 6 und 7 InvStG gelten in Bezug auf die Ausgestaltung und die Umsetzung der Anlagebedingungen entsprechend. Bei Neuauflage eines Immobilienfonds ist es in der Regel ausreichend, wenn der Investmentfonds innerhalb der vierjährigen Frist des § 244 KAGB die „fortlaufende Anlage” seines Vermögens in Immobilien und Immobilien-Gesellschaften erfüllt. Er muss jedoch bereits innerhalb von zwölf Monaten nach Auflage eine erste Immobilie oder eine erste Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft sachenrechtlich erworben haben oder zumindest einen schuldrechtlichen Vertrag zum Erwerb abgeschlossen haben. Wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt werden, sind die für Immobilienfonds geltenden Teilfreistellungssätze von Anfang an nicht anwendbar und werden erst anwendbar, sobald die Immobilienfondsquote erreicht wird.

2.41 Die Regelungen zum wesentlichen Verstoß gegen die Vorgaben zur Vermögenszusammensetzung sowie zur Ermittlung der Kapitalbeteiligungsquote bei Aktien- und Mischfonds gelten für Immobilienfonds und die Immobilienquote sowie für die Auslands-Immobilienfonds und die Auslands-Immobilienquote entsprechend.

2.8. Bestimmung des Aktivvermögens, Ansatz des Wertes unter Abzug der Verbindlichkeiten (§ 2 Absatz 9a InvStG)

2.42 § 2 Absatz 9a Satz 1 InvStG definiert für Zwecke der Ermittlung der in § 2 Absatz 6 und 7 InvStG geregelten Kapitalbeteiligungsquote und der Immobilienquote nach § 2 Absatz 9 InvStG wie das Aktivvermögen zu bestimmen ist. Maßgebend für die Höhe des Aktivvermögens ist der Wert der einzelnen vom Investmentfonds gehaltenen Vermögensgegenstände, also insbesondere der Wert von Aktien, sonstigen Kapitalbeteiligungen, verzinslichen Wertpapieren, derivativen Finanzprodukten, Beteiligungsgesellschaften und Immobilien. Bei der Ermittlung des Aktivvermögens bleiben die Verbindlichkeiten des Investmentvermögens unberücksichtigt.

2.43 Nach § 2 Absatz 9a Satz 2 InvStG darf in den Anlagebedingungen anstelle des Aktivvermögens auf den Wert des Investmentfonds abgestellt werden. Der Wert bestimmt sich nach dem Wert der Vermögensgegenstände abzüglich der Verbindlichkeiten des Investmentfonds und entspricht dem Nettoinventarwert. Wenn in den Anlagebedingungen auf diesen Wert abgestellt wird, dann modifiziert § 2 Absatz 9a Satz 3 InvStG die Berechnung der Kapitalbeteiligungsquote. Es sind dann nicht nur bei der Wertermittlung des Gesamtvermögens des Investmentfonds die Verbindlichkeiten abzuziehen, sondern es sind auch bei der Wertermittlung der Kapitalbeteiligungen die anteilig auf die Kapitalbeteiligungen entfallenden Kredite abzuziehen. D. h. es ist für beide Größen eine Nettomethode anzuwenden. Dies gilt gemäß § 2 Absatz 9a Satz 4 InvStG entsprechend für die Berechnung der Immobilienquote und der Auslands-Immobilienquote.

2.9 Ausschüttungen (§ 2 Absatz 11 InvStG)

2.44 Die Ausschüttungen bei Investmentfonds i. S. d. Kapitels 2 des Investmentsteuergesetzes umfassen die tatsächlich an den Anleger gezahlten oder gutgeschriebenen Beträge zuzüglich eines Steuerabzugs auf den sich aus der Ausschüttung ergebenden Kapitalertrag. Als Ausschüttungen kommen insbesondere Barausschüttungen, die Wiederanlage der Erträge unter Ausgabe neuer Anteile und gegebenenfalls auch Sachausschüttungen in Betracht. Die Zahlungen eines Spezial-Investmentfonds an dessen Anleger fallen nicht unter die Definition des § 2 Absatz 11 InvStG.

2.45 Von § 2 Absatz 11 InvStG umfasste Steuerabzüge sind die inländische Kapitalertragsteuer sowie die hierauf etwaig entfallenden Annexsteuern (Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer). Darüber hinaus stellen auch die ausländischen Quellensteuern, die auf die Ausschüttungen eines ausländischen Investmentfonds einbehalten wurden, einen Steuerabzug i. S. d. § 2 Absatz 11 InvStG dar und sind der Ausschüttung hinzuzurechnen. Die Regelung erfasst damit alle Steuerabzugsbeträge, die bei einer Ausschüttung, also auf der „Ausgangsseite” eines Investmentfonds, erhoben werden. Dagegen sind die Steuerabzugsbeträge, die bei Vereinnahmung von Kapitalerträgen durch den Investmentfonds angefallen sind („Eingangsseite” eines Investmentfonds), nicht unter § 2 Absatz 11 InvStG zu fassen und damit für die Höhe der Ausschüttung unbeachtlich.

2.46 Für die Besteuerung von Ausschüttungen als Investmenterträge nach § 16 Absatz 1 Nummer 1 InvStG gelten bei bilanzierenden Anlegern die allgemeinen steuerbilanzrechtlichen Grundsätze. Dies bedeutet, dass die Ausschüttungen mit Anspruchsentstehung zu bilanzieren sind. Sofern in den Vertragsbedingungen lediglich ausgeführt wird, dass bestimmte Ertragsarten grundsätzlich ausgeschüttet werden, führt dies allein noch nicht zur Entstehung eines Ausschüttungsanspruchs. Vielmehr entsteht ein Ausschüttungsanspruch in diesen Fällen erst durch die Konkretisierung im Ausschüttungsbeschluss.

2.47 Bei anderen betrieblichen und bei privaten Anlegern bestimmt sich die zeitliche Zuordnung nach § 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Es ist damit auf den Zeitpunkt des Zuflusses abzustellen.

2.10. Anlagebedingungen (§ 2 Absatz 12 InvStG)

2.48 Als Anlagebedingungen gelten die allgemeinen und besonderen Anlagebedingungen sowie nach § 2 Absatz 12 InvStG auch die Satzung, der Gesellschaftsvertrag oder vergleichbare konstituierende Dokumente eines Investmentfonds. Es muss sich folglich um schriftliche Vereinbarungen zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Anlegers in Bezug auf den Investmentfonds handeln. Hierunter sind auch vertragliche Nebenabreden (beispielsweise in Form eines „Side Letter”) zu fassen, die verbindliche Vorgaben für den Investmentfonds enthalten.

2.49 Demgegenüber stellen Angaben in den Verkaufsprospekten, Jahresberichten oder ähnlichen Dokumenten mangels Regelung eines Rechtsverhältnisses grundsätzlich keine Anlagebedingungen dar. Erlauben die Anlagebedingungen oder das ausländische Aufsichtsrecht für Investmentfonds hingegen die Festlegung der Anlagepolitik eines Investmentfonds im Verkaufsprospekt, ist der Verkaufsprospekt insoweit ebenfalls Bestandteil der Anlagebedingungen. Darüber hinaus sind die Angaben in einem Verkaufsprospekt als Bestandteil der Anlagebedingungen zu betrachten, soweit sich aus Abweichungen vom Verkaufsprospekt Ansprüche der Anleger aus Prospekthaftung ergeben können oder soweit die Änderung des Verkaufsprospekts einer Genehmigung durch eine Aufsichtsbehörde bedarf.

2.11 Veräußerung (§ 2 Absatz 13 InvStG)

2.50 Als Veräußerung von Investmentanteilen und Spezial-Investmentanteilen gilt nach § 2 Absatz 13 InvStG auch deren Rückgabe, Abtretung, Entnahme oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft. Die Regelung zielt darauf ab, alle Arten von Realisationstatbeständen zu erfassen und einheitlich zu behandeln. Von einer Veräußerung ist daher auch auszugehen bei

  • einer einseitig vom Investmentfonds herbeigeführten Rücknahme der Investmentanteile ohne vorheriges Rückgabeverlangen der Anleger und

  • einer beendeten Abwicklung eines Investmentfonds. Als Ende der Abwicklung ist aus Vereinfachungsgründen der Zeitpunkt der Auszahlung der letzten Rate zu betrachten.

3. Gesetzlicher Vertreter eines Investmentfonds (§ 3 InvStG)

3.1. Wahrnehmung der Rechte und Erfüllung der Pflichten eines Investmentfonds (§ 3 Absatz 1 InvStG)

3.1 Die sich aus dem Investmentsteuergesetz ergebenden Rechte und Pflichten eines Investmentfonds hat nach § 3 Absatz 1 Satz 1 InvStG dessen gesetzlicher Vertreter (Rzn. 3.4 ff.) wahrzunehmen oder zu erfüllen. Der gesetzliche Vertreter ist somit beispielsweise berechtigt, Anträge für den Investmentfonds gegenüber der zuständigen Finanzbehörde zu stellen. Außerdem ist er verpflichtet, die Steuererklärungen für den Investmentfonds abzugeben.

3.2 Soweit sich für die Finanzbehörde gegenüber einem Investmentfonds Rechte oder Pflichten ergeben, hat sie diese gegenüber dem gesetzlichen Vertreter auszuüben bzw. zu erfüllen (Bekanntgabeadressat, § 3 Absatz 1 Satz 2 InvStG). Inhaltsadressat von Verwaltungsakten der Finanzbehörde ist der Investmentfonds.

3.3 Sofern der gesetzliche Vertreter einen Dritten mit der Wahrnehmung von Rechten und Pflichten aus der Investmentbesteuerung betraut, hat er für eine sorgfältige Auswahl, Kontrolle und Überwachung des Dritten Sorge zu tragen. Außerdem hat sich der gesetzliche Vertreter ein Verschulden des Dritten zurechnen zu lassen (§ 278 BGB).

3.2. Gesetzlicher Vertreter eines inländischen Investmentfonds (§ 3 Absatz 2 und 3 InvStG)

3.4 Als gesetzlicher Vertreter eines inländischen Investmentfonds i. S. d. § 2 Absatz 2 InvStG (Rz. 2.2) gilt für die Anwendung des Investmentsteuergesetzes die Kapitalverwaltungsgesellschaft i. S. d. § 17 KAGB. Bei grenzüberschreitender Verwaltung eines inländischen Investmentfonds gilt die inländische Betriebsstätte oder Zweigniederlassung einer im Ausland ansässigen Verwaltungsgesellschaft als gesetzlicher Vertreter. Hierbei ist unbeachtlich, ob die inländische Betriebsstätte oder Zweigniederlassung tatsächlich die Verwaltung des Investmentfonds ausübt. Verfügt die ausländische Verwaltungsgesellschaft über keine inländische Betriebsstätte oder Zweigniederlassung, gilt die inländische Verwahrstelle des Investmentfonds als dessen gesetzlicher Vertreter.

3.5 Bei interner Verwaltung nach § 17 Absatz 2 Nummer 2 KAGB ist das Investmentvermögen zugleich selbst Kapitalverwaltungsgesellschaft (z. B. selbstverwaltete Investmentaktiengesellschaft). Die interne Kapitalverwaltungsgesellschaft ist sodann nach § 3 Absatz 1 InvStG selbst zur Wahrnehmung und Erfüllung von Rechten und Pflichten berechtigt bzw. verpflichtet. Verfügt eine interne Kapitalverwaltungsgesellschaft über mehrere haftungs- und vermögensrechtlich voneinander getrennte Teile i. S. d. § 1 Absatz 4 InvStG (Rz. 1.16), obliegen die Rechte und Pflichten gemäß § 3 Absatz 1 InvStG der betreffenden internen Kapitalverwaltungsgesellschaft als gesetzlicher Vertreter des jeweiligen Investmentfonds i. S d. § 1 Absatz 4 InvStG.

3.6 Bei Abwicklung eines inländischen Investmentfonds ist die inländische Verwahrstelle oder der an ihrer Stelle bestellte Liquidator nach § 3 Absatz 3 InvStG gesetzlicher Vertreter des Investmentfonds. Eine Abwicklung in diesem Sinne liegt ab dem Zeitpunkt des Übergangs des Verwaltungs- und Verfügungsrechts an den Vermögensgegenständen des Investmentfonds auf die Verwahrstelle oder den Liquidator vor (§ 17 Absatz 2 InvStG). Der Übergang ist der zuständigen Finanzbehörde anzuzeigen. Werden vor Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts bereits sämtliche Anteile an dem Investmentfonds zurückgegeben und im Zuge dessen das liquidierte Vermögen ausgekehrt, liegt kein Fall des § 3 Absatz 3 InvStG vor.

3.7 Der Anwendungsbereich des § 3 Absatz 3 InvStG endet mit Abschluss der Abwicklung des Investmentfonds. Der Abschluss der Abwicklung ist der zuständigen Finanzbehörde anzuzeigen. Sind nach Abschluss der Abwicklung des inländischen Investmentfonds steuerliche Pflichten (beispielsweise Abgabe einer Steuererklärung) zu erfüllen, obliegt die gesetzliche Verpflichtung (wieder) dem gesetzlichen Vertreter nach § 3 Absatz 2 InvStG.

3.3. Gesetzlicher Vertreter eines ausländischen Investmentfonds (§ 3 Absatz 4 InvStG)

3.8 Die Verwaltungsgesellschaft eines ausländischen Investmentfonds i. S. d. § 2 Absatz 3 InvStG (Rz. 2.2) gilt grundsätzlich als dessen gesetzlicher Vertreter. Abweichend davon obliegt die gesetzliche Vertretung einer anderen Person, wenn sie nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften die Vertretungsmacht besitzt.

3.9 Erfolgt die Verwaltung eines ausländischen Investmentfonds in einer mit der internen Verwaltung nach § 17 Absatz 2 Nummer 2 KAGB vergleichbaren Art und Weise, ist der Investmentfonds selbst die Verwaltungsgesellschaft (z. B. selbstverwaltete SICAV-SA).

4. Zuständige Finanzbehörden, Verordnungsermächtigung (§ 4 InvStG)

4.1. Inländischer Ort der Geschäftsleitung des gesetzlichen Vertreters (§ 4 Absatz 1 InvStG)

4.1 Nach § 4 Absatz 1 InvStG ist für die Besteuerung eines Investmentfonds das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk der Ort der Geschäftsleitung des gesetzlichen Vertreters liegt. Der nach § 10 AO für die Geschäftsleitung maßgebliche Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung befindet sich dort, wo der für die laufende Geschäftsführung maßgebliche Wille des gesetzlichen Vertreters gebildet wird (, BStBl 1998 II S. 86). Nehmen mehrere Personen gleichwertige Geschäftsführungsaufgaben von unterschiedlichen Orten aus wahr, können mehrere Orte der Geschäftsleitung bestehen (, BStBl 2015 II S. 601), so dass bei mehrfacher örtlicher Zuständigkeit § 25 AO anzuwenden ist. Gilt die inländische Betriebsstätte oder Zweigniederlassung einer ausländischen Verwaltungsgesellschaft nach § 3 Absatz 2 Satz 1 InvStG als gesetzlicher Vertreter (Rz. 3.4), ist der Ort der Geschäftsleitung dennoch für das gesamte Unternehmen zu bestimmen.

4.2. Kein inländischer Ort der Geschäftsleitung des gesetzlichen Vertreters (§ 4 Absatz 2 InvStG)

4.2 § 4 Absatz 2 InvStG regelt die örtliche Zuständigkeit für die Besteuerung von Investmentfonds, wenn sich die Geschäftsleitung des gesetzlichen Vertreters im Ausland befindet. Für die Zuweisung der örtlichen Zuständigkeit ist maßgebliches Unterscheidungskriterium das Vorliegen inländischer Einkünfte nach § 6 Absatz 2 InvStG (Rzn. 6.4 ff.), die auf der Fondseingangsseite keinem Steuerabzug unterliegen. Es ist nicht ausschlaggebend, ob der Investmentfonds daneben weitere inländische Einkünfte nach § 6 Absatz 2 InvStG bezieht, die einem Kapitalertragsteuerabzug auf der Fondseingangsseite unterliegen.

4.3 Erzielt ein Investmentfonds ausschließlich oder teilweise inländische Einkünfte i. S. d. § 6 Absatz 2 InvStG, die keinem Steuerabzug unterliegen, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit aus § 4 Absatz 2 Nummer 1 InvStG. Hiernach ist dasjenige Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich das inländische Vermögen des Investmentfonds befindet. Bei Verteilung des inländischen Vermögens auf mehrere Finanzamtsbezirke ist für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit der wertvollste Teil des inländischen Vermögens ausschlaggebend.

4.4 In allen übrigen Fällen obliegt die örtliche Zuständigkeit für die Besteuerung des Investmentfonds nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 InvStG dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Es ist damit zuständig, wenn der Investmentfonds ausschließlich solche inländischen Einkünfte i. S. d. § 6 Absatz 2 InvStG erzielt, die dem Steuerabzug unterliegen. Hierunter fallen insbesondere Einkünfte aus inländischen Beteiligungseinnahmen nach § 6 Absatz 3 InvStG (Rzn. 6.5 ff.). Darüber hinaus ist das BZSt örtlich zuständig, wenn der Investmentfonds keine inländischen Einkünfte nach § 6 Absatz 2 InvStG erzielt.

4.3. Auswirkungen des Übergangs des Verwaltungsrechts nach § 3 Absatz 3 InvStG auf die örtliche Zuständigkeit

4.5 Geht im Zuge der Abwicklung eines Investmentfonds die gesetzliche Vertretung gemäß § 3 Absatz 3 InvStG auf die Verwahrstelle oder den an ihrer Stelle bestellten Liquidator über, kann für die Besteuerung des Investmentfonds nach § 4 InvStG i. V. m. § 26 Satz 1 AO eine andere Finanzbehörde örtlich zuständig werden. Bei Investmentfonds in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder einer anderen juristischen Person (Investmentfonds des Gesellschaftstyps) schließt § 26 Satz 3 Nummer 3 AO jedoch einen Übergang der örtlichen Zuständigkeit während der Abwicklungsphase aus. Wird für die Abwicklung eines Investmentfonds in der Rechtsform einer nicht rechtsfähigen Vermögensmasse (Investmentfonds des Vertragstyps) oder eines Teilgesellschaftsvermögens von dem neuen gesetzlichen Vertreter (in der Regel die Verwahrstelle) der bisherige gesetzliche Vertreter (in der Regel die Kapitalverwaltungsstelle) beauftragt, hat die bisher zuständige Finanzbehörde aus Praktikabilitätsgründen möglichst eine Beibehaltung der örtlichen Zuständigkeit mittels Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO herbeizuführen. In diesen Fällen bleibt die Verwahrstelle bzw. der an ihrer Stelle bestellte Liquidator trotz der Beauftragung der neue gesetzliche Vertreter des Investmentfonds.

5. Prüfung der steuerlichen Verhältnisse (§ 5 InvStG)

5.1 § 5 Absatz 1 InvStG eröffnet der nach § 4 InvStG für die Besteuerung des in- oder ausländischen Investmentfonds zuständigen Finanzbehörde die Möglichkeit zur Überprüfung der für die Investmentbesteuerung maßgeblichen steuerlichen Verhältnisse. Die Überprüfungsmöglichkeit umfasst gemäß § 5 Absatz 2 Satz 1 InvStG sämtliche für die Besteuerung eines Investmentfonds sowie für die Anlegerbesteuerung relevanten Verhältnisse. Hierunter fallen insbesondere

  • die Ermittlung der Einkünfte des Investmentfonds nach § 6 Absatz 2 InvStG,

  • die (teilweisen) Erstattung oder Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug nach § 7 Absatz 1 und 5, § 10 Absatz 5 und § 11 InvStG auf der Fondseingangsseite,

  • die Voraussetzungen für die Einstufung eines Investmentfonds als Aktienfonds, Mischfonds (Rzn. 2.6 ff.) oder Immobilienfonds (Rzn. 2.34 f.),

  • die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach den §§ 8 oder 10 InvStG,

  • die Voraussetzungen für eine Gewerbesteuerbefreiung nach § 15 Absatz 2 InvStG,

  • das Vorliegen der Voraussetzungen des § 26 InvStG für die Annahme eines Spezial-Investmentfonds,

  • die für Zwecke der Anlegerbesteuerung ermittelten Besteuerungsgrundlagen nach den §§ 29 bis 49 InvStG und

  • der Einbehalt und die Abführung von Kapitalertragsteuer nach § 50 InvStG bei Spezial-Investmentfonds.

5.2 Die zuständige Finanzbehörde kann die Überprüfung der steuerlichen Verhältnisse sowohl im Zuge von Einzelermittlungen nach Maßgabe der §§ 85, 88, 90 AO wie auch im Rahmen einer Außenprüfung vornehmen. Bei einer Außenprüfung sind die Verfahrensvorschriften der §§ 194 bis 203 AO zu berücksichtigen. Erstreckt sich die Außenprüfung auf die (teilweise) Erstattung oder die Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug auf der Fondseingangsseite oder den Einbehalt und die Abführung von Kapitalertragsteuer nach § 50 InvStG, stellt § 50b EStG eine weitere Prüfungsgrundlage dar.

5.3 Außenprüfungen sind grundsätzlich im Geltungsbereich der Abgabenordnung durchzuführen. Es bedarf demnach eines im Inland ansässigen gesetzlichen Vertreters des Investmentfonds nach § 3 Absatz 2 bis 4 InvStG oder einer inländischen Einrichtung eines mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Investmentfonds. Dies gilt gleichermaßen für inländische wie für ausländische Investmentfonds (Rz. 2.2). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, aktive Prüfungshandlungen auf ausländischem Hoheitsgebiet im Rahmen einer gleichzeitigen Prüfung mit EU-Staaten nach §§ 12, 11, 10 Absatz 3 des EU-Amtshilfegesetzes durchzuführen (siehe Rzn. 4.2.3, 7 und 8 des BStBl 2015 I S. 928 sowie Rz. 2 des BStBl 2017 I S. 89). Die Prüfung an Amtsstelle bleibt davon unberührt.

5a. Übertragung von Wirtschaftsgütern in einen Investmentfonds (§ 5a InvStG)

5a.1 Bei Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Vermögen eines Anlegers in das Vermögen eines Investmentfonds kommt es nach § 5a InvStG zu einer Aufdeckung stiller Reserven und Lasten auf Ebene des Anlegers. § 5a InvStG ordnet die Anwendung des Teilwerts (Satz 1) oder des gemeinen Werts (Satz 2) für die Übertragung der Wirtschaftsgüter an.

5a.1. Übertragung aus dem Betriebsvermögen (§ 5a Satz 1 InvStG)

5a.2 Überträgt ein Anleger Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen in das Vermögen eines Investmentfonds, hat er bei der Übertragung den Teilwert anzusetzen. Der Teilwert ist sowohl bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern i. S. d. § 6 Absatz 1 Nummer 1 EStG als auch bei anderen Wirtschaftsgütern i. S. d. § 6 Absatz 1 Nummer 2 EStG anzusetzen. Es kommt für die Zwecke des § 5a InvStG nicht darauf an, ob eine dauernde Wertminderung vorliegt oder nicht.

5a.2. Übertragung aus dem Privatvermögen (§ 5a Satz 2 InvStG)

5a.3 Werden Wirtschaftsgüter aus dem Privatvermögen in das Vermögen eines Investmentfonds übertragen, gilt dies als Veräußerung der Wirtschaftsgüter zum gemeinen Wert (§ 9 Bewertungsgesetz (BewG)). Auf der Anlegerebene ist dann nach allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden, ob die Veräußerung zu steuerpflichtigen Einkünften im Rahmen der §§ 17, 20 oder § 22 Nummer 2 i. V. m. § 23 EStG führt.

5a.3. Übertragung ohne Ausgabe von neuen Investmentanteilen (§ 5a Satz 3 InvStG)

5a.4 Nach § 5a Satz 3 InvStG gilt die Übertragung eines Wirtschaftsguts an einen Investmentfonds als Veräußerung, unabhängig davon, ob die Übertragung gegen Ausgabe neuer Investmentanteile erfolgt. Bei teilentgeltlichen Übertragungen ist daher ein erzielter Veräußerungserlös bei betrieblichen Anlegern bis zum Teilwert oder bei privaten Anlegern bis zum gemeinen Wert aufzustocken und für die Realisation auf Anlegerebene zu berücksichtigen.

5a.4. Ansatz der übertragenen Wirtschaftsgüter bei dem übernehmenden Investmentfonds

5a.5 Der die Wirtschaftsgüter übernehmende Investmentfonds hat aufgrund des § 5a InvStG einen Anschaffungsvorgang im Zeitpunkt der Überführung anzusetzen. Die anzusetzenden Anschaffungskosten entsprechen dem für Zwecke der Anlegerbesteuerung nach § 5a Satz 1 oder 2 InvStG anzusetzenden Wert. Die Anschaffungskosten sind um die Anschaffungsnebenkosten zu erhöhen.

5a.5. Ansatz von Anschaffungskosten beim Anleger

5a.6 Auf Anlegerebene sind insoweit Anschaffungskosten zu erfassen, als für die Übertragung von Wirtschaftsgütern neue Investmentanteile ausgegeben werden. Die Höhe der Anschaffungskosten der neuen Investmentanteile bemisst sich nach dem gemäß § 5a Satz 1 oder 2 InvStG anzusetzenden Wert.

5a.7 Wenn als Gegenleistung für die Übertragung eines Wirtschaftsguts keine neuen Investmentanteile ausgegeben werden, sondern ein Geldbetrag gezahlt wird, der geringer ist als der nach § 5a Satz 1 oder 2 InvStG anzusetzende Wert des Wirtschaftsguts (teilentgeltliche Übertragung), dann entstehen in Höhe der Differenz nachträgliche Anschaffungskosten bei den vorhandenen Investmentanteilen.

5a.8 Beispiel:

Die A-GmbH überträgt ein Grundstück auf einen Investmentfonds, an dem sie bereits alle Investmentanteile (Anschaffungskosten 1.000.000 €) hält. Das Grundstück ist in der Bilanz der A-GmbH mit einem Buchwert von 100.000 € ausgewiesen; der Teilwert des Grundstücks beträgt 250.000 €. Der Investmentfonds zahlt an die A-GmbH für die Übertragung des Grundstücks nur den Buchwert i. H. v. 100.000 €. Es werden keine neuen Investmentanteile an die A-GmbH ausgegeben. Nach § 5a Satz 1 InvStG ist bei der Übertragung der Teilwert anzusetzen. I. H. v. 150.000 € entstehen nachträgliche Anschaffungskosten der Investmentanteile (gesamte Anschaffungskosten 1.150.000 €).

Der Buchungssatz hierzu lautet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bank
100.000 €
an
Ertrag aus Übertragung
250.000 €
Investmentanteile
Grundstück
100.000 €
(nachträgliche AK)
150.000 €
Aufwand aus Übertragung
100.000 €

6. Körperschaftsteuerpflicht eines Investmentfonds (§ 6 InvStG)

6.1. Steuersubjekteigenschaft (§ 6 Absatz 1 InvStG)

6.1 Das Gesetz stuft inländische Investmentfonds (§ 2 Absatz 2 InvStG) – ungeachtet ihrer Rechtsform – als persönlich unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Zweckvermögen nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 KStG ein. Ausländische Investmentfonds (§ 2 Absatz 3 InvStG) gelten hiernach als persönlich beschränkt steuerpflichtige Vermögensmassen nach § 2 Nummer 1 KStG. Für Zwecke der persönlichen Körperschaftsteuerpflicht knüpft § 6 Absatz 1 InvStG an die investmentsteuerliche Einstufung als in- oder ausländischer Investmentfonds an. Der Ort der Geschäftsleitung oder des etwaigen Sitzes des Investmentfonds ist unbeachtlich.

6.2 Die gesetzlichen Wertungen des § 6 Absatz 1 InvStG gelten unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung des Investmentfonds, so dass auch haftungs- und vermögensrechtlich voneinander getrennte Teile eines Investmentfonds i. S. d. § 1 Absatz 4 InvStG als eigenständige Körperschaftsteuersubjekte gelten. Eine Verlustverrechnung zwischen den Einkünften dieser voneinander getrennten Teile eines Investmentfonds ist nicht möglich. Demgegenüber stellen Anteilklassen (§ 96 Absatz 1 Satz 1 KAGB, Rz. 10.11) eines Investmentfonds keine eigenständigen Körperschaftsteuersubjekte dar. Es ist nicht zulässig, für die Anteilklassen eines Investmentfonds jeweils eigene Körperschaftsteuererklärungen abzugeben.

6.3 Die Fiktion des § 6 Absatz 1 InvStG gilt auch bei körperschaftlich strukturierten Investmentfonds (z. B. Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital i. S. d. § 108 KAGB oder SICAV-SA), so dass diese ebenfalls als Zweckvermögen (inländische Investmentfonds) oder Vermögensmassen (ausländische Investmentfonds) zu behandeln sind.

6.2. Sachliche Steuerpflicht (§ 6 Absatz 2 InvStG)

6.4 Die sachliche Körperschaftsteuerpflicht ist für inländische und ausländische Investmentfonds einheitlich geregelt. Ihr unterliegen ausschließlich inländische Beteiligungseinnahmen (§ 6 Absatz 3 InvStG), inländische Immobilienerträge (§ 6 Absatz 4 InvStG) und sonstige inländische Einkünfte (§ 6 Absatz 5 InvStG). Bei ausländischen Investmentfonds gelten diese Einkünfte als inländische Einkünfte i. S. d. § 2 Nummer 1 KStG. Der abschließende Charakter des § 6 Absatz 2 InvStG verhindert für Zwecke der Körperschaftsbesteuerung eines ausländischen Investmentfonds einen über den Umfang des § 6 Absatz 5 Nummer 1 InvStG hinausgehenden Rückgriff auf den Regelungsgehalt des § 49 Absatz 1 EStG.

6.3. Inländische Beteiligungseinnahmen (§ 6 Absatz 3 InvStG)
a. Dividenden und andere Kapitalerträge nach § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 2 EStG

6.5 Inländische Beteiligungseinnahmen nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 InvStG sind Kapitalerträge i. S. d. § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 1a EStG. Kapitalerträge i. S. d. § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 1a EStG sind inländische Kapitalerträge i. S. d. § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 2 EStG. Um inländische Kapitalerträge handelt es sich, wenn die Voraussetzungen des § 43 Absatz 3 EStG erfüllt sind. Zu den Kapitalerträgen nach § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 2 EStG gehören insbesondere Dividenden, Bezüge aus Genussrechten, mit denen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist, verdeckte Gewinnausschüttungen und Bezüge nach Auflösung oder aus Kapitalherabsetzung.

6.6 Unter den Begriff der inländischen Beteiligungseinnahmen nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 InvStG fallen auch Einnahmen aus Hinterlegungsscheinen auf inländische Aktien ( BStBl 2013 I S. 718 und vom , BStBl 2018 I S. 1400; zum Begriff der Hinterlegungsscheine siehe Rz. 2.28) sowie Einkünfte i. S. d. § 19 Absatz 1 REITG.

b. Entgelte, Einnahmen und Bezüge aus Wertpapierdarlehen und Wertpapierpensionsgeschäften

6.7 Zu den inländischen Beteiligungseinnahmen gehören nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG:

6.8 Der Begriff der Entgelte, Einnahmen und Bezüge umfasst alle Leistungen, die aufgrund der Überlassung oder Übertragung von Anteilen an einer inländischen Kapitalgesellschaft erbracht werden. Dies sind sowohl das Darlehens- oder Pensionsentgelt als auch der Ausgleich für die dem Darlehens- oder Pensionsgeber entgangenen Dividenden oder sonstigen Beteiligungseinnahmen (Kompensationszahlungen) und etwaige sonstige Leistungen (z. B. Zinsen oder sonstige Erträge aus einem als Sicherheit überlassenen Wertpapier).

6.9 Sinn der Besteuerung der Entgelte, Einnahmen und Bezüge nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG ist es, Steuerumgehungen im Hinblick auf die inländischen Beteiligungseinnahmen zu verhindern. Aus diesem Grund sind die Entgelte, Einnahmen und Bezüge nicht der Besteuerung nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG zu unterwerfen, wenn in dem Zeitraum der Überlassung oder Übertragung keine Ansprüche auf inländische Beteiligungseinnahmen i. S. d. § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 InvStG aus den überlassenen oder übertragenen Anteilen entstehen. Darüber hinaus ist die Höhe der nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG steuerpflichtigen Entgelte, Einnahmen und Bezüge begrenzt auf die Höhe der dem Investmentfonds entgangenen Einnahmen nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 InvStG einschließlich etwaiger Steuerabzugsbeträge („Brutto-Dividende”).

c. Steuerabzug

6.10 Die von einem Investmentfonds erzielten inländischen Beteiligungseinnahmen unterliegen einem Kapitalertragsteuerabzug. Für inländische Beteiligungseinnahmen nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 InvStG gelten die allgemeinen Grundsätze der §§ 43 ff. EStG.

6.11 Auf Entgelte, Einnahmen und Bezüge aus Wertpapierdarlehen und echten Wertpapierpensionsgeschäften finden gemäß § 6 Absatz 3 Satz 2 InvStG die Regelungen des § 32 Absatz 3 KStG entsprechende Anwendung.

6.12 Für den Steuerabzug in den Fällen des § 2 Nummer 2 Buchstabe a und b KStG gelten die für den Kapitalertragsteuerabzug nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 1a EStG maßgeblichen Vorschriften entsprechend. Der Entrichtungspflichtige für den Steuerabzug ist damit nach § 44 Absatz 1 Satz 3 EStG der Schuldner der Kapitalerträge. In den Anwendungsfällen des § 2 Nummer 2 Buchstabe c KStG obliegt der Steuerabzug nach § 6 Absatz 3 Satz 2 InvStG i. V. m. § 32 Absatz 3 Satz 4 KStG der die Einnahmen oder Bezüge leistenden Körperschaft.

6.13 Grundsätzlich würde die Verpflichtung zum Steuerabzug auch ausländische Schuldner der Kapitalerträge und ausländische leistende Körperschaften treffen. Da eine Erhebung und Abführung der Steuerabzugsbeträge bei ausländischen Personen nicht durch die deutschen Finanzbehörden sichergestellt werden kann, ist in diesen Fällen generell kein Steuerabzug vorzunehmen.

6.14 Inländische Entrichtungspflichtige haben generell einen Steuerabzug vorzunehmen. Zu den inländischen Entrichtungspflichtigen gehören auch inländische Zweigniederlassungen und inländische Zweigstellen ausländischer Kreditinstitute gemäß §§ 53, 53b und 53c KWG. Bei ausländischen Zweigniederlassungen inländischer Kreditinstitute besteht grundsätzlich keine Verpflichtung zum Steuerabzug.

6.15 Ein Steuerabzug ist auch dann vorzunehmen, wenn der Investmentfonds, dem die Entgelte, Einnahmen und Bezüge aus Wertpapierdarlehen oder echten Wertpapierpensionsgeschäften zufließen, aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) einen Anspruch auf Erstattung der einbehaltenen Steuerabzugsbeträge besitzt oder eine Erklärung abgibt, dass er einen Erstattungsanspruch besitzen würde. Ein etwaiger Erstattungsanspruch des Investmentfonds entbindet den inländischen Entrichtungspflichtigen nicht von der Verpflichtung zum Steuerabzug.

6.16 Wenn nicht zweifelsfrei feststellbar ist, ob es sich bei dem Wertpapierdarlehensgeber oder dem Wertpapierpensionsgeber um einen Investmentfonds oder einen Spezial-Investmentfonds handelt oder nicht, ist ein Steuerabzug vorzunehmen. Das für die Einkommensbesteuerung des Entrichtungspflichtigen zuständige Finanzamt erstattet nach § 37 Absatz 2 AO auf Antrag die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge, wenn der Wertpapierdarlehens- oder Wertpapierpensionsgeber kein Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds ist.

d. Höhe des Steuerabzugs

6.17 Für die Höhe des Steuerabzugs sind die Modifikationen des § 7 Absatz 1 und 3 InvStG gegenüber § 43a EStG und § 32 Absatz 3 Satz 2 KStG zu beachten.

e. Übertragung von Rechten und Pflichten aus einem Wertpapierdarlehen oder einem echten Wertpapierpensionsgeschäft

6.18 Die Rechte und Pflichten aus einem Wertpapierdarlehen können im Wege der Novation auf eine zentrale Gegenpartei (z. B. Eurex Clearing AG) übertragen werden. Die zentrale Gegenpartei tritt dabei aus Sicht des Darlehensnehmers in die Rechtsstellung des ursprünglichen Darlehensgebers und aus Sicht des Darlehensgebers in die Rechtsstellung des ursprünglichen Darlehensnehmers ein. Der ursprüngliche Darlehensgeber hat die dem Darlehen zu Grunde liegenden Wertpapiere zunächst an die zentrale Gegenpartei zu liefern und die zentrale Gegenpartei hat die Wertpapiere ihrerseits an den ursprünglichen Darlehensnehmer zu liefern. Umgekehrt hat der ursprüngliche Darlehensnehmer die zu stellenden Sicherheiten, das Darlehensentgelt und etwaige sonstige Leistungen (z. B. die Kompensationszahlung) sowie die Rückgabe der Wertpapiere gegenüber der zentralen Gegenpartei zu erbringen und die zentrale Gegenpartei muss in gleicher Art und in gleichem Umfang gegenüber dem ursprünglichen Darlehensgeber leisten. Für die zentrale Gegenpartei stellen die jeweiligen Leistungen nur durchlaufende Posten dar. Die zentrale Gegenpartei verfolgt nur insoweit ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Wertpapierdarlehen, als sie Gebühren aus den Transaktionen erzielt. Im Übrigen werden von der zentralen Gegenpartei keine wirtschaftlichen Vorteile gezogen und keine Lasten getragen.

6.19 In gleicher Weise wie bei einem Wertpapierdarlehen können auch bei einem echten Wertpapierpensionsgeschäft die daraus resultierenden Rechte und Pflichten auf eine zentrale Gegenpartei übertragen werden.

6.20 Bei der Frage, wer Schuldner und Gläubiger aus einem Wertpapierdarlehen oder einem echten Wertpapierpensionsgeschäft ist, ist nicht ausschließlich auf die formale zivilrechtliche Rechtsposition abzustellen. Aufgrund der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist zu berücksichtigen, wem aus dem Rechtsgeschäft die wirtschaftlichen Vorteile zustehen und wer die wirtschaftlichen Lasten zu tragen hat. Da in dem oben beschriebenen Fall der „Zwischenschaltung” einer zentralen Gegenpartei die Vorteile und Lasten weiterhin ausschließlich bei den ursprünglichen Vertragsparteien verbleiben, sind nur diese als Schuldner und Gläubiger aus dem Wertpapierdarlehen oder dem echten Wertpapierpensionsgeschäft zu betrachten. Die zentrale Gegenpartei ist dagegen aus steuerrechtlicher Sicht keine Vertragspartei und mithin nicht zum Steuerabzug verpflichtet. Die Steuerabzugsverpflichtung verbleibt vielmehr bei dem ursprünglichen Darlehensnehmer oder Pensionsnehmer, der das Vertragsverhältnis mit einem Investmentfonds als Darlehensgeber oder Pensionsgeber begründet hat. Dies setzt jedoch voraus, dass die zentrale Gegenpartei Abrechnungspapiere erstellt, in denen die ursprünglichen Vertragsparteien angegeben sind. Darüber hinaus hat die zentrale Gegenpartei gegenüber den ursprünglichen Vertragsparteien schriftlich in den Abrechnungsunterlagen darauf hinzuweisen, dass die Verpflichtung zum Steuerabzug nicht auf die zentrale Gegenpartei übergangen ist, sondern beim ursprünglichen inländischen Darlehensnehmer oder inländischen Pensionsnehmer verbleibt. Abrechnungsunterlagen sind insbesondere die von der zentralen Gegenpartei erstellten Belege bei Zahlung der Entgelte, Einnahmen und Bezüge aus Wertpapierdarlehen und echten Wertpapierpensionsgeschäften. Es ist nicht ausreichend, wenn die zentrale Gegenpartei lediglich in ihren Vertragsbedingungen darauf hinweist, dass die Verpflichtung zum Steuerabzug beim ursprünglichen inländischen Darlehensnehmer oder inländischen Pensionsnehmer verbleibt.

6.21 Die o. a. Grundsätze sind auf die Vermittlung von Wertpapierdarlehens- und Wertpapierpensionsgeschäften (sog. Agency Lending) zu übertragen, sofern

  • die Rechtsstellung des Vermittlers (Agency Lender) mit der der zentralen Gegenpartei vergleichbar ist,

  • die ursprünglichen Vertragsparteien sich kennen und

  • der Vermittler die ursprünglichen Vertragsparteien schriftlich in den Abrechnungsunterlagen darauf hinweist, dass die Verpflichtung zum Steuerabzug nicht auf den Vermittler übergangen ist, sondern beim ursprünglichen inländischen Darlehensnehmer oder inländischen Pensionsnehmer verbleibt.

f. Mitteilungspflicht bei fehlendem Steuerabzug

6.22 Ein Investmentfonds hat die nach § 4 InvStG zuständige Finanzbehörde zu informieren, wenn er Einkünfte nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG erzielt, bei denen kein Steuerabzug oder ein zu niedriger Steuerabzug vorgenommen wurde oder ein Steuerabzug zu Unrecht erstattet wurde. Dies gilt unabhängig davon, ob für diese Einkünfte Deutschland nach einem DBA im Ergebnis das Besteuerungsrecht zusteht. Wenn im Zeitraum der Überlassung oder Übertragung keine Ansprüche auf inländische Beteiligungseinnahmen i. S. d. § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 InvStG aus den überlassenen oder übertragenen Anteilen entstanden sind, ist nicht zu informieren (vgl. Rz. 6.9).

6.23 Befindet sich die Geschäftsleitung des gesetzlichen Vertreters im Inland oder im Ausland und erzielt der Investmentfonds inländische Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug unterliegen, hat die Mitteilung durch die fristgerechte Abgabe einer Körperschaftsteuererklärung bei dem nach § 4 InvStG zuständigen Finanzamt zu erfolgen.

6.24 Befindet sich die Geschäftsleitung des gesetzlichen Vertreters im Ausland und erzielt der Investmentfonds ausschließlich inländische Einkünfte, die einem Steuerabzug unterliegen, hat er seine Mitteilung nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 InvStG beim BZSt abzugeben. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Investmentfonds Einkünfte nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG erzielt, bei denen aufgrund eines ausländischen Schuldners der Kapitalerträge oder einer ausländischen leistenden Körperschaft generell vom Steuerabzug abgesehen wird. Mitteilungen gegenüber dem BZSt haben auf dem vom BZSt hierfür zur Verfügung gestellten Vordruck innerhalb von vier Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres zu erfolgen.

g. Nacherhebung der Kapitalertragsteuer, Erhebung im Veranlagungsverfahren

6.25 Die nach § 4 InvStG zuständige Finanzbehörde kann die auf Einkünfte nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG entfallende Steuer durch Nachforderung nach § 44 Absatz 5 Satz 2 EStG i. V. m. § 167 Absatz 1 AO und § 155 AO oder im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung erheben (vgl. Rz. 6.53). Bei beiden Erhebungsformen ist § 7 Absatz 1 Satz 3 InvStG anzuwenden bzw. entsprechend anzuwenden, so dass die Summe aus der geminderten Kapitalertragsteuer oder Körperschaftsteuer und dem Solidaritätszuschlag 15 % der Einkünfte nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG beträgt. Sowohl im Rahmen der Nachforderung als auch in Veranlagungsfällen kommt ein Abzug der Werbungskosten nicht in Betracht (§ 6 Absatz 7 Satz 3 InvStG, Rz. 6.48).

h. Anwendung von DBA

6.26 Ob ein ausländischer Investmentfonds bei einem tatsächlich erfolgten Steuerabzug auf die Leistungen i. S. d. § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG einen Erstattungsanspruch aufgrund eines DBA besitzt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und ist im Rahmen des Erstattungsverfahrens nach § 50d EStG durch das BZSt zu klären. Sofern kein Steuerabzug vorgenommen wurde, kann im Rahmen der Nachforderung nach § 44 Absatz 5 Satz 2 EStG i. V. m. § 167 Absatz 1 AO und § 155 AO oder im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung von einer Steuererhebung abgesehen werden, soweit sich bei einer Steuererhebung ein Erstattungsanspruch aufgrund eines DBA ergeben würde. Auf Ersuchen eines Finanzamtes wirkt das BZSt im Wege der Amtshilfe bei der Prüfung des Besteuerungsanspruchs nach dem einschlägigen DBA mit.

6.4. Inländische Immobilienerträge (§ 6 Absatz 4 InvStG)

6.27 Inländische Immobilienerträge umfassen nach § 6 Absatz 4 Satz 1 InvStG Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung sowie die Gewinne aus der Veräußerung im Inland belegener Grundstücke oder grundstücksgleicher Rechte.

6.28 Die Höhe des Gewinns aus der Veräußerung im Inland belegener Grundstücke oder grundstücksgleicher Rechte ist nach § 6 Absatz 4 Satz 2 InvStG in entsprechender Anwendung des § 23 Absatz 3 Satz 1 bis 4 EStG zu ermitteln. Nach § 23 Absatz 3 Satz 4 EStG mindern sich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um die Absetzungen für Abnutzung (AfA) in dem Umfang, wie sie bei Ermittlung der Einkünfte abgezogen worden sind. Auch die AfA, die ein Investmentfonds vor dem bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Erträge des Anlegers angesetzt hat, mindern die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, es sei denn, die vor dem eingetretenen Wertveränderungen sind nach § 6 Absatz 4 Satz 3 InvStG steuerfrei.

6.29 Die Steuerpflicht von Gewinnen aus im Inland belegenen Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten tritt unabhängig von der zehnjährigen Haltefrist des § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG ein. Bei vor dem angeschafften Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten ist jedoch die Steuerfreistellung des § 6 Absatz 4 Satz 3 InvStG zu beachten. Beträgt die Haltedauer mehr als zehn Jahre, sind die bis einschließlich eingetretenen Wertveränderungen steuerfrei. Die Regelung umfasst sowohl positive als auch negative Wertveränderungen. Zur Bestimmung der konkreten Haltedauer des betreffenden Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts ist – wie im Rahmen des § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG – das der Anschaffung oder Veräußerung zu Grunde liegende obligatorische Rechtsgeschäft maßgebend.

6.30 Beispiel:

Am ist eine inländische Immobilie im Bestand. Der Verkehrswert beträgt zum  120.000 €. Die Anschaffungskosten haben 100.000 € betragen.

Die Immobilie wird am für 140.000 € veräußert. Die AfA betragen pro Jahr 2.000 €. Die Immobilie wurde angeschafft


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Variante 1:
am
(außerhalb der 10-Jahresfrist des § 6 Absatz 4 Satz 3 InvStG),
Variante 2:
am
(innerhalb der 10-Jahresfrist des § 6 Absatz 4 Satz 3 InvStG).

Lösung:

Variante 1:


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Veräußerungspreis
140.000 €
Wert zum
120.000 €
abzgl. AfA 2018-2020 (3 Jahre)
6.000 €
maßgebende Anschaffungskosten
114.000 €
114.000 €
= steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn
26.000 €

Variante 2:

§ 6 Absatz 4 Satz 3 InvStG ist nicht anwendbar. Der Veräußerungsgewinn berechnet sich wie folgt:


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Veräußerungspreis
140.000 €
Anschaffungskosten
100.000 €
abzgl. AfA 2015-2020 (6 Jahre)
12.000 €
maßgebende Anschaffungskosten
88.000 €
88.000 €
= steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn
52.000 €

6.31 Die bis einschließlich eingetretene Wertveränderung i. S. d. § 6 Absatz 4 Satz 3 InvStG ist anhand der tatsächlichen Wertverhältnisse zu ermitteln. Zur Bestimmung des zum bestehenden Verkehrswertes kann regelmäßig auf den letzten vor diesem Stichtag ermittelten Verkehrswert nach § 168 Absatz 3 i. V. m. § 248 Absatz 1, § 271 Absatz 1, § 27, § 286 Absatz 1 KAGB abgestellt werden. Dies gilt entsprechend für auf den Vorgaben des Artikels 19 der AIFM-Richtlinie beruhende Verkehrswertbewertungen nach ausländischem Aufsichtsrecht oder vergleichbarer Vorgaben sowie für sonstige Verkehrswertermittlungen in zeitlicher Nähe zum .

6.32 Besteht keine rechtliche Verpflichtung zur Bewertung des Vermögens zu Verkehrswerten und liegt keine Verkehrswertermittlung vor, kann aus Vereinfachungsgründen zur Bestimmung der Wertveränderung bis einschließlich die Differenz zwischen Veräußerungspreis und Anschaffungskosten linear aufgeteilt werden. Die über die gesamte Haltedauer aufgetretene Wertveränderung ist hierzu entsprechend dem Verhältnis der Haltedauer bis einschließlich zur gesamten Haltedauer linear (monatsweise) aufzuteilen, es sei denn, die lineare Aufteilung der Wertveränderung führt zu offensichtlichen Widersprüchen zu den tatsächlichen Wertverhältnissen. Hierbei werden angefangene Monate der Haltedauer bis einschließlich aufgerundet und angefangene Monate der Gesamthaltedauer aus Vereinfachungsgründen abgerundet.

6.33 Beispiel:

Anschaffung einer inländischen Immobilie mit notariellem Kaufvertrag vom für 780.000 € (Grund und Boden 200.000 €, Gebäude 580.000 €). Die ausschließlich zu Vermietungszwecken genutzte Immobilie wird am für 980.000 € veräußert. Aus Vereinfachungsgründen wird davon ausgegangen, dass die Wertsteigerung ausschließlich auf das Gebäude und nicht auf den Grund und Boden entfällt.

Die Gesamtbesitzzeit für das bebaute Grundstück beträgt 129 volle und einen angefangenen Monat. Die Gesamthaltedauer beträgt mithin 129 Monate, da angefangene Monate zur Ermittlung der Gesamtdauer aus Vereinfachungsgründen abgerundet werden.

Während der Besitzzeit sind folgende AfA-Beträge angefallen:


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2014
2 % von 580.000 € × 1/12
=
967 €
2015-2017
2 % von 580.000 € × 3
=
34.800 €
2018-2024
2 % von 580.000 € × 7
=
81.200 €
2025
2 % von 580.000 € × 8/12
=
7.734 €

Lösung

Ermittlung des Veräußerungsgewinns:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Veräußerungserlös
980.000 €
./. Anschaffungskosten
780.000 €
= Wertzuwachs
200.000 €

Davon entfallen anteilig auf die Zeit ab  92 Monate:

200.000 € × 92/129 = 142.635,66 €


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als Veräußerungserlös zu berücksichtigen
142.635,66 €
+ Rückgängigmachung der gewährten AfA
   ab  – 
+    81.200 €
   2025
+     7.734 €
steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn
231.569,66 €

6.34 Zur Bestimmung der bis einschließlich eingetretenen steuerfreien Wertveränderung sind bis zu diesem Zeitpunkt angefallene AfA und Absetzungen für Substanzverringerung (AfS) von den Anschaffungskosten abzuziehen. Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzungen (AfaA) sind demjenigen Zeitraum zuzuordnen, in dem sie steuerlich berücksichtigt wurden.

6.5. Sonstige inländische Einkünfte (§ 6 Absatz 5 InvStG)

6.35 Nach § 6 Absatz 5 Nummer 1 InvStG rechnen Einkünfte nach § 49 Absatz 1 EStG zu den sonstigen inländischen Einkünften, sofern nicht bereits die Voraussetzungen des § 6 Absatz 3 oder 4 InvStG erfüllt sind. Hierunter fallen insbesondere folgende Einkünfte:

6.36 Die isolierende Betrachtungsweise des § 49 Absatz 2 EStG ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 49 Absatz 1 EStG zu beachten. Im Rahmen des § 6 Absatz 5 InvStG bestimmen sich die gewerblichen Einkünften i. S. d. § 49 Absatz 1 EStG nach den Abgrenzungskriterien des § 15 InvStG („aktive unternehmerische Bewirtschaftung”). Bei Gewinnanteilen aus Mitunternehmerschaften ist stets von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung und infolgedessen von Einkünften i. S. d. § 49 Absatz 1 Nummer 2 EStG auszugehen, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 49 Absatz 1 Nummer 2 EStG erfüllt sind.

6.37 Explizit ausgenommen vom Anwendungsbereich des § 6 Absatz 5 Nummer 1 InvStG sind inländische Einkünfte nach § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe e EStG (Veräußerung einer Beteiligung i. S. d. § 17 EStG an einer inländischen Kapitalgesellschaft).

6.38 Darüber hinaus sieht § 6 Absatz 5 Nummer 2 InvStG spezielle Regelungen zur Steuerpflicht eines inländischen Investmentfonds in der Rechtsform einer Investmentaktiengesellschaft (§ 108 KAGB) vor. Der Steuerpflicht unterliegen Einkünfte aus der Eigenverwaltung des Vermögens der Investmentaktiengesellschaft oder von deren Teilgesellschaftsvermögen (Buchstabe a) und Einkünfte aus der Nutzung ihres Investmentbetriebsvermögens nach § 112 Absatz 2 Satz 1 KAGB (Buchstabe b). Wird die Verwaltungsvergütung oder das Investmentbetriebsvermögen einem Teilgesellschaftsvermögen zugeordnet, tritt die Besteuerung auf Ebene dieses eigenständigen Körperschaftsteuersubjekts ein (Rz. 1.16). Bei einer Zuordnung zum „Mantel” der Investmentaktiengesellschaft ist die Besteuerung hingegen auf der Ebene der Investmentaktiengesellschaft durchzuführen.

6.6. Keine Anwendung des § 8b KStG (§ 6 Absatz 6 InvStG)

6.39 § 6 Absatz 6 InvStG schließt die Anwendung des § 8b KStG auf Einkünfte des Investmentfonds aus. Der Ausschluss gilt auch im Falle einer Beteiligung von mindestens 10 % (Schachtelbeteiligung).

6.7. Einkünfteermittlung (§ 6 Absatz 7 InvStG)

6.40 § 6 Absatz 7 InvStG unterscheidet hinsichtlich der Ermittlung der Einkünfte des Investmentfonds zwischen Einkünften, die dem Steuerabzug unterliegen, und anderen Einkünften, die im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung zu erklären sind. Eine Verlustverrechnung zwischen den zu veranlagenden Einkünften und den Einkünften, die dem Steuerabzug unterliegen, sowie innerhalb der dem Steuerabzug unterliegenden Einkünfte ist ausgeschlossen (§ 6 Absatz 7 Satz 3 InvStG). Dagegen können die zu veranlagenden Einkünfte i. S. d. § 6 Absatz 2 InvStG uneingeschränkt miteinander verrechnet werden.

a. Nicht dem Steuerabzug unterliegende Einkünfte i. S. d. § 6 Absatz 2 InvStG

6.41 Investmentfonds haben nicht dem Steuerabzug unterliegende Einkünfte nach § 6 Absatz 7 Satz 1 InvStG als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln. Diese gesetzliche Regelung gilt auch, soweit der Investmentfonds im Einzelfall gewerbliche Einkünfte i. S. d. § 15 EStG erzielt.

6.42 Die allgemeinen Grundsätze der §§ 8 bis 12 EStG sind für Zwecke der Einkünfteermittlung anzuwenden, soweit sie nicht durch § 6 Absatz 7 InvStG modifiziert werden. Nach § 6 Absatz 7 Satz 1 InvStG sind ausschließlich die in einem wirtschaftlichen Zusammenhang zu den steuerpflichtigen Einnahmen stehenden Werbungskosten abziehbar. Entfallen Werbungskosten auf nicht nach § 6 Absatz 2 InvStG steuerpflichtige Einkünfte (z. B. ausländische Immobilienerträge, Gewinne aus der Veräußerung von Aktien oder Zinsen aus Rentenpapieren) kommt ebenfalls kein Werbungskostenabzug in Betracht.

6.43 Ermittlungszeitraum der Einkünfte ist nach § 7 Absatz 3 Satz 2 KStG grundsätzlich das Kalenderjahr. Es wird nicht beanstandet, wenn Investmentfonds ihre Einkünfte für ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr ermitteln. In diesem Fall gelten die Einkünfte des Geschäftsjahres in demjenigen Kalenderjahr als bezogen, in dem das Geschäftsjahr endet.

6.44 Der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang der Werbungskosten zu den nicht dem Steuerabzug unterliegenden Einkünften i. S. d. § 6 Absatz 2 InvStG bestimmt sich nach dem allgemeinen Veranlassungsprinzip. Dieser ergibt sich aus den Gründen, aus denen der Investmentfonds die betreffenden Werbungskosten trägt, so dass auf das die Werbungskosten „auslösende Moment” abzustellen ist. Weisen Werbungskosten einen Veranlassungszusammenhang sowohl zu diesen steuererklärungspflichtigen Einnahmen des Investmentfonds als auch zu anderen (nicht steuerpflichtigen oder dem Steuerabzug unterliegenden) Einnahmen auf, sind sie anteilig den betreffenden Einnahmen zuzuordnen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn als Aufteilungsmaßstab das Verhältnis aller im betreffenden Ermittlungszeitraum erzielten steuerpflichtigen und nicht dem Steuerabzug unterliegenden Einnahmen im Verhältnis zu den Gesamteinnahmen dient. Eine solche Aufteilung ist beispielsweise bei einer das gesamte Fondsvermögen betreffenden Verwaltungsvergütung vorzunehmen. Für die Aufteilung kann einheitlich für alle Geschäftsjahre des Investmentfonds jeweils auf das Verhältnis des Vorjahres abgestellt werden.

6.45 Zu den Werbungskosten, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit inländischen Immobilienerträgen i. S. d. § 6 Absatz 4 Satz 1 InvStG stehen, zählt nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 7 EStG insbesondere die AfA auf inländische Gebäude. Durch die Anknüpfung der Einkünfteermittlung an die Vorschriften der Überschusseinkünfte kommen nur die Abschreibungssätze für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens in Betracht.

6.46 Im Rahmen des Werbungskostenabzugs sind nach § 6 Absatz 7 Satz 2 InvStG die Einschränkungen des § 4 Absatz 5 bis 7 EStG entsprechend zu berücksichtigen. Hierdurch werden die nicht abziehbaren Werbungskosten über den Regelungsbereich des § 9 Absatz 5 EStG hinaus erweitert und insbesondere sichergestellt, dass bei einem gewerbesteuerpflichtigen Investmentfonds ein Abzug der Gewerbesteuer sowie der hierauf entfallenden Nebenkosten nicht möglich ist (entsprechende Anwendung des § 4 Absatz 5b EStG).

6.47 Darüber hinaus hat der Investmentfonds die Aufzeichnungspflichten des § 4 Absatz 7 EStG für den Werbungskostenabzug von Aufwendungen nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 EStG zu beachten. Zur Erfüllung der Aufzeichnungspflichten des § 4 Absatz 7 EStG ist eine separate Aufzeichnung der betreffenden Aufwendungen auf den für die aufsichtsrechtliche Ertragsermittlung vorgehaltenen Konten ausreichend.

b. Dem Steuerabzug unterliegende Einkünfte i. S. d. § 6 Absatz 2 InvStG

6.48 Nach § 6 Absatz 7 Satz 3 InvStG sind bei Einkünften, die einem Steuerabzug unterliegen, der Werbungskostenabzug und die Verlustverrechnung ausgeschlossen. § 6 Absatz 7 Satz 3 InvStG umfasst vorrangig inländische Beteiligungseinnahmen i. S. d. § 6 Absatz 3 InvStG. Es kommt somit zu einer Bruttobesteuerung der betreffenden Einnahmen. Dies gilt gleichermaßen für die Fälle, in denen aufgrund eines fehlenden oder zu niedrigen Steuerabzugs die Steuer im Rahmen der Veranlagung erhoben wird.

6.49 Die Steuerpflicht ist nach § 7 Absatz 2 InvStG durch den Steuerabzug an der Quelle abgegolten. Dies gilt entsprechend für den Solidaritätszuschlag (§ 1 Absatz 3 des Solidaritätszuschlagsgesetzes (SolzG)). Erzielt der Investmentfonds ausschließlich dem Steuerabzug unterliegende Einkünfte, auf die in zutreffender Höhe Steuerabzugsbeträge einbehalten wurden, ist er nicht zur Abgabe einer Körperschaftsteuererklärung verpflichtet.

6.8. Verlustverrechnung (§ 6 Absatz 8 InvStG)

6.50 Eine Verlustverrechnung kommt nur bei nicht dem Steuerabzug unterliegenden Einkünften in Betracht. Bei den dem Steuerabzug unterliegenden Einkünften scheiden negative Einkünfte mangels eines möglichen Abzugs von Werbungskosten aus.

6.51 Nicht innerhalb des Veranlagungszeitraums ausgeglichene negative Einkünfte sind in den folgenden Veranlagungszeiträumen von einem positiven Saldo der nicht dem Steuerabzug unterliegenden Einkünfte abzuziehen (Verlustvortrag). Ein Verlustrücktrag in einen vorangegangenen Veranlagungszeitraum kommt nicht in Betracht. Der Verlustvortrag ist in sinngemäßer Anwendung der Verfahrensvorschriften des § 10d Absatz 4 EStG gesondert gegenüber dem Investmentfonds festzustellen. Auf einen Verlustvortrag findet § 10d Absatz 2 EStG keine Anwendung.

6.9. Körperschaftsteuererklärung

6.52 Der Investmentfonds hat die nach § 4 InvStG zuständige Finanzbehörde zu informieren, wenn er Einkünfte nach § 6 Absatz 2 InvStG erzielt, die

  • keinem Steuerabzug unterliegen oder

  • einem Steuerabzug unterliegen, aber zu Unrecht kein oder ein zu niedriger Steuerabzug vorgenommen oder ein Steuerabzug zu Unrecht erstattet wurde.

6.53 Die nach § 4 InvStG zuständige Finanzbehörde kann die Steuer, die auf die dem Steuerabzug unterliegenden Einkünfte nach § 6 Absatz 2 InvStG entfällt, durch Nachforderung nach § 44 Absatz 5 Satz 2 EStG i. V. m. § 167 Absatz 1 und § 155 AO oder im Rahmen einer Körperschaftsteuerveranlagung erheben. Gegenüber den nach § 4 Absatz 1 und Absatz 2 Nummer 1 InvStG zuständigen Finanzbehörden ist eine Körperschaftsteuererklärung abzugeben.

7. Erhebung der Kapitalertragsteuer gegenüber Investmentfonds (§ 7 InvStG)

7.1. Steuersatz (§ 7 Absatz 1 InvStG)

7.1 Der sachliche Umfang und die Höhe des Steuerabzugs gegenüber einem Investmentfonds ergeben sich aus § 7 Absatz 1 InvStG. Dieser schränkt die allgemeinen Grundsätze ein, indem der Kapitalertragsteuerabzug sachlich auf die Einkünfte des § 6 Absatz 2 InvStG beschränkt und die Höhe der Kapitalertragsteuer auf 15 % begrenzt wird (§ 7 Absatz 1 Satz 1 InvStG). Eine Erstattung von Kapitalertragsteuer an einen ausländischen Investmentfonds nach § 44a Absatz 9 Satz 1 EStG ist ausgeschlossen (§ 7 Absatz 1 Satz 2 InvStG).

7.2 Wird auf die steuerabzugspflichtigen Einkünfte i. S. d. § 6 Absatz 2 InvStG Solidaritätszuschlag nach § 1 Absatz 1 i. V. m. § 3 Absatz 1 Nummer 5 SolzG erhoben, mindert sich der Kapitalertragsteuersatz nach § 7 Absatz 1 Satz 3 InvStG. Aus Vereinfachungsgründen kann mit einem Kapitalertragsteuersatz von 14,218 % und einem Solidaritätszuschlag von 0,782 % gerechnet werden. In Summe sind 15 % zu erreichen. § 7 Absatz 1 Satz 3 InvStG gilt sowohl bei inländischen als auch (ungeachtet der konkreten Regelungen eines etwaig zu berücksichtigenden DBA) bei ausländischen Investmentfonds. D. h. auch bei ausländischen Investmentfonds sind 14,218 % Kapitalertragsteuer und 0,782 % Solidaritätszuschlag zu erheben.

7.3 Die Anwendung des § 7 Absatz 1 InvStG setzt voraus, dass dem Entrichtungspflichtigen im Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge eine Statusbescheinigung i. S. d. § 7 Absatz 3 InvStG vorliegt.

Wenn der Entrichtungspflichtige ein Depot für ein ausländisches Kreditinstitut führt, das ausländische Kreditinstitut dieses Depot als Treuhänder für seine Kunden (wirtschaftlicher Eigentümer; im Geldwäschegesetz als wirtschaftlich Berechtigter bezeichnet) unterhält (Fremddepot, „Depot B”) und es sich um ein Depot für eine Vielzahl von wirtschaftlichen Eigentümern handelt (Sammeldepot), sind folgende Fälle zu unterscheiden:

(1) Gesondertes Sammeldepot nur für Investmentfonds

7.4 Bei einem Sammeldepot, das nur für Investmentfonds geführt wird, ist für die Anwendung des § 7 Absatz 1 InvStG Folgendes erforderlich:

Das ausländische Kreditinstitut hat schriftlich oder mittels elektronischer Dokumente glaubhaft zu versichern, dass es sich bei den wirtschaftlichen Eigentümern ausschließlich um Investmentfonds handelt. Die schriftliche Versicherung des ausländischen Kreditinstituts hat folgende Angaben zu enthalten:

  • Bezeichnung und Anschrift des ausländischen Kreditinstituts,

  • Bezeichnung und Anschrift des Investmentfonds sowie

  • Name und Funktion der Person, die für die ausländische depotführende Stelle die Versicherung abgibt.

Darüber hinaus hat das ausländische Kreditinstitut gültige Statusbescheinigungen für sämtliche Investmentfonds vorzulegen. Fehlt die Statusbescheinigung eines oder mehrerer Investmentfonds, sind die Regelungen für gemischte Sammeldepots anzuwenden.

(2) Gemischtes Sammeldepot

7.5 Bei einem Sammeldepot, das nicht nur für Investmentfonds, sondern auch für andere wirtschaftliche Eigentümer geführt wird, ist es erforderlich, dass der auf die Investmentfonds entfallende Umfang des Wertpapierbestandes geklärt wird. Hierzu hat das ausländische Kreditinstitut gegenüber dem Entrichtungspflichtigen schriftlich oder mittels elektronischer Dokumente glaubhaft zu versichern, in welchem Umfang die Depotbestände im Zuflusszeitpunkt der Kapitalerträge auf konkret benannte Investmentfonds entfallen. Die schriftliche Versicherung des ausländischen Kreditinstituts hat folgende Angaben zu enthalten:

  • Bezeichnung und Anschrift des ausländischen Kreditinstituts,

  • Bezeichnung und Anschrift des Investmentfonds,

  • - Bezeichnung und Anzahl der Kapitalbeteiligung (sofern vorhanden mit nationaler oder internationaler Wertpapierkennnummer (International Securities Identification Number – ISIN –), sowie

  • Name und Funktion der Person, die für das ausländische Kreditinstitut die Versicherung abgibt.

  • Sofern eine Steuerbefreiung nach §§ 8 oder 10 InvStG geltend gemacht wird, ist darüber hinaus der Zeitpunkt der Anschaffung der Kapitalbeteiligung durch den Investmentfonds anzugeben. Der Anschaffungszeitpunkt ist nach der FIFO-Methode (Rz. 19.14) zu bestimmen.

7.6 Weiterhin hat das ausländische Kreditinstitut gültige Statusbescheinigungen für sämtliche Investmentfonds vorzulegen.

7.7 Wenn die ausländische depotführende Stelle zum Konzern des Entrichtungspflichtigen gehört, der wirtschaftliche Eigentümer der inländischen Kapitalbeteiligungen eine unmittelbare Depotbeziehung mit der ausländischen depotführenden Stelle unterhält und die ausländische depotführende Stelle auf Anfrage des Betriebsstättenfinanzamts des Entrichtungspflichtigen Nachweise zu den Depotbeständen der wirtschaftlich Berechtigten vorlegt, kann von einer schriftlichen Versicherung abgesehen werden.

7.8 Die Regelungen für gesonderte und gemischte Sammeldepots sind auch für den Fall anzuwenden, dass die Clearstream Banking AG (Frankfurt) als Wertpapiersammelbank nach § 44 Absatz 1 Satz 3 i. V. m. Satz 4 Nummer 3 Buchstabe b EStG zum Steuerabzug verpflichtet ist.

7.9 Es wird für bis einschließlich zugeflossene Kapitalerträge nicht beanstandet, wenn der Entrichtungspflichtige auf Grundlage einer ihm vorliegenden Nichtveranlagungs-Bescheinigung (NV-Bescheinigung) für einen Investmentfonds (NV-Art 05) den Kapitalertragsteuerabzug nach § 7 Absatz 1 InvStG vornimmt.

7.10 Scheitert eine Anwendung des § 7 Absatz 1 InvStG, findet das Erstattungsverfahren nach § 7 Absatz 5 Satz 1 oder § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 InvStG Anwendung.

7.11 Liegt dem Entrichtungspflichtigen – vorbehaltlich der Regelung in Rz. 7.9 – hingegen keine Statusbescheinigung vor, hat er Kapitalertragsteuer nach den allgemeinen Grundsätzen ohne Berücksichtigung der Modifikationen des § 7 Absatz 1 InvStG zu erheben. Somit unterliegen in diesem Fall auch nicht von § 6 Absatz 2 InvStG umfasste Kapitalerträge der Kapitalertragsteuer nach den allgemeinen Regelungen der §§ 43 ff. EStG. Der Steuerabzug nach § 6 Absatz 3 Satz 2 InvStG findet weiterhin Anwendung, da diese Verpflichtung nicht von § 7 Absatz 3 InvStG suspendiert wird. Bei ausländischen Investmentfonds sind im Rahmen des Steuerabzugs die Beschränkungen des nationalen Besteuerungsrechts bei beschränkter Steuerpflicht – ergänzt um die Anwendungsfälle des § 6 Absatz 3 Satz 2 InvStG – zu beachten (vgl. BStBl 2016 I S. 85, Rzn. 312 ff.).

7.2. Abgeltungswirkung des Steuerabzugs (§ 7 Absatz 2 InvStG)

7.12 Nach § 7 Absatz 2 InvStG ist die Steuerpflicht von dem Steuerabzug unterliegenden Einkünften bereits durch den Steuerabzug abgegolten. Der Investmentfonds ist in Bezug auf die tatsächlich abgeltend besteuerten Einkünfte nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet.

7.13 Die Abgeltungswirkung für Einkünfte nach § 6 Absatz 2 InvStG tritt auch bei fehlender Vorlage einer Statusbescheinigung nach § 7 Absatz 3 Satz 1 InvStG (Rz. 7.11) ein. In diesem Fall kommt eine Erstattung derjenigen Kapitalertragsteuer, die den nach § 7 Absatz 1 InvStG vorzunehmenden Steuerabzug übersteigt, ausschließlich nach § 7 Absatz 5 Satz 1 oder § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 InvStG unter Beachtung der dortigen Fristen in Betracht. Eine Erstattung im Rahmen des Veranlagungsverfahrens scheidet infolge der Abgeltungswirkung des Steuerabzugs aus.

7.3. Vorlage der Statusbescheinigung gegenüber dem Entrichtungspflichtigen (§ 7 Absatz 3 InvStG)

7.14 In § 7 Absatz 3 Satz 1 InvStG wird die nach § 44 EStG zum Kapitalertragsteuerabzug verpflichtete Person als Entrichtungspflichtiger definiert. Entrichtungspflichtiger kann nach § 44 Absatz 1 Satz 3 und 4 EStG der Schuldner der Kapitalerträge, die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle oder die die Kapitalerträge auszahlende Stelle sein. Bei inländischen Investmentfonds ist in der Regel die Depotbank des Investmentfonds (Verwahrstelle) der Entrichtungspflichtige. Bei ausländischen Investmentfonds ist häufig die Clearstream Banking AG (Frankfurt) als deutscher Zentralverwahrer der Entrichtungspflichtige.

7.15 Die Modifikationen des Kapitalertragsteuerabzugs nach § 7 Absatz 1 InvStG kommen nur in Betracht, wenn der Investmentfonds dem Entrichtungspflichtigen nach § 44 EStG vor Zufluss der Kapitalerträge eine Statusbescheinigung i. S. d. § 7 Absatz 3 InvStG vorgelegt hat. Diese zeitliche Einschränkung findet auch bei einer nach § 7 Absatz 4 Satz 3 InvStG mit rückwirkender Gültigkeit erteilten Statusbescheinigung Anwendung. Statusbescheinigungen sind von der für die Besteuerung des Investmentfonds nach § 4 InvStG zuständigen Finanzbehörde auf Antrag mit einer Gültigkeit von maximal drei Jahren auszustellen. Das Ende der Gültigkeit muss nicht mit dem Ende eines Kalenderjahres übereinstimmen.

Ein OGAW-Pass kann die Statusbescheinigung nicht ersetzen, da es sich hierbei nicht um eine von einer deutschen Finanzbehörde ausgestellte Bescheinigung handelt.

7.16 Die Vorlage der Statusbescheinigung an den Entrichtungspflichtigen setzt im Grundsatz deren physische Übergabe voraus. Die Vorlage der Statusbescheinigung an den Entrichtungspflichtigen gilt darüber hinaus auch im Zeitpunkt des Abrufs der Daten der Statusbescheinigung aus den Datenbanken von Finanzinformationsdienstleistern (z. B. WM-Datenservice) als verwirklicht, sofern der Datenbankanbieter mit Ausweis dieser Daten zugleich die Echtheit der ihm vorliegenden Original-Statusbescheinigung (Rz. 7.17) bestätigt.

7.17 Der Entrichtungspflichtige hat bei Vorlage der Statusbescheinigung deren Echtheit zu prüfen. Diese Verpflichtung gilt entsprechend bei Aufnahme der Daten der Statusbescheinigung in den Datenbestand der in Rz. 7.16 genannten Finanzinformationsdienstleister. Der zur Prüfung der Echtheit Verpflichtete kann regelmäßig auf die Echtheit der Statusbescheinigung vertrauen, wenn die Statusbescheinigung die ausstellende Finanzbehörde erkennen lässt und ein (ggf. elektronisches) Dienstsiegel dieser Finanzbehörde enthält.

7.18 Nach § 7 Absatz 3 Satz 2 InvStG hat der Entrichtungspflichtige den Tag der Ausstellung der Statusbescheinigung und die darin verwendeten Identifikationsmerkmale aufzuzeichnen. Dies gilt auch in den Fällen des Abrufs der Daten der Statusbescheinigung von einem marktüblichen Finanzinformationsdienstleister. Identifikationsmerkmale der Statusbescheinigung sind die ausgewiesene Ordnungsnummer sowie die niedergelegte Steuernummer. Darüber hinaus hat der Entrichtungspflichtige die Gültigkeit der Statusbescheinigung bei der Kapitalertragsteuererhebung zu berücksichtigen. Eine zwischenzeitliche Änderung der örtlichen Zuständigkeit für die Besteuerung des Investmentfonds führt nicht zur Ungültigkeit der Statusbescheinigung (Rz. 7.21).

7.4. Ausstellung einer Statusbescheinigung (§ 7 Absatz 4 InvStG)

7.19 Nach § 7 Absatz 4 Satz 1 InvStG ist der Antrag auf Ausstellung einer Statusbescheinigung nach amtlichem Muster (Vordruck InvSt 8) zu stellen. Liegen die Voraussetzungen eines Investmentfonds vor, hat die zuständige Finanzbehörde den Status als Investmentfonds zu bescheinigen. Die Gültigkeit der ausgestellten Statusbescheinigung kann im Regelfall der nach § 7 Absatz 4 Satz 2 InvStG maximalen Gültigkeitsdauer von drei Jahren entsprechen; sie ist nach § 120 Absatz 2 Nummer 3 AO mit dem Vorbehalt des Widerrufs zu versehen. Die Finanzbehörde kann die Statusbescheinigung mit einer rückwirkenden Gültigkeit für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten vor dem Zeitpunkt der Antragstellung (= Eingang bei der zuständigen Finanzbehörde) erteilen (§ 7 Absatz 4 Satz 3 InvStG). Der Investmentfonds hat die rückwirkende Gültigkeit im Antrag auf Ausstellung einer Statusbescheinigung zu beantragen.

7.20 Enthält der Antrag keine Angaben zur rückwirkenden Gültigkeit oder wird diese mit Wirkung für die Zukunft beantragt, hat die Finanzbehörde die Statusbescheinigung mit Gültigkeit ab dem Zeitpunkt der Ausstellung zu erteilen. Sechs Monate vor Ablauf einer Statusbescheinigung kann auf Antrag des Investmentfonds eine Statusbescheinigung erstellt werden, deren Gültigkeitsdauer an die Geltungsdauer der bereits erstellten Statusbescheinigung anknüpft (Folgebescheinigung). Wird die Ausstellung einer Statusbescheinigung mehr als sechs Monate vor Ablauf einer Statusbescheinigung verlangt oder ist dem Antrag des Investmentfonds nicht zu entnehmen, dass eine Folgebescheinigung gewünscht wird, ist eine Statusbescheinigung auszustellen, die ab dem Tag der Ausstellung gültig ist. Eine überlappende Gültigkeitsdauer von Folgebescheinigungen mit noch gültigen Statusbescheinigungen ist unschädlich.

7.21 Die erteilte Statusbescheinigung behält auch nach Eintritt eines Wechsels der örtlichen Zuständigkeit der Finanzbehörde oder der Änderung der Bezeichnung des Investmentfonds ihre Gültigkeit bei. Im Einzelfall kann auf Antrag des Investmentfonds nach amtlichem Muster die nunmehr zuständige Finanzbehörde eine neue Statusbescheinigung erstellen. Gleichzeitig ist die bereits erteilte Statusbescheinigung zurückzufordern (§ 7 Absatz 4 Satz 4 InvStG) und zu widerrufen (§ 131 Absatz 2 AO).

7.22 Antragsberechtigt sind sämtliche Formen von Investmentfonds i. S. d. § 1 Absatz 2 und 4 InvStG. Anteilklassen (§ 96 Absatz 1 KAGB oder entsprechende ausländische Rechtsordnungen) eines Investmentfonds stellen keine eigenständigen Investmentfonds dar. Es handelt sich lediglich um unterschiedlich ausgestaltete Anteile an einem einheitlichen Investmentvermögen (Rz. 6.2). Die Statusbescheinigung gilt für alle Anteilklassen eines Investmentfonds. Die Ausstellung einer Statusbescheinigung für Anteilklassen scheidet folglich aus.

7.5. Erstattung von Kapitalertragsteuer durch den Entrichtungspflichtigen (§ 7 Absatz 5 InvStG)

7.23 Nach § 7 Absatz 5 Satz 1 InvStG hat der Investmentfonds gegenüber dem Entrichtungspflichtigen insoweit einen Anspruch auf Erstattung von Kapitalertragsteuer als der Steuerabzug auf nicht von § 7 Absatz 1 InvStG umfasste Tatbestände vorgenommen wurde oder den hiernach anzuwendenden Steuersatz übersteigt. Ist der Investmentfonds nach den §§ 8 bis 10 InvStG (partiell) steuerbefreit und weist er dies nach, hat er einen Erstattungsanspruch nach § 7 Absatz 5 Satz 2 InvStG. Zur Umsetzung des Erstattungsanspruchs muss der Investmentfonds darüber hinaus etwaig ausgestellte Steuerbescheinigungen für die betreffenden Kapitalerträge an den Entrichtungspflichtigen unverzüglich im Original zurückgeben (Rzn. 7.29 ff.). Die unter den Anwendungsbereich des § 8 Absatz 1 oder 2 InvStG fallenden Anleger haben einen Anspruch gegenüber dem Investmentfonds auf Leistung des Erstattungsbetrags gemäß § 12 Absatz 1 InvStG (Befreiungsbetrag). Dies gilt im Hinblick auf die Fälle des § 7 Absatz 5 Satz 2 InvStG nur, wenn der Investmentfonds von seinem Recht zur Durchführung des Erstattungsverfahrens nach § 7 Absatz 5 Satz 2 InvStG Gebrauch macht.

7.24 Die Erstattungsansprüche nach § 7 Absatz 5 Satz 1 und 2 InvStG sind voneinander unabhängig und können losgelöst voneinander geltend gemacht werden. Der Erstattungsanspruch nach § 7 Absatz 5 Satz 2 InvStG setzt jedoch neben dem Nachweis der Voraussetzungen der §§ 8 bis 10 InvStG zugleich den Nachweis der Einstufung als Investmentfonds mittels Statusbescheinigung voraus. Das Erstattungsverfahren nach § 7 Absatz 5 InvStG ist gegenüber demjenigen nach § 11 Absatz 1 InvStG vorrangig (§ 11 Absatz 1 Satz 2 InvStG).

7.25 Der Investmentfonds kann einen Steuererstattungsanspruch nach § 7 Absatz 5 InvStG nur innerhalb der Ausschlussfrist von 18 Monaten nach Zufluss des betreffenden Kapitalertrags durch Erfüllung der Vorlagepflichten des § 7 Absatz 5 Satz 1 oder 2 InvStG geltend machen. Ein Erstattungsanspruch nach § 7 Absatz 5 InvStG erlischt zudem mit Ausstellung der Erklärung des Entrichtungspflichtigen nach § 11 Absatz 1 Satz 2 InvStG. In den vorgenannten Fällen kommt eine Steuererstattung gegenüber dem Investmentfonds ausschließlich unter den Voraussetzungen des § 11 Absatz 1 InvStG in Betracht.

a. Erstattungsanspruch bei einem die Vorgaben des § 7 Absatz 1 InvStG übersteigenden Steuerabzug (§ 7 Absatz 5 Satz 1 InvStG)

7.26 Ein Erstattungsanspruch nach § 7 Absatz 5 Satz 1 InvStG gegenüber dem Entrichtungspflichtigen entsteht nur bei fristgerechter Vorlage der Statusbescheinigung i. S. d. § 7 Absatz 3 Satz 1 InvStG (Rz. 7.16). Der Anspruch entsteht folglich nur für diejenigen Kapitalertragsteuerbeträge auf Kapitalerträge, die dem Investmentfonds binnen 18 Monaten vor dem Vorlagezeitpunkt der Statusbescheinigung zugeflossen sind. Für vor diesem Zeitpunkt zugeflossene Kapitalerträge scheidet ein Erstattungsanspruch nach § 7 Absatz 5 InvStG aus. Unter den Voraussetzungen des § 11 InvStG kommt jedoch eine Erstattung durch das Betriebsstättenfinanzamt des Entrichtungspflichtigen in Betracht.

b. Erstattungsanspruch bei Nachweis der Voraussetzungen der §§ 8 bis 10 InvStG (§ 7 Absatz 5 Satz 2 InvStG)

7.27 Der Steuererstattungsanspruch des Investmentfonds nach § 7 Absatz 5 Satz 2 InvStG entsteht bei fristgerechtem Nachweis der Voraussetzungen der §§ 8 bis 10 InvStG gegenüber dem Entrichtungspflichtigen. Die Ausschlussfrist für die Entstehung des Erstattungsanspruchs endet 18 Monate nach Zufluss der betreffenden Kapitalerträge (Rz. 7.25). Legt der Investmentfonds dem Entrichtungspflichtigen in den Fällen des § 8 Absatz 1 InvStG nicht binnen dieses Zeitraums sämtliche nach § 9 InvStG erforderlichen Nachweise für die (partielle) Steuerbefreiung vor, entsteht kein entsprechender Erstattungsanspruch.

7.28 Ein Erstattungsanspruch nach § 7 Absatz 5 Satz 2 InvStG gegenüber dem Entrichtungspflichtigen besteht nur, soweit der Investmentfonds nach § 8 Absatz 1 und § 10 Absatz 1 InvStG steuerbefreit ist. Bei einer Steuerbefreiung nach § 8 Absatz 2 oder § 10 Absatz 2 InvStG für inländische Immobilienerträge kommt ein Erstattungsanspruch nach § 7 Absatz 5 Satz 2 InvStG nicht in Betracht, da diese nicht dem Steuerabzug unterliegen und damit im Veranlagungsverfahren zu versteuernde Einkünfte des Investmentfonds sind.

c. Rückgabe einer erteilten Steuerbescheinigung als Erstattungsvoraussetzung

7.29 Die Erstattung von Steuerabzugsbeträgen nach § 7 Absatz 5 InvStG setzt neben dem Nachweis nach § 7 Absatz 5 Satz 1 oder 2 InvStG – vorbehaltlich der nachfolgenden Randziffern – die Rückgabe der vom Entrichtungspflichtigen erteilten Steuerbescheinigung im Original voraus (§ 7 Absatz 5 Satz 3 und 4 InvStG). Grundsätzlich erst nach Rückgabe der erteilten Steuerbescheinigung darf der Entrichtungspflichtige die zu viel erhobenen Steuerabzugsbeträge erstatten; eine bloße Rückforderung ist hingegen nicht ausreichend. Nach der durchgeführten Erstattung hat der Entrichtungspflichtige grundsätzlich dem Investmentfonds eine neue Steuerbescheinigung unter Berücksichtigung der Erstattungsbeträge auszustellen und hierin auf die Erstattung nach § 7 Absatz 5 Satz 1 und/oder Satz 2 InvStG hinzuweisen.

7.30 Hat der Entrichtungspflichtige eine Steuerbescheinigung nach § 45a Absatz 2 Satz 2 EStG elektronisch übermittelt, kann der Investmentfonds das „Original” der Steuerbescheinigung nicht physisch zurückgeben. Es ist für Zwecke des § 7 Absatz 5 Satz 3 und 4 InvStG ausreichend, wenn der Entrichtungspflichtige in der neu ausgestellten Steuerbescheinigung darauf hinweist, dass die ursprünglich erstellte Steuerbescheinigung für die betreffenden Kapitalerträge nach § 7 Absatz 5 InvStG ersetzt wird.

7.31 Es wird nicht beanstandet, wenn der Entrichtungspflichtige bei Erstattungen nach § 7 Absatz 5 Satz 1 und 2 InvStG von einer Rückforderung der Steuerbescheinigung und der Ausstellung einer neuen Steuerbescheinigung absieht. Dies setzt – auch in den Fällen der Rz. 7.30 – voraus, dass der Entrichtungspflichtige die Erstattungsbeträge intern dokumentiert und der Finanzverwaltung auf Aufforderung die Dokumentation zur Verfügung stellt. Fordert der Investmentfonds für Zwecke des Erstattungsverfahrens nach § 11 InvStG vom Entrichtungspflichtigen eine Erklärung nach § 11 Absatz 1 Satz 2 InvStG, hat der Entrichtungspflichtige bei zwischenzeitlichen Erstattungen nach § 7 Absatz 5 Satz 1 und/oder Satz 2 InvStG jedoch eine neue Steuerbescheinigung auszustellen und hierin die zwischenzeitlichen Erstattungen aufzuführen.

8. Steuerbefreiung aufgrund steuerbegünstigter Anleger (§ 8 InvStG)

8.1 § 8 InvStG sieht abweichend von § 6 InvStG eine Steuerbefreiung für Investmentfonds vor, soweit bei Zufluss von steuerpflichtigen Einnahmen steuerbegünstigte Anleger an dem Investmentfonds beteiligt sind. Die Steuerbefreiung erfolgt auf Antrag des Investmentfonds.

8.2 Die Kapitalertragsteuer nach § 7 Absatz 1 InvStG wird nach § 7 Absatz 5 Satz 2 InvStG erstattet, soweit die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung aufgrund steuerbegünstigter Anleger vorliegen. Es ist nicht zulässig, vom Steuerabzug Abstand zu nehmen, da nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 InvStG als Nachweis für die Steuerbefreiung ein Investmentanteil-Bestandsnachweis (Rzn. 9.7 ff.) vorzulegen ist, der erst nach Ablauf des Kalenderjahres erstellt wird.

8.3 Der Investmentanteil-Bestandsnachweis kann bei Bestehen von Anteilklassen nur je Anteilklasse erstellt werden. Auf Ebene des Investmentfonds sind daher für die Beurteilung des Umfangs der Steuerbefreiung nach § 8 Absatz 3 InvStG die Investmentanteil-Bestandsnachweise für alle Anteilklassen des Investmentfonds zusammenzufassen.

8.4 Die erstattete Kapitalertragsteuer darf der Investmentfonds nicht in sein Vermögen überführen, sondern muss sie an die steuerbegünstigten Anleger auszahlen (§ 12 Absatz 1 InvStG).

8.5 Bei inländischen Immobilienerträgen und nicht dem Steuerabzug unterliegenden sonstigen inländischen Einkünften des Investmentfonds wird die Steuerbefreiung im Rahmen der Veranlagung des Investmentfonds angewendet.

8.1. Gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Anleger, zertifizierte Altersvorsorge- und Basisrentenverträge (§ 8 Absatz 1 InvStG)

8.6 § 8 Absatz 1 InvStG enthält eine Regelung zur Steuerbefreiung hinsichtlich aller steuerpflichtigen Einkünfte des Investmentfonds (§ 6 Absatz 2 InvStG, Rzn. 6.4 ff.). Die Höhe der Steuerbefreiung richtet sich nach dem Anteil, den die steuerbegünstigten Anleger am Gesamtbestand der Investmentanteile halten. Als steuerbegünstigte Anleger gelten

8.7 Befinden sich bei einem vergleichbaren ausländischen Anleger Sitz und Geschäftsleitung in verschiedenen Staaten, muss es sich bei beiden Staaten um einen Amts- und Beitreibungshilfe leistenden Staat i. S. d. § 2 Absatz 15 InvStG handeln.

a. Antragsverfahren

8.8 Die Steuerbefreiung nach § 8 Absatz 1 InvStG erfolgt auf Antrag des Investmentfonds. Mit Antrag ist bei Einkünften i. S. d. § 6 Absatz 2 InvStG, die einem Steuerabzug unterliegen, ein formloses Geltendmachen gegenüber dem Entrichtungspflichtigen i. S. d. § 7 Absatz 3 Satz 1 InvStG (in der Regel die Verwahrstelle des Investmentfonds) gemeint. Die Antragstellung erfolgt dadurch, dass die als Nachweis für die Befreiung erforderlichen Unterlagen i. S. d. § 9 Absatz 1 InvStG (Rzn. 9.2 ff.) vorgelegt werden. Anstelle einer Vorlage in Papier können die Nachweise auch in elektronischer Form (z. B. gescanntes Dokument) elektronisch übermittelt werden. Die Steuerbefreiung können inländische wie auch ausländische Investmentfonds geltend machen. Es besteht keine Pflicht zur Geltendmachung.

8.9 Bei Einkünften i. S. d. § 6 Absatz 2 InvStG, die keinem Steuerabzug unterliegen oder bei denen der Steuerabzug zu Unrecht unterblieben ist, kann der Investmentfonds den Antrag nach § 8 Absatz 1 InvStG im Veranlagungsverfahren stellen. Der Antrag kann nur für alle Einkünfte einheitlich gestellt werden. Die als Nachweis für die Steuerbefreiung erforderlichen Unterlagen sind der Steuererklärung beizufügen.

b. Investmentfonds, Dach-Investmentfonds und Dach-Spezial-Investmentfonds

8.10 Investmentfonds, Dach-Investmentfonds und Dach-Spezial-Investmentfonds, an denen sich nach den Anlagebedingungen ausschließlich steuerbegünstigte Anleger i. S. d. § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 InvStG beteiligen dürfen (§ 10 Absatz 1 Satz 1 InvStG), gelten selbst als steuerbegünstigter Anleger i. S. d. § 8 Absatz 1 InvStG.

8.11 Ein Investmentfonds, Dach-Investmentfonds oder Dach-Spezial-Investmentfonds, an dem tatsächlich nur steuerbegünstigte Anleger nach § 8 Absatz 1 InvStG beteiligt sind, wird auch dann als steuerbegünstigter Anleger nach § 8 Absatz 1 InvStG betrachtet, wenn die Anlagebedingungen erst bis einschließlich an die Vorgaben des § 10 Absatz 1 Satz 1 InvStG angepasst wurden. Finanzinformationsdienstleister, Entrichtungspflichtige, Ziel-Investmentfonds und Ziel-Spezial-Investmentfonds durften bis einschließlich auf eine Eigenerklärung des Investmentfonds, Dach-Investmentfonds oder Dach-Spezial-Investmentfonds vertrauen, dass auf der Ebene des Investmentfonds, Dach-Investmentfonds oder Dach-Spezial-Investmentfonds die Voraussetzung einer Steuerbefreiung nach § 10 Absatz 1 Satz 1 InvStG vorliegen (Selbstdeklaration eines Investmentfonds, Dach-Investmentfonds oder Dach-Spezial-Investmentfonds als steuerbegünstigter Anleger nach § 8 Absatz 1 InvStG i. V. m. § 10 Absatz 1 Satz 1 InvStG). Nach dem werden Spezial-Investmentfonds nur dann als steuerbegünstigte Anleger nach § 8 Absatz 1 InvStG betrachtet, wenn sie ihre Anlagebedingungen an die Anforderungen des § 10 Absatz 3 InvStG angepasst haben.

c. Investmentanteile im Vorstock eines Versicherungsunternehmens

8.12 Unter die Steuerbefreiung für Altersvorsorge- oder Basisrentenverträge fallen auch die Investmentanteile, die von einem Versicherungsunternehmen im sog. Vorstock für Zwecke von Altersvorsorge- oder Basisrentenverträgen gehalten werden. Der Vorstock (auch Dispostock genannt) dient als eine Art Puffer des Versicherungsunternehmens. Er gewährleistet, dass unmittelbar nach dem Eingang der Beiträge der Altersvorsorgesparer die daraus erwachsenden Verpflichtungen des Versicherungsunternehmens hinsichtlich der Bedeckung nach § 125 Absatz 5 VAG erfüllt werden können. Die für den „Puffer” benötigten Investmentanteile des Vorstocks werden beim Versicherungsunternehmen in separaten Depots im freien Vermögen verwahrt und sind nicht Teil der direkten Kapitalanlage. Sie sind – anders als die Investmentanteile im Anlagestock – noch nicht einem konkreten Altersvorsorge- oder Basisrentenvertrag zugeordnet.

8.2. Inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts, körperschaftsteuerbefreite Personen (§ 8 Absatz 2 InvStG)

8.13 Nach § 8 Absatz 2 InvStG können inländische Immobilienerträge i. S. d. § 6 Absatz 4 InvStG steuerbefreit werden. Bei den nach § 8 Absatz 2 InvStG begünstigten Anlegern handelt es sich insbesondere um Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die nicht vollständig von der Körperschaftsteuer befreit sind, sondern die nach § 5 Absatz 2 Nummer 1 KStG einem abgeltenden Steuerabzug unterliegen. Die Befreiungsnorm gilt auch für vergleichbare ausländische Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen mit Sitz und Geschäftsleitung in einem Amts- und Beitreibungshilfe leistenden ausländischen Staat (§ 2 Absatz 15 InvStG).

8.14 Sinn und Zweck des § 8 Absatz 2 InvStG ist es, die steuerbegünstigten Anleger bei der Fondsanlage weitgehend so zu stellen wie bei einer Direktanlage. Daher ist die Steuerbefreiung über ihren Wortlaut hinaus auch bei sonstigen inländischen Einkünften i. S. d. § 6 Absatz 5 InvStG anzuwenden, soweit diese im Falle der Direktanlage nicht steuerpflichtig sind. Nicht unter die Steuerbefreiung fallen hingegen solche inländischen Einkünfte, die im Falle der Direktanlage einem Steuerabzug nach § 43 Absatz 1 EStG unterliegen (vgl. § 44a Absatz 8 Satz 1 EStG).

8.15 Investmentfonds, Dach-Investmentfonds und Dach-Spezial-Investmentfonds, an denen sich nach den Anlagebedingungen ausschließlich steuerbegünstige Anleger i. S. d. § 8 Absatz 1 oder 2 InvStG beteiligen dürfen (§ 10 Absatz 2 InvStG), gelten selbst als steuerbegünstigter Anleger i. S. d. § 8 Absatz 2 InvStG.

8.16 Ein Investmentfonds, Dach-Investmentfonds oder Dach-Spezial-Investmentfonds, an dem tatsächlich nur steuerbegünstigte Anleger nach § 8 Absatz 1 oder 2 InvStG beteiligt sind, wird auch dann als steuerbegünstigten Anleger nach § 8 Absatz 2 InvStG betrachtet, wenn die Anlagebedingungen erst bis einschließlich an die Vorgaben des § 10 Absatz 2 InvStG angepasst wurden.

8.17 Finanzinformationsdienstleister, Entrichtungspflichtige, Ziel-Investmentfonds und Ziel-Spezial-Investmentfonds durften bis einschließlich auf eine Eigenerklärung des Investmentfonds, Dach-Investmentfonds oder Dach-Spezial-Investmentfonds vertrauen, dass auf der Ebene des Investmentfonds, Dach-Investmentfonds oder Dach-Spezial-Investmentfonds die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nach § 10 Absatz 2 InvStG vorliegen (Selbstdeklaration eines Investmentfonds, Dach-Investmentfonds oder Dach-Spezial-Investmentfonds als steuerbegünstigter Anleger nach § 8 Absatz 2 InvStG i. V. m. § 10 Absatz 2 InvStG).

8.18 Nach dem werden Spezial-Investmentfonds nur dann als steuerbegünstigte Anleger nach § 8 Absatz 2 InvStG betrachtet, wenn sie ihre Anlagebedingungen an die Vorgaben des § 10 Absatz 3 InvStG angepasst haben.

8.19 Die Steuerbefreiung wird nicht gewährt, wenn der Anleger eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts ist und die Investmentanteile einem körperschaftsteuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art zuzurechnen sind. Damit sind auch die von öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten erzielten inländischen Immobilienerträge von der Steuerfreiheit ausgeschlossen.

8.20 Die Befreiung wird im Rahmen der Veranlagung des Investmentfonds gewährt. Um den Umfang der Steuerbefreiung insbesondere für die Zwecke des § 12 Absatz 1 InvStG erkennbar zu machen, wird in den Erläuterungen des Steuerbescheids der Betrag ausgewiesen, um den sich die veranlagte Körperschaftsteuer reduziert hat. Die Regelungen zum Antragsverfahren (Rz. 8.9) sind entsprechend anzuwenden.

8.3. Umfang der Steuerbefreiung (§ 8 Absatz 3 InvStG)

8.21 Bei Einkünften, die einem Steuerabzug unterliegen (im Wesentlichen inländische Beteiligungseinnahmen), ist zum jeweiligen Zuflusszeitpunkt einer Einnahme zu ermitteln, wie viele Investmentanteile der Investmentfonds insgesamt begeben hat und wie viele Anteile davon von steuerbegünstigten Anlegern gehalten wurden. Maßgebend ist grundsätzlich der Bestand am Ende des Geschäftstages vor dem Zufluss der Einnahmen. Bei Dividenden fallen jedoch der Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs und der Zeitpunkt der Fälligkeit regelmäßig auseinander. Der Dividendenanspruch entsteht mit dem Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung. Fällig ist der Dividendenanspruch grundsätzlich am dritten Tag nach der Hauptversammlung (Zahlungstag), sofern die Hauptversammlung keinen abweichenden Zahlungstag beschließt (§ 58 Absatz 4 Satz 2 und 3 AktG). Bei Dividenden ist – als Ausnahme von dem o. a. Grundsatz – auf den Bestand am Tag der Hauptversammlung abzustellen.

8.22 Beispiel:

Am 30.6. findet die Hauptversammlung der X-AG statt, in der eine Dividendenausschüttung für den Folgetag beschlossen wird. Am Abend des 30.6. hat der Investmentfonds 2.000.000 Anteile begeben. Davon entfallen am 30.6. 500.000 Anteile auf steuerbegünstigte Anleger. Am 3.7. fließen dem Investmentfonds 1.000 € Dividenden zu. Freizustellen sind 500.000/2.000.000 × 1.000 € = 250 €.

8.23 Bei zu veranlagenden Einkünften ist zur Ermittlung des Umfangs der Steuerbefreiung auf Durchschnittswerte abzustellen. Dabei ist der durchschnittliche Anteilsbestand der steuerbegünstigten Anleger ins Verhältnis zum durchschnittlichen gesamten Anteilsbestand des Investmentfonds für den Ermittlungszeitraum zu setzen. Die Ermittlung der Durchschnittswerte kann bewertungstäglich, aber auch anhand von Monatsendwerten erfolgen.

8.4. Besondere Voraussetzungen für die Steuerbefreiung (§ 8 Absatz 4 InvStG)
a. Zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer (§ 8 Absatz 4 Nummer 1 InvStG)

8.24 Die Steuerbefreiung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 InvStG wird nur gewährt, wenn die steuerbegünstigten Anleger i. S. d. § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 InvStG bei Zufluss der Kapitalerträge seit mindestens drei Monaten zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentümer der Anteile an dem Investmentfonds sind (Dreimonatsfrist, § 8 Absatz 4 Nummer 1 InvStG). Diese Eigentümereigenschaft darf nicht dadurch beeinträchtigt sein, dass eine Verpflichtung zur Übertragung auf eine andere Person besteht. Eine Veräußerungsfiktion nach § 22 Absatz 1 Satz 1 oder 2, § 52 Absatz 2 oder nach § 56 Absatz 2 InvStG führt nicht zu einem Neubeginn der Dreimonatsfrist.

8.25 Zur Berechnung der Dreimonatsfrist ist davon auszugehen, dass die zuerst angeschafften Investmentanteile zuerst veräußert werden (First In-First Out – FIFO –). Für den Nachweis der Dreimonatsfrist ist auf den Investmentanteil-Bestandsnachweis abzustellen (Rzn. 9.7 ff.). Um einen Anteilsbesitz vor dem nachzuweisen, können andere Belege verwendet werden.

8.26 Aufgrund technischer Umsetzungsprobleme ist es bei Immobilienfonds nicht zu beanstanden, wenn diese für den Beginn der Dreimonatsfrist nicht auf den Zufluss der inländischen Immobilienerträge, sondern auf den Zeitpunkt abstellen, in dem die inländischen Immobilienerträge im Anteilspreis erfasst werden. Bei Immobilienfonds werden die laufenden Mieterträge zum Zwecke der Anteilswertermittlung bewertungstäglich im Rahmen von Abgrenzungen erfasst.

8.27 Beispiel:

Ein Investmentfonds mit einem dem Kalenderjahr identischen Geschäftsjahr hat 1.000 Anteile ausgegeben, die auch konstant im Geschäftsjahr ausgegeben sind. Er grenzt vom 1.1. bis 30.6. jeweils 100 € und vom 1.7. bis 31.12. jeweils 120 € inländischen Immobilienertrag pro Tag ab (aufsichtsrechtlich abgegrenzte Immobilienerträge im Kalenderjahr 39.600 €). Dies wirkt sich zu den Bewertungsstichtagen auf den Anteilspreis aus.

Die Kirche A hat bereits am 30.9. des Vorjahres 20 Anteile erworben.

Die Kirche B hat erst am 1.3. des laufenden Geschäftsjahres 30 Anteile erworben.

Tatsächlich fließen nach reinem Zufluss-/Abflussprinzip (maßgeblich für § 6 Absatz 7 InvStG) im Kalenderjahr nur 36.000 € zu. Nach Abzug der AfA (6.000 €) und der auf die inländischen Mieteinnahmen entfallenden Werbungskosten (10.000 €) verbleibt eine Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage i. H. v. 20.000 €. Hierauf entrichtet der Investmentfonds 15 % Körperschaftsteuer (aus Vereinfachungsgründen ohne Solidaritätszuschlag), d. h. 3.000 €.

Kirche A erhält 20/1.000 × 360/360 von 3.000 € = 60 € und

Kirche B erhält 30/1.000 × 210/360 von 3.000 € = 52,50 € erstattet. Für Kirche B sind 210 Tage zu berücksichtigen, da sie zwar am 1.3. ihre Anteile erworben hat, aber erst ab dem 1.6. mit diesen Anteilen die Voraussetzungen des § 8 Absatz 4 Nummer 1 InvStG erfüllt.

8.28 Für die Zwecke des Steuerabzugs hat der Entrichtungspflichtige anhand des Investmentanteil-Bestandsnachweises (Rzn. 9.7 ff.) zu prüfen, ob eine Besitzzeit von drei Monaten erreicht ist. Im Übrigen kann der Entrichtungspflichtige auf eine Erklärung des Anlegers vertrauen, dass dieser zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer der Investmentanteile ist und keine Verpflichtung zur Übertragung auf eine andere Person besteht. Der Anleger kann auch dauerhaft bzw. bis auf Widerruf erklären, dass er generell keine Geschäfte mit seinen Investmentanteilen getätigt hat und tätigen wird, die eine Übertragungsverpflichtung beinhalten. Der Entrichtungspflichtige hat die Erklärung intern zu dokumentieren und der Finanzverwaltung auf Anforderung zur Verfügung zu stellen.

b. Anrechenbarkeit der Kapitalertragsteuer nach § 36a EStG (§ 8 Absatz 4 Nummer 2 InvStG)

8.29 Eine Steuerbefreiung erfordert nach § 8 Absatz 4 Nummer 2 InvStG, dass die Voraussetzungen für eine Anrechenbarkeit von Kapitalertragsteuer nach § 36a EStG auf Ebene des Investmentfonds erfüllt sind. Nach dem Wortlaut der Norm wäre diese Voraussetzung nicht zu prüfen, wenn die Investmentanteile im Rahmen von zertifizierten Altersvorsorge- oder Basisrentenverträgen gehalten werden. Dagegen spricht jedoch, dass § 10 Absatz 1 Satz 2 InvStG auch in den Fällen von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen die Steuerbefreiung von dem Einhalten der Voraussetzungen des § 36a EStG abhängig macht. Es gibt damit keine gesetzgeberische Entscheidung, dass bei Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen keine Missbrauchsgefahr gesehen wird. Darüber hinaus ergibt sich aus § 36a Absatz 4 EStG eine Verpflichtung des Investmentfonds eine Zahlung in Höhe des unterbliebenen oder erstatteten Steuerabzugs gegenüber dem für ihn zuständigen Finanzamt zu leisten, wenn die Voraussetzungen des § 36a Absatz 1 bis 3 EStG nicht erfüllt sind. D. h. eine etwaige Steuerbefreiung oder Steuererstattung ist rückgängig zu machen. Daher ist auch bei Anlegern, die die Investmentanteile im Rahmen von zertifizierten Altersvorsorge- oder Basisrentenverträgen halten, zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 36a EStG erfüllt sind.

8.30 Nach § 8 Absatz 4 Nummer 2 InvStG darf ein Investmentfonds einen Antrag auf Steuerbefreiung gegenüber dem Entrichtungspflichtigen nur stellen, wenn bei der Antragstellung die Mindesthaltedauer nach § 36a Absatz 2 EStG bereits erreicht ist, das Mindestwertänderungsrisiko nach § 36a Absatz 3 EStG getragen wurde und keine Verpflichtung besteht, die Kapitalerträge ganz oder überwiegend, unmittelbar oder mittelbar anderen Personen zu vergüten.

8.31 Der Entrichtungspflichtige hat zu prüfen, ob die Mindesthaltedauer erreicht wird. Da diese Prüfung eine EDV-technische Umsetzung erfordert, wird es grundsätzlich nicht beanstandet, wenn der Entrichtungspflichtige im Jahr 2018 noch keine Prüfung der Mindesthaltedauer vorgenommen hat. Hinsichtlich des Mindestwertänderungsrisikos und der Vergütungsverpflichtung darf der Entrichtungspflichtige darauf vertrauen, dass der Investmentfonds mit der Antragstellung konkludent angibt, dass er ein hinreichendes Mindestwertänderungsrisiko getragen hat und keine Vergütungsverpflichtung besteht.

8.32 Wenn der Entrichtungspflichtige die Mindesthaltedauer nicht prüfen kann, weil er nicht die Verwahrstelle i. S. d. §§ 68 ff. oder §§ 80 ff. KAGB des Investmentfonds ist (vormals als „Depotbank” bezeichnet) und dadurch nicht den Anschaffungszeitpunkt von Kapitalbeteiligungen kennt, darf er die nach § 7 Absatz 5 Satz 2 InvStG einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht erstatten. Insbesondere darf nicht erstattet werden, wenn der Entrichtungspflichtige ein Depot für ein ausländisches Kreditinstitut führt und das ausländische Kreditinstitut dieses Depot als Treuhänder für seine Kunden unterhält (Fremddepot, „Depot B”). Ein Erstattungsverfahren ist in diesen Fällen nur durch das Betriebsstättenfinanzamt des Entrichtungspflichtigen durchzuführen.

8.33 Stellt der Investmentfonds erst nach einer Erstattung durch den Entrichtungspflichtigen fest, dass die Voraussetzungen für eine Anrechenbarkeit von Kapitalertragsteuer nach § 36a EStG nicht vorlagen, hat er dies gegenüber der nach § 4 InvStG zuständigen Finanzbehörde anzuzeigen und eine Zahlung nach § 36a Absatz 4 EStG zu leisten.

9. Nachweis der Steuerbefreiung (§ 9 InvStG)

9.1 Um eine Steuerbefreiung nach § 8 Absatz 1 InvStG zu erlangen, muss der Investmentfonds den steuerlichen Status seiner steuerbegünstigten Anleger nachweisen und belegen, in welchem Umfang die steuerbegünstigten Anleger zu dem nach § 8 Absatz 3 InvStG maßgeblichen Zeitpunkt oder Zeitraum an dem Investmentfonds beteiligt sind. Für diesen Zweck muss der steuerbegünstigte Anleger die erforderlichen Nachweisdokumente an den Investmentfonds übermitteln.

9.1. Bescheinigungen und Nachweise (§ 9 Absatz 1 InvStG)
a. Bescheinigung nach § 44a Absatz 7 Satz 2 EStG (§ 9 Absatz 1 Nummer 1 InvStG)

9.2 Bei gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Anlegern ist eine NV-Bescheinigung nach § 44a Absatz 7 Satz 2 EStG erforderlich (NV-Art 03). Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn dem Entrichtungspflichtigen statt der NV-Art 03-Bescheinigung einer der folgenden Nachweise überlassen wird:

  • amtlich beglaubigte Kopie des zuletzt erteilten Freistellungsbescheides, der für einen nicht länger als drei Jahre zurückliegenden Veranlagungszeitraum vor dem Veranlagungszeitraum des Zuflusses der Kapitalerträge erteilt worden ist oder

  • amtlich beglaubigte Kopie eines Körperschaftsteuerbescheides nebst dessen Anlage, in der die Steuerbefreiung für den steuerbegünstigten Bereich bescheinigt wird und der für einen nicht länger als drei Jahre zurückliegenden Veranlagungszeitraum vor dem Veranlagungszeitraum des Zuflusses der Kapitalerträge erteilt worden ist.

9.3 Darüber hinaus sind auch nicht amtlich beglaubigte Kopien anzuerkennen, wenn durch einen Mitarbeiter des Investmentfonds oder der Verwahrstelle des Investmentfonds oder der depotführenden Stelle des Anlegers hierauf vermerkt wird, dass das Original der Bescheinigung oder des Bescheides vorgelegen hat. Weiterhin sind Bescheinigungen oder Bescheide in elektronischer Form anzuerkennen, die elektronisch dem Entrichtungspflichtigen mit dem Hinweis übermittelt werden, dass das Original der Bescheinigung oder des Bescheides vorgelegen hat.

9.4 Sofern sich die depotführende Stelle des Anlegers und die Kapitalverwaltungsgesellschaft des Investmentfonds in einem Konzernverbund befinden, ist es ausreichend, wenn die Bescheinigungen oder Bescheide nur einmal eingereicht werden. Ebenso ist eine einmalige Einreichung ausreichend, wenn bei verschiedenen Kapitalverwaltungsgesellschaften eines Konzernverbundes Nachweise zu erbringen sind.

9.5 Die Vorlage der o. a. Bescheinigungen und Nachweise ist nicht zulässig, wenn bei dem Anleger die Investmentanteile einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach § 64 AO oder einem nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betrieb gewerblicher Art nach § 4 KStG zuzurechnen sind. In diesen Fällen wird auch keine Steuerbefreiung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 InvStG gewährt.

b. Befreiungsbescheinigung für ausländische Anleger (§ 9 Absatz 1 Nummer 2 InvStG)

9.6 Ausländische Anleger, die mit inländischen Anlegern i. S. d. § 44a Absatz 7 Satz 1 EStG vergleichbar sind, erhalten auf Antrag (§ 9 Absatz 2 Satz 3 i. V. m. § 7 Absatz 4 InvStG) durch das BZSt eine Befreiungsbescheinigung nach § 9 Absatz 1 Nummer 2 InvStG. Der Antrag ist nach amtlichem Muster zu stellen. Die Befreiungsbescheinigung gilt nur für Zwecke der Steuerbefreiung nach dem Investmentsteuergesetz. Sie gilt nicht für Zwecke des Sonderausgabenabzugs von Spenden und berechtigt dementsprechend nicht zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen nach § 50 EStDV. Die Gültigkeit der Befreiungsbescheinigung ist auf höchstens drei Jahre zu beschränken.

c. Investmentanteil-Bestandsnachweis (§ 9 Absatz 1 Nummer 3 InvStG)

9.7 Um den Umfang des steuerbegünstigten Anteilsbesitzes nachzuweisen, hat sich der steuerbegünstigte Anleger nach Ablauf eines Kalenderjahres von seinem depotführenden Kreditinstitut einen nach amtlichem Muster erstellten Investmentanteil-Bestandsnachweis nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 InvStG ausstellen zu lassen. Ausländische depotführende Stellen können ebenfalls den Investmentanteil-Bestandsnachweis ausstellen.

9.8 Das amtliche Muster und die Erläuterungen zum Investmentanteil-Bestandsnachweis sind im (BStBl 2018 I S. 1085) enthalten.

9.9 Der Investmentanteil-Bestandsnachweis kann in Papierform oder in elektronischer Form von der depotführenden Stelle an den Anleger übermittelt werden. Die elektronische Übermittlung kann per E-Mail oder durch Einstellung in einen von der depotführenden Stelle für den Kunden geführten elektronischen Briefkasten (elektronische PostBox) erfolgen.

9.10 In dem Investmentanteil-Bestandsnachweis ist anzugeben, in welchem Umfang der Anleger während eines Kalenderjahres Investmentanteile durchgängig gehalten, im Laufe des Jahres erworben und/oder veräußert hat. Die Investmentanteile sind insbesondere durch die jeweilige ISIN zu bezeichnen. Den steuerlichen Status des Anlegers hat die depotführende Stelle dagegen nicht zu prüfen.

9.11 Sofern sich die depotführende Stelle und die Kapitalverwaltungsgesellschaft des Investmentfonds in einem Konzern- oder Finanzverbund befinden und der Konzern- oder Finanzverbund dies anbietet, kann der steuerbegünstigte Anleger die depotführende Stelle schriftlich beauftragen, den Investmentanteil-Bestandsnachweis zusammen mit dem Nachweis der Steuerbefreiung (Rz. 9.2) direkt bei der Kapitalverwaltungsgesellschaft zur Beantragung der Steuererstattung einzureichen. Die Beauftragung durch den steuerbegünstigten Anleger kann dauerhaft bis zum Widerruf erfolgen.

9.2. Voraussetzungen für eine Befreiungsbescheinigung für ausländische Anleger (§ 9 Absatz 2 InvStG)

9.12 Ein ausländischer Anleger muss genau die gleichen Voraussetzungen nach den §§ 51 bis 68 AO i. V. m. § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG erfüllen wie ein steuerbegünstigter inländischer Anleger (§ 9 Absatz 2 Satz 2 InvStG). Die Befreiungsbescheinigung kann daher nicht erteilt werden, wenn die Investmentanteile einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach § 64 AO oder einem nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betrieb gewerblicher Art nach § 4 KStG des ausländischen Anlegers zuzurechnen sind.

9.13 Darüber hinaus ist Voraussetzung für die Erteilung einer Befreiungsbescheinigung, dass der Anleger Sitz und Geschäftsleitung in einem Amts- und Beitreibungshilfe leistenden Staat i. S. d. § 2 Absatz 15 InvStG hat (§ 8 Absatz 1 Nummer 1 InvStG).

9.3. Voraussetzungen für die Steuerbefreiung bei Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen (§ 9 Absatz 3 InvStG)

9.14 Für die Steuerbefreiung bei Investmentanteilen, die im Rahmen von zertifizierten Altersvorsorge- oder Basisrentenverträgen gehalten werden, muss in einem vorgeschalteten Mitteilungsverfahren der Anbieter des Altersvorsorge- oder Basisrentenvertrags dem Investmentfonds innerhalb eines Monats nach Ende dessen Geschäftsjahres mitteilen, wann und in welchem Umfang in dem Geschäftsjahr des Investmentfonds Anteile erworben und wieder veräußert wurden (§ 9 Absatz 3 InvStG). Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Anbieter stattdessen innerhalb eines Monats nach Ende des Geschäftsjahres des Investmentfonds, dem Investmentfonds für jeden Geschäftstag des betreffenden Geschäftsjahres mitteilt, in welchem Umfang Investmentanteile an diesem Investmentfonds gehalten wurden.

10. Steuerbefreite Investmentfonds oder Anteilklassen (§ 10 InvStG)

10.1. Vollumfängliche Steuerbefreiung (§ 10 Absatz 1 InvStG)
a. Ausschließliche Beteiligung von steuerbegünstigten Anlegern (§ 10 Absatz 1 Satz 1 InvStG)

10.1 Nach § 10 Absatz 1 Satz 1 InvStG sind die Einkünfte eines Investmentfonds oder einer Anteilklasse vollständig steuerbefreit, wenn die Anlagebedingungen des Investmentfonds nur eine Beteiligung von gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Anlegern i. S. d. § 44a Absatz 7 Satz 1 EStG oder vergleichbarer ausländischer Anleger mit Sitz und Geschäftsleitung in einem Amts- und Beitreibungshilfe leistenden ausländischen Staat i. S. d. § 2 Absatz 15 InvStG zulassen und/oder wenn die Anteile nur im Rahmen von Altersvorsorge- oder Basisrentenverträgen (einschließlich des Vorstocks – siehe Rz. 8.12) gehalten werden dürfen.

10.2 Für den Status als Investmentfonds oder Anteilklasse i. S. d. § 10 InvStG ist es unschädlich, wenn

  • eine Kapitalverwaltungsgesellschaft bei neu aufgelegten Investmentfonds gegen Ausgabe von neuen Anteilen Kapital i. H. v. maximal 1 Mio. € und für einen Zeitraum von maximal drei Monaten zur Verfügung stellt, damit der Investmentfonds damit seine Geschäftstätigkeit aufnehmen kann (sog. Seed-Money) oder

  • Investmentanteile für die Zwecke der technischen Abwicklung von Anteilscheingeschäften oder zur Orderabwicklung von Personen gehalten werden, die nicht die Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 oder 2 InvStG erfüllen. Dies können insbesondere Anbieter von Altersvorsorge- oder Basisrentenverträgen sein. Weiterhin können es Kreditinstitute sein, die im Rahmen von Altersvorsorge- oder Basisrentenverträgen als depotführende Stelle oder als Kommissionär fungieren, und Kreditinstitute, die Orderabwicklung für andere steuerbegünstigte Anleger i. S. d. § 8 InvStG vornehmen.

aa. Nachweis der Steuerbefreiung gegenüber dem Entrichtungspflichtigen und dem Finanzamt

10.3 Der Investmentfonds hat die Steuerbefreiung gegenüber dem Entrichtungspflichtigen dadurch nachzuweisen, dass er alle seine steuerbegünstigten Anleger angibt bzw. auflistet und deren Bescheinigungen nach § 44a Absatz 7 Satz 2 EStG, deren Befreiungsbescheinigungen nach § 9 Absatz 1 Nummer 2 InvStG oder deren sonstige Bescheinigungen vorlegt, aus denen sich der steuerbegünstigte Status des jeweiligen Anlegers ergibt. Es ist kein Investmentanteil-Bestandsnachweis erforderlich.

10.4 Bei Investmentanteilen, die im Rahmen von Altersvorsorge- oder Basisrentenverträgen gehalten werden, sind nicht die Anspruchsberechtigen aus den Altersvorsorge- oder Basisrentenverträgen, sondern die Anbieter der Altersvorsorge- oder Basisrentenverträge anzugeben. Außerdem ist die Zertifizierung nach § 5 oder § 5a des Gesetzes über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen (AltZertG) vorzulegen.

10.5 Nur wenn sich neue Anleger an dem Investmentfonds beteiligen oder wenn die Gültigkeit einer Bescheinigung abgelaufen ist, hat der Investmentfonds einen erneuten Nachweis gegenüber dem Entrichtungspflichtigen zu erbringen. Dagegen ist bei einem Ausscheiden einzelner Anleger oder bei bloßen Veränderungen des Anteilsumfangs kein erneuter Nachweis erforderlich.

10.6 Darüber hinaus hat der Investmentfonds die Anlagebedingungen vorzulegen, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen des § 10 Absatz 3 InvStG erfüllt werden.

10.7 Elektronische Formen der Nachweise (insbesondere gescannte Dokumente), die elektronisch an den Entrichtungspflichtigen mit dem Hinweis übermittelt werden, dass das Original des Nachweises vorgelegen hat, sind anzuerkennen.

10.8 Sofern an einem Investmentfonds oder an einer Anteilklasse tatsächlich nur steuerbegünstigte Anleger nach § 8 Absatz 1 InvStG beteiligt sind, werden die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 10 Absatz 1 Satz 1 InvStG auch dann als erfüllt betrachtet, wenn die Anlagebedingungen erst bis einschließlich an die Vorgaben des § 10 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 InvStG angepasst wurden. Finanzinformationsdienstleister und Entrichtungspflichtiger durften bis einschließlich auf eine Eigenerklärung des Investmentfonds vertrauen, dass die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nach § 10 Absatz 1 Satz 1 InvStG vorliegen (Selbstdeklaration als Investmentfonds oder Anteilklasse i. S. d. § 10 Absatz 1 Satz 1 InvStG).

10.9 Sofern der Investmentfonds zu veranlagende Einkünfte (insbesondere inländische Immobilienerträge) erzielt, hat er bei erstmaliger Geltendmachung der Steuerbefreiung gegenüber dem Finanzamt die folgenden Nachweise zu erbringen:

  • Auflistung aller steuerbegünstigten Anleger,

  • Bescheinigungen nach § 44a Absatz 7 Satz 2 EStG, Befreiungsbescheinigungen nach § 9 Absatz 1 Nummer 2 InvStG oder sonstige Bescheinigungen, aus denen sich der steuerbegünstigte Status der jeweiligen Anleger ergibt und

  • Anlagebedingungen, aus denen sich ergibt, dass nur steuerbegünstigte Anleger am Investmentfonds beteiligt sein dürfen und dass die Voraussetzungen des § 10 Absatz 3 InvStG erfüllt werden.

Ein Investmentanteil-Bestandsnachweis ist nicht vorzulegen. Bei neu hinzutretenden Anlegern oder bei nicht mehr gültigen Bescheinigungen sind nur hinsichtlich der betroffenen Anleger erneute Nachweise dem Finanzamt vorzulegen. Im Übrigen ist ein Nachweis nur auf Anforderung des Finanzamts zu erbringen.

bb. Teilfonds

10.10 Für Zwecke des § 10 InvStG gelten als Investmentfonds auch sog. Teilfonds (§ 1 Absatz 4 InvStG), also haftungs- und vermögensrechtlich voneinander getrennte Teile eines Investmentfonds (Rzn. 1.16 ff.). Dies können Teilgesellschaftsvermögen i. S. d. § 117 oder § 132 KAGB und vergleichbare rechtlich getrennte Einheiten eines ausländischen Investmentfonds sein (1.16).

cc. Anteilklassen

10.11 Anteilklassen sind Anteile an einem Investmentvermögen, die nach verschiedenen Ausgestaltungsmerkmalen, insbesondere hinsichtlich der Ertragsverwendung, des Ausgabeaufschlags, des Rücknahmeabschlags, der Währung des Anteilswerts, der Verwaltungsvergütung, der Mindestanlagesumme oder einer Kombination dieser Merkmale unterteilt werden können (§ 96 Absatz 1 Satz 1 KAGB). Die Beschränkung auf zulässige Anleger i. S. d. § 10 Absatz 1 oder 2 InvStG kann ebenso ein zulässiges und ggf. alleiniges Ausgestaltungsmerkmal einer Anteilklasse sein. Anteile einer Anteilklasse haben die gleichen Ausgestaltungsmerkmale.

b. Anrechenbarkeit der Kapitalertragsteuer nach § 36a EStG (§ 10 Absatz 1 Satz 2 InvStG)

10.12 Nach § 10 Absatz 1 Satz 2 InvStG sind inländische Beteiligungseinnahmen nur steuerbefreit, wenn der Investmentfonds die Voraussetzungen für eine Anrechenbarkeit der Kapitalertragsteuer nach § 36a EStG erfüllt.

10.13 Wenn der Entrichtungspflichtige die Mindesthaltedauer prüfen kann, darf dieser bei der Abstandnahme vom Steuerabzug grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Investmentfonds die Mindesthaltedauer nach § 36a Absatz 2 EStG erreichen wird. Der Entrichtungspflichtige kann auch grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Investmentfonds das Mindestwertänderungsrisiko nach § 36a Absatz 3 EStG trägt.

10.14 Wenn der Entrichtungspflichtige nach der Abstandnahme feststellt, dass der Investmentfonds die Aktien oder Genussscheine vor Erreichen der Mindesthaltedauer nach § 36a Absatz 2 EStG veräußert hat, hat der Entrichtungspflichtige nachträglich Kapitalertragsteuer zu erheben. Alternativ kann der Entrichtungspflichtige die Abstandnahme vom Steuerabzug unter den Vorbehalt der Prüfung des § 36a EStG stellen. In diesem Fall ist die potentiell abzuführende Kapitalertragsteuer auf einem eindeutig dem Investmentfonds zuzuordnenden Konto (z. B. einem Treuhandkonto) zu führen, bis geklärt ist, ob die Voraussetzungen des § 36a EStG erfüllt sind. Dieses Guthaben ist erst im Anteilswert zu berücksichtigen, wenn die Voraussetzungen des § 36a EStG erfüllt sind.

10.15 Eine Abstandnahme oder eine Erstattung einbehaltener Kapitalertragsteuer durch den Entrichtungspflichtigen ist ausgeschlossen, wenn der Entrichtungspflichtige nicht die Verwahrstelle i. S. d. §§ 68 ff. oder §§ 80 ff. KAGB des Investmentfonds ist und daher nicht die Mindesthaltedauer prüfen kann (Rz. 8.32).

10.16 Wenn der Investmentfonds erkennt, dass er die Voraussetzungen des § 36a EStG nicht erfüllt, hat er dies gegenüber der nach § 4 InvStG zuständigen Finanzbehörde anzuzeigen und eine Zahlung nach § 36a Absatz 4 EStG zu leisten.

10.2. Steuerbefreiung für inländische Immobilienerträge (§ 10 Absatz 2 InvStG)

10.17 Nach § 10 Absatz 2 InvStG werden die inländischen Immobilienerträge eines Investmentfonds oder einer Anteilklasse steuerbefreit. Die Steuerbefreiung ist über ihren Wortlaut hinaus auch bei sonstigen inländischen Einkünften i. S. d. § 6 Absatz 5 InvStG anzuwenden, die bei Anlegern i. S. d. § 8 Absatz 2 InvStG im Falle einer Direktanlage ebenfalls nicht steuerpflichtig sind (Rz. 8.14).

10.18 Die Steuerbefreiung können Investmentfonds oder Anteilklassen in Anspruch nehmen, an denen sich ausschließlich Anleger i. S. d. § 8 Absatz 1 oder 2 InvStG (Rzn. 8.6 und 8.13) beteiligen dürfen und tatsächlich auch nur solche Anleger beteiligt sind. Die Regelungen in Rz. 10.2 gelten entsprechend. Im Unterschied zur Steuerbefreiung nach § 8 Absatz 2 InvStG ist für die Steuerbefreiung nach § 10 Absatz 2 InvStG kein Antrag und kein Investmentanteil-Bestandsnachweis erforderlich. Sie ist jedoch im Rahmen der Steuerveranlagung gegenüber der zuständigen Finanzbehörde geltend zu machen.

10.19 Die Regelungen zum Nachweis der Steuerbefreiung nach Rz. 10.9 i. V. m. Rzn. 10.3, 10.4 und 10.6 sind entsprechend anzuwenden.

10.3. Beschränkung der Übertragung der Investmentanteile (§ 10 Absatz 3 InvStG)

10.20 Um sicher zu stellen, dass sich an einem steuerbefreiten Investmentfonds oder einer steuerbefreiten Anteilklasse tatsächlich nur steuerbegünstigte Anleger beteiligen, setzt § 10 Absatz 3 InvStG voraus, dass die Investmentanteile nicht frei übertragbar sind, sondern nur an den Investmentfonds zurückgegeben werden dürfen. Diese Voraussetzung kann insbesondere durch die Ausgabe von Namensanteilscheinen erfüllt werden. Eine weitere Möglichkeit um sicherzustellen, dass sich nur steuerbegünstigte Anleger beteiligen, besteht darin, dass in den Anlagebedingungen die Wirksamkeit der Übertragung von Investmentanteilen von der Zustimmung des Investmentfonds abhängig gemacht wird. Darüber hinaus könnte dem Investmentfonds eine Untersagungsmöglichkeit hinsichtlich einer Übertragung eingeräumt werden.

10.4. Nachweis der Steuerbefreiung des Anlegers gegenüber dem Investmentfonds (§ 10 Absatz 4 InvStG)

10.21 Die Anleger haben ihren Status als steuerbegünstigter Anleger gegenüber dem Investmentfonds nachzuweisen (§ 10 Absatz 4 Satz 1 InvStG).

10.22 Nach § 10 Absatz 4 Satz 2 InvStG haben die Anleger i. S. d. § 8 Absatz 1 Nummer 1 InvStG als Nachweis ihres steuerlichen Status eine Bescheinigung nach § 44a Absatz 7 Satz 2 EStG oder eine Befreiungsbescheinigung nach § 9 Absatz 1 Nummer 2 InvStG dem Investmentfonds zu übermitteln. Darüber hinaus ist für Anleger i. S. d. § 8 Absatz 2 InvStG auch eine NV-Bescheinigung i. S. d. § 44a Absatz 8 Satz 2 EStG (NV-Art 04) als Nachweis für die Steuerbefreiung anzuerkennen. Der Nachweis ist bei erstmaligem Anteilserwerb und bei Ablauf der Gültigkeit einer Bescheinigung nach § 44a Absatz 7 Satz 2 EStG, nach § 44a Absatz 8 Satz 2 EStG oder einer Befreiungsbescheinigung nach § 9 Absatz 1 Nummer 2 InvStG zu erbringen.

10.23 Die Art der Übermittlung des Nachweises für die Steuerbegünstigung unterliegt keinen Formvorgaben. Sie kann schriftlich erfolgen; zulässig sind aber auch eine elektronische Mitteilung oder ein automationsgestütztes Datenübermittlungsverfahren.

10.5. Kein Steuerabzug bei steuerbefreiten Investmentfonds oder Anteilklassen (§ 10 Absatz 5 InvStG)

10.24 Bei Investmentfonds oder Anteilklassen i. S. d. § 10 Absatz 1 InvStG, die nur für steuerbegünstigte Anleger i. S. d. § 8 Absatz 1 InvStG zugelassen sind, ist nach § 10 Absatz 5 InvStG grundsätzlich keine Kapitalertragsteuer zu erheben. Es ist auch dann keine Kapitalertragsteuer zu erheben, wenn inländische Immobilienerträge und sonstige inländische Einkünfte, die keinem Steuerabzug unterliegen, von einem Spezial-Investmentfonds an einen Investmentfonds oder an eine Anteilklasse i. S. d. § 10 Absatz 1 oder 2 InvStG ausgeschüttet werden oder als ausschüttungsgleiche Erträge zugerechnet werden (§ 33 Absatz 2 Satz 1 InvStG). § 33 Absatz 2 Satz 2 InvStG steht der Abstandnahme vom Steuerabzug nicht entgegen. Zu den Nachweiserfordernissen für die Abstandnahme siehe Rzn. 10.3 ff. und 10.13.

10.25 Kapitalertragsteuer ist jedoch zu erheben, wenn einem Investmentfonds oder einer Anteilklasse i. S. d. § 10 Absatz 2 InvStG inländische Beteiligungseinnahmen oder sonstige inländische Einkünfte zufließen, die der Kapitalertragsteuer unterliegen, da diese Einkünfte nicht von der Steuerbefreiung des § 10 Absatz 2 InvStG umfasst sind.

11. Erstattung von Kapitalertragsteuer an Investmentfonds durch die Finanzbehörden (§ 11 InvStG)

11.1 In § 11 Absatz 1 InvStG ist die Möglichkeit geregelt, dass das Betriebsstättenfinanzamt des Entrichtungspflichtigen auf Antrag des Investmentfonds Kapitalertragsteuer erstattet, sofern nicht vom Steuerabzug Abstand genommen wurde. Die Person des Entrichtungspflichtigen bestimmt sich nach § 7 Absatz 3 Satz 1 InvStG i. V. m. § 44 EStG (Rz. 7.14).

11.1 Voraussetzungen für den Erstattungsanspruch (§ 11 Absatz 1 InvStG)
a. Erstattungsfälle nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 InvStG

11.2 Eine Erstattung nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 InvStG kommt nur dann in Betracht, wenn Kapitalertragsteuer auf nicht nach § 6 Absatz 2 InvStG steuerpflichtige Kapitalerträge einbehalten wurde oder die einbehaltene Kapitalertragsteuer einschließlich des Solidaritätszuschlags mehr als 15 % des Kapitalertrags (§ 7 Absatz 1 InvStG) beträgt. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn der Investmentfonds seinem Entrichtungspflichtigen keine Statusbescheinigung vorgelegt hat.

11.3 Voraussetzung für die Erstattung ist gemäß § 11 Absatz 1 Satz 2 InvStG die Vorlage folgender Unterlagen:

  • Steuerbescheinigung über die Abführung der Kapitalertragsteuer,

  • Erklärung des Entrichtungspflichtigen, aus der hervorgeht, dass eine Erstattung nach § 7 Absatz 5 InvStG weder vorgenommen wurde noch vorgenommen wird sowie

  • Erklärung des ausländischen Investmentfonds, dass keine Erstattung nach § 50d EStG beim BZSt beantragt wurde und auch kein Antrag gestellt wird.

11.4 Sofern der Investmentfonds für den Zeitraum, in dem die Kapitalerträge zugeflossen sind, im Besitz einer gültigen Statusbescheinigung ist, ist diese ebenfalls vorzulegen. Ist dies nicht der Fall, prüft das für die Erstattung zuständige Betriebsstättenfinanzamt des Entrichtungspflichtigen den Status des Antragstellers als Investmentfonds. Es bedient sich hierzu der für die Ausstellung der Statusbescheinigung zuständigen Finanzbehörde (§ 7 Absatz 3 i. V. m. § 4 InvStG).


b. Erstattungsfälle nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 InvStG

11.5 Nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 InvStG ist Kapitalertragsteuer zu erstatten, wenn die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach den §§ 8 und 10 InvStG vorliegen und dennoch Kapitalertragsteuer einbehalten wurde.

11.6 Voraussetzung für die Erstattung ist gemäß § 11 Absatz 1 Satz 3 InvStG die Vorlage folgender Unterlagen:

11.7 c. Verhältnis zu anderen Vorschriften

Von der Erstattungsmöglichkeit nach § 11 Absatz 1 InvStG sollte nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn die Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug z. B. mangels rechtzeitiger Ausstellung der Statusbescheinigung fehlgeschlagen ist und die Voraussetzungen für das Erstattungsverfahren beim Entrichtungspflichtigen nach § 7 Absatz 5 InvStG nicht vorliegen (Rzn. 7.25 f.). Das Betriebsstättenfinanzamt des Entrichtungspflichtigen wird eine Erstattung nach § 11 Absatz 1 Satz 1 InvStG erst nach Ablauf der 18-Monatsfrist des § 7 Absatz 5 Satz 1 oder 2 InvStG vornehmen. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen zum Erstattungsverfahren darf die Erklärung nach § 11 Absatz 1 Satz 2 InvStG erst nach Ablauf der 18-Monatsfrist des § 7 Absatz 5 Satz 1 InvStG ausgestellt werden.

Die Erklärung nach § 11 Absatz 1 Satz 2 InvStG darf sofort ausgestellt werden und es ist ohne Ablauf der 18-Monatsfrist ein Erstattungsverfahren durchzuführen, wenn der Entrichtungspflichtige nicht vom Steuerabzug Abstand nimmt oder keine Erstattung vornimmt, weil er nicht die Verwahrstelle i. S. d. §§ 68 ff. oder §§ 80 ff. KAGB des Investmentfonds ist und daher nicht die Mindesthaltedauer i. S. d. § 36a Absatz 2 EStG prüfen kann (Rzn. 8.32 und 10.15).

11.8 Im Falle einer Antragstellung durch einen ausländischen Investmentfonds hat das für die Erstattung nach § 11 Absatz 1 InvStG zuständige Finanzamt vor einer Erstattung zu überprüfen, ob das BZSt eine Erstattung nach § 50d EStG vorgenommen hat, um eine doppelte Erstattung der Kapitalertragsteuer auszuschließen. Umgekehrt hat das BZSt vor einer Erstattung nach § 50d EStG zu überprüfen, ob das Betriebsstättenfinanzamt des Entrichtungspflichtigen eine Erstattung nach § 11 Absatz 1 InvStG vorgenommen hat.

11.2 Verfahrensvorschriften (§ 11 Absatz 2 InvStG)
a. Umfang des Antrags

11.9 Nach § 11 Absatz 2 InvStG erfolgt die Erstattung nur auf Antrag des Investmentfonds. Es kann pro Betriebsstättenfinanzamt nur ein Antrag für ein Geschäftsjahr des Investmentfonds gestellt werden, der sich auf das gesamte Geschäftsjahr beziehen und sämtliche Erstattungsgründe umfassen muss. Einzelanträge für einzelne mit Kapitalertragsteuer belastete Erträge oder für mehrere steuerbefreite Anleger sind ausgeschlossen. Die Erstattung erfolgt im Rahmen eines einheitlichen Bescheides für das gesamte Geschäftsjahr.

b. Antragsfrist

11.10 Die Frist für die Antragstellung beträgt zwei Jahre nach Ablauf des Geschäftsjahres (Ausschlussfrist). Die Antragsfrist verlängert sich entsprechend, wenn das Verwaltungsverfahren nach Zugang des Antrags auf Erteilung einer Statusbescheinigung oder auf Ausstellung einer Befreiungsbescheinigung mehr als sechs Monate beträgt.

11.11 Innerhalb der in § 11 Absatz 2 InvStG genannten Antragsfrist sind alle unter Rz. 11.3 und 11.4 oder Rz. 11.6 aufgeführten Antragsunterlagen einzureichen. Die nach § 11 Absatz 1 Satz 2 und 3 InvStG erforderlichen Nachweise können schriftlich oder elektronisch übermittelt werden.

12. Leistungspflicht gegenüber steuerbegünstigten Anlegern (§ 12 InvStG)

12.1. Auszahlung von Befreiungsbeträgen an steuerbegünstigte Anleger (§ 12 Absatz 1 InvStG)

12.1 Der Investmentfonds hat seinen nach § 8 Absatz 1 (Rzn. 8.6 ff.) oder Absatz 2 InvStG (Rzn. 8.13 ff.) steuerbegünstigten Anlegern einen Betrag in Höhe der nicht erhobenen und der erstatteten Steuer auszuzahlen (Befreiungsbetrag). Die Auszahlung nach § 12 Absatz 1 InvStG ist auf Anlegerebene nicht zu versteuern.

12.2 Die nach den §§ 8 und 10 InvStG nicht erhobene Steuer auf dem Investmentfonds zuzurechnende Einkünfte ist eine fiktive Größe. Es handelt sich um die hypothetischen Steuerbeträge, die bei unterstellter Steuerpflicht des Investmentfonds anteilig auf die steuerbegünstigten Anteile entfallen würden. Diese Beträge sind bei der Besteuerung von inländischen Immobilienerträgen i. S. d. § 6 Absatz 4 InvStG und sonstigen inländischen Einkünften ohne Steuerabzug i. S. d. § 6 Absatz 5 InvStG im Veranlagungsverfahren zu ermitteln. Wenn der Investmentfonds nur Einkünfte erzielt, bei denen in zutreffender Höhe ein Steuerabzug vorgenommen wurde, ist kein Veranlagungsverfahren durchzuführen (Rzn. 6.22, 6.35 und 6.52). In diesem Fall hat der Investmentfonds selbst zu ermitteln, in welchem betragsmäßigen Umfang nach § 10 Absatz 5 InvStG vom Steuerabzug Abstand genommen wurde.

12.3 Eine mit dem Anleger vereinbarte Wiederanlage des Befreiungsbetrags gegen Ausgabe neuer Investmentanteile ist eine Auszahlung i. S. d. § 12 Absatz 1 InvStG.

12.4 Ist ein Investmentfonds oder eine Anteilklasse nach § 10 Absatz 1 oder 2 InvStG steuerbefreit, wird es nicht beanstandet, wenn der Investmentfonds im Einvernehmen mit den Anlegern auf die Auszahlung des Befreiungsbetrags verzichtet und dieser – ohne Ausgabe neuer Investmentanteile – dem Fondsvermögen zugeführt wird. Hat ein Investmentfonds oder eine Anteilklasse sowohl steuerbegünstige Anleger nach § 8 Absatz 1 als auch nach Absatz 2 InvStG gilt diese Nichtbeanstandungsregelung ausschließlich für nach § 7 Absatz 5 Satz 1 InvStG erstattete Steuerbeträge und Steuern auf nach § 10 Absatz 2 InvStG steuerbefreite Erträge. Im Übrigen sind die Befreiungsbeträge an die steuerbegünstigten Anleger i. S. d. § 8 Absatz 1 InvStG auszuzahlen.

12.5 Bei den Befreiungsbeträgen handelt es sich bei steuerbegünstigten Anlegern um Mittel, die nach § 55 Absatz 1 Nummer 5 AO grundsätzlich zeitnah zu verwenden sind.

12.2. Behandlung der ausgezahlten Befreiungsbeträge bei Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen (§ 12 Absatz 2 InvStG)

12.6 Zahlt der Investmentfonds Befreiungsbeträge zu Gunsten von nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 InvStG steuerbefreiten Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen aus, haben die Anbieter der Altersvorsorge- und Basisrentenverträge nach § 12 Absatz 2 Satz 1 InvStG die erhaltenen Befreiungsbeträge wieder anzulegen (z. B. durch Erwerb neuer Investmentanteile). Die zur Wiederanlage zu verwendenden Befreiungsbeträge hat der Anbieter gemäß § 12 Absatz 2 Satz 3 InvStG nach dem Bestand der den einzelnen Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen zuzurechnenden Investmentanteile am auszahlenden Investmentfonds am Stichtag quotal zuzuordnen. Stichtag ist nach § 12 Absatz 2 Satz 2 InvStG der Zeitpunkt des Zuflusses des Befreiungsbetrags beim Anbieter der Verträge.

13. und 14. (einstweilen frei)

15. Gewerbesteuer (§ 15 InvStG)

15.1. Fiktiver Gewerbebetrieb (§ 15 Absatz 1 InvStG)

15.1 Nach § 15 Absatz 1 InvStG gelten Investmentfonds als sonstige juristische Personen des privaten Rechts nach § 2 Absatz 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Die Tätigkeit gilt als Gewerbebetrieb aufgrund gesetzlicher Fiktion, soweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird. Dies gilt unabhängig von der Rechtsform des Investmentfonds.

15.2. Gewerbesteuerbefreiung (§ 15 Absatz 2 InvStG)

15.2 Ein Investmentfonds ist von der Gewerbesteuer befreit (§ 15 Absatz 2 InvStG), wenn

a. Objektiver Geschäftszweck (§ 15 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 InvStG)

15.3 Mit dem Begriff des objektiven Geschäftszwecks ist gemeint, dass es nicht nur auf die subjektive Zweckbestimmung ankommt, die sich insbesondere aus den Anlagebedingungen des Investmentfonds, seiner Satzung, seinem Gesellschaftsvertrag oder seinen vergleichbaren konstituierenden Dokumenten ergibt, sondern dass auch die tatsächlich durchgeführten Geschäfte maßgebend sind. Es müssen damit sowohl subjektive als auch objektive Merkmale für eine Vermögensverwaltung sprechen, d. h. der Geschäftszweck muss auch in tatsächlicher Hinsicht auf das Ziehen von Nutzungen aus den angeschafften Vermögensgegenständen beschränkt sein.

15.4 Von einer Verwaltung für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger ist auch dann auszugehen, wenn der Investmentfonds nur einen Anleger hat oder die Zahl der Anleger in den Anlagebedingungen auf eine Person beschränkt ist.

15.5 Der objektive Geschäftszweck eines Investmentfonds muss auf die Anlage und Verwaltung seiner Mittel beschränkt sein. Ein Immobilienfonds, der in die nach § 231 KAGB zulässigen Vermögensgegenstände investiert mit der Absicht, regelmäßig Mieterträge aus direkt und indirekt gehaltenen Immobilien zu erzielen, Erträge auch in Form von Dividenden und Zinsen zu erzielen sowie einen Wertzuwachs der Immobilie anstrebt, erfüllt § 15 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 InvStG.

15.6 Zudem muss eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände ausgeschlossen sein (§ 15 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 InvStG).

b. Keine aktive unternehmerische Bewirtschaftung (§ 15 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 InvStG)

15.7 Investmentfonds sind nur dann von der Gewerbesteuer befreit, wenn sie ihre Vermögensgegenstände nicht in wesentlichem Umfang aktiv unternehmerisch bewirtschaften. Der Ausschluss einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung ist insbesondere darauf gerichtet, dass der Verwalter eines Investmentfonds nicht in das operative Geschäft von Unternehmen eingreift, an denen der Investmentfonds Anteile hält. Bei derartigen Eingriffen handelt es sich um unternehmerisches Handeln, das eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung indiziert.

15.8 Die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung einer gewerblichen von einer vermögensverwaltenden Tätigkeit, die durch die Rechtsprechung und die Finanzverwaltung entwickelt wurden, sind bei der Beurteilung einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände von Investmentfonds nicht unmittelbar anwendbar. Sofern sich jedoch aus den allgemeinen Grundsätzen ergibt, dass eine Tätigkeit vermögensverwaltenden und keinen gewerblichen Charakter hat, dann liegt auch keine aktive unternehmerische Bewirtschaftung vor. Umgekehrt ist trotz Vorliegens von Merkmalen einer gewerblichen Tätigkeit unter Berücksichtigung der Besonderheit der Investmentanlage zu prüfen, ob darin auch eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung i. S. d. § 15 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 InvStG zu sehen ist.

15.9 Die professionelle, standardisierte, kollektive Verwaltung eines Vermögens für die Anleger stellt die Aufgabe und das Wesensmerkmal eines Investmentfonds dar. Hierbei ist die berufliche Expertise des Verwalters immanenter Bestandteil der Vermögensverwaltung im Rahmen der Investmentanlage und kein Merkmal für eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände. Auch der wert- und zahlenmäßige Umfang der Geschäfte eines Investmentfonds stellt im Grundsatz kein Indiz für eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung dar. Anders ist dies jedoch, wenn bei Beachtung der Eigenheit des verwalteten Vermögens Art und Umfang der Umschichtung der Vermögensgegenstände den Rahmen einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung erreichen.

15.10 Alle Tätigkeiten, die einem OGAW (Rz. 1.15) erlaubt sind, werden nicht als aktive unternehmerische Bewirtschaftung betrachtet.

aa. Wertpapiergeschäfte

15.11 Die Umschichtung von Wertpapieren – selbst in erheblichen Umfang – gehört regelmäßig noch zur Vermögensverwaltung. Danach ist der bloße – auch kurzfristige – Umschlag von Wertpapieren als Vermögensverwaltung zu betrachten. Dies gilt erst recht im Rahmen der Investmentanlage, so dass die Häufigkeit der Umschichtung kein Merkmal einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung darstellt.

15.12 Von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung ist jedoch auszugehen, wenn Umschichtungen im Rahmen des Hochfrequenzhandels (§ 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 4 Buchstabe d KWG) als Geschäftsfeld eines Investmentfonds erfolgen oder wenn die wesentliche Anlagestrategie des Investmentfonds auf die kurzfristige Ausnutzung von Preisunterschieden an verschiedenen Börsenplätzen ausgerichtet ist. Ein Kriterium für die Wesentlichkeit kann in diesem Zusammenhang die Anzahl der durchgeführten Transaktionen darstellen.

15.13 Umschichtungen, die weder im Rahmen des Hochfrequenzhandels noch im Rahmen der wesentlichen Anlagestrategie zur kurzfristigen Ausnutzung von Preisunterschieden an verschiedenen Börsenplätzen getätigt werden, führen nicht zu einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung.

bb Unternehmensbeteiligungen

15.14 Es ist regelmäßig von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung auszugehen, wenn ein Investmentfonds sich selbst oder über verbundene Dritte am aktiven Management von Portfolio-Gesellschaften beteiligt (zur Abgrenzung der Vermögensverwaltung von einer gewerblichen Tätigkeit , BStBl 2001 II S. 809). Weiterhin kann eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung vorliegen, wenn eine rechtliche oder faktische Weisungsbefugnis gegenüber Zielunternehmen besteht, die selbst operativ tätig sind. Die Wahrnehmung von Aufsichtsratsfunktionen in den gesellschaftlichen Gremien der Portfolio-Gesellschaften und die Wahrnehmung von Gesellschafterrechten sind dagegen unschädlich. Die Regelungen dieser Randziffer sind nicht auf Immobilien-Gesellschaften anwendbar.

cc. Immobilien-Gesellschaften

15.15 § 15 Absatz 2 Satz 2 InvStG enthält eine Ausnahme für Immobilienfonds. Bei Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften führt eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung nicht zur Gewerbesteuerpflicht. Diese Ausnahme berücksichtigt, dass es bei Immobilienfonds aufsichtsrechtlich zulässig und üblich ist, dass sie ihre Immobilien mittelbar über Immobilien-Gesellschaften halten.

Auf eine etwaige Gewerbesteuerpflicht der Immobilien-Gesellschaft selbst (z. B. wenn diese als GmbH oder GmbH & Co. KG betrieben wird), hat § 15 Absatz 2 Satz 2 InvStG keinen Einfluss. Wenn Investmentfonds gewerbliche Tätigkeiten wie beispielsweise das Betreiben von energieerzeugenden Anlagen in Immobilien-Gesellschaften auslagern, kann dies zur Gewerbesteuerpflicht der Immobilien-Gesellschaft aber nicht des Investmentfonds führen.

c. Einzelfragen im Rahmen der Vermietungstätigkeit

15.16 Eine Vermietungstätigkeit verlässt den Rahmen der passiven Vermögensverwaltung und ist als schädliche aktive unternehmerische Bewirtschaftung zu beurteilen, wenn sie den Charakter eines kurzfristigen Beherbergungsbetriebs annimmt oder die erbrachten Leistungen über die bei einer Vermietung üblichen Verwaltungs- und Unterhaltungsleistungen der Immobilien wesentlich hinausgehen.

15.17 Von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung ist allerdings regelmäßig nicht auszugehen bei

  • abgeschlossenen Mietverhältnissen (auch über möblierte Wohn- und Büroräume) mit einer vertraglichen Laufzeit von mindestens einem Monat.

  • Zusatzleistungen oder Nebenleistungen des Vermieters gegenüber dem Mieter. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn sie das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß überschreiten. Bei der Bestimmung des üblichen Maßes sind regionale und nationale Gepflogenheiten zu berücksichtigen, sofern sie von dem Investmentfonds nachgewiesen werden. Das übliche Maß wird insbesondere bei Annäherung an den für einen Hotelbetrieb typischen Leistungsrahmen (z. B. Übernahme des Wäscheservices, Reinigung der Mietflächen) oder bei Bereithalten von Büroflächen zur kurzfristigen Nutzung überschritten.

  • einer Reinigung der Gemeinschafts- und Außenflächen.

  • einer Vereinbarung von Umsatzmieten.

  • einem häufigen Mieterwechsel bei dem Grunde nach langfristig abgeschlossenen Mietverhältnissen.

  • Marketing-/Werbeleistungen, es sei denn, die vorgenommenen Werbemaßnahmen führen aufgrund ihres Umfangs und ihrer Qualität zur Gewerblichkeit.

  • geringfügigen Einnahmen aus Nebentätigkeiten, wie zum Beispiel der Energieerzeugung mittels Photovoltaikanlagen, Blockheizkraftwerken, Geothermieanlagen und vergleichbare Anlagen. Die Bagatellgrenze i. S. d. § 15 Absatz 3 InvStG ist hierbei zu beachten (Rz. 15.35). Sofern sich der Investmentfonds in Abwicklung befindet, bleibt ein Überschreiten der Bagatellgrenze i. S. d. § 15 Absatz 3 InvStG unschädlich.

  • kurzfristigen Vermietungen zur kurzzeitigen Überbrückung von Leerständen (regelmäßig maximaler Überbrückungszeitraum von einem Jahr).

d. Einzelfragen zur Veräußerung von Immobilien

15.18 Der Bereich der Vermögensverwaltung wird überschritten und eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung ist anzunehmen, wenn sich die Geschäftstätigkeit als Grundstückshandel darstellt. Dies ist der Fall, wenn eine Immobilie oder mehrere Immobilien bereits mit dem Ziel der kurzfristigen Weiterveräußerung erworben werden (Einzelobjektbetrachtung). Bei Veräußerungen von Immobilien, die ohne das Ziel der kurzfristigen Weiterveräußerung erworben wurden, darf der Umschlag von Immobilien nicht prägend für die Tätigkeit des Investmentfonds sein (Portfoliobetrachtung).

15.19 Unschädlich ist die kurzfristige Veräußerung von einzelnen Immobilien, die als Teil einer Vielzahl von Immobilien in einem einheitlichen Erwerbsvorgang angeschafft wurden (Portfolioerwerb), wenn die veräußerten Immobilien in der Gesamtschau des Portfolioerwerbs von untergeordneter Bedeutung sind. Von einer untergeordneten Bedeutung ist auszugehen, wenn die auf die veräußerten Immobilien entfallenden Anschaffungskosten weniger als 10 % der gesamten Anschaffungskosten des Portfolioerwerbs betragen.

15.20 Bei der Einzelobjekt- und Portfoliobetrachtung bleiben Immobilien unberücksichtigt, deren Verkauf zwingend erforderlich war, um dem Rückgabeverlangen von einem Anleger oder mehreren Anlegern nachkommen zu können, sowie Veräußerungen im Rahmen der Abwicklung eines Investmentfonds. Gleiches gilt auch für den planmäßigen Abverkauf der Immobilien eines Investmentfonds auf Grundlage eines tatsächlich durchgeführten Abwicklungsbeschlusses ohne vorherigen Übergang des Verwaltungsrechts auf die Verwahrstelle. Sollte der Abwicklungsbeschluss zurückgenommen, aufgehoben oder tatsächlich nicht durchgeführt werden, sind die Immobilien bei der Einzelobjekt- und Portfoliobetrachtung zu berücksichtigen.

aa. Einzelobjektbetrachtung

15.21 Für die Prüfung, ob ein als aktive unternehmerische Bewirtschaftung anzusehender Grundstückshandel vorliegt, ist unter dem Begriff der Immobilie jedes in einem Grundbuchblatt geführte Grundstück i. S. d. § 3 Absatz 1 Grundbuchordnung (GBO) zu verstehen. Wohnungen, an denen Sondereigentum besteht, stellen eigenständige Immobilien dar. Von diesem – nur für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „keine aktive unternehmerische Bewirtschaftung” geltenden – Immobilienbegriff bleibt insbesondere die Ermittlung des Veräußerungsgewinns i. S. d. § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG für selbständige Gebäudeteile unberührt.

15.22 Unschädlich, und damit kein Indiz für eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung, ist

  1. die Veräußerung einer Immobilie, an der Baumaßnahmen durchgeführt werden, deren Aufwand als Herstellungskosten zu qualifizieren ist, wenn

    • die Immobilie nach Abschluss einer solchen Baumaßnahme noch mindestens drei Jahre gehalten wird (Nachhaltefrist)

      oder

    • die Immobilie vor Beginn einer solchen Baumaßnahme mindestens drei Jahre gehalten wurde (Vorhaltefrist)

      oder

    • innerhalb der letzten drei Jahre vor Veräußerung der Immobilie die Kosten für die durchgeführten oder abgeschlossenen Baumaßnahmen 15 % des zuletzt festgestellten Verkehrswerts der Immobilie nicht übersteigen (15 %-Grenze),

    oder

  2. 15.23 die Konzeption oder die Entwicklung einer Immobilie, wenn die Absicht besteht, die Immobilie zu vermieten und im Bestand zu halten, um dauerhaft Erträge zu erwirtschaften. Hiervon ist auszugehen, wenn die Immobilie mindestens drei Jahre nach Fertigstellung gehalten wird (Neubau-Nachhaltefrist). Die Neubau-Nachhaltefrist ist grundsätzlich auch auf Baumaßnahmen im Zusammenhang mit Nutzungsänderungen von bestehenden Immobilien anwendbar, z. B. wenn eine Gewerbeimmobilie erworben und in ein Wohngebäude umgebaut wird. Bei bestehenden Immobilien liegt jedoch kein Indiz für eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung vor, wenn die Vorhaltefrist erreicht wird, oder wenn die 15 %-Grenze nicht überschritten wird,

    oder

  3. 15.24 der Abschluss eines Kaufvertrages über eine Immobilie, welche vom Verkäufer während oder nach Unterzeichnung des Kaufvertrages, aber vor dem wirtschaftlichen Übergang von Nutzen und Lasten entwickelt wird. Bei Weiterveräußerung einer solchen Immobilie ist jedoch die Neubau-Nachhaltefrist einzuhalten.

15.25 Für die Fristberechnung ist zur Ermittlung des Erwerbs- und des Veräußerungszeitpunkts auf den Zeitpunkt des Abschlusses des jeweiligen schuldrechtlichen Vertrags abzustellen. Bei einem Neubau ist als Erwerbszeitpunkt der Zeitpunkt der Fertigstellung anzusehen.

15.26 Eine Baumaßnahme ist mit dem Zeitpunkt ihrer Fertigstellung abgeschlossen. Fertigstellungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit i. S. d. § 72 Absatz 1 Satz 2 und 3 BewG. Bei einem einheitlich geplanten Bauvorhaben (Gesamtmaßnahme) stellen bauliche Änderungen an mehreren selbständig nutzbaren Teilflächen (Nutzungseinheiten) einer Immobilie gesonderte Baumaßnahmen dar, wenn sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten fertig gestellt werden. Die Nachhaltefrist beginnt mit Abschluss der letzten fertig gestellten Baumaßnahme. Die Vorhaltefrist muss vor Beginn der ersten Baumaßnahme erfüllt sein.

Für die 15 %-Grenze sind die Kosten aller innerhalb eines Dreijahreszeitraums vor der Veräußerung abgeschlossenen Baumaßnahmen aufzusummieren.

15.27 Beispiel:

Der Investmentfonds kauft am ein gemischt genutztes Gebäude (Geschäft und Mietwohnung). Anschließend wird eine umfangreiche Sanierung geplant und beschlossen. Die Gesamtmaßnahme setzt sich aus zwei Baumaßnahmen zusammen: Am wird der Umbau des Geschäfts (Baumaßnahme 1, Herstellungskosten = 20 % des Verkehrswertes des Gebäudes) begonnen und am abgeschlossen. Der Umbau der Mietwohnung (Baumaßnahme 2, Herstellungskosten = 10 % des Verkehrswertes des Gebäudes) wurde am begonnen und am fertiggestellt. Das Gebäude wird am veräußert.

Lösung:

Die Vorhaltefrist ist nicht erfüllt, da bereits am , also bereits ein halbes Jahr nach dem Erwerb des Gebäudes, mit der Baumaßnahme 1 begonnen wurde. Die Nachhaltefrist ist ebenfalls nicht erfüllt. Das Gebäude ist für die Zwecke der Fristberechnung als Einheit zu betrachten und nicht in die selbständigen Gebäudeteile Geschäft (Nutzung zu fremden betrieblichen Zwecken) und Mietwohnung (Nutzung zu fremden Wohnzwecken) zu unterteilen.

Die Baumaßnahme 1 erfolgt außerhalb des dreijährigen Betrachtungszeitraums (  –  ) für die 15 %-Grenze und bleibt daher unberücksichtigt.

Da die Kosten der Baumaßnahme 2 die 15 %-Grenze unterschreiten, ist die Veräußerung des Gebäudes – trotz Nichterfüllung der Nachhaltefrist und der Vorhaltefrist – unschädlich, d. h. die Veräußerung führt nicht zu der Annahme einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung.

15.28 Abwandlung:

Die Kosten der Baumaßnahme 1 haben einen Wert von 10 % und die Kosten der Baumaßnahme 2 einen Wert von 20 % des Verkehrswerts des Gebäudes.

Lösung:

Zusätzlich zur Nichterfüllung der Nachhaltefrist und der Vorhaltefrist überschreiten die Kosten der Baumaßnahme 2 die 15 %-Grenze. Dies stellt zusammengenommen ein Indiz für eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung dar.

Folgen der Begründung von Wohnungseigentum

15.29 Nach der Teilung einer Immobilie in selbständiges Wohneigentum führen die neuen Wohneinheiten den ursprünglichen Anschaffungszeitpunkt des Gebäudes durch den Investmentfonds fort, soweit kein Eigentümerwechsel hinsichtlich des Wohneigentums stattgefunden hat.

15.30 Beispiel:

Im Jahr 01 erwirbt ein Investmentfonds eine Immobilie (Wohngebäude mit 25 Wohnungen) und vermietet die Wohnungen. Aufgrund sehr guter Marktpreise entscheidet sich das Fondsmanagement, das Gebäude nach § 8 Wohnungseigentumsgesetz (WoEigG) in das Sondereigentum an 25 Eigentumswohnungen zu teilen und die fünf Eigentumswohnungen des oberen Stockwerkes zu verkaufen. Die Teilung erfolgt im Jahr 07. Anschließend werden an drei der zur Veräußerung bestimmten Eigentumswohnungen Baumaßnahmen (Herstellungskosten) im Umfang von 5 % des Verkehrswertes der jeweiligen Eigentumswohnung durchgeführt. Bei den anderen beiden Eigentumswohnungen erfolgt eine umfangreiche Sanierung und Hebung des Standards, so dass Herstellungskosten im Umfang von 40 % des Verkehrswertes der jeweiligen Eigentumswohnung anfallen. Alle Baumaßnahmen werden im Jahr 08 abgeschlossen (Fertigstellung) und die fünf Eigentumswohnungen im Jahr 09 verkauft.

15.31 Lösung:

Die Teilung führt mit der Schaffung von Sondereigentum nach § 8 Absatz 1 WoEigG zu 25 neuen Eigentumswohnungen. Diese 25 neuen Eigentumswohnungen sind für die Zwecke der Einzelobjekt- und der Portfoliobetrachtung eigenständig zu berücksichtigen.

Da die 25 neuen Eigentumswohnungen aus einer Bestandsimmobilie hervorgegangen sind und auch kein Eigentümerwechsel hinsichtlich der Eigentumswohnungen stattgefunden hat, wird die Haltezeit der Bestandsimmobilie (sechs Jahre vor dem Beginn der Bauarbeiten) den 25 neuen Eigentumswohnungen zugerechnet. Daher ist die mindestens dreijährige Vorhaltefrist erfüllt und es liegt keine aktive unternehmerische Bewirtschaftung vor.

15.29 Abwandlung:

Die Teilung nach § 8 Absatz 1 WoEigG erfolgt im Jahr 02. Anschließend werden noch im Jahr 02 die Baumaßnahmen begonnen und im Jahr 03 abgeschlossen. Im Jahr 04 werden die fünf Eigentumswohnungen verkauft.

Weder die Vorhaltefrist noch die Nachhaltefrist werden erfüllt. Bei drei Eigentumswohnungen mit Herstellungskosten i. H. v. 5 % des Verkehrswertes der jeweiligen Eigentumswohnung wird jedoch jeweils die 15 %-Grenze eingehalten. Dagegen überschreitet bei zwei Eigentumswohnungen der Umfang der Herstellungskosten (40 %) die 15 %-Grenze. Es liegt somit ein Indiz für eine nach § 15 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 InvStG schädliche aktive unternehmerische Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände vor.

bb. Portfoliobetrachtung

15.33 Wurde hinsichtlich jeder einzelnen Immobilie keine schädliche aktive unternehmerische Bewirtschaftung ausgeübt (Tz. 15.2. d. aa. (Rzn. 15.21 ff.)), ist im nächsten Prüfungsschritt bei Betrachtung des gesamten Portfolios nicht von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung auszugehen,

  • wenn die für den Veräußerungszeitpunkt ermittelten Verkehrswerte der verkauften Immobilien der letzten fünf Jahre 50 % des Verkehrswertes des durchschnittlichen Immobilienbestands desselben Zeitraums nicht übersteigen; sind seit Auflage des Investmentfonds weniger als fünf Jahre vergangen, ist dieser kürzere Zeitraum maßgebend, oder

  • wenn die durchschnittliche Haltedauer der in den letzten fünf Jahren veräußerten Immobilien mindestens fünf Jahre beträgt.

Die Fristenberechnung erfolgt nach Maßgabe der Rz. 15.25.

15.34 Der Verkehrswert des durchschnittlichen Immobilienbestands ist als Durchschnittswert aller von dem Investmentfonds im Fünfjahreszeitraum durchgeführten Immobilienbewertungen zu ermitteln. Es wird von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn dieser Durchschnittswert nicht ermittelt wird und stattdessen auf die Jahresendwerte in den letzten fünf Jahresberichten abgestellt wird. Dies gilt entsprechend für die Ermittlung des Verkehrswerts einer Immobilie zu deren Veräußerungszeitpunkt. Zeiträume, bevor ein Investmentfonds die erste Immobilie angeschafft hat (Anlaufphase), sind für die Ermittlung des Verkehrswertes des durchschnittlichen Immobilienbestandes nicht zu berücksichtigen.

15.3. Bagatellgrenze für Einnahmen aus aktiver unternehmerischer Bewirtschaftung (§ 15 Absatz 3 InvStG)

15.35 Nach § 15 Absatz 3 InvStG gelten die Voraussetzungen für eine Gewerbesteuerbefreiung als erfüllt, wenn der Anteil der im Inland oder Ausland erzielten Einnahmen aus aktiver unternehmerischer Bewirtschaftung in einem Geschäftsjahr weniger als 5 % der gesamten Einnahmen des Investmentfonds beträgt (Bagatellgrenze). Hinsichtlich des Begriffs der gesamten Einnahmen ist nicht nur auf die inländischen Einnahmen, sondern auf alle weltweit erzielten Einnahmen des Investmentfonds abzustellen. Mit Einnahmen sind die zugeflossenen Güter in Geld oder Geldeswert ohne Berücksichtigung von Werbungskosten gemeint.

15. 36 Die im (BStBl 2015 I S. 227) unter Tz. 4.a. enthaltene Geringfügigkeitsgrenze wurde mit Wirkung ab dem durch die Neuregelung in § 15 Absatz 3 InvStG ersetzt. Die Verwaltungsregelung der Tz. 4.a. zur Geringfügigkeitsgrenze ist daher für Einkünfte, die dem Investmentfonds ab dem zufließen, nicht mehr anzuwenden.

15.4. Begrenzung der Gewerbesteuerpflicht auf den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 15 Absatz 4 InvStG)
a. Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb

15.37 Die gewerbliche Tätigkeit des Investmentfonds bildet einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Damit wird die gewerbliche Tätigkeit – ähnlich wie in § 2 Absatz 3 GewStG – gesondert von der übrigen Tätigkeit des Investmentfonds betrachtet. Die vermögensverwaltenden Tätigkeiten bleiben gewerbesteuerfrei. Insbesondere bleiben die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einer Immobilie gewerbesteuerfrei, wenn der Immobilienfonds außerdem Einkünfte aus gewerblichen Nebentätigkeiten (z. B. Betrieb einer Photovoltaikanlage) im Zusammenhang mit der Immobilie erzielt. Damit unterliegen nur die Einkünfte aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Gewerbesteuer und nicht die gesamten körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte des Investmentfonds i. S. d. § 6 Absatz 2 InvStG.

aa. Gewerbliche Tätigkeit

15.38 Nur solche Tätigkeiten, die eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung darstellen und nicht unter die Ausnahmeregelung für Immobilienfonds fallen, stellen eine gewerbliche Tätigkeit i. S. d. § 15 Absatz 4 Satz 1 InvStG dar. Maßgebend ist nicht die allgemeine Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Gewerblichkeit, sondern ein engerer Gewerblichkeitsbegriff unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Investmentanlage. Wenn beispielsweise ein Investmentfonds Immobilien veräußert und diese Veräußerungen die Grenze eines gewerblichen Grundstückshandels überschreiten, aber keine aktive unternehmerische Bewirtschaftung darstellen, dann handelt es sich nicht um eine gewerbliche Tätigkeit i. S. d. § 15 Absatz 4 Satz 1 InvStG.

bb. Beteiligung an gewerblichen Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften)

15.39 Bei einer Beteiligung eines Investmentfonds an einer originär gewerblichen oder nach § 15 Absatz 3 Nummer 1 EStG gewerblich infizierten Personengesellschaft liegt keine aktive unternehmerische Bewirtschaftung vor, wenn lediglich Beratungs- oder Kontrollfunktionen (z. B. Entsendung von Vertretern der Kapitalverwaltungsgesellschaft in ein Aufsichtsgremium), Kommanditistenrechte oder sonstige Verwaltungsrechte ausgeübt werden. Greifen die Vertreter des Investmentfonds jedoch in die unternehmerischen Entscheidungen der Mitunternehmerschaft ein, liegt eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung vor und es ist auf Fondsebene von gewerbesteuerpflichtigen Einkünften auszugehen. Die Regelungen dieser Randziffer gelten nicht für Immobilien-Gesellschaften.

15.40 Der Gewerbeertrag des Investmentfonds ist nach § 9 Nummer 2 GewStG um die gewerblichen Einkünfte aus einer Mitunternehmerschaft zu kürzen. Die Einkünfte unterliegen aber als sonstige inländische Einkünfte nach § 6 Absatz 5 Nummer 1 InvStG der Körperschaftsteuer.

15.41 Die Gewerbesteuerpflicht der Mitunternehmerschaft bleibt von § 15 InvStG unberührt, d. h., die Gewinne sind bei der Mitunternehmerschaft – unabhängig von dem Maß und der Qualität der Entscheidungen durch den Investmentfonds – gewerbesteuerpflichtig.

15.42 Die Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft i. S. d. § 15 Absatz 3 Nummer 2 EStG stellt keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar (, BStBl 2011 II S. 858).

cc. Inländische Betriebsstätte

15.43 Der Gewerbesteuer unterliegt der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb, soweit er im Inland betrieben wird (§ 2 Absatz 3 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 GewStG). Dies setzt eine inländische Betriebsstätte voraus (§ 2 Absatz 1 Satz 3 GewStG i. V. m. § 12 AO). Werden Vermögensgegenstände im Ausland aktiv unternehmerisch bewirtschaftet (z. B. ein Immobilienfonds besitzt einen Hotelbetrieb in Indonesien), dann fehlt es in der Regel an einer inländischen Betriebsstätte. Auch wenn eine inländische Betriebsstätte vorliegt, unterliegt der auf nicht im Inland belegene Betriebsstätten entfallende Teil des Gewerbeertrags nicht der Gewerbesteuer (§ 9 Nummer 3 GewStG).

b. Ermittlung des Gewinns des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs

15.44 Nach § 15 Absatz 4 Satz 2 InvStG ist der Gewinn des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs eines Investmentfonds in Form einer Einnahmenüberschussrechnung i. S. d. § 4 Absatz 3 EStG zu ermitteln. Durch die eigenständige Gewinnermittlungsnorm sind Bilanzierungsregelungen nicht anzuwenden. Dahinter steht die Erwägung, dass Investmentfonds in der Regel Vermögensverwaltung betreiben und es nur in Ausnahmefällen zu einer Gewerbesteuerpflicht kommen kann.

c. Ermittlung des Gewerbeertrags

15.45 Der Gewinn des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs des Investmentfonds ist als Gewinn nach § 7 Satz 1 GewStG anzusehen. Wie ansonsten auch, ermittelt sich der Gewerbeertrag nach § 7 Satz 1 GewStG anhand des Gewinns aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Investmentfonds unter weiterer Berücksichtigung der §§ 8 bis 9 GewStG.

15.46 Gewinnermittlungszeitraum ist grundsätzlich der Erhebungszeitraum (§ 14 Satz 2 und 3 GewStG). Die Regelungen in Rz. 6.43 zu einem vom Kalenderjahr abweichenden Geschäftsjahr gelten entsprechend.

16. Investmenterträge (§ 16 InvStG)

16.1. Ertragsarten (§ 16 Absatz 1 InvStG)
a. Einkünftezuordnung bei Investmenterträgen

16.1 Investmenterträge nach § 16 Absatz 1 InvStG sind die Ausschüttungen des Investmentfonds nach § 2 Absatz 11 InvStG, die Vorabpauschalen nach § 18 InvStG und die Gewinne aus der Veräußerung von Investmentanteilen nach § 19 InvStG.

16.2 Zu den Investmenterträgen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile nach § 20 Absatz 3 i. V. m. Absatz 1 Nummer 3 EStG, die neben den Investmenterträgen oder an deren Stelle gewährt werden. Darunter fallen insbesondere Schadensersatz- oder Kulanzzahlungen, die Anleger als Ausgleich für Verluste erhalten, die aufgrund von Beratungsfehlern im Zusammenhang mit der Anlage in Investmentanteilen entstanden sind (Rz. 83 des (BStBl 2016 I S. 85), zuletzt geändert durch BMF-Schreiben vom 2016  (BStBl 2019 I S. 51)). Weiterhin fallen darunter Bestandsprovisionen, die Kreditinstitute gegenüber den Anlegern erstattet haben (Rz. 84 des BMF-Schreibens vom 2019  (BStBl. 2016 I S. 85), zuletzt geändert durch (BStBl 2019 I S. 51)). Soweit die besonderen Entgelte und Vorteile im Zusammenhang mit Aktien-, Misch- oder Immobilienfonds stehen, ist die Teilfreistellung anwendbar.

16.3 Die Investmenterträge werden im Einkommensteuergesetz den Einkünften i. S. d. § 20 Absatz 1 Nummer 3 EStG zugeordnet, soweit sie nicht nach § 20 Absatz 8 EStG einer anderen Einkunftsart zugehören. Investmenterträge von betrieblichen Anlegern gehören demnach zu den gewerblichen Einkünften i. S. d. § 15 EStG oder gegebenenfalls zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 13 EStG oder zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit i. S. d. § 18 EStG.

b. Steuerabzug und Abstandnahme bei Investmenterträgen

16.4 Die Ausschüttungen (§ 16 Absatz 1 Nummer 1 InvStG) und die Vorabpauschalen (§ 16 Absatz 1 Nummer 2 InvStG) unterliegen einem Steuerabzug nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 EStG. Die Gewinne aus der Veräußerung von Investmentanteilen (§ 16 Absatz 1 Nummer 3 InvStG) unterliegen einem Steuerabzug nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 9 EStG.

16.5 Nach § 44 Absatz 1 Satz 3 EStG hat diejenige Stelle einen Abzug der Kapitalertragsteuer vorzunehmen, die die Investmenterträge an den Anleger auszahlt. Die auszahlende Stelle ist nach § 44 Absatz 1 Satz 4 Nummer 1 und 4 i. V. m. § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 und 9 EStG das inländische Kreditinstitut, das inländische Finanzdienstleistungsinstitut, das inländische Wertpapierhandelsunternehmen oder die inländische Wertpapierhandelsbank, das bzw. die die Investmentanteile verwahrt oder verwaltet oder deren Veräußerung durchführt und die Investmenterträge auszahlt oder gutschreibt. Ein inländisches Kreditinstitut ist nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b Satz 2 EStG auch die inländische Zweigstelle oder Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens i. S. d. §§ 53 und 53b KWG.

16.6 Eine inländische Kapitalverwaltungsgesellschaft erbringt mit der nach § 20 Absatz 2 Nummer 3 und Absatz 3 Nummer 4 KAGB erlaubten Verwahrung und Verwaltung von Investmentanteilen für andere (Depotgeschäft) ein Bankgeschäft i. S. d. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 KWG. Die Bereichsausnahme nach § 2 Absatz 1 Nummer 3b KWG, nach der Kapitalverwaltungsgesellschaften und extern verwaltete Investmentgesellschaften nicht als Kreditinstitute gelten, erfasst nur deren übrige Tätigkeit. Soweit die inländischen Kapitalverwaltungsgesellschaften Depotgeschäfte ausüben, sind sie originäre Kreditinstitute i. S. d. § 1 Absatz 1 Satz 1 KWG und infolgedessen zum Abzug der Kapitalertragsteuer verpflichtet. Das Gleiche gilt nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b Satz 2 EStG auch für inländische Zweigstellen oder Zweigniederlassungen von ausländischen Kapitalverwaltungsgesellschaften.

16.7 Vom Steuerabzug auf Investmenterträge ist insbesondere Abstand zu nehmen, wenn dem Entrichtungspflichtigen eine NV-Bescheinigung nach § 44a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 EStG (NV-Art 01), nach § 44a Absatz 4 Satz 3 EStG (NV-Art 02), nach § 44a Absatz 5 Satz 4 EStG (NV-Art 08) nach R 24 Absatz 2 KStR 2015 (NV-Art 09) oder eine Statusbescheinigung nach § 7 Absatz 3 Satz 1 InvStG vorgelegt wird. Bis einschließlich ist auch bei Vorlage einer NV-Bescheinigung nach § 11 Absatz 2 des Investmentsteuergesetzes in der am geltenden Fassung – InvStG 2004 – (NV-Art 05) vom Steuerabzug Abstand zu nehmen (Rz. 7.9). Da die Gläubiger i. S. d. § 44a Absatz 7 Satz 1 EStG und die Gläubiger i. S. d. § 44a Absatz 8 Satz 1 EStG auch die Voraussetzungen eines Gläubigers i. S. d. § 44a Absatz 4 Satz 1 EStG erfüllen, ist bei Vorlage einer NV-Bescheinigung nach § 44a Absatz 7 Satz 2 EStG (NV-Art 03) oder nach § 44a Absatz 8 Satz 2 EStG (NV-Art 04) vom Steuerabzug Abstand zu nehmen.

16.8 Weiterhin ist bei unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Anlegern unter den Voraussetzungen des § 43 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 EStG und bei betrieblichen Anlegern unter den Voraussetzungen des § 43 Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 EStG vom Steuerabzug auf die Gewinne aus der Veräußerung von Investmentanteilen Abstand zunehmen.

16.2. Kein Ansatz von Investmenterträgen und der Vorabpauschale (§ 16 Absatz 2 InvStG)
a. Zertifizierte Altersvorsorge- und Basisrentenverträge

16.9 Werden Investmentanteile im Rahmen von nach § 5 oder § 5a AltZertG zertifizierten Altersvorsorge- oder Basisrentenverträgen gehalten, sind keine Investmenterträge anzusetzen. Zertifizierte Altersvorsorgeverträge unterliegen einer nachgelagerten Besteuerung nach § 22 Nummer 5 EStG. Bei zertifizierten Basisrentenverträgen richtet sich die nachgelagerte Besteuerung nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG.

b. Betriebliche und private Altersvorsorge

16.10 § 16 Absatz 2 Satz 2 InvStG befreit Einrichtungen der betrieblichen oder der privaten Altersvorsorge von der Besteuerung der Vorabpauschale. Die Befreiung ist nur anwendbar, wenn der Anleger unmittelbar oder mittelbar über eine Personengesellschaft Investmentanteile hält. Dagegen ist sie nicht anwendbar, soweit ein Anleger Spezial-Investmentanteile hält und der Spezial-Investmentfonds seinerseits Investmentanteile hält.

16.11 Da nicht nur geklärt werden muss, ob eine potentielle Altersvorsorgeeinrichtung vorliegt, sondern auch zu prüfen ist, ob die betreffenden Investmentanteile tatsächlich für Zwecke der Altersvorsorge gehalten werden, wird die Steuerbefreiung nach § 16 Absatz 2 Satz 2 InvStG nicht im Steuerabzugsverfahren, sondern erst im Rahmen der Veranlagung gewährt. Die Entrichtungspflichtigen haben gegenüber Anlegern i. S. d. § 16 Absatz 2 Satz 2 InvStG einen Steuerabzug vorzunehmen, es sei denn, es liegen für die betreffenden Anleger NV-Bescheinigungen oder andere Rechtsgründe für eine Abstandnahme vor.

Zur Berücksichtigung der Vorabpauschale bei der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung von Investmentanteilen siehe Rzn. 19.4 ff.

16.12 Unter Nummer 1 des § 16 Absatz 2 Satz 2 InvStG fallen alle Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge. Dies bedeutet, die Vorabpauschale wird insbesondere nicht bei folgenden Einrichtungen angesetzt:

  • Pensionsfonds,

  • Pensionskassen,

  • Unterstützungskassen,

  • Pensionstreuhändern und Pensionstreugebern (Contractual Trust Arrangement – CTA –) und

  • Pensions-Sicherungs-Vereinen auf Gegenseitigkeit (PSVaG) i. S. d. § 5 Absatz 1 Nummer 15 KStG.

16.13 Ebenfalls keine Vorabpauschale fällt an, wenn

  • Arbeitgeber Investmentanteile zur Abdeckung von Verpflichtungen aus einer Direktzusage halten oder

  • die von Versicherungsunternehmen gehaltenen Investmentanteile der Sicherung von Verpflichtungen aus einer Direktversicherung dienen.

16.14 Nummer 2 des § 16 Absatz 2 Satz 2 InvStG befreit Versicherungsunternehmen von der Vorabpauschale, wenn die Investmentanteile zur Sicherung von Verpflichtungen aus klassischen Lebensversicherungsprodukten i. S. d. § 20 Absatz 1 Nummer 6 Satz 1 und 4 EStG (Kapital- und Rentenversicherungen) eingesetzt werden. Außerdem ist keine Vorabpauschale anzusetzen, wenn die Investmentanteile zur Sicherung von Verpflichtungen aus fondsgebundenen Lebensversicherungen i. S. d. § 20 Absatz 1 Nummer 6 Satz 4 EStG gehalten werden. Dies gilt auch für Investmentanteile, die im Vorstock (Rz. 8.12) gehalten werden. Nicht befreit sind Versicherungsunternehmen, soweit sie Investmentanteile zur Abdeckung von Risiken aus nicht genannten Versicherungstypen halten (z. B. im Rahmen von Risikoversicherungen).

16.15 Von Nummer 3 des § 16 Absatz 2 Satz 2 InvStG werden die Fälle erfasst, in denen Kranken- oder Pflegeversicherungsunternehmen Investmentanteile zur Sicherung von Alterungsrückstellungen einsetzen.

16.3. Ausschluss des § 3 Nummer 40 EStG und des § 8b KStG (§ 16 Absatz 3 InvStG)

16.16 Nach § 16 Absatz 3 InvStG sind § 3 Nummer 40 EStG und § 8b KStG auf Investmenterträge nicht anzuwenden. Damit wird klargestellt, dass auch bei Investmenterträgen aus einem Investmentfonds in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft keine Beteiligungseinkünfte i. S. d. § 3 Nummer 40 EStG und § 8b KStG vorliegen. Auf Investmenterträge ist daher ausschließlich das Teilfreistellungsverfahren nach § 20 InvStG anwendbar. Die Regelung des § 16 Absatz 3 InvStG hat nur deklaratorischen Charakter, weil durch die Qualifikation der Investmenterträge als Kapitaleinkünfte nach § 20 Absatz 1 Nummer 3 EStG ohnehin § 3 Nummer 40 EStG und § 8b KStG nicht anwendbar sind.

16.4. Anwendbarkeit einer DBA-Freistellung (§ 16 Absatz 4 InvStG)

16.17 § 16 Absatz 4 InvStG macht eine Freistellung aufgrund eines DBA von bestimmten Voraussetzungen abhängig. Diese Regelungen sind nur im Veranlagungsverfahren und nicht im Steuerabzugsverfahren anzuwenden.

a. Begrenzung einer DBA-Freistellung auf einen nicht von der Ertragsbesteuerung befreiten Investmentfonds (§ 16 Absatz 4 Satz 1 InvStG)

16.18 Nach § 16 Absatz 4 Satz 1 InvStG wird die Ausschüttung eines Investmentfonds, die aufgrund eines DBA von der Besteuerung freizustellen wäre, nur unter den nachfolgend erläuterten Voraussetzungen freigestellt. Hierdurch soll die zweckwidrige Nutzung von Abkommensvorteilen und insbesondere das Erzeugen von gänzlich unversteuerten Ausschüttungen (sog. weiße Einkünfte) verhindert werden.

16.19 § 16 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 InvStG setzt voraus, dass der ausschüttende Investmentfonds in seinem Ansässigkeitsstaat der allgemeinen Ertragsbesteuerung unterliegt. Was unter dem Begriff der allgemeinen Ertragsbesteuerung zu verstehen ist, wird in § 16 Absatz 4 Satz 3 InvStG (Rz. 16.22) definiert.

16.20 Nach § 16 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 InvStG muss die Ausschüttung zu mehr als 50 % auf nicht steuerbefreiten Einkünften des Investmentfonds beruhen. Mit dieser Anforderung werden beispielsweise Fälle erfasst, in denen der Investmentfonds eine sachliche Steuerbefreiung einzelner Ertragsarten in Anspruch nehmen kann oder ausgeschüttete Erträge von der steuerlichen Bemessungsgrundlage des Investmentfonds ausgenommen werden. Dagegen erfolgt keine Durchschau durch den Investmentfonds auf etwaige steuerliche Vorbelastungen auf Ebene von Portfolio-Unternehmen, da dies dem Vereinfachungszweck und der Grundkonzeption der Besteuerungsvorschriften für Investmentfonds widersprechen würde.

b. Null-Quellensteuersatz im DBA (§ 16 Absatz 4 Satz 2 InvStG)

16.21 § 16 Absatz 4 Satz 2 InvStG stellt klar, dass die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des § 16 Absatz 4 Satz 1 InvStG auch dann anzuwenden sind, wenn dem Staat, in dem der Investmentfonds ansässig ist, bezüglich der Ausschüttung durch das DBA nur ein Quellensteuerhöchstsatz von 0 % zugestanden wird.

c. Definition der allgemeinen Ertragsbesteuerung (§ 16 Absatz 4 Satz 3 InvStG)

16.22 In § 16 Absatz 4 Satz 3 InvStG wird der Begriff der allgemeinen Ertragsbesteuerung definiert. Diese setzt voraus, dass der Investmentfonds einer nominellen Steuerbelastung i. H. v. mindestens 10 % unterliegt und dass der Investmentfonds nicht persönlich von der Steuer befreit ist. Eine sachliche Steuerbefreiung von einzelnen Einkunftsarten (z. B. von Beteiligungseinkünften) ist dagegen grundsätzlich unschädlich. Eine allgemeine Ertragsbesteuerung liegt jedoch dann nicht vor, wenn alle oder fast alle Einkunftsarten eines Investmentfonds sachlich steuerbefreit sind.

17. Erträge bei Abwicklung eines Investmentfonds (§ 17 InvStG)

17.1. Besteuerung des Wertzuwachses (§ 17 Absatz 1 InvStG)

17.1 Nach § 17 Absatz 1 Satz 1 InvStG ist nur der in den Ausschüttungen eines Kalenderjahres enthaltene Wertzuwachs zu versteuern. Um diesen steuerpflichtigen Anteil der Ausschüttungen zu ermitteln, ist zunächst die Summe aller Ausschüttungen und des Rücknahmepreises am Ende des Kalenderjahres zu bestimmen. Steuerpflichtig ist nur der Mehrbetrag, um den die ermittelte Summe den Rücknahmepreis am Anfang des Kalenderjahres übersteigt. Ein Beispiel zur Abgrenzung zwischen dem steuerpflichtigen und dem steuerneutralen Teil einer Ausschüttung (Kapitalrückzahlung) findet sich unter Rz. 308a des durch das (BStBl 2017 I S. 739) ergänzten (BStBl 2017 I S. 85).

17.2 Nach § 44b Absatz 1 EStG ist die auf Ausschüttungen eines Investmentfonds in dessen Abwicklungsphase erhobene Kapitalertragsteuer zu erstatten, soweit die Ausschüttungen steuerneutrale Kapitalrückzahlungen darstellen. Die auszahlende Stelle i. S. d. § 44 Absatz 1 Satz 3 und 4 i. V. m. § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 EStG (in der Regel das depotführende Kreditinstitut des Inhabers der Investmentanteile) hat die Erstattung vorzunehmen.

17.3 § 17 Absatz 1 Satz 4 InvStG begrenzt die Möglichkeit zu steuerneutralen Kapitalrückzahlungen innerhalb einer Abwicklungsphase auf einen maximalen Zeitraum von fünf Kalenderjahren nach dem Kalenderjahr, in dem die Abwicklung beginnt. Wenn die Abwicklung z. B. am beginnt, dann beginnt der Fünfjahreszeitraum erst ab dem und endet am .

17.2. Abwicklungsbeginn (§ 17 Absatz 2 InvStG)

17.4 Bei inländischen Investmentfonds gilt nach § 17 Absatz 2 Satz 1 InvStG die Abwicklung in dem Zeitpunkt als begonnen, in dem das Verwaltungsrecht der Kapitalverwaltungsgesellschaft erlischt. Dies ist beispielsweise bei Sondervermögen der Zeitpunkt nach § 100 KAGB. Dies ist in der Regel gleichzeitig der Zeitpunkt, in dem entweder das Eigentum an den Vermögensgegenständen oder die Verfügungsbefugnis von der Kapitalverwaltungsgesellschaft auf die Verwahrstelle übergeht (Ausnahmen gelten nach § 144 Satz 5 KAGB für Investmentaktiengesellschaften mit fixem Kapital). Der Nachweis eines früheren Abwicklungsbeginns als der Zeitpunkt des Erlöschens des Verwaltungsrechts ist ausgeschlossen.

17.5 Nach § 17 Absatz 2 Satz 2 InvStG gilt bei ausländischen Investmentfonds der Zeitpunkt, in dem die Verwaltungsbefugnis der Verwaltungsstelle erlischt, als Beginn der Abwicklung. Dem gesetzlichen Vertreter eines ausländischen Investmentfonds wird jedoch die Möglichkeit eingeräumt, einen davon abweichenden Abwicklungsbeginn nachzuweisen.

17.6 Die Abwicklung beginnt für die Zwecke des § 17 Absatz 2 Satz 1 oder 2 InvStG frühestens am .

17.3. Minderung der Anschaffungskosten (§ 17 Absatz 3 InvStG)

17.7 Nach § 17 Absatz 3 InvStG sind die Anschaffungskosten des Investmentanteils um die nach § 17 Absatz 1 Satz 1 InvStG steuerneutralen Kapitalrückzahlungen zu mindern. Dies gilt sowohl für das Veranlagungsverfahren als auch für das Steuerabzugsverfahren.

17.8 Eine steuerneutrale Kapitalrückzahlung ist ausgeschlossen, sobald die Summe der nach § 17 Absatz 1 Satz 1 InvStG steuerneutral zu behandelnden Ausschüttungen die Höhe der Anschaffungskosten erreicht. Der die Anschaffungskosten übersteigende Betrag ist als steuerpflichtige Ausschüttung (Investmentertrag nach § 16 Absatz 1 Nummer 1 InvStG) zu behandeln.

17.9 Wenn dem Entrichtungspflichtigen keine Anschaffungskosten vorliegen, ist im Steuerabzugsverfahren die Anwendung des § 17 InvStG ausgeschlossen, so dass keine Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer nach § 44b Absatz 1 EStG erfolgen kann. Erst wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungsverfahren die Höhe der Anschaffungskosten nachweist sowie belegt, dass die Summe der nach § 17 Absatz 1 Satz 1 InvStG steuerneutral zu behandelnden Ausschüttungen die Höhe der Anschaffungskosten noch nicht erreicht hat, ist von einer steuerneutralen Kapitalrückzahlung auszugehen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn ein Entrichtungspflichtiger vor dem auch bei fehlenden Anschaffungskosten § 17 InvStG anwendet.

18. Vorabpauschale (§ 18 InvStG)

18.1 § 18 InvStG regelt, wie die nach § 16 Absatz 1 Nummer 2 InvStG steuerpflichtige Vorabpauschale zu ermitteln ist.

18.1. Ermittlung der Vorabpauschale (§ 18 Absatz 1 InvStG)

18.2 Die Vorabpauschale ist der Betrag, um den die Ausschüttungen eines Investmentfonds innerhalb eines Kalenderjahres den Basisertrag für dieses Kalenderjahr unterschreiten (§ 18 Absatz 1 Satz 1 InvStG). Der Basisertrag wird ermittelt durch Multiplikation des Rücknahmepreises des Investmentanteils zu Beginn des Kalenderjahres mit 70 % des Basiszinses nach § 18 Absatz 4 InvStG (§ 18 Absatz 1 Satz 2 InvStG). Nach § 18 Absatz 1 Satz 3 InvStG wird der Basisertrag auf den Mehrbetrag begrenzt, der sich zwischen dem ersten und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis zuzüglich der Ausschüttungen innerhalb des Kalenderjahres ergibt.

18.3 Beispiel:

Der Basiszins nach § 18 Absatz 4 InvStG beträgt 1,0 %. Da nur 70 % davon anzusetzen sind, beträgt der maßgebende Zinssatz 0,7 %.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rücknahmepreis des Investmentanteils am Jahresanfang 01:
100 €
Rücknahmepreis des Investmentanteils am Jahresende 01:
100,50 €
Ausschüttung während des Jahres 01:
0,10 € pro Anteil

Für die Vorabpauschale könnte maximal der Basisertrag i. H. v. 0,70 € pro Anteil angesetzt werden (100 € x 0,7 % = 0,70 €). Die Wertsteigerung während des Kalenderjahres (Mehrbetrag) beträgt 0,50 € + 0,10 € Ausschüttung = 0,60 €. Die Wertsteigerung von 0,60 € bildet die Obergrenze für die Vorabpauschale. Von dieser Obergrenze sind die Ausschüttungen des Jahres 01 i. H. v. 0,10 € abzuziehen, so dass eine Vorabpauschale von 0,50 € verbleibt.

18.4 Für die Ermittlung der Vorabpauschale ist ein Rechnungszins mit (mindestens) drei Nachkommastellen zu verwenden. Wenn der Basiszins beispielsweise 0,87 % beträgt, dann sind für die Berechnung der Vorabpauschale 0,87 % × 70 % = 0,609 % als Rechnungszins anzusetzen. Der Basisertrag ist mit mindestens vier Nachkommastellen anzusetzen und erst nach der Multiplikation mit der Anzahl der mit Ablauf des 31. Dezember des Kalenderjahres verwahrten oder verwalteten Anteile an dem Investmentfonds ist eine kaufmännische Rundung auf zwei Nachkommastellen vorzunehmen.

18.5 Bei bilanzierenden Anlegern wird die Vorabpauschale als aktiver Ausgleichsposten in der Steuerbilanz erfasst. Bei betrieblichen Anlegern, die eine Einnahmenüberschussrechnung vornehmen, ist ein Merkposten aufzuzeichnen. Der Ausgleichsposten und der Merkposten sind keine abschreibbaren Wirtschaftsgüter.

Fortführung des Beispiels aus Rz. 18.3:

Bei einem bilanzierenden Anleger wäre die Ausschüttung im Jahr 01 wie folgt zu erfassen:

Bank 0,10 € an Ertrag 0,10 €.

Die Vorabpauschale müsste am ersten Werktag des Jahres 02 wie folgt erfasst werden:

Aktiver Ausgleichsposten aus Vorabpauschale 0,50 € an Ertrag 0,50 €.

18.6 Bei in fremden Währungen notierenden Investmentanteilen sind für die Umrechnung in Euro die am jeweiligen Stichtag (Jahresanfang, Ausschüttungstermin, Jahresende) geltenden Referenzkurse der Europäischen Zentralbank (EZB) zu Grunde zu legen.

18.7 Bei unterjähriger Neuauflage eines Investmentfonds ist der erste festgesetzte Rücknahmepreis oder falls dieser nicht vorhanden ist, der erste für diesen Investmentfonds ermittelte Börsen- oder Marktpreis bei der Ermittlung der Vorabpauschale zu Grunde zu legen. Darüber hinaus ist die Vorabpauschale gemäß § 18 Absatz 2 InvStG zeitanteilig anzusetzen.

18.8 Wenn der Investmentfonds nicht mindestens monatlich fortlaufend einen Rücknahmepreis festsetzt, ist für die Zwecke der Vorabpauschale auf den Börsen- oder Marktpreis abzustellen.



18.9 Bei einem Depotübertrag aus dem In- oder Ausland, bei dem keine Anschaffungsdaten mitgeteilt wurden, ist im Steuerabzugsverfahren die Vorabpauschale für das gesamte Kalenderjahr anzusetzen. Wenn der Anleger im Veranlagungsverfahren einen unterjährigen Anschaffungszeitpunkt nachweist, ist die zu viel erhobene Kapitalertragsteuer zu erstatten.

18.10 Bei Investmentanteilen, die eine inländische depotführende Stelle für ein ausländisches Kreditinstitut verwahrt, ist keine Vorabpauschale anzusetzen. Dies gilt auch für Investmentanteile, die von dem ausländischen Kreditinstitut im Kundenauftrag (sog. Depot B) gehalten werden.

18.2. Ermittlung der Vorabpauschale im Jahr des Erwerbs (§ 18 Absatz 2 InvStG)

18.11 Im Jahr des Erwerbs der Investmentanteile vermindert sich die Vorabpauschale um ein Zwölftel für jeden vollen Monat, der dem Monat des Erwerbs vorangeht (§ 18 Absatz 2 InvStG).

Abwandlung des Beispiels aus Rz. 18.3:

Anleger A hat den Investmentanteil erst am erworben. Die für das gesamte Jahr 01 berechnete Vorabpauschale i. H. v. 0,50 € mindert sich um 6/12 auf 0,25 €.

Zur Ermittlung der Höhe der Vorabpauschale bei einem Teilfreistellungssatzwechsel mit Anschaffungs- und Veräußerungsfiktion nach § 22 Absatz 1 InvStG siehe Rz. 20.4.

18.3. Zufluss der Vorabpauschale (§ 18 Absatz 3 InvStG)

18.12 Nach § 18 Absatz 3 InvStG fließt die Vorabpauschale nicht in dem Kalenderjahr zu, für das sie berechnet wird, sondern sie gilt am ersten Werktag des folgenden Kalenderjahres als zugeflossen. Hierdurch soll das Steuerabzugsverfahren erleichtert werden, da in vielen Fällen noch ein voller Sparer-Pauschbetrag zur Verfügung steht, mit dem die Vorabpauschale verrechnet werden kann.

18.4. Ermittlung und Veröffentlichung des Basiszinses (§ 18 Absatz 4 InvStG)

18.13 Nach § 18 Absatz 4 Satz 1 InvStG bestimmt sich der Basiszins nach der langfristigen Rendite öffentlicher Anleihen. Die Bundesbank leitet diesen Zinssatz aus der Zinsstruktur der Renditen für Bundeswertpapiere mit jährlicher Kuponzahlung und 15-jähriger Restlaufzeit ab. Dieser Zinssatz wird börsentäglich von der Bundesbank berechnet und im Internet veröffentlicht.

18.14 Als Basiszins für die Ermittlung der Vorabpauschale ist auf den Wert abzustellen, der für den ersten Börsentag eines Kalenderjahres ermittelt wird (§ 18 Absatz 4 Satz 2 InvStG). Dieser Wert wird vom BMF im Bundessteuerblatt (§ 18 Absatz 4 Satz 3 InvStG) und – für einen vorübergehenden Zeitraum – auch auf der Internetseite des BMF veröffentlicht.

19. Gewinne aus der Veräußerung von Investmentanteilen (§ 19 InvStG)

19.1. Ermittlung des Veräußerungsgewinns (§ 19 Absatz 1 InvStG)
a. Ermittlung bei Privatanlegern und bei betrieblichen Anlegern (§ 19 Absatz 1 Satz 1 InvStG)

19.1 Gewinne aus der Veräußerung, Rückgabe, Abtretung, Entnahme oder verdeckten Einlage von Investmentanteilen sind nach § 16 Absatz 1 Nummer 3 i. V. m. § 2 Absatz 13 InvStG (Rz. 2.50) Investmenterträge und werden im Einkommensteuergesetz den Einkünften i. S. d. § 20 Absatz 1 Nummer 3 EStG zugeordnet. Sie unterliegen dem Steuerabzug nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 9 EStG.

19.2 Nach § 19 Absatz 1 Satz 1 InvStG sind die Regelungen des § 20 Absatz 4 EStG für die Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung eines Investmentanteils entsprechend anzuwenden. Dies gilt allerdings nur, soweit die Anteile nicht im Betriebsvermögen gehalten werden. Bei betrieblichen Anlegern sind dagegen die Besonderheiten der Einkünfteermittlung durch Betriebsvermögensvergleich oder Einnahmenüberschussrechnung zu berücksichtigen.

b. Keine Anwendung des § 20 Absatz 4a EStG (§ 19 Absatz 1 Satz 2 InvStG)

19.3 § 19 Absatz 1 Satz 2 InvStG stellt klar, dass die besonderen Besteuerungsregelungen nach § 20 Absatz 4a EStG für Kapitalmaßnahmen nicht anzuwenden sind. Daher ist ein steuerneutraler Anteilstausch nicht nach § 20 Absatz 4a EStG, sondern nur unter den Voraussetzungen des § 23 InvStG möglich.

c. Gewinmindernde Berücksichtigung der Vorabpauschale (§ 19 Absatz 1 Satz 3 und 4 InvStG)

19.4 Um eine doppelte Besteuerung auszuschließen, werden nach § 19 Absatz 1 Satz 3 InvStG die während der Besitzzeit angesetzten Vorabpauschalen vom Gewinn abgezogen. Durch den Abzug der Vorabpauschalen kann es zu einem steuerwirksamen Verlust kommen oder ein bereits vorhandener Verlust kann sich erhöhen. Beim Ansatz einer Ersatzbemessungsgrundlage ist im Steuerabzugsverfahren keine Vorabpauschale abzuziehen.

19.5 Im Steuerabzugsverfahren ist bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns von angesetzten Vorabpauschalen auszugehen, soweit

Es ist keine Vorabpauschale für die Zeiträume abzuziehen, in denen der Entrichtungspflichtige davon ausgegangen ist, dass der Anleger nicht der unbeschränkten Einkommen- oder Körperschaftsteuerpflicht unterlag und daher keine Kapitalertragsteuer auf die Vorabpauschale erhoben hat (vorangegangener Steuerstatus als Steuerausländer). Darüber hinaus ist in den Fällen keine Vorabpauschale abzuziehen, in denen mangels Liquidität kein Steuerabzug erfolgen konnte. Es ist nicht zu beanstanden, wenn ein Entrichtungspflichtiger vor dem die Vorabpauschale abzieht, auch wenn mangels Liquidität kein Steuerabzug erfolgt ist, sofern in diesen Fällen eine Mitteilung gegenüber dem Finanzamt vorgenommen wird.

19.6 Bei einem Depotübertrag im Inland nach dem hat das übertragende Kreditinstitut mitzuteilen, in welchem Umfang eine Vorabpauschale angesetzt wurde. Bei Depotüberträgen im Inland vor dem darf das übernehmende Kreditinstitut davon ausgehen, dass eine Vorabpauschale während des Besitzzeitraums angesetzt wurde.

19.7 Bei Depotüberträgen aus dem Ausland darf das übernehmende inländische Kreditinstitut keine Vorabpauschale für die Zeiträume abziehen, in denen die Investmentanteile von dem übertragenden ausländischen Kreditinstitut verwahrt wurden. Eine gewinnmindernde Berücksichtigung ist in diesen Fällen nur im Rahmen der Veranlagung möglich.

19.8 Im Veranlagungsverfahren ist von einer angesetzten Vorabpauschale auszugehen, soweit

Insbesondere liegt keine angesetzte Vorabpauschale vor, wenn es sich bei dem Anleger um eine Altersvorsorgeeinrichtung handelt, gegenüber der Kapitalertragsteuer auf die Vorabpauschale erhoben wurde, aber im Veranlagungsverfahren die Vorabpauschale nach § 16 Absatz 2 Satz 2 InvStG nicht angesetzt wurde.

19.9 Wenn Investmentanteile im Ausland verwahrt wurden, hat der Anleger darzulegen, dass er die Vorabpauschale in den Veranlagungszeiträumen der Auslandsverwahrung in der Steuererklärung angegeben hat oder dass die gesamten Kapitaleinkünfte in den betreffenden Veranlagungszeiträumen den Sparer-Pauschbetrag nicht überschritten haben. Andernfalls ist keine Vorabpauschale abzuziehen.

19.10 Bei bilanzierenden Anlegern ist der aktive Ausgleichsposten aus Vorabpauschalen (Rz. 18.5) im Zeitpunkt der Veräußerung des Investmentanteils gewinnmindernd aufzulösen. Bei betrieblichen Anlegern, die den Gewinn durch eine Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, ist der gebildete Merkposten (Rz. 18.5) im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses gewinnmindernd aufzulösen.

Fortführung des Beispiels aus Rz. 18.3:

Bei einer Veräußerung des Investmentanteils im Jahr 02 zu 101 € wäre wie folgt zu buchen:

(1)

Bank 101 € an Investmentanteil 100 € und Ertrag 1 €

(2)

Aufwand 0,50 € an aktiver Ausgleichsposten aus Vorabpauschale 0,50 €.

19.11 Die Vorabpauschalen werden nach § 19 Absatz 1 Satz 4 InvStG ungeachtet einer möglichen Teilfreistellung nach § 20 InvStG in voller Höhe berücksichtigt.

19.12 Erfüllt ein Investmentfonds im Zeitpunkt des Gewinnzuflusses die Voraussetzungen für eine Teilfreistellung, so findet diese auf den um die Vorabpauschalen gekürzten Gewinn Anwendung.

d. Steuerabzugsverfahren

19.13 Zu den Ausnahmen vom Steuerabzug wird auf Rz. 16.7 f. verwiesen. Die Höhe des Steuerabzugs richtet sich generell – auch bei betrieblichen Anlegern – nach den Regelungen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für einkommensteuerpflichtige Anleger, die ihre Anteile nicht im Betriebsvermögen halten (Privatanleger), einschließlich der Anwendung des § 20 Absatz 4 EStG.

e. FIFO-Methode, Durchschnittsmethode

19.14 Nach § 20 Absatz 4 Satz 7 EStG gelten die zuerst angeschafften Investmentanteile als zuerst veräußert (First In-First Out – FIFO –). Daher bestimmt sich bei Privatanlegern die Höhe der Anschaffungskosten und auch die Höhe der zu berücksichtigenden Vorabpauschale nach der FIFO-Methode.

19.15 Im Veranlagungsverfahren können betriebliche Anleger die Höhe der Anschaffungskosten und die Höhe der zu berücksichtigenden Vorabpauschale mit der Durchschnittsmethode ermitteln.

19.2. Veräußerungsfiktion bei Verlust des Status als Investmentfonds (§ 19 Absatz 2 InvStG)

19.16 Wenn ein Investmentfonds nicht mehr die Voraussetzungen eines Investmentfonds i. S. d. § 1 InvStG erfüllt, führt dies nach § 19 Absatz 2 Satz 1 InvStG dazu, dass die Investmentanteile als veräußert gelten. Maßgebend für den Zeitpunkt der Veräußerungsfiktion ist der Tag, an dem die Voraussetzungen erstmalig nicht mehr erfüllt werden. Dies kann beispielsweise der Tag sein, ab dem bei einem Investmentfonds i. S. d. § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 InvStG eine Ertragsbesteuerung eingeführt wird.

19.17 Es wird nicht beanstandet, dass ein Kreditinstitut für Zwecke des Steuerabzugs auf den Zeitpunkt abstellt, in dem dem Kreditinstitut der Eintritt der Veräußerungsfiktion bekannt wird, wenn das Kreditinstitut erst in einem nachfolgenden Kalenderjahr Kenntnis erlangt. Das Kreditinstitut hat in diesem Fall jedoch den Steuerpflichtigen darüber zu informieren, dass aufgrund der erst nachträglich bekanntgewordenen Veräußerungsfiktion ein unzutreffender Steuerabzug vorgenommen wurde, der im Veranlagungsverfahren zu korrigieren ist. Für diesen Zweck hat das Kreditinstitut dem Steuerpflichtigen den Tag, an dem die Veräußerungsfiktion eingetreten ist, mitzuteilen und die zwischenzeitlich erzielten Kapitalerträge mit Datum, Ertragsart und Ertragshöhe aufzulisten.

19.18 Der Gewinn aus der fiktiven Veräußerung eines Investmentanteils ist in dem Veranlagungszeitraum zu versteuern, in dem die Fiktion eingetreten ist. Es ist – anders als in den Fällen des § 52 Absatz 2 Satz 4 InvStG – keine Stundung der auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuer vorgesehen.

19.19 Als Erlös aus der fiktiven Veräußerung ist der gemeine Wert des Investmentanteils zum Zeitpunkt des Wegfalls der Voraussetzungen eines Investmentfonds anzusetzen (§ 19 Absatz 2 Satz 2 InvStG).

20. Teilfreistellung (§ 20 InvStG)

20.1. Teilfreistellung bei Aktien-, Misch- und Immobilienfonds (§ 20 Absatz 1 bis 3 InvStG)
a. Anwendbarkeit der Teilfreistellung

20.1 Die Investmenterträge aus Aktienfonds i. S. d. § 2 Absatz 6 InvStG, aus Mischfonds i. S. d. § 2 Absatz 7 InvStG und aus Immobilienfonds i. S. d. § 2 Absatz 9 InvStG werden nach § 20 InvStG zu einem bestimmten Prozentsatz steuerfrei gestellt. Die Teilfreistellung ist dabei auf alle in § 16 Absatz 1 InvStG genannten Ertragsarten anzuwenden. D. h. neben der Ausschüttung kommt es auch zu einer Teilfreistellung der Vorabpauschale und des Gewinns aus der Veräußerung von Investmentanteilen (zum Veräußerungsbegriff siehe § 2 Absatz 13 InvStG, Rz. 2.50).

20.2 Die Teilfreistellung ist gleichermaßen anzuwenden, wenn negative Erträge bzw. Verluste erzielt werden (§ 21 InvStG). Somit mindert die Teilfreistellung den steuerlich anzusetzenden Verlust.

20.3 Weiterhin ist die Teilfreistellung anzuwenden, wenn eine Teilwertzuschreibung (Wertaufholung) nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 i. V. m. Nummer 1 Satz 4 EStG nach vorheriger Teilwertabschreibung des Investmentanteils (§ 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG i. V. m. § 21 Satz 2 InvStG) vorzunehmen ist.

20.4 Eine Vorabpauschale ist auch dann für das gesamte Kalenderjahr anzusetzen, wenn sich der anwendbare Teilfreistellungssatz ändert und der Investmentanteil nach § 22 Absatz 1 InvStG als angeschafft und veräußert gilt. Die Höhe der Teilfreistellung richtet sich nach dem anwendbaren Teilfreistellungssatz zum Zuflusszeitpunkt nach § 18 Absatz 3 InvStG.

b. Höhe der Teilfreistellung

20.5 Nach § 20 Absatz 1 bis 3 InvStG sind folgende Teilfreistellungssätze anzuwenden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
Privatanleger
Betriebliche Anleger (natürliche Personen)
Körperschaften
Aktienfonds
30 %
60 %
80 %
Mischfonds
15 %
30 %
40 %
Immobilienfonds
60 %
60 %
60 %
Immobilienfonds mit überwiegend Auslandsimmobilien/Auslands-Immobiliengesellschaften
80 %
80 %
80 %

Bei Mitunternehmerschaften und vermögensverwaltenden Personengesellschaften richtet sich die Höhe des anwendbaren Teilfreistellungssatzes nach dem jeweiligen Beteiligten der Gesamthand.

c. Teilfreistellung im Steuerabzugsverfahren

20.6 Im Steuerabzugsverfahren sind generell die für Privatanleger (Rz. 19.13) geltenden Teilfreistellungssätze anzuwenden. Erst im Veranlagungsverfahren werden die erhöhten Teilfreistellungssätze für einkommensteuerpflichtige Anleger, die ihre Anteile im Betriebsvermögen halten, und für körperschaftsteuerpflichtige Anleger der Besteuerung zu Grunde gelegt.

20.7 Die Teilfreistellung ist auch beim Ansatz einer Ersatzbemessungsgrundlage zu berücksichtigen.

d. Ausschluss des erhöhten Aktienteilfreistellungssatzes (§ 20 Absatz 1 Satz 4 InvStG)

20.8 Nach § 20 Absatz 1 Satz 4 InvStG wird der erhöhte Aktienteilfreistellungssatz für betriebliche Anleger oder für Körperschaften bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten, Finanzunternehmen und Lebens- oder Krankenversicherungsunternehmen von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht, um eine Gleichbehandlung mit der Direktanlage zu erreichen.

20.9 In § 20 Absatz 1 Satz 4 Nummer 1 InvStG wird die Anwendung des erhöhten Aktienteilfreistellungssatzes für Lebens- oder Krankenversicherungsunternehmen ausgeschlossen, soweit der Investmentanteil den Kapitalanlagen zuzurechnen ist. Dies entspricht einer sinngemäßen Anwendung des § 8b Absatz 8 KStG.

20.10 Nach § 20 Absatz 1 Satz 4 Nummer 2 InvStG wird ein erhöhter Aktienteilfreistellungssatz ausgeschlossen, wenn der Anleger ein Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut oder ein sonstiges Finanzunternehmen ist, welches die Investmentanteile im Handelsbuch oder mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolgs hält. Dies entspricht einer sinngemäßen Anwendung des § 8b Absatz 7 KStG oder des § 3 Nummer 40 EStG.

e. Auslands-Immobiliengesellschaften (§ 20 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 Satz 2 InvStG)

Auslands-Immobiliengesellschaften sind Immobilien-Gesellschaften, die ausschließlich in ausländische Immobilien investieren. Andere Vermögensgegenstände, die im Zusammenhang mit ausländischen Immobilien stehen und im Verhältnis zu den Immobilien wirtschaftlich unbedeutend sind, verhindern nicht die Qualifikation einer Immobilien-Gesellschaft, die ansonsten ausschließlich in ausländische Immobilien investiert, als Auslands-Immobiliengesellschaft. Eine Immobilien-Holdinggesellschaft ist nur dann als Auslands-Immobiliengesellschaft anzuerkennen, wenn der Investmentfonds nachweist, dass es sich bei allen von der Holdinggesellschaft gehaltenen Beteiligungen um Immobilien-Gesellschaften handelt, die ausschließlich in ausländische Immobilien investieren. Eine Immobilien-Holdinggesellschaft, die ihrerseits in Immobilien-Holdinggesellschaften investiert, ist nicht als Auslands-Immobiliengesellschaft anzuerkennen.

20.2. Nachweis der Anlagegrenzen durch den Anleger (§ 20 Absatz 4 InvStG)

20.11 Für den Fall, dass die Anlagebedingungen eines Investmentfonds keine hinreichenden Aussagen zum Erreichen der Aktienfonds- oder Mischfonds-Kapitalbeteiligungsquote oder der Immobilienfonds- oder Auslands-Immobilienfondsquote (§ 2 Absatz 6, 7 und 9 sowie § 20 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 InvStG) enthalten oder keine Anlagebedingungen des Investmentfonds existieren, wird in § 20 Absatz 4 InvStG dem Anleger eine individuelle Nachweismöglichkeit eingeräumt. Wenn der Anleger hinreichende Nachweise vorlegen kann, aus denen sich ergibt, dass der Investmentfonds während des gesamten Geschäftsjahres die Aktienfonds- oder Mischfonds-Kapitalbeteiligungsquote oder die Immobilienfonds- oder Auslands-Immobilienfondsquote erreicht hat, wird die jeweilige Teilfreistellung im Rahmen des Veranlagungsverfahrens gewährt. Eine Geltendmachung gegenüber den zur Erhebung der Kapitalertragsteuer verpflichteten Personen ist dagegen nicht zulässig.

20.12 Als Nachweise kommen insbesondere Vermögensverzeichnisse und schriftliche Bestätigungen des Investmentfonds in Betracht. Nicht ausreichend sind die Angaben zum Kapitalbeteiligungs- oder Immobilienbestand in Halbjahres- oder Jahresberichten, da diese nur zwei Zeitpunkte in einem Jahr wiedergeben. Nur wenn die Halbjahres- oder Jahresberichte eine ausdrückliche Bestätigung des Investmentfonds enthalten, dass die Aktienfonds- oder Mischfonds-Kapitalbeteiligungsquote oder die Immobilienfonds- oder Auslands-Immobilienfondsquote fortlaufend eingehalten wurde, kann dies als Nachweis dienen.

20.13 Bestätigungen, die nach dem ausgestellt werden, müssen eine Auflistung enthalten, in der für sämtliche Geschäftstage des betreffenden Geschäftsjahres die jeweils tatsächlich erreichten Kapitalbeteiligungs-, Immobilien- oder Auslands-Immobilienquoten angegeben werden.

20.14 Für Bestätigungen, die vor dem ausgestellt werden, gilt Folgendes: Wenn die Aktienfonds- oder Mischfonds-Kapitalbeteiligungsquote oder die Immobilienfonds- oder Auslands-Immobilienfondsquote unterschritten wurde, darf eine Bestätigung nur dann ausgestellt werden, wenn darin das Unterschreiten offen gelegt wird und die folgenden Angaben enthalten sind:

  • die Art, der Umfang und die Dauer der Unterschreitung sowie

  • die ergriffenen Maßnahmen zum Erreichen der Aktienfonds- oder Mischfonds-Kapitalbeteiligungsquote oder der Immobilienfonds- oder Auslands-Immobilienfondsquote.

20.15 Wenn die jeweils erforderliche Aktienfonds- oder Mischfonds-Kapitalbeteiligungsquote oder Immobilienfonds- oder Auslands-Immobilienfondsquote an nicht mehr als 20 Geschäftstagen in einem Geschäftsjahr des Investmentfonds unterschritten wird, ist dies in der Regel als unschädlich zu betrachten (Rzn. 2.19 ff.).

20.16 Hat der Investmentfonds ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr, muss der Anleger im Veranlagungsverfahren den Nachweis für das Geschäftsjahr des Investmentfonds erbringen, in dem die Investmenterträge zugeflossen sind oder als zugeflossen gelten.

20.17 Kann der Anleger im Zeitpunkt der Erstellung der Steuererklärung noch nicht wissen, ob der Investmentfonds im Geschäftsjahr die Anlagebedingungen erfüllen wird oder nicht, insbesondere weil das Geschäftsjahr des Investmentfonds noch nicht abgeschlossen ist oder der Investmentfonds noch keine Bestätigung ausgestellt hat, kann eine Teilfreistellung vorläufig nach § 165 Absatz 1 Satz 1 AO berücksichtigt werden, wenn im vorangegangenen Veranlagungszeitraum die Nachweise nach § 20 Absatz 4 InvStG erbracht wurden.

20.18 Legt der Anleger Beweismittel in einer fremden Sprache vor, so kann eine Übersetzung in die deutsche Sprache verlangt werden (§ 87 Absatz 2 AO).

20.3. Teilfreistellung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags (§ 20 Absatz 5 InvStG)

20.19 Nach § 20 Absatz 5 InvStG wird der Umfang der bei der Einkommen- oder Körperschaftsteuer gewährten Teilfreistellung für die Zwecke der Gewerbesteuer um die Hälfte reduziert. Die Teilfreistellung ist ein Ausgleich für die steuerliche Vorbelastung der Investmentfonds mit Körperschaftsteuer. Da auf Ebene der Investmentfonds grundsätzlich keine Gewerbesteuer anfällt, fehlt es an einer gewerbesteuerlichen Vorbelastung. Aus diesem Grund ist eine verminderte Freistellung der Erträge für die Zwecke der Gewerbesteuer erforderlich.

20.20 Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft ist für die Berücksichtigung der Teilfreistellung nach § 20 InvStG und für die anteiligen Abzüge nach § 21 InvStG (Rz. 21.3) § 7 Satz 4 GewStG sinngemäß anzuwenden. Sind sowohl natürliche Personen, dem Körperschaftsteuergesetz unterliegende Anleger sowie Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute oder Lebens- oder Krankenversicherungsunternehmen beteiligt, richtet sich die Teilfreistellung nach dem Verhältnis der jeweiligen Beteiligung am Gewinn der Mitunternehmerschaft.

21. Anteilige Abzüge aufgrund einer Teilfreistellung (§ 21 InvStG)

21.1. § 21 InvStG überträgt den Rechtsgedanken des § 3c Absatz 2 EStG auf das Teilfreistellungsverfahren bei Aktien-, Misch- oder Immobilienfonds. Die Regelung führt zu einer anteiligen Kürzung der mit dem Erwerb, dem Halten und der Veräußerung von Investmentanteilen an Aktien-, Misch- oder Immobilienfonds in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Ausgaben im Umfang des jeweils anwendbaren Teilfreistellungssatzes.

21.2. § 21 InvStG ist nicht nur bei natürlichen Personen, sondern auch bei Körperschaften als Anleger anwendbar. § 21 InvStG schließt das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Absatz 9 EStG nicht aus.

21.3. Die nicht abziehbaren Ausgaben nach § 21 InvStG sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nur zur Hälfte zu berücksichtigen. Dies entspricht einer sinngemäßen Anwendung des § 20 Absatz 5 InvStG.

21.1. Kürzung von Ausgaben im wirtschaftlichen Zusammenhang mit Erträgen aus Aktien-, Misch- oder Immobilienfonds (§ 21 Satz 1 und 2 InvStG)

21.4. Nach § 21 Satz 1 und 2 InvStG sind die Ausgaben, die mit Erträgen aus Aktien-, Misch- oder Immobilienfonds in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, anteilig nicht abziehbar.

21.5. Der Begriff des „wirtschaftlichen Zusammenhangs” ist gleichermaßen wie in § 3c Absatz 2 Satz 1 EStG als Veranlassungszusammenhang auszulegen. Maßgebend sind die Gründe, aus denen der Anleger die Aufwendungen vornimmt.

21.6. § 21 InvStG ist u. a. auf solche Finanzierungsaufwendungen anzuwenden, die aus Verbindlichkeiten stammen, die durch die Anschaffung von Investmentanteilen veranlasst sind, die dem Teilfreistellungsverfahren unterliegen. Bei Kreditinstituten ist von einem wirtschaftlichen Zusammenhang i. S. d. § 21 InvStG zwischen teilfreigestellten Investmenterträgen und den Zinsausgaben für Kundeneinlagen, für Interbankeinlagen, für Schuldverschreibungen und für vergleichbare allgemeine Zinsaufwendungen (sog. Poolrefinanzierungskosten) auszugehen.

21.7. Bei der Bildung von Pensionsrückstellungen ist nicht davon auszugehen, dass diese durch die Anschaffung von Investmentanteilen veranlasst sind. Es ist daher keine Kürzung der Rückstellung vorzunehmen.

21.2. Zusammenhang durch Einnahmeerzielungsabsicht (§ 21 Satz 3 InvStG)

Nach § 21 Satz 3 InvStG genügt es für die anteilige Kürzung der Ausgaben, dass der Anleger die Erzielung von Erträgen aus Aktien-, Misch- oder Immobilienfonds angestrebt hat. Die anteilige Kürzung ist daher auch dann anzuwenden, wenn tatsächlich nie entsprechende Erträge erzielt wurden.

22. Änderung des anwendbaren Teilfreistellungssatzes (§ 22 InvStG)

§ 22 InvStG fingiert die Veräußerung von Investmentanteilen und regelt die Besteuerung des sich daraus ergebenden Veräußerungsgewinns, wenn sich der auf einen Investmentfonds anwendbare Teilfreistellungssatz ändert.

22.1. Veräußerungsfiktion (§ 22 Absatz 1 InvStG)
a. Veräußerungsfiktion am Tag der Änderung des anwendbaren Teilfreistellungssatzes (§ 22 Absatz 1 Satz 1 InvStG)

22.2 Nach § 22 Absatz 1 Satz 1 InvStG gilt ein Investmentanteil an dem Tag als veräußert, an dem sich der anwendbare Teilfreistellungssatz ändert. Zu einer Änderung des anwendbaren Teilfreistellungssatzes kann es insbesondere kommen, wenn ein Investmentfonds seine Anlagebedingungen dergestalt ändert, dass die Kapitalbeteiligungsquote für Aktienfonds (§ 2 Absatz 6 InvStG) bzw. für Mischfonds (§ 2 Absatz 7 InvStG) oder die Immobilienfondsquote für Immobilienfonds (§ 2 Absatz 9 InvStG) oder die Auslands-Immobilienfondsquote für Auslands-Immobilienfonds nicht mehr erreicht oder – umgekehrt – erstmalig erreicht wird. Maßgebend für die Veräußerungsfiktion ist der Tag, an dem die Änderung der Anlagebedingungen wirksam wird. Sofern die Änderung der Anlagebedingungen von einer Genehmigung durch eine Aufsichtsbehörde abhängig ist, ist frühestens mit dem Tag der Genehmigung von einer wirksamen Änderung auszugehen. Der o. a. Zeitpunkt, in dem die Veräußerungsfiktion eintritt, ist auch durch den Entrichtungspflichtigen zu berücksichtigen. Bei nachträglichem Bekanntwerden der Veräußerungsfiktion hat der Entrichtungspflichtige gegebenenfalls Korrekturen des Steuerabzugs vorzunehmen.

22.3 Der anwendbare Teilfreistellungssatz kann sich aber auch bei einem wesentlichen Verstoß gegen die Anlagebedingungen (Rzn. 2.18 ff.) ändern. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ein Verstoß bewusst und zweckgerichtet für missbräuchliche Steuergestaltungen herbeigeführt wurde.

22.4 Wenn sich aus dem Anlageverhalten des Investmentfonds ergibt, dass von Anfang an beabsichtigt war, die Anlagebedingungen nicht einzuhalten, ist § 22 InvStG im Veranlagungsverfahren nicht anzuwenden. Vielmehr ist von vornherein keine Teilfreistellung auf Anlegerebene zu gewähren. Gegebenenfalls sind die Steuerbescheide der Anleger nach § 173 Absatz 1 Nummer 1 AO zu ändern.

22.5 Zur Ermittlung der Höhe der Vorabpauschale bei einem Teilfreistellungssatzwechsel mit Anschaffungs- und Veräußerungsfiktion nach § 22 Absatz 1 InvStG siehe Rz. 20.4.

b. Veräußerungsfiktion mit Ablauf des Veranlagungszeitraums (§ 22 Absatz 1 Satz 2 InvStG)

22.6 Nach § 22 Absatz 1 Satz 2 InvStG gilt ein Investmentanteil mit Ablauf des Veranlagungszeitraums als veräußert, in dem ein Anleger nach § 20 Absatz 4 InvStG die Voraussetzungen für eine Teilfreistellung nachgewiesen hat, aber in dem folgenden Veranlagungszeitraum keinen Nachweis für die Teilfreistellung oder einen Nachweis für einen anderen Teilfreistellungssatz erbringt. Es kommt damit jeweils am 31. Dezember des betreffenden Veranlagungszeitraums zu einer gesetzlich fingierten Veräußerung.

22.7 § 22 Absatz 1 Satz 2 InvStG stellt kein Wahlrecht des Anlegers dar, vielmehr ist weiterhin der bisherige Teilfreistellungssatz und keine Veräußerungsfiktion anzuwenden, wenn sich aus öffentlich zugänglichen Quellen die Voraussetzungen für den bisherigen Teilfreistellungssatz feststellen lassen (z. B. aus im Internet veröffentlichten Anlagebedingungen des Investmentfonds).

22.8 Aufgrund eines Gestaltungsmissbrauchs i. S. d. § 42 AO ist auch dann der bisherige Teilfreistellungsatz und keine Veräußerungsfiktion anzuwenden, wenn

  • keine wesentlichen Veränderungen des Anlageverhaltens des Investmentfonds ersichtlich sind,

  • dem Anleger weiterhin ein Nachweis nach § 20 Absatz 4 InvStG mit dem gleichen oder nur geringfügig höheren Aufwand wie in dem vorangegangenen Veranlagungszeitraum möglich wäre und

  • die äußeren Umstände dafür sprechen, dass der Anleger den Nachweis unterlässt, um einen sich aus dem Wechsel des Teilfreistellungssatzes ergebenden Steuervorteil zu erzielen.

22.2. Bestimmung des Veräußerungserlöses und der Anschaffungskosten (§ 22 Absatz 2 InvStG)

22.9 § 22 Absatz 2 InvStG bestimmt für die in § 22 Absatz 1 InvStG fingierten Fälle der Veräußerung den als Veräußerungserlös und als Anschaffungskosten anzusetzenden Wert.

22.10 In den Fällen des § 22 Absatz 1 Satz 1 InvStG ist nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 InvStG auf den Rücknahmepreis am Tag der Änderung des anwendbaren Teilfreistellungssatzes abzustellen.

22.11 Beispiel:

Privatanleger A erwirbt am einen Anteil am Investmentfonds I zu einem Preis von 100 €. In den Anlagebedingungen des I ist vorgesehen, dass fortlaufend mehr als 50 % des Vermögens in Kapitalbeteiligungen investiert werden; mithin ist die Voraussetzung für eine Aktienteilfreistellung eines Aktienfonds erfüllt. Am tritt eine Änderung der Anlagebedingungen in Kraft, nach der nunmehr keine Mindestanlage in Kapitalbeteiligungen mehr vorgesehen ist. Am beträgt der Rücknahmepreis 110 €. Am veräußert A den Investmentanteil zu einem Preis von 100 €.

Am entsteht ein Gewinn aus einer fiktiven Veräußerung i. H. v. 10 € (110 € – 100 € = 10 €). Auf den Gewinn aus der fiktiven Veräußerung ist der Teilfreistellungssatz nach § 20 Absatz 1 Satz 1 InvStG i. H. v. 30 % anzuwenden, so dass ein steuerpflichtiger Gewinn i. H. v. 7 € verbleibt. Dieser fiktive Veräußerungsgewinn gilt nach § 22 Absatz 3 InvStG am als zugeflossen.

Darüber hinaus erzielt der A aus der tatsächlichen Veräußerung einen Verlust i. H. v. 10 € (100 € – 110 € = – 10 €), auf den keine Teilfreistellung anzuwenden ist. Insgesamt ergibt sich damit ein steuerlicher Verlust i. H. v. 3 € (– 10 € + 7 € = – 3 €).

22.12 In den Fällen des § 22 Absatz 1 Satz 2 InvStG ist nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 InvStG auf den letzten Rücknahmepreis des Veranlagungszeitraums abzustellen, in dem der Anleger letztmalig den Nachweis für den bisherigen Teilfreistellungssatz erbracht hat.

22.13 Nach § 22 Absatz 2 Satz 2 InvStG ist auf den Börsen- oder Marktpreis abzustellen, wenn kein Rücknahmepreis festgesetzt wird. Gemeint sind damit Fälle, in denen der Investmentfonds generell keinen Rücknahmepreis festsetzt oder in denen keine Rücknahmepreise in zeitlicher Nähe zu dem nach § 22 Absatz 1 Satz 1 oder 2 InvStG maßgeblichen Tag verfügbar sind.

22.14 Wenn weder der Rücknahmepreis noch der Börsen- oder Marktpreis ermittelbar ist, so ist keine Ersatzbemessungsgrundlage für den Gewinn aus der fiktiven Veräußerung anzusetzen. Dies gilt auch für die Fälle, in denen zwar Anschaffungskosten vorliegen, aber weder der Rücknahmepreis noch der Börsen- oder Marktpreis ermittelbar ist. Es sind jedoch nach § 43a Absatz 2 Satz 7 EStG 30 % der Einnahmen aus der tatsächlichen Veräußerung als Ersatzbemessungsgrundlage anzusetzen.

22.3. Zufluss des Gewinns aus der fiktiven Veräußerung (§ 22 Absatz 3 InvStG)

22.15 Eine nach § 22 Absatz 1 Satz 1 oder 2 InvStG fingierte Veräußerung führt nicht zu einer sofortigen Versteuerung. Vielmehr gilt nach § 22 Absatz 3 InvStG der Gewinn aus der fiktiven Veräußerung erst dann als zugeflossen, wenn der Investmentanteil tatsächlich veräußert wird. Damit führt § 22 InvStG nicht zu einer vorzeitigen Besteuerung, sondern nur zu einer sachgerechten Aufteilung der Bemessungsgrundlage für den Veräußerungsgewinn.

23. Verschmelzung von Investmentfonds (§ 23 InvStG)

a. Anwendbarkeit des § 23 InvStG

23.1 § 23 InvStG regelt die Folgen der Verschmelzung von inländischen Investmentfonds sowie der Verschmelzung von ausländischen Investmentfonds. Die Norm findet hingegen keine Anwendung auf die Verschmelzung von Spezial-Investmentfonds i. S. d. § 26 InvStG sowie von Altersvorsorgevermögenfonds i. S. d. § 53 InvStG. Insoweit enthält § 54 InvStG spezielle Regelungen.

23.2 Anteilklassen eines Investmentfonds können zum Ende des Geschäftsjahres des Investmentfonds steuerneutral zusammengelegt werden. Eine Verschmelzung scheidet mangels Rechtsträgerwechsels aus. Wie bei der Verschmelzung sind die fortgeführten Anschaffungskosten weiter fortzuführen.

23.3 Eine bloße Übertragung der Befugnis zur Verwaltung eines Investmentfonds von einer (Kapital-)Verwaltungsgesellschaft auf eine andere (Kapital-)Verwaltungsgesellschaft zieht ebenfalls keine steuerlichen Folgen auf Ebene des Investmentfonds oder der Anleger nach sich. Denn vorliegend ändert sich weder etwas an der steuerrechtlichen Zurechnung der Vermögensgegenstände des Investmentfonds, noch kommt es zu Einwirkungen auf die den Anlegern zuzurechnenden Investmentanteile.

23.4 Das Investmentsteuergesetz enthält keine gesonderten steuerrechtlichen Regelungen für aufsichtsrechtlich zulässige Verschmelzungsvorgänge zwischen inländischen und ausländischen Investmentfonds (z. B. § 191 Absatz 2 KAGB) sowie zwischen Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds oder Altersvorsorgevermögenfonds. Ein solcher Fall kann insbesondere vorliegen, wenn die beteiligten Investmentfonds jeweils aufsichtsrechtlich als Spezial-AIF einzustufen sind (§ 281 Absatz 1 KAGB), steuerrechtlich jedoch nicht sämtliche beteiligten Investmentfonds die Voraussetzungen eines Spezial-Investmentfonds nach den §§ 26 f. InvStG erfüllen. Ebenfalls nicht von den Regelungen des § 23 InvStG erfasst werden Fälle, in denen ein Investmentfonds auf einen Rechtsträger verschmolzen wird, der nicht dem Investmentsteuergesetz unterliegt.

b. Besteuerung nach allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen

23.5 In den Fällen, in denen § 23 InvStG nicht anwendbar ist, gelten die allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen. Auf Ebene des übertragenden Investmentfonds wird ein Veräußerungsvorgang, auf Ebene des Übernehmenden ein Anschaffungsvorgang verwirklicht (vgl. BStBl 2011 I S. 1314, Rz. 00.02). Der Besteuerung auf Ebene des übertragenden Investmentfonds unterliegen nur solche Veräußerungsvorgänge, die unter den Katalog des § 6 Absatz 2 InvStG fallen (Rzn. 6.4 ff.).

23.6 Die Anleger des übertragenden Investmentfonds verwirklichen durch den Untergang der bisherigen Anteile und die Zuweisung neuer Anteile am übernehmenden Investmentfonds sowohl einen erfolgswirksamen Veräußerungsvorgang zum gemeinen Wert der untergehenden Anteile als auch eine Anschaffung der neu ausgegebenen Anteile am übernehmenden Investmentfonds (vgl. BStBl 2011 I S. 1314, Rz. 00.03). § 20 Absatz 4a EStG ist insoweit nicht anzuwenden (vgl. BStBl 2016 I S. 85, Rz. 100).

23.1. Verschmelzung inländischer Investmentfonds – Auswirkungen auf Ebene der beteiligten Investmentfonds (§ 23 Absatz 1 und 2 InvStG)

23.7 Der übertragende Investmentfonds hat nach § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 InvStG die zu übertragenden Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zum Übertragungsstichtag mit den fortgeführten Anschaffungskosten anzusetzen. Der Verschmelzungsvorgang vollzieht sich steuerrechtlich erfolgsneutral. Der übernehmende Investmentfonds setzt die im Zuge der Verschmelzung übernommenen Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten nach § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 InvStG ebenfalls mit den fortgeführten Anschaffungskosten des übertragenden Investmentfonds an. Er tritt nach § 23 Absatz 2 InvStG in die steuerliche Rechtsstellung des übertragenden Investmentfonds ein.

a. Umfasste Vorgänge

23.8 § 23 Absatz 1 Satz 1 InvStG bestimmt die umfassten Verschmelzungsvorgänge durch Verweis auf die aufsichtsrechtlichen Regelungen zur Verschmelzung inländischer offener Publikumsinvestmentvermögen nach den §§ 181 bis 191 KAGB. Verschmelzung in diesem Sinne umfasst sowohl die Verschmelzung durch Aufnahme (§ 1 Absatz 19 Nummer 37 Buchstabe a KAGB) als auch die Verschmelzung durch Neugründung (§ 1 Absatz 19 Nummer 37 Buchstabe b KAGB). An der Verschmelzung durch Neugründung sind zwei oder mehr übertragende Investmentfonds und ein neuer, dadurch gegründeter übernehmender Investmentfonds beteiligt.

23.9 § 23 Absatz 1 InvStG gilt für Verschmelzungsvorgänge inländischer Investmentfonds i. S. d. § 1 InvStG, auf die die §§ 181 bis 191 KAGB unmittelbar oder entsprechend anwendbar sind. Danach ist § 23 Absatz 1 InvStG auch auf die Verschmelzung von Spezial-AIF (§ 281 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 und 3 KAGB) anzuwenden. Enthält das Kapitalanlagegesetzbuch keine spezifischen Regelungen zur Verschmelzung von inländischen Investmentfonds i. S. d. § 1 InvStG (z. B. bei geschlossenen Investmentvermögen i. S. d. § 1 Absatz 1 i. V. m. Absatz 5 KAGB), die (partiell) auf die Regelungen der §§ 181 bis 191 KAGB verweisen, ist § 23 Absatz 1 bis 3 InvStG nicht anzuwenden.

23.10 Sind die an einer Verschmelzung beteiligten inländischen Investmentfonds jeweils Rechtsträger i. S. d. § 3 Absatz 1 und 2 UmwG (z. B. inländische Investmentaktiengesellschaften in den Fällen des § 191 KAGB), geht § 23 Absatz 1 InvStG den Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes vor. Dies gilt auch in den Fällen des § 281 KAGB.

23.11 Die Wirksamkeit der Verschmelzung von Sondervermögen setzt nach § 189 Absatz 1 Nummer 1 i. V. m. § 182 Absatz 1 KAGB eine Genehmigung der BaFin voraus. Das Gleiche gilt für die Verschmelzung mit Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital (§ 191 Absatz 1 oder 3 KAGB). Liegt diese Genehmigung vor und sind auch eventuelle Nebenbestimmungen der Genehmigung erfüllt, können die Finanzbehörden die aufsichtsrechtlichen Voraussetzungen für eine Verschmelzung als gegeben ansehen.

23.12 Bei der Verschmelzung offener inländischer Spezial-AIF ist nach § 281 Absatz 1 Satz 2 (i. V. m. Absatz 2 oder 3) KAGB aufsichtsrechtlich keine Genehmigung durch die BaFin vorgesehen. Die Finanzbehörden haben daher die aufsichtsrechtlichen Vorgaben für eine wirksame Verschmelzung zu prüfen. In diesen Fällen kann regelmäßig den Prüfungsergebnissen nach § 185 Absatz 1 und 2 KAGB gefolgt werden.

b. Folgen auf Ebene des übertragenden Investmentfonds

23.13 Der übertragende Investmentfonds hat die zu übertragenden Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zum Geschäftsjahresende für Zwecke der steuerlichen Einkünfteermittlung mit den fortgeführten Anschaffungskosten anzusetzen. Die Verschmelzung hat keine Auswirkungen auf die investmentsteuerrechtliche Einkünfteermittlung, so dass es nicht zu einer Aufdeckung stiller Reserven oder Lasten kommt.

23.14 Nach § 23 Absatz 1 Satz 2 InvStG gilt ein nach § 189 Absatz 2 Satz 1 KAGB bestimmter Übertragungsstichtag als Geschäftsjahresende des übertragenden Investmentfonds. Dies kann ein vom regulären Geschäftsjahresende abweichender Tag sein. In diesem Fall ist für steuerrechtliche Zwecke ein Rumpfgeschäftsjahr zu bilden.

c. Folgen auf Ebene des übernehmenden Investmentfonds

23.15 Der übernehmende Investmentfonds tritt nach § 23 Absatz 2 InvStG in die steuerliche Rechtsstellung des übertragenden Investmentfonds ein. Er hat die übernommenen Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten an dem Tag, der auf den Übertragungsstichtag folgt, mit den fortgeführten Anschaffungskosten des übertragenden Investmentfonds anzusetzen (§ 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 InvStG). Des Weiteren sind dem übernehmenden Investmentfonds die bisherigen Haltedauern des übertragenden Investmentfonds zuzurechnen und er hat die AfA nach den gleichen Methoden und ausgehend von der gleichen Bemessungsgrundlage, die vom übertragenden Investmentfonds zu Grunde gelegt wurden, anzusetzen. Vorhandene Verlustvorträge des übertragenden Investmentfonds nach § 6 Absatz 8 InvStG (Rz. 6.51) gehen auf den übernehmenden Investmentfonds als Rechtsnachfolger über.

d. Ausnahmen vom Erfordernis der Fortführung der Anschaffungskosten

23.16 Der Ansatz der übernommenen Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten hat bei Investmentfonds, die die Voraussetzungen eines OGAW (Rz. 1.15) erfüllen (OGAW-Investmentfonds), keine Auswirkungen auf die Besteuerung des Investmentfonds und der Anleger. Bei OGAW-Investmentfonds ist es daher nicht zu beanstanden, wenn die Anschaffungskosten nicht fortgeführt werden. Bei anderen Investmentfonds ist die Fortführung der Anschaffungskosten nicht als zwingende Voraussetzung für eine steuerneutrale Verschmelzung zu betrachten, wenn im Zeitpunkt der Verschmelzung sowohl der übertragende als auch der übernehmende Investmentfonds keine Vermögensgegenstände halten, die bei Veräußerung einer Besteuerung nach § 6 InvStG unterliegen würden.

23.2. Verschmelzung inländischer Investmentfonds – Auswirkungen auf Ebene der Anleger (§ 23 Absatz 3 InvStG)

23.17 Die Verschmelzung von inländischen Investmentfonds, auf die § 23 Absatz 1 InvStG Anwendung findet, führt auf Ebene der bisherigen Anleger des übertragenden Investmentfonds grundsätzlich nicht zu einer Erfolgsrealisation. Die neu ausgegebenen Anteile am übernehmenden Investmentfonds stellen kein Entgelt für die untergehenden Anteile am übertragenden Investmentfonds dar (§ 23 Absatz 3 Satz 1 InvStG). Die erworbenen Anteile am übernehmenden Investmentfonds treten in die Rechtsposition der untergehenden Investmentanteile ein. Handelt es sich bei den untergehenden Investmentanteilen um bestandsgeschützte Alt-Anteile i. S. d. § 56 Absatz 6 Satz 1 InvStG (Rz. 56.93), geht dieser Status auf die neu ausgegebenen Anteile am übernehmenden Investmentfonds über.

23.18 Der Anleger hat die Anschaffungskosten der Anteile am übertragenden Investmentfonds für die erworbenen Anteile am übernehmenden Investmentfonds fortzuführen. Wurden die Anteile am übertragenden Investmentfonds in der Steuerbilanz mit einem unter den Anschaffungskosten liegenden Teilwert angesetzt (§ 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG), sind die Voraussetzungen für eine Wertaufholung gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 i. V. m. Nummer 1 Satz 4 EStG unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse der erworbenen Anteile am übernehmenden Investmentfonds zu prüfen.

23.19 Die Vorabpauschale nach § 18 InvStG ist im Falle einer Verschmelzung aus Vereinfachungsgründen nur auf die Anteile am übernehmenden Investmentfonds anzuwenden. Der Erwerb der Anteile am übernehmenden Investmentfonds ist als Erwerb i. S. d. § 18 Absatz 2 InvStG zu betrachten. Für die Ermittlung der Höhe der Vorabpauschale bleiben Ausschüttungen des untergegangenen Investmentfonds unberücksichtigt.

23.20 Beispiel:

Wenn eine Verschmelzung des A-Investmentfonds auf den B-Investmentfonds zum 01.07. erfolgt, mindert sich die Vorabpauschale um 6/12. Eine Ausschüttung des A-Investmentfonds in der ersten Jahreshälfte ist unbeachtlich; dagegen fließen alle Ausschüttungen des B-Investmentfonds – auch wenn sie in der ersten Jahreshälfte vorgenommen wurden – in die Ermittlung der Vorabpauschale ein.

23.21 Die Vereinfachungsregelung gilt nicht, wenn die Verschmelzung zum 31. Dezember eines Kalenderjahres erfolgt. In diesem Fall ist die Vorabpauschale auf Basis der Werte des untergegangenen Investmentfonds zu ermitteln.

a. Auswirkungen von Barzahlungen nach § 190 KAGB

23.22 Nach § 190 Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 Nummer 2 KAGB haben die Anleger des übertragenden Investmentfonds Anspruch auf eine Barzahlung im Umfang von bis zu 10 % des Werts ihrer Anteile am übertragenden Investmentfonds, sofern dies im Verschmelzungsplan i. S. d. § 184 KAGB vorgesehen ist. Dieser Anspruch besteht nach § 190 Absatz 1 Nummer 2 KAGB bei einer Verschmelzung durch Aufnahme nach § 1 Absatz 19 Nummer 37 Buchstabe a KAGB nicht, soweit der übernehmende Investmentfonds Ziel-Investmentanteile am übertragenden Investmentfonds hielt. Die Barzahlung gilt nach § 23 Absatz 3 Satz 3 InvStG als Ertrag nach § 16 Absatz 1 Nummer 1 InvStG. Auf sie ist ggf. diejenige Teilfreistellung nach § 20 InvStG anwendbar, deren Voraussetzungen der übertragende Investmentfonds erfüllt.

b. Abweichende Teilfreistellungssätze der an der Verschmelzung beteiligten Investmentfonds

23.23 Bei einer Änderung des Teilfreistellungssatzes nach § 20 InvStG oder bei Wegfall der Voraussetzungen für eine Teilfreistellung, gelten die Investmentanteile nach § 22 Absatz 1 Satz 1 InvStG als veräußert und am Folgetag als angeschafft. Weicht der anzuwendende Teilfreistellungssatz des übertragenden von demjenigen des übernehmenden Investmentfonds ab, löst dies die Rechtsfolgen des § 22 Absatz 1 Satz 1 InvStG aus. Diese Veräußerungsfiktion lässt jedoch die Wirksamkeit der Verschmelzung nach § 23 InvStG und deren Rechtsfolgen auf Anlegerebene unberührt.

23.24 Beispiel:

Privatanleger A hält 750 Investmentanteile am inländischen X-Investmentfonds (Anschaffungskosten 50.000 €). Die Voraussetzungen für eine Teilfreistellung nach § 20 Absatz 1 Satz 1 InvStG liegen vor. Der X-Investmentfonds wird unter den Voraussetzungen des § 23 Absatz 1 InvStG zum Übertragungsstichtag auf den inländischen Z-Investmentfonds verschmolzen. A erhält im Zuge der Verschmelzung 700 Anteile am übernehmenden Z-Investmentfonds (Rücknahmepreis je Anteil: 100 €), die zu Beginn des (§ 190 Absatz 3 KAGB) als an ihn ausgegeben gelten. Für die Investmenterträge des Z-Investmentfonds liegen die Voraussetzungen des § 20 InvStG nicht vor.

Die Ausgabe der Anteile am übernehmenden Z-Investmentfonds führt nach § 23 Absatz 3 Satz 1 InvStG auf Ebene des A nicht bereits zu einer Erfolgsrealisation. Die neu ausgegebenen Anteile treten an die Stelle der Anteile am X-Investmentfonds (§ 23 Absatz 3 Satz 2 InvStG). Hierauf hat die fiktive Veräußerung nach § 22 InvStG keine Auswirkung.

Nach § 22 Absatz 1 Satz 1 InvStG gelten die Anteile am Z-Investmentfonds jedoch am zum Veräußerungserlös von 70.000 € (§ 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 InvStG) als veräußert. A erzielt somit einen fiktiven Veräußerungsgewinn von 20.000 €, der bei tatsächlicher Veräußerung der Anteile am Z-Investmentfonds als zugeflossen gilt (§ 22 Absatz 3 InvStG). Nach § 23 Absatz 3 Satz 2 InvStG ist auf den fiktiven Veräußerungsgewinn von 20.000 € die Teilfreistellung der Anteile am übertragenden X-Investmentfonds i. H. v. 30 % anzuwenden.

23.3. Verschmelzung ausländischer Investmentfonds (§ 23 Absatz 4 InvStG)

23.25 Nach § 23 Absatz 4 InvStG gelten die Bestimmungen des § 23 Absatz 1 bis 3 InvStG für die Verschmelzung inländischer Investmentfonds entsprechend für die Verschmelzung ausländischer Investmentfonds miteinander, wenn diese demselben Recht eines Amts- und Beitreibungshilfe leistenden Staats i. S. d. § 2 Absatz 15 InvStG unterliegen. Der ausländische Verschmelzungsvorgang muss inhaltlich den Vorgaben des § 23 Absatz 1 Satz 1 InvStG i. V. m. den §§ 181 bis 191 KAGB entsprechen. Diese Voraussetzungen sind insbesondere bei Verschmelzungen nach Artikel 37 bis 48 der OGAW-Richtlinie erfüllt. Liegt eine Genehmigung nach Artikel 39 Absatz 1 der OGAW-Richtlinie vor, können die zuständigen Finanzbehörden das Vorliegen der aufsichtsrechtlichen Voraussetzungen für eine Verschmelzung als gegeben ansehen. Im Übrigen haben die Finanzbehörden die Wirksamkeit des Verschmelzungsvorgangs und dessen Vergleichbarkeit mit den §§ 181 bis 191 KAGB zu prüfen.

23.26 Die Ausnahmen vom Erfordernis der Fortführung der Anschaffungskosten (Rz. 23.16) gelten auch für Verschmelzungen von ausländischen Investmentfonds.

23.27 Die grenzüberschreitende Verschmelzung ausländischer Investmentfonds ist hingegen nicht Gegenstand des § 23 Absatz 4 InvStG. Es gelten die allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen für die Besteuerung der beteiligten ausländischen Investmentfonds sowie der in Deutschland (beschränkt) steuerpflichtigen Anleger des übertragenden Investmentfonds.

24. Kein Wechsel zu den Besteuerungsregelungen für Spezial-Investmentfonds (§ 24 InvStG)

24.1 Hat ein Investmentfonds oder haben seine Anleger den Besteuerungsregelungen nach Kapitel 2 des Investmentsteuergesetzes (§§ 6 bis 24 InvStG) unterlegen, kommt ein Wechsel in das Besteuerungsregime für Spezial-Investmentfonds nach Kapitel 3 (§§ 25 bis 52 InvStG) nicht in Betracht. Es ist somit unbeachtlich, ob der Investmentfonds zu einem späteren Zeitpunkt die Voraussetzungen für einen Spezial-Investmentfonds erfüllt oder nur die von Anfang an bestehenden Voraussetzungen des Kapitels 3 zu einem Zeitpunkt geltend macht, in dem er bereits der Besteuerung nach Kapitel 2 unterlegen hat.

24.2 Ein Investmentfonds hat der Besteuerung nach Kapitel 2 des Investmentsteuergesetzes insbesondere dann unterlegen, wenn ihm Kapitalertragsteuer nach § 7 Absatz 5 Satz 2 InvStG (Rzn. 7.27 f.) oder § 11 InvStG erstattet wurde.

24.3 Die Anleger haben der Besteuerung nach Kapitel 2 des Investmentsteuergesetzes unterlegen, wenn der Kapitalertragsteuerabzug nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 9 EStG vorgenommen wurde oder in einer formell bestandskräftigen Steuerfestsetzung Investmenterträge nach § 16 InvStG i. V. m. § 20 Absatz 1 Nummer 3 EStG zu Grunde gelegt wurden.

25. bis 49. (einstweilen frei)

50. Kapitalertragsteuer (§ 50 InvStG)

50.1. Abzugsverpflichtung durch den Spezial-Investmentfonds (§ 50 Absatz 1 InvStG)
a. Entrichtungspflichtiger (§ 50 Absatz 1 Satz 1 InvStG)

50.1 Der inländische Spezial-Investmentfonds hat als Entrichtungspflichtiger einen Kapitalertragsteuerabzug i. H. v. 15 % vorzunehmen. Demgegenüber erfolgt der Steuerabzug bei Investmentfonds durch die auszahlende Stelle i. S d. § 44 Absatz 1 Satz 4 Nummer 1 und 4 EStG (inländisches Kreditinstitut des Anlegers). Wenn ein Entrichtungspflichtiger für die Einstufung als Investmentfonds oder als Spezial-Investmentfonds auf Informationen von Finanzinformationsdienstleistern abstellt, muss er sich schuldhaftes Verhalten des Finanzinformationsdienstleisters bei einer fehlerhaften Einstufung zurechnen lassen und ggf. für einen unterlassenen Kapitalertragsteuerabzug haften.

b. Ausgeschüttete und ausschüttungsgleiche Erträge (§ 50 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 InvStG)

50.2 Dem Steuerabzug unterliegen die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge.

50.3 Die ausschüttungsgleichen Erträge gelten dem Anleger nach § 36 Absatz 4 Satz 2 InvStG mit Ablauf des Geschäftsjahres als zugeflossen, in dem sie von dem Spezial-Investmentfonds vereinnahmt wurden. Die Zurechnung der ausschüttungsgleichen Erträge erfolgt ungeachtet einer vorherigen Anteilsveräußerung. Der Steuerabzug ist auch bei einer Anteilsveräußerung grundsätzlich am Geschäftsjahresende vorzunehmen. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn ein Spezial-Investmentfonds bereits im Zeitpunkt der Veräußerung von Spezial-Investmentanteilen von einem Zufluss der ausschüttungsgleichen Erträge ausgeht, einen Steuerabzug vornimmt und eine Steuerbescheinigung ausstellt.

50.4 Die auf ausschüttungsgleiche Erträge einbehaltene Kapitalertragsteuer ist nach § 44 Absatz 1 Satz 5 EStG bis zum Zehnten des Folgemonats abzuführen. Wird innerhalb von vier Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres eine Ausschüttung hinsichtlich eines Teils der ansonsten als ausschüttungsgleich geltenden Erträge vorgenommen, wird es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn die auf die verbleibenden ausschüttungsgleichen Erträge einzubehaltende Kapitalertragsteuer erst zum Zeitpunkt der Anmeldung und Abführung der auf die ausgeschütteten Erträge einzubehaltenden Kapitalertragsteuer angemeldet und abgeführt wird. Die auf die zum Geschäftsjahresende als zugeflossen geltenden ausschüttungsgleichen Erträge einzubehaltende Kapitalertragsteuer und die auf die ausgeschütteten Erträge einzubehaltende Kapitalertragsteuer sind insoweit gesondert anzumelden und abzuführen. D. h. für die mit Ablauf des Geschäftsjahres als zugeflossen geltenden ausschüttungsgleichen Erträge ist die Kapitalertragsteuer für den Anmeldezeitraum, in dem das Geschäftsjahr des Spezial-Investmentfonds endet, und für die ausgeschütteten Erträge für den Anmeldezeitraum, in dem die Ausschüttung vorgenommen wurde, anzumelden.

50.5 Soweit Bestandteile der ausgeschütteten oder ausschüttungsgleichen Erträge nach § 43 Absatz 1 und 2 InvStG von der Besteuerung freizustellen sind, sind diese bei der Bemessung der Kapitalertragsteuer herauszurechnen. Hierbei handelt es sich um

  • steuerbefreite Erträge aufgrund eines DBA sowie

  • steuerbefreite Erträge nach § 3 Nummer 41a EStG

    (Hinzurechnungsbeträge nach dem AStG).

50.6 Sind die inländischen Beteiligungseinnahmen bei nicht ausgeübter Transparenzoption in den ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen enthalten, wird es nicht beanstandet, wenn der nach § 42 Absatz 4 InvStG steuerfreie Anteil ebenfalls nicht dem Steuerabzug unterworfen wird. Entsprechendes gilt für den steuerfreien Anteil nach § 42 Absatz 5 InvStG und die Teilfreistellung nach § 43 Absatz 3 InvStG. Bei Anwendung der Teilfreistellung nach § 43 Absatz 3 InvStG ist es nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen des Steuerabzugs der für Privatanleger geltende Teilfreistellungssatz angewendet wird.



50.7 Da die dem Anleger aufgrund einer ausgeübten Transparenzoption direkt zuzurechnenden Erträge i. S. d. § 30 InvStG nicht zu den ausgeschütteten oder den ausschüttungsgleichen Erträgen gehören und dem Anleger die Erträge und die hierauf entfallenden Abzugsbeträge insoweit unmittelbar zuzurechnen sind, ist hierauf kein (weiterer) Steuerabzug nach § 50 Absatz 1 InvStG vorzunehmen.

c. Gewinn aus der Veräußerung eines Spezial-Investmentanteils (§ 50 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 InvStG)

50.8 Der Gewinn aus der Veräußerung eines Spezial-Investmentanteils unterliegt ab 2018 generell der Abzugsverpflichtung durch den inländischen Spezial-Investmentfonds. Es wird nicht beanstandet, dass in entsprechender Anwendung des § 43 Absatz 2 Satz 3 EStG ein Steuerabzug unterbleibt, wenn der Anleger eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. d. § 43 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 EStG ist oder die Anteile im Betriebsvermögen gehalten werden und die Voraussetzungen des § 43 Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 EStG erfüllt werden. In diesen Fällen kann auf die Abgabe einer Kapitalertragsteuer-Anmeldung verzichtet werden. Bei Anteilen im Privatvermögen ist generell ein Steuerabzug vorzunehmen.

50.2. Ausländische Steuern und einkommensteuerliche Vorschriften (§ 50 Absatz 2 InvStG)
a. Ausländische Steuern (§ 50 Absatz 2 Satz 1 InvStG)

50.9 Die zu erhebende Kapitalertragsteuer mindert sich in dem Umfang, in dem ausländische Steuern nach § 47 InvStG anzurechnen sind. Sofern die mit ausländischen Steuern belasteten Erträge aufgrund der Regelung in § 50 Absatz 3 InvStG nicht dem Steuerabzug unterliegen, ist eine Berücksichtigung ausländischer Steuern nach § 50 Absatz 2 Satz 1 InvStG ausgeschlossen.

50.10 Da die Erträge generell im Veranlagungsverfahren zu erfassen sind (auch für Privatanleger erfolgt nach § 34 Absatz 2 Satz 1 InvStG eine tarifliche Besteuerung der Erträge aus Spezial-Investmentfonds), wird es nicht beanstandet, wenn die Berücksichtigung der ausländischen Steuern im Steuerabzugsverfahren unterbleibt. In diesem Fall sind die ausländischen Steuern in der Steuerbescheinigung in der Zeile „Summe der anrechenbaren noch nicht angerechneten ausländischen Steuer” auszuweisen ( BStBl 2018 I S. 13, Muster II).

b. Einkommensteuerliche Normen (§ 50 Absatz 2 Satz 2 InvStG)

50.11 Für den Steuerabzug des Spezial-Investmentfonds nach § 50 InvStG sind die einkommensteuerlichen Regelungen zum Steuerabzug für Zinsen nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 und Satz 2 EStG entsprechend anzuwenden.

Dies gilt für:

Zur entsprechenden Anwendung des § 43 Absatz 2 Satz 3 EStG auf Veräußerungsgewinne siehe Rz. 50.8.

50.3. Ausnahmen von der Abzugsverpflichtung für bestimmte Anleger (§ 50 Absatz 3 InvStG)

50.12 Durch die entsprechende Anwendung des § 43 Absatz 2 Satz 3 bis 8 EStG ist bei ausgeschütteten Erträgen aus einem inländischen Spezial-Investmentfonds insoweit vom Steuerabzug abzusehen, als Erträge i. S. d. § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 und 8 bis 12 und Satz 2 EStG angefallen sind. Voraussetzung dafür ist, dass der Anleger entweder eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. d. § 1 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 und 6 KStG oder i. S. d. § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 KStG ist und die Bescheinigung seines Finanzamts vorliegt oder ein anderer Anleger die Freistellungserklärung gemäß § 43 Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 EStG hinsichtlich des Depots abgibt, in dem die auszahlende Stelle den Spezial-Investmentanteil verwahrt.

Es wird nicht beanstandet, wenn die Regelung des § 50 Absatz 3 InvStG auch für ausschüttungsgleiche Erträge eines Spezial-Investmentfonds angewendet wird.

51. bis 55. (einstweilen frei)

56. Anwendungs- und Übergangsvorschriften (§ 56 InvStG)

56.1. Übergangszeitpunkt, Rumpfgeschäftsjahre (§ 56 Absatz 1 InvStG)
a. Anwendung des neuen Rechts

56.1 Nach § 56 Absatz 1 Satz 1 InvStG ist das Investmentsteuergesetz in der am geltenden Fassung (neues Recht) ab dem anzuwenden.

b. Anwendung des alten Rechts

56.2 Für Veranlagungszeiträume 2004 bis einschließlich 2017 richtet sich nach § 56 Absatz 1 Satz 2 InvStG die Besteuerung weiterhin nach dem Investmentsteuergesetz in der ab dem bis einschließlich geltenden Fassung (InvStG 2004 = altes Recht). Die zum alten Recht ergangenen Verwaltungsanweisungen, insbesondere das (BStBl 2009 I S. 931, in der jeweils geltenden Fassung) sind für diese Zwecke weiterhin anzuwenden.

56.3 Das alte Recht ist auch auf Unterschiedsbeträge i. S. d. § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 und § 13 Absatz 4a Satz 2 InvStG 2004 anzuwenden, die im Kalenderjahr 2017 endende Geschäftsjahre eines Investmentfonds betreffen, die aber erst nach dem im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Diese nach altem Recht ermittelten Unterschiedsbeträge gelten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 8 und § 13 Absatz 4b Satz 1 InvStG 2004 in dem Veranlagungszeitraum als zugeflossen, in dem sie im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Die Unterschiedsbeträge unterliegen nicht dem Kapitalertragsteuerabzug. Der Anleger ist jedoch verpflichtet, die Unterschiedsbeträge im Rahmen des Veranlagungsverfahrens zu erklären, wenn die zu Lasten des Anlegers anzusetzenden Unterschiedsbeträge mindestens 500 € betragen (§ 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 10 und § 13 Absatz 4b Satz 3 InvStG 2004).

56.4 Die Übergangsregelungen sehen keine Fortgeltung des alten Rechts für ausgeschüttete Erträge vor, die aus vor dem endenden Geschäftsjahren stammen. Daher unterliegen alle Ausschüttungen, die ein Investmentfonds ab dem vornimmt, dem neuen Recht.

c. Rumpfgeschäftsjahr

56.5 § 56 Absatz 1 Satz 3 InvStG fingiert bei Investmentfonds und Kapital-Investitionsgesellschaften mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Geschäftsjahr ein zum endendes Rumpfgeschäftsjahr. Durch diese Fiktion soll für alle Investmentvermögen (mit Ausnahme der Personen-Investitionsgesellschaften) ein einheitlicher zeitlicher Übergang zum neuen Recht geschaffen werden.

56.6 Bis einschließlich angefallene ordentliche Alterträge (Rz. 56.122) gelten nach § 56 Absatz 7 Satz 1 InvStG mit Ablauf des als zugeflossen, sofern sie nicht vor dem ausgeschüttet werden (Rzn. 56.109 ff.). Bei Anlegern von Spezial-Investmentfonds gelten die ausschüttungsgleichen Erträge unter den Voraussetzungen des § 56 Absatz 7 Satz 2 InvStG (Rzn. 56.112 ff.) am als zugeflossen.

56.7 Bei Kapital-Investitionsgesellschaften kann es sein, dass diese anstelle des Geschäftsjahres ein Wirtschaftsjahr haben. Auch bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ist von einem zum endenden Rumpfwirtschaftsjahr auszugehen. Diese Fiktion gilt auch für die Zwecke des § 10 AStG, so dass nach Ablauf des gesetzlich fingierten Endes des Rumpfwirtschaftsjahres ein Hinzurechnungsbetrag zufließen kann (§ 10 Absatz 2 Satz 1 AStG).

d. Fristverlängerung zur Veröffentlichung der Besteuerungsgrundlagen und zur Abgabe der Feststellungserklärung

56.8 § 56 Absatz 1 Satz 4 InvStG verlängert die Frist für die Veröffentlichung der Besteuerungsgrundlagen für die oben angeführten Rumpfgeschäftsjahre (Rz. 56.5) von vier auf zwölf Monate. Durch diese Verlängerung soll eine Möglichkeit geschaffen werden, den sich zum Jahresende 2017 zusammenballenden Aufwand für die Erstellung und Testierung von Besteuerungsgrundlagen zeitlich zu strecken. Aufgrund dieses Zweckes ist § 56 Absatz 1 Satz 4 InvStG über seinen Wortlaut hinaus auch auf Investmentfonds mit kalenderjahrgleichem Geschäftsjahr anzuwenden. Ebenfalls aufgrund dieses Zweckes ist es nicht zu beanstanden, wenn abweichend von § 13 Absatz 2 Satz 1 InvStG 2004 die Investmentgesellschaft spätestens zwölf Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres eine Erklärung zur gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen abgibt.

56.9 Nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 InvStG 2004 hat die Investmentgesellschaft die Besteuerungsgrundlagen zusammen mit dem Jahresbericht zu veröffentlichen. Das Aufsichtsrecht sieht vor, dass der Jahresbericht spätestens vier Monate nach dem Ende des Geschäftsjahres zu erstellen ist (§ 101 Absatz 1 Satz 1 KAGB); für Rumpfgeschäftsjahre ist kein Jahresbericht vorgesehen. Da die Verlängerung der Frist für die Veröffentlichung der Besteuerungsgrundlagen ansonsten leer laufen würde oder der Jahresbericht zweimal veröffentlicht werden müsste und es unangemessen wäre, nur für steuerrechtliche Zwecke einmalig einen Jahresbericht für ein Rumpfgeschäftsjahr zu verlangen, ist es nicht zu beanstanden, wenn bei einem Rumpfgeschäftsjahr nach § 56 Absatz 1 Satz 3 InvStG kein Jahresbericht veröffentlicht und bei einer Inanspruchnahme der Fristverlängerung nach § 56 Absatz 1 Satz 4 InvStG der Jahresbericht bereits vor den Besteuerungsgrundlagen veröffentlicht wird.

e. Erträge aus dem Rumpfgeschäftsjahr und aus früheren Geschäftsjahren

56.10 Wenn ein Ausschüttungsbeschluss für im Kalenderjahr 2017 endende Geschäftsjahre gefasst wird, unterliegen die im Kalenderjahr 2018 vorgenommenen Ausschüttungen dem neuen Recht (Rz. 56.4). Mithin ist bei Investmentfonds nicht der ausgeschüttete Ertrag i. S. d. § 1 Absatz 3 Satz 2 InvStG 2004, sondern grundsätzlich der volle Ausschüttungsbetrag (§ 2 Absatz 11 InvStG) zu versteuern. Auf den vollen Ausschüttungsbetrag ist ggf. die Teilfreistellung nach § 20 InvStG anzuwenden. Die für die ausschüttungsgleichen Erträge von den Investmentfonds den auszahlenden Stellen zur Verfügung gestellte Steuerliquidität unterliegt dem altem Recht.

56.11 Ab dem ist eine steuerfreie Ausschüttung der ausschüttungsgleichen Erträge aus vor dem endenden (Rumpf-)Geschäftsjahren grundsätzlich nicht mehr möglich (zur Ausnahme hiervon siehe § 56 Absatz 7 Satz 4 InvStG, Rz. 56.121). Die bereits im Veranlagungszeitraum 2017 oder in früheren Veranlagungszeiträumen als zugeflossen geltenden ausschüttungsgleichen Erträge werden jedoch grundsätzlich steuermindernd bei der Ermittlung des Gewinns aus der fiktiven Veräußerung zum berücksichtigt.

56.12 Nicht realisierte Wertsteigerungen von Kapitalforderungen i. S. d. § 1 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 Buchstabe a bis f InvStG 2004, die durch Veräußerung ab dem realisiert werden, gehören bei einem Spezial-Investmentfonds zu den steuerfrei thesaurierbaren Kapitalerträgen nach § 36 Absatz 2 Nummer 2 InvStG.

56.13 Es ist nicht zu beanstanden, wenn ein Investmentfonds, für den nach § 56 Absatz 1 Satz 3 InvStG ein Rumpfgeschäftsjahr zu bilden ist, zur Ermittlung der zum zuzurechnenden ausschüttungsgleichen Erträge sowie der anderen steuerlichen Werte nach § 5 Absatz 1 InvStG 2004 auf den Durchschnitt seiner Werte nach § 5 Absatz 1 InvStG 2004 der letzten zwei Geschäftsjahre abstellt (vereinfachtes Verfahren). Dabei ist grundsätzlich die Summe der ausschüttungsgleichen Erträge zuzüglich der ausgeschütteten Erträge, die im Falle einer Thesaurierung ausschüttungsgleiche Erträge darstellen würden, der letzten zwei Geschäftsjahre maßgebend. Vorabausschüttungen mindern den anzusetzenden Durchschnittswert. Bei Rumpfgeschäftsjahren ist der Durchschnitt der vorherigen Geschäftsjahre zeitanteilig anzusetzen; d. h. bei einem Rumpfgeschäftsjahr vom bis ist ein Viertel des Durchschnittswerts anzusetzen. Sofern nur die Daten für ein vorheriges Geschäftsjahr des Investmentfonds verfügbar sind, ist auf dieses Geschäftsjahr abzustellen. Fehlen Daten auch zu dem vorherigen Geschäftsjahr, so wird es nicht beanstandet, wenn der Investmentfonds die Höhe der ausschüttungsgleichen Erträge schätzt.

56.14 Ausschüttungsgleiche Erträge i. S. d. § 1 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 4 InvStG 2004 können sowohl bei thesaurierenden als auch bei ausschüttenden Investmentfonds anfallen. Zu den ausschüttungsgleichen Erträgen gehören auch die ordentlichen Alterträge i. S. d. § 56 Absatz 7 Satz 1 und 5 InvStG (Rzn. 56.109 und 56.122).

56.15 Der Investmentfonds hatte die im vereinfachten Verfahren (Rz. 56.13) ermittelten Werte nach § 5 Absatz 1 InvStG 2004 bis zum zu veröffentlichen. Wenn die im vereinfachten Verfahren ermittelten Werte von den tatsächlichen Werten abweichen, hat der Investmentfonds grundsätzlich ein Korrekturverfahren nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 5 ff. oder § 13 Absatz 4a und 4b InvStG 2004 durchzuführen. Hierzu hat der Investmentfonds entsprechende Unterschiedsbeträge bis zum zu veröffentlichen. Es wird nicht beanstandet, dass ein Korrekturverfahren unterbleibt, wenn die nachfolgend genannten tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen nicht um mehr als 30 % von den im vereinfachten Verfahren ermittelten Werten abweichen:

Übersteigt die Abweichung bei einem dieser Werte die 30 %-Grenze, so ist ein Korrekturverfahren durchzuführen.

56.16 Die Anwendung des vereinfachten Verfahrens ist nur einheitlich für alle durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft verwalteten Investmentfonds, bei denen nach § 56 Absatz 1 Satz 3 InvStG ein Rumpfgeschäftsjahr zu bilden ist, zulässig.

56.17 Wenn Anteile tatsächlich veräußert werden, bevor dem Entrichtungspflichtigen die Besteuerungsgrundlagen für das mit Ablauf des endende (Rumpf-) Geschäftsjahr vorliegen, ist der Kapitalertragsteuerabzug zunächst aufgrund von Schätzwerten i. S. d. Rz. 139 des (BStBl 2009 I S. 931) vorzunehmen (zur Verlängerung der Bekanntmachungsfrist für die Besteuerungsgrundlagen siehe Rz. 56.8). Wenn anschließend die Besteuerungsgrundlagen veröffentlicht werden, hat der Entrichtungspflichtige zu viel erhobene Kapitalertragsteuer zu erstatten und bei zu geringem Steuerabzug eine Nacherhebung vorzunehmen. Stellt der Steuerpflichtige den zur Erhebung der Kapitalertragsteuer erforderlichen Geldbetrag nicht zur Verfügung, hat der Entrichtungspflichtige dies dem für ihn zuständigen Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen (§ 44 Absatz 1 Satz 10 EStG).

f. Effektive Stücke von Inhaberanteilscheinen

56.18 Nach § 97 Absatz 1 Satz 2 KAGB müssen Inhaberanteilscheine einer Wertpapiersammelbank zur Sammelverwahrung anvertraut werden. Inhaberanteilscheine sind Wertpapiere, die nach § 95 Absatz 1 Satz 1 KAGB Anteile an einem Sondervermögen verbriefen und bei denen der jeweilige Inhaber des Wertpapiers das verbriefte Recht geltend machen kann (sie enthalten also im Gegensatz zu Namensanteilscheinen nicht den Namen des Berechtigten). Ein Anteilschein besteht insbesondere aus der Stammrechtsurkunde (Mantel) und den Gewinnanteilscheinen (Bögen), die die ratierlichen Ansprüche auf die Auszahlung von Erträgen des Sondervermögens darstellen.

56.19 Der Anspruch auf Einzelverbriefung (= Ausgabe von effektiven Stücken) ist bei einem Inhaberanteilschein seit dem Inkrafttreten des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes am nach § 358 Absatz 1 KAGB ausgeschlossen. Bereits ausgegebene effektive Stücke von Inhaberanteilscheinen, die sich mit Ablauf des nicht in Sammelverwahrung befinden, werden kraftlos (§ 358 Absatz 3 Satz 1 KAGB). Zum gleichen Zeitpunkt werden auch die Gewinnanteilscheine dieser effektiven Stücke kraftlos (§ 358 Absatz 3 Satz 2 KAGB). Die kraftlosen Inhaberanteilscheine und Gewinnanteilscheine sind jeweils in einer Sammelurkunde zum zu verbriefen und bei einer Wertpapiersammelbank zu hinterlegen (§ 358 Absatz 3 Satz 3 und 5 KAGB). Die bisherigen Eigentümer der kraftlosen Anteilscheine werden ihren Anteilen entsprechend Miteigentümer an der Sammelurkunde (§ 358 Absatz 3 Satz 4 KAGB). Die Miteigentumsanteile an dem Sammelbestand werden auf einem gesonderten Depot der Verwahrstelle gutgeschrieben (§ 358 Absatz 3 Satz 6 KAGB).

56.20 Nur mit der Einreichung eines kraftlosen Inhaberanteilscheins bei der Verwahrstelle kann der Einreicher die Gutschrift eines entsprechenden Miteigentumsanteils an dem Sammelbestand auf ein von ihm zu benennendes und für ihn geführtes Depotkonto verlangen (§ 358 Absatz 4 Satz 1 KAGB). Die Verwahrstelle darf Zahlungen nur auf ein von ihr für den Einreicher geführtes Konto leisten oder an ein anderes inländisches Kreditinstitut weiterleiten, das für den Einreicher ein Konto führt und den Auszahlungsbetrag dem Konto des Einreichers gutschreibt (§ 358 Absatz 4 Satz 3 KAGB).

56.21 Bereits vor 2017 fällig gewordene Gewinnanteilscheine können weiterhin eingelöst werden. Der Einreicher kann die Zahlungsansprüche bei der Verwahrstelle des betreffenden Sondervermögens geltend machen (§ 358 Absatz 2 Satz 1 KAGB). Werden die Gewinnanteilscheine bei der Verwahrstelle eingelöst, darf sie den Auszahlungsbetrag nur an ein inländisches Kreditinstitut zur Weiterleitung auf ein für den Einreicher geführtes Konto leisten (§ 358 Absatz 2 Satz 2 KAGB). Sofern ein Kreditinstitut die Gewinnanteilscheine zur Einlösung annimmt, darf es den Auszahlungsbetrag nur über ein für den Einreicher bei ihm im Inland geführtes Konto leisten (§ 358 Absatz 2 Satz 3 KAGB).

56.22 Wenn dem Entrichtungspflichtigen effektive Stücke von Inhaberanteilscheinen eingereicht werden, hat er

  • für Zwecke des Kapitalertragsteuerabzugs davon auszugehen, dass die Inhaberanteilscheine vor dem angeschafft wurden. Einen etwaigen späteren Anschaffungszeitpunkt kann der Anleger nur im Rahmen der Veranlagung geltend machen,

  • den Steuerabzug auf die Erträge i. S. d. § 7 InvStG 2004 zu erheben, die auf den Zeitraum vor dem entfallen,

  • den Steuerabzug auf die Ausschüttungen und die Vorabpauschalen für den Zeitraum ab dem zu erheben,

  • die Teilfreistellung nach § 20 InvStG auf die Ausschüttungen, die Vorabpauschalen und die Gewinne aus der Veräußerung von Investmentanteilen anzuwenden,

  • hinsichtlich der Anwendung der Veräußerungsfiktion nach § 22 Absatz 1 Satz 1 InvStG aufgrund einer Änderung des anwendbaren Teilfreistellungssatzes davon auszugehen, dass die Inhaberanteilscheine am angeschafft wurden und

  • den Kapitalertragsteuerabzug zu ändern, wenn nachträglich Teilfreistellungssätze durch den Investmentfonds korrigiert werden.

56.23 Bei Zahlungen aufgrund der effektiven Stücke ist die Verwahrstelle der Entrichtungspflichtige, wenn sie die Beträge unmittelbar an den Inhaber der Anteile auf ein von ihr geführtes Konto auszahlt (§ 358 Absatz 4 Satz 3 Alternative 1 KAGB). Bei einer Auszahlung an ein einreichendes Kreditinstitut zur Weiterleitung an den Einreichenden ist das einreichende Kreditinstitut der Entrichtungspflichtige (§ 358 Absatz 4 Satz 3 Alternative 2 KAGB).

56.24 Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Entrichtungspflichtige bei der Erhebung der Kapitalertragsteuer auf die Vorabpauschalen den im Zeitpunkt der Einreichung der effektiven Stücke maßgebenden Teilfreistellungssatz anwendet.

56.25 Bei der Veräußerung von effektiven Stücken von Inhaberanteilscheinen hat der Entrichtungspflichtige auf folgende Teilbeträge Kapitalertragsteuer zu erheben:

56.26 Die vorstehenden Regelungen gelten entsprechend für die Einreichung von effektiven Stücken von Inhaberanteilscheinen an ausländischen OGAW oder an AIF i. S. d. § 1 Absatz 1 Satz 1 i. V. m. Absatz 2 Satz 4 und 5 InvStG 2004.

56.2. Veräußerungsfiktion (§ 56 Absatz 2 InvStG)
a. Zeitpunkt der Veräußerungsfiktion und betroffene Anteile

56.27 Nach § 56 Absatz 2 Satz 1 InvStG gelten die vor dem angeschafften Anteile mit Ablauf des als veräußert und mit Beginn des als angeschafft.

56.28 Betroffen von der Veräußerungsfiktion sind alle Alt-Anteile i. S. d. § 56 Absatz 2 Satz 1 InvStG. Alt-Anteile sind Anteile an Investmentfonds, Spezial-Investmentfonds und an Kapital-Investitionsgesellschaften. Erfasst sind auch Anteile an Organismen, die zum erstmals in den Anwendungsbereich des Investmentsteuergesetzes fallen. Erstmals in den Anwendungsbereich des ab dem geltenden Investmentsteuergesetzes fallen insbesondere

56.29 Als veräußert gelten auch Anteile an ausländischen Investmentvermögen, die nach dem Rundschreiben 14/2008 (WA) der BaFin vom abweichend von der bis dahin praktizierten Vorgehensweise kein ausländisches Investmentvermögen mehr gewesen wären, aber weiterhin Besteuerungsgrundlagen veröffentlicht haben und aufgrund einer Regelung in Rz. 297 des (BStBl 2009 I S. 931) in der Fassung des (BStBl 2016 I S. 464) weiterhin als Investmentfonds eingestuft wurden.

b. Folgen der Veräußerungsfiktion
aa. Folgen auf Anlegerebene

56.30 Der Verlust aus der fiktiven Veräußerung eines Alt-Anteils an einer Kapital-Investitionsgesellschaft in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft fällt bei einem Privatanleger unter die für Aktien geltende Verrechnungsbeschränkung nach § 20 Absatz 6 Satz 4 EStG. Der ab dem entstehende Verlust ist dagegen uneingeschränkt mit anderen Kapitaleinkünften verrechenbar. Bei tatsächlicher Veräußerung des Alt-Anteils sind daher der Verlust aus der fiktiven Veräußerung zum und der ab dem entstandene Verlust gesondert zu betrachten.

56.31 Bestandteil des fiktiven Veräußerungsgewinns zum ist der besitzzeitanteilige Aktiengewinn i. S. d. § 8 InvStG 2004 (Anleger-Aktiengewinn) sowie der besitzzeitanteilige Immobiliengewinn i. S. d. § 8 InvStG 2004 (Anleger-Immobiliengewinn). Die nur für die Zwecke der Anlegerbesteuerung auf Fondsebene vorgenommene Berechnung des Fonds-Aktiengewinns und des Fonds-Immobiliengewinns endet zum .

56.32 Ab dem ist nach den Vorgaben des neuen Rechts bei Spezial-Investmentfonds ein neuer Fonds-Aktiengewinn zu ermitteln, der bei null Euro beginnt. Bei tatsächlicher Veräußerung eines Alt-Anteils sind damit zwei gesondert ermittelte Anleger-Aktiengewinne (für den Zeitraum „Anschaffung bis einschließlich ” und für den Zeitraum „ab bis zur tatsächlichen Veräußerung”) zu berücksichtigen. Fehler bei der Ermittlung des Fonds-Aktiengewinns für den Zeitraum „Anschaffung bis einschließlich ” sind nicht bei der Ermittlung des Fonds-Aktiengewinns für den Zeitraum „ab bis zur tatsächlichen Veräußerung” zu berücksichtigen.

56.33 Der Anleger-Aktiengewinn für den Zeitraum „Anschaffung bis einschließlich ” ist eine unselbständige Berechnungsgrundlage des fiktiven Veräußerungsgewinns zum und unterliegt als solcher noch den Besteuerungsregelungen des § 8 InvStG 2004. Nur der Anleger-Aktiengewinn für den Zeitraum „ab bis zur tatsächlichen Veräußerung” unterliegt den Besteuerungsregelungen nach § 49 InvStG.

56.34 Die vorstehenden Randziffern 56.32 und 56.33 zum Fonds- und Anleger-Aktiengewinn sind entsprechend auf den Fonds- und Anleger-Immobiliengewinn anzuwenden.

56.35 Zu den steuerbilanziellen Folgen auf der Anlegerebene siehe Rz. 56.49 ff.

bb. Folgen auf Fondsebene

56.36 Bei der Ermittlung der realisierten Veräußerungsgewinne bleiben die bis zum eingetretenen unrealisierten Wertveränderungen grundsätzlich unberücksichtigt, indem die steuerlichen Buchwerte der Vermögensgegenstände zum den Verkehrswerten gleichgesetzt werden. Dies gilt grundsätzlich auch für Vermögensgegenstände, die mittelbar über eine vermögensverwaltende Personengesellschaft gehalten werden.

56.37 Bei im Inland belegenen Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, die vor dem angeschafft wurden und bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung weniger als zehn Jahre beträgt, ist für die Zwecke der Besteuerung des Investmentfonds (§ 6 InvStG), des Spezial-Investmentfonds (§ 29 i. V. m. § 6 InvStG) und für die Ermittlung der Einkünfte nach § 37 InvStG auf die fortgeführten Anschaffungskosten abzustellen. Die Regelungen in den Randziffern 56.36 und 56.38 ff. sind insoweit nicht anzuwenden.

56.38 Zur Bestimmung des zum bestehenden Verkehrswerts kann regelmäßig auf den letzten für das Kalenderjahr 2017 ermittelten Verkehrswert nach § 168 Absatz 3 i. V. m. § 248 Absatz 1, § 271 Absatz 1, § 278 oder § 286 Absatz 1 KAGB abgestellt werden. Dies gilt entsprechend für auf den Vorgaben des Artikels 19 der AIFM-Richtlinie beruhende Verkehrswertbewertungen nach ausländischem Aufsichtsrecht oder vergleichbarer Vorgaben sowie für sonstige Verkehrswertermittlungen in zeitlicher Nähe zum .

56.39 Eine Buchwertanpassung ist zwingend bei den folgenden Vermögensgegenständen vorzunehmen:

  • für jede einzelne Immobilie,

  • für jede einzelne Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft und

  • für Anteile an einem Investmentfonds oder einem Spezial-Investmentfonds.

56.40 Die Finanzverwaltung wird es bei allen weiteren Vermögensgegenständen nicht beanstanden, wenn anstelle der Buchwertanpassung zum Übergangskorrekturposten zu den Buchwerten in Höhe der unrealisierten Gewinne oder Verluste gebildet werden, entweder pro Gattung oder bezogen auf Vermögensgegenstände mit gleichartigen Steuerkategorien.

56.41 Bei Derivaten, die keine Anschaffungskosten haben (z. B. Swap-Verträge), wird nicht beanstandet, wenn weder eine Buchwertanpassung vorgenommen noch ein Übergangskorrekturposten gebildet wird. Außerdem wird es die Finanzverwaltung nicht beanstanden, wenn ein Spezial-Investmentfonds einheitlich für alle Derivate, deren Laufzeit vor dem endet, weder eine Buchwertanpassung vornimmt noch Übergangskorrekturposten bildet. Im Übrigen ist bei Derivaten eine Buchwertanpassung vorzunehmen oder ein Übergangskorrekturposten zu bilden, soweit sich Wertveränderungen auf den letzten im Kalenderjahr 2017 festgesetzten Rücknahmepreis ausgewirkt haben (§ 168 KAGB). Insbesondere sind die Buchwerte von Derivaten anzupassen oder für die Derivate Übergangskorrekturposten zu bilden, wenn die Derivate an der Börse gehandelt werden und damit ein börsentäglich ermittelter Preis zur Verfügung steht.

56.42 Die Anpassung der Buchwerte bzw. die Bildung von Übergangskorrekturposten zum führt nicht zur Realisierung eines steuerlichen Gewinns oder Verlusts auf Ebene des Investmentfonds oder des Spezial-Investmentfonds und hat auch keine Auswirkung auf die Berechnung der AfA oder der AfS.

56.43 Die Verlustvorträge nach § 3 Absatz 4 Satz 2 InvStG 2004 entfallen (§ 56 Absatz 8 Satz 1 InvStG).

56.44 Die Verpflichtung zur Bildung einer Anfangsbilanz nach § 13 Absatz 2 KStG ist nicht anzuwenden, da Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds ihre Einkünfte nicht durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln.

cc. Statuswechsel eines Spezial-Investmentfonds i. S. d. § 15 Absatz 1 InvStG 2004

56.45 Erfüllt ein Spezial-Investmentfonds i. S. d. § 15 Absatz 1 InvStG 2004 die Voraussetzungen an einen Spezial-Investmentfonds nach den §§ 26 ff. InvStG nicht, so unterliegen die zum ermittelten ausschüttungsgleichen Erträge noch dem alten Recht. Alle Ausschüttungen von Alterträgen ab dem unterliegen den Besteuerungsregelungen für Investmentfonds nach den §§ 16 ff. InvStG, sofern es sich nunmehr um einen Investmentfonds gemäß § 1 Absatz 2 InvStG handelt.

c. Ermittlung des Erlöses aus der fiktiven Veräußerung

56.45 Als Veräußerungserlös gilt nach § 56 Absatz 2 Satz 2 InvStG der letzte im Kalenderjahr 2017 festgesetzte Rücknahmepreis. Dabei ist die Steuerliquidität, die der Investmentfonds den auszahlenden Stellen zur Erhebung der Kapitalertragsteuer auf die ausschüttungsgleichen Erträge zur Verfügung stellt, bei der Ermittlung des letzten Rücknahmepreises des Kalenderjahres 2017 abzuziehen. Falls kein um die Steuerliquidität bereinigter letzter Rücknahmepreis ermittelt und bekannt gemacht wird, kann aus Vereinfachungsgründen auf den ersten im Kalenderjahr 2018 festgesetzten Rücknahmepreis abgestellt werden. Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass nach § 8 Absatz 5 Satz 3 InvStG 2004 die abgeflossene Steuerliquidität bei der Berechnung des Gewinns aus der fiktiven Veräußerung hinzuzurechnen ist. Wie in der gesamten Neufassung des Investmentsteuergesetzes wird der Begriff „Gewinn” im weiteren Sinne verwendet und umfasst auch einen „negativen Gewinn” bzw. einen Verlust (§ 2 Absatz 14 InvStG).

56.47 Falls kein Rücknahmepreis festgesetzt wird, tritt nach § 56 Absatz 2 Satz 3 InvStG der Börsen- oder Marktpreis an dessen Stelle. Sofern kein Börsen- oder Marktpreis ermittelbar ist, kann zur Wertermittlung des Alt-Anteils auf den Nettoinventarwert abgestellt werden.

56.48 Werden einem Kreditinstitut effektive Stücke von Alt-Anteilen zur Gutschrift nach § 358 Absatz 4 Satz 1 KAGB eingereicht und anschließend veräußert, so ist der Veräußerungserlös nach den vorstehenden Randziffern zu ermitteln. Es sind damit sowohl der Gewinn aus der fiktiven Veräußerung zum als auch der Gewinn zum tatsächlichen Veräußerungszeitpunkt aufgrund der seit dem eingetretenen Wertveränderungen zu ermitteln. Der Gewinn aus der fiktiven Veräußerung zum ist für die Zwecke des Steuerabzugs unter Ansatz einer Ersatzbemessungsgrundlage aufgrund fehlender Anschaffungsdaten (Rz. 56.25) zu ermitteln. Bemessungsgrundlage für den Gewinn aus der fiktiven Veräußerung sind 30 % des letzten im Jahr 2017 festgesetzten Rücknahmepreises oder Börsen- oder Marktwerts. Die Kapitalertragsteuerbemessungsgrundlage für den Zeitraum bis zum tatsächlichen Veräußerungszeitpunkt bestimmt sich als Differenz zwischen dem Veräußerungserlös und den fiktiven Anschaffungskosten, also dem letzten im Jahr 2017 festgesetzten Rücknahmepreis oder Börsen- oder Marktpreis.

d. Steuerbilanzielle Behandlung der fiktiven Veräußerung auf Anlegerebene

56.49 Der nach § 56 Absatz 2 Sätze 2 und 3 InvStG ermittelte Wert der Alt-Anteile gilt als Anschaffungskosten im Sinne von § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 1 EStG (§ 56 Absatz 2 Satz 4 InvStG). Bei Alt-Anteilen im Betriebsvermögen treten dementsprechend die für den ermittelten fiktiven Anschaffungskosten an die Stelle des Buchwerts der Alt-Anteile und bilden die „neue” Bewertungsobergrenze als Bezugsgröße für Teilwertabschreibungen und Teilwertzuschreibungen.

56.50 Die Regelung führt zu einer von der Handelsbilanz abweichenden Bewertung in der Steuerbilanz. Der Ausweis latenter Steuern in der Handelsbilanz nach § 274 HGB wird dadurch nicht erforderlich, weil es zu keiner abweichenden Ertragsrealisation kommt. Denn durch die Einstellung des aufgedeckten, aber noch nicht zu versteuernden Gewinns in eine steuerliche Rücklage wird der Gewinn sowohl handels- als auch steuerrechtlich zeitgleich bei tatsächlicher Veräußerung der Alt-Anteile realisiert.

56.51 Beispiel:

(vereinfacht ohne Berücksichtigung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 8b Absatz 3 Satz 1 KStG)

Die A-GmbH erwirbt am einen Spezial-Investmentanteil zu einem Preis von 1.000 € (Fonds-Aktiengewinn bei Erwerb 0 €). Der Wert des Spezial-Investmentanteils sinkt bis zum aufgrund von Wertverlusten von Aktien auf 700 € (Fonds-Aktiengewinn zum Stichtag -300 €). Der letzte in 2017 festgestellte Rücknahmepreis beträgt weiterhin 700 €. Bis Ende 2018 steigt der Rücknahmepreis auf 800 € und damit auch der Fonds-Aktiengewinn um +100 €. Die Wertsteigerung beruht ausschließlich auf Wertsteigerungen von Aktien.

56.52 Variante 1:

Die A-GmbH setzt in der Bilanz zum den niedrigeren Teilwert an.

Bilanziell ergibt sich durch den Teilwertansatz ein Verlust in Höhe von 300 €. Außerbilanziell ist nach § 8 Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 2 InvStG 2004 i. V. m. § 8b Absatz 3 Satz 3 KStG dieser Verlust um einen negativen Anleger-Aktiengewinn in Höhe von 300 € zu korrigieren. Der Anleger-Aktiengewinn ist die Differenz zwischen dem Fonds-Aktiengewinn bei Veräußerung oder bei Bewertung des Spezial-Investmentanteils und dem Fonds-Aktiengewinn bei Erwerb des Spezial-Investmentanteils. Die Teilwertabschreibung in Höhe von -300 € und die Hinzurechnung des negativen Aktiengewinns in Höhe von -300 € führen insgesamt zu einer Gewinnauswirkung von 0 € (-300 € Teilwertabschreibung – (-300 € negativer Anleger-Aktiengewinn) = 0 €).

Durch die gesetzlich angeordnete fiktive Veräußerung zum ergibt sich ein Veräußerungsgewinn von 0 € (letzter in 2017 festgesetzter Rücknahmepreis in Höhe von 700 € – Buchwert zum in Höhe von 700 € = 0 €). Der Fonds-Aktiengewinn beginnt nach § 56 Absatz 8 Satz 3 InvStG am mit 0 €. Eine Teilwertzuschreibung um +100 € auf 800 € nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 i. V. m. Nummer 1 Satz 4 EStG ist nicht möglich, da über die zum ermittelten „neuen” Anschaffungskosten hinaus keine Teilwertzuschreibung mehr zulässig ist.

56.53 Variante 2:

Die A-GmbH setzt in der Bilanz zum und zum nicht den Teilwert an, sondern führt die ursprünglichen Anschaffungskosten fort. Erst bei der Bilanzierung für das Jahr 2018 möchte die A-GmbH von ihrem Wahlrecht zum Ansatz eines niedrigeren Teilwerts nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG Gebrauch machen und eine Teilwertabschreibung vornehmen.

Durch die Fortführung der ursprünglichen Anschaffungskosten ergeben sich im Jahr 2016 keine Gewinnauswirkungen.

Durch die gesetzlich angeordnete fiktive Veräußerung zum ergibt sich zunächst ein Veräußerungsverlust in Höhe von 300 € (letzter in 2017 festgesetzter Rücknahmepreis in Höhe von 700 € – Buchwert zum in Höhe von 1.000 € = -300 €). Der Veräußerungsverlust ist jedoch um den negativen Anleger-Aktiengewinn in Höhe von -300 € zu korrigieren, sodass der Veräußerungsgewinn einschließlich außerbilanzieller Hinzu- und Abrechnungen 0 € beträgt (-300 € Teilwertabschreibung – (-300 € negativer Anleger-Aktiengewinn) = 0 €).

Der Fonds-Aktiengewinn beginnt nach § 56 Absatz 8 Satz 3 InvStG am mit 0 €. Nach § 56 Absatz 2 Satz 4 InvStG ist für die Zwecke der Bewertung davon auszugehen, dass die „neuen” Anschaffungskosten des Spezial-Investmentanteils 700 € betragen. Diese bilden die Bewertungsobergrenze, sodass bei einem Rücknahmepreis in Höhe von 800 € in 2018 keine Teilwertabschreibung nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG vorgenommen werden kann.

56.54 Nach § 56 Absatz 2 Satz 5 und 6 InvStG sind im Rahmen der Bewertung nach dem eingetretene Wertminderungen im Sinne von § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG und im Rahmen dieser Wertminderungen liegende Werterhöhungen im Sinne von § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 i. V. m. Nummer 1 Satz 4 EStG erst zu dem Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung des Alt-Anteils zu berücksichtigen, wenn die fiktiven Anschaffungskosten zum höher sind als die fortgeführten ursprünglichen Anschaffungskosten, also der Buchwert am .

56.55 Beispiel:

(vereinfacht ohne Berücksichtigung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 8b Absatz 3 Satz 1 KStG)

Die A-GmbH erwirbt am einen Spezial-Investmentanteil zu einem Preis von 1.000 €. Seitdem ist der Wert nicht unter die Anschaffungskosten gesunken. Der letzte in 2017 festgestellte Rücknahmepreis beträgt 1.500 €.

Variante 1:

Am Ende des Jahres 2018 ist der Rücknahmepreis auf 1.200 € gesunken. Die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung (vgl. BStBl 2016 I S. 995, Rzn. 24 ff.) liegen vor. Zum ergibt sich ein fiktiver Veräußerungsgewinn in Höhe von 500 €, der nach § 56 Absatz 3 Satz 1 InvStG erst bei tatsächlicher Veräußerung steuerwirksam wird. Nach § 56 Absatz 2 Satz 4 InvStG betragen die neuen Anschaffungskosten im Sinne von § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 1 EStG am  1.500 €. Nach § 56 Absatz 2 Satz 5 InvStG wirkt sich eine Teilwertabschreibung bis zur Höhe von 500 € erst bei tatsächlicher Veräußerung aus, weil in dieser Höhe die aufgedeckten stillen Reserven wegen § 56 Absatz 3 Satz 1 InvStG noch nicht steuerwirksam wurden.

Erwerb am :


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1.
Spezial-Investmentanteil
1.000 €
an
Bank
1.000 €

Buchung der fiktiven Veräußerung am :


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Spezial-Investmentanteil
500 €
an
Ertrag
500 €
2.
Ertrag
500 €
an
500 €

Buchung der Teilwertabschreibung am :


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Aufwand aus Abschreibung
300 €
an
Spezial-Investmentanteil
300 €
2.
300 €
an
Aufwand aus Abschreibung
300 €

56.56 1a – Weiterführung zu Variante 1

Am Ende des Jahres 2019 ist der Rücknahmepreis auf 1.300 € gestiegen.

Zum steht der Investmentanteil mit 1.200 € in der Bilanz. Ebenso sind ein fiktiver Veräußerungsgewinn in Höhe von 500 € und eine Teilwertminderung in Höhe von 300 € bilanziert, aber noch nicht gewinnwirksam geworden. Die Wertaufholung beim Investmentanteil muss zwingend zum vorgenommen werden. Die daraus resultierende Gewinnerhöhung um 100 € (Buchwert des Investmentanteils am von 1.300 € abzgl. Buchwert des Investmentanteils am von 1.200 € = 100 €) ist gemäß § 56 Absatz 2 Satz 6 InvStG mit der noch nicht gewinnwirksamen Teilwertminderung zu verrechnen. Damit erscheint am der Investmentanteil mit 1.300 €, der fiktive noch nicht steuerwirksame Veräußerungsgewinn mit 500 € und die noch nicht steuerwirksame Teilwertminderung mit 200 € in der Steuerbilanz.

Buchung der Teilwertzuschreibung am :


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1.
Spezial-Investmentanteil
100 €
an
Ertrag aus Zuschreibung
100 €
2.
Ertrag aus Zuschreibung
100 €
an
Rücklage § 56 Absatz 2 Satz 5 Und 6 InvStG
100 €

56.57 1b – Weiterführung zu Variante 1a

Im Jahr 2020 wird der Anteil für 1.300 € verkauft.

Der Investmentanteil in Höhe von 1.300 € muss ausgebucht werden. Des Weiteren sind die Rücklagen für den fiktiven Veräußerungsgewinn in Höhe von 500 € und für die Teilwertminderung in Höhe von 200 € aufzulösen. Die Veräußerung ist mit 300 € gewinnwirksam (Ertrag aus dem fiktiven Veräußerungsgewinn 500 € abzüglich 200 € Aufwand aus nachgeholter Teilwertabschreibung = 300 €).

Buchung der Veräußerung in 2020:


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1.
Bank
1.300 €
an
Spezial-Investmentanteil
1.300 €
2.
Aufwand
200 €
an
200 €
3.
500 €
an
Ertrag
500 €

56.58 Variante 2:

Am Ende des Jahres 2018 ist der Rücknahmepreis auf 800 € gesunken. Die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung (vgl. BStBl 2016 I S. 995, Rzn. 24 ff.) liegen vor.

Wie bei Variante 1 beträgt der noch nicht steuerwirksame fiktive Veräußerungsgewinn 500 €. Bis zur Höhe von 500 € wirkt sich eine Teilwertabschreibung erst bei tatsächlicher Veräußerung aus, also dann, wenn auch der fiktive Veräußerungsgewinn steuerwirksam wird. Über diesen Betrag hinaus lässt § 56 Absatz 2 Satz 5 InvStG weiterhin eine Teilwertabschreibung zu, hier in Höhe von 200 € (1.500 € „neue” Anschaffungskosten abzgl. 800 € Teilwert = 700 € Teilwertabschreibung gesamt abzgl. 500 € Teilwertabschreibung, die erst bei tatsächlicher Veräußerung wirksam werden darf = 200 € Teilwertabschreibung, die am gewinnwirksam berücksichtigt werden darf).

56.59 Weiterführung zu Variante 2:

Am Ende des Jahres 2019 ist der Rücknahmepreis auf 1.100 € gestiegen.

Zum steht der Investmentanteil mit 800 € in der Bilanz. Ebenso sind ein fiktiver Veräußerungsgewinn in Höhe von 500 € und eine Teilwertminderung in Höhe von 500 € verbucht, aber noch nicht gewinnwirksam geworden. Die Teilwertminderung in Höhe von 200 € ist gewinnwirksam verbucht. Die Wertaufholung beim Investmentanteil muss zwingend zum vorgenommen werden. Die daraus resultierende Gewinnerhöhung um 300 € (Buchwert des Investmentanteils am von 1.100 € abzgl. Buchwert des Investmentanteils am von 800 € = 300 €) ist in Höhe von 200 € gewinnwirksam und in Höhe von 100 € mit der noch nicht gewinnwirksamen Teilwertminderung zu verrechnen.

Damit erscheint am der Investmentanteil mit 1.100 €, der fiktive noch nicht steuerwirksame Veräußerungsgewinn mit 500 € und die noch nicht steuerwirksame Teilwertminderung mit 400 € in der Steuerbilanz.

Die Regelung in § 56 Absatz 2 Satz 6 InvStG stellt damit sicher, dass zuerst eine steuerwirksame Wertaufholung bis zu der Höhe des Buchwerts zum vor der fiktiven Veräußerung vorzunehmen ist und erst dann der darüber hinausgehende Teil der Wertaufholung – bis zur tatsächlichen Veräußerung – steuerneutral zu behandeln ist.

56.60 § 56 Absatz 2 Satz 5 und 6 InvStG gelten insbesondere auch nach Überführung der Anteile in ein anderes Betriebsvermögen desselben Anlegers in den Fällen des § 6 Absatz 5 EStG sowie für den Rechtsnachfolger nach Übertragung der Anteile in den Fällen des § 6 Absatz 3 und 5 EStG und in den Fällen der §§ 20 und 24 UmwStG. In den Fällen des § 6 Absatz 3 und Absatz 5 EStG tritt als Rechtsfolge Buchwertfortführung ein. In Fällen der §§ 20, 24 UmwStG gilt dies nur, wenn gemäß § 20 Absatz 2 Satz 2 oder § 24 Absatz 2 Satz 2 UmwStG die Voraussetzungen für eine Buchwertfortführung gegeben sind und diese auch beantragt wurde. Unter diesen Voraussetzungen tritt die übernehmende Gesellschaft in die Rechtsstellung der Übertragenden ein (§ 23 Absatz 1 i. V. m. § 12 Absatz 3 UmwStG oder § 24 Absatz 4 i. V. m. § 23 Absatz 1 i. V. m. § 12 Absatz 3 UmwStG).

56.61 § 56 Absatz 2 Satz 7 InvStG stellt klar, dass der für die Regelungen in § 56 Absatz 2 Satz 5 und 6 InvStG relevante Buchwert der Alt-Anteile zum den bisherigen Anschaffungskosten oder dem niedrigeren Teilwert entspricht und dass die in § 56 Absatz 2 Satz 1 InvStG geregelte fiktive Veräußerung keinen Einfluss auf diesen Buchwert hat. Vielmehr ist davon auszugehen, dass zuerst eine Bewertung und der Ansatz der Alt-Anteile in einer zum zu erstellenden Bilanz nach den bisherigen Grundsätzen erfolgt und erst in einem nachfolgenden Schritt von einer fiktiven Veräußerung auszugehen ist. Hierfür spricht insbesondere, dass für die Bilanz der Wert der „am” Bilanzstichtag vorhandenen Alt-Anteile maßgebend ist und die fiktive Veräußerung nach § 56 Absatz 2 Satz 1 InvStG mit Ablauf des also erst in der letzten juristischen Sekunde des Jahres 2017, angenommen wird.

56.3. Zufluss des Gewinns aus der fiktiven Veräußerung, Ersatzbemessungsgrundlage (§ 56 Absatz 3 InvStG)

a. Zufluss bei tatsächlicher Veräußerung, anwendbares Recht

56.62 Der aufgrund der Veräußerungsfiktion des § 56 Absatzes 2 Satz 1 InvStG anfallende Gewinn oder Verlust ist nach § 56 Absatz 3 Satz 1 InvStG in dem Zeitpunkt von dem Anleger zu versteuern, in dem der Alt-Anteil tatsächlich veräußert wird. Dies gilt sowohl für Anleger, bei denen das Zuflussprinzip anzuwenden ist, als auch für bilanzierende Anleger. Zur Ermittlung des Zeitpunks der tatsächlichen Veräußerung ist auf das Verpflichtungsgeschäft abzustellen.

56.63 Für die Zwecke des Kapitalertragsteuerabzugs gilt nach § 43 Absatz 1 Satz 4 EStG die Übertragung eines von einer auszahlenden Stelle verwahrten Alt-Anteils auf einen anderen Gläubiger als Veräußerung des Wirtschaftsgutes, sofern keine unentgeltliche Übertragung i. S. d. § 43 Absatz 1 Satz 5 EStG vorliegt. Eine Übertragung des Alt-Anteils auf ein anderes für den gleichen Gläubiger geführtes Depot im Inland oder Ausland stellt keine tatsächliche Veräußerung dar. Außerdem fehlt es an einer tatsächlichen Veräußerung, wenn nach § 22 Absatz 1 InvStG der Alt-Anteil aufgrund einer Änderung des anwendbaren Teilfreistellungsatzes als veräußert gilt.

56.64 Der fiktive Veräußerungsgewinn ist nach den am geltenden Regelungen zu ermitteln. Dabei sind außerbilanzielle Korrekturen vorzunehmen, insbesondere sind § 3 Nummer 40 EStG und § 8b KStG in der am geltenden Fassung zu berücksichtigen. Auf den zum Stichtag ermittelten Anleger-Aktiengewinn finden damit noch die Steuerbefreiungen nach § 3 Nummer 40 EStG und § 8b KStG Anwendung. Entsprechendes gilt für den Anleger-Immobiliengewinn, der nach dem am geltenden Recht steuerfrei zu stellen ist.

56.65 Beispiel (vereinfacht ohne Berücksichtigung von § 8b Absatz 3 Satz 1 KStG):

Die B-GmbH erwirbt am einen Alt-Anteil an dem Investmentfonds I zu einem Preis von 100 €. Der I besitzt Aktien, deren Wert (bezogen auf den Alt-Anteil) seit dem um 7 € gestiegen ist und erzielt (bezogen auf den Alt-Anteil) 3 € Gewinn aus der Veräußerung von verzinslichen Wertpapieren, so dass der Rücknahmepreis des Alt-Anteils am  110 € beträgt. Der steuerbilanzielle Gewinn von 10 € (110 € fiktiver Veräußerungserlös – 100 € Anschaffungskosten = 10 €) ist um den positiven Anleger-Aktiengewinn nach § 8 Absatz 1 Satz 1 InvStG 2004 i. V. m. § 8b Absatz 2 KStG i. H. v. 7 € zu mindern, so dass ein Gewinn aus der fiktiven Veräußerung i. H. v. 3 € verbleibt. Dieser Betrag von 3 € ist nach § 56 Absatz 5 Satz 1 InvStG gesondert festzustellen und fließt der B-GmbH bei der tatsächlichen Veräußerung (§ 56 Absatz 3 Satz 1 InvStG) zu.

56.66 Wertveränderungen des Alt-Anteils oder Ausschüttungen ab dem sind für den fiktiven Veräußerungsgewinn (einschließlich des zum Stichtag ermittelten Anleger-Aktien- und -Immobiliengewinns) unbeachtlich. Die ausschüttungsgleichen Erträge, die nach § 56 Absatz 7 Satz 2 InvStG am als zugeflossen gelten, sind ebenfalls nicht bei der Ermittlung des fiktiven Veräußerungsgewinns, sondern erst bei tatsächlicher Veräußerung im Rahmen der Veräußerungsgewinnermittlung nach neuem Recht (§ 49 Absatz 3 Satz 2 InvStG) zu berücksichtigen.

56.67 Die Höhe des Steuersatzes und das Verfahren der Steuerfestsetzung richten sich nach den Regelungen, die zum Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung gelten. Das Gleiche gilt für die Besteuerungsmerkmale des Anlegers.

56.68 Beispiel:

Am ist der Privatanleger ein Steuerinländer. Bei der tatsächlichen Veräußerung des Alt-Anteils am ist der Privatanleger ein Steuerausländer. Die für beschränkt Steuerpflichtige geltenden steuergesetzlichen Regelungen sind auch auf den Gewinn aus der fiktiven Veräußerung des Alt-Anteils anzuwenden. Mangels einer beschränkten Steuerpflicht von im Privatvermögen erzielten Veräußerungsgewinnen aus Alt-Anteilen ist auch der Gewinn aus der fiktiven Veräußerung des Alt-Anteils nicht zu versteuern.

b. FIFO-Methode

56.69 Nach § 56 Absatz 3 Satz 2 InvStG gelten bei einer tatsächlichen Veräußerung die zuerst angeschafften Alt-Anteile als zuerst veräußert (First In-First Out – FIFO –). Diese Regelung gilt für den Steuerabzug und grundsätzlich für das Veranlagungsverfahren für Privatanleger. Betriebliche Anleger können den Veräußerungsgewinn der tatsächlich veräußerten Alt-Anteile mit der Durchschnittsmethode ermitteln. Bei Anwendung dieses Verfahrens sind alle besteuerungsrelevanten Daten nach der Durchschnittsmethode zu bestimmen. Dies betrifft insbesondere die Anschaffungskosten, den Fonds-Aktiengewinn bei Erwerb, den Fonds-Immobiliengewinn bei Erwerb, die besitzzeitanteiligen ausschüttungsgleichen Erträge (§ 8 Absatz 5 Satz 3 InvStG 2004), den Zwischengewinn, die versteuerten Erträge nach § 6 InvStG 2004, die besitzzeitanteiligen Steuern auf ausschüttungsgleiche Erträge (§ 8 Absatz 5 Satz 3 InvStG 2004), die ausgeschütteten ausschüttungsgleichen Erträge der Vorjahre (§ 8 Absatz 5 Satz 4 InvStG 2004), die ausgeschütteten steuerfreien Altveräußerungsgewinne (§ 8 Absatz 5 Satz 5 InvStG 2004), die steuerfrei ausgeschütteten AfA/AfS-Beträge und die steuerneutralen Substanzauskehrungen (§ 8 Absatz 5 Satz 6 InvStG 2004).

56.70 Wenn in einem Depot sowohl Alt-Anteile als auch nach dem angeschaffte Anteile (Neu-Anteile) verwahrt werden, gelten bei einer Veräußerung grundsätzlich die Alt-Anteile als zuerst veräußert. Wenn jedoch eine Separierung der Alt-Anteile und der Neu-Anteile in verschiedenen Unterdepots vorgenommen wurde, ist darauf abzustellen, aus welchem Unterdepot veräußert wurde.

c. Steuerabzug auf den Gewinn aus der fiktiven Veräußerung

56.71 Der bei einer tatsächlichen Veräußerung anfallende Gewinn aus der fiktiven Veräußerung zum unterliegt nach § 56 Absatz 3 Satz 3 InvStG dem Steuerabzug nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 9 EStG. Es sind die für den Steuerabzug nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 9 EStG geltenden Abstandnahmeregelungen anzuwenden.

d. Ersatzbemessungsgrundlage für den Gewinn aus der fiktiven Veräußerung

56.72 Liegen die erforderlichen Anschaffungsdaten zur Ermittlung des fiktiven Veräußerungsgewinns dem Entrichtungspflichtigen nicht vor, hat dieser nach § 56 Absatz 3 Satz 4 InvStG eine Ersatzbemessungsgrundlage anzuwenden. Diese beträgt 30 % des letzten im Kalenderjahr 2017 festgesetzten Rücknahmepreises oder, falls kein Rücknahmepreis festgesetzt wurde, 30 % des Börsen- oder Marktpreises zum Ende des Kalenderjahres 2017 (Rz. 56.47).

56.73 Kann der Entrichtungspflichtige weder den Rücknahmepreis noch den Börsen- oder Marktpreis ermitteln, so ist keine Ersatzbemessungsgrundlage für den Gewinn aus der fiktiven Veräußerung zum anzusetzen. Dies gilt auch für die Fälle, in denen zwar Anschaffungskosten vorliegen, aber weder der Rücknahmepreis noch der Börsen- oder Marktpreis ermittelbar ist. Es sind jedoch nach § 43a Absatz 2 Satz 7 EStG 30 % der Einnahmen aus der tatsächlichen Veräußerung als Ersatzbemessungsgrundlage für den ab dem entstandenen Gewinn anzusetzen.

56.74 Der Ansatz einer Ersatzbemessungsgrundlage ist in der Steuerbescheinigung gesondert auszuweisen.

56.75 Der Anleger ist bei Ansatz der Ersatzbemessungsgrundlage grundsätzlich zu einer Erklärung des tatsächlichen Veräußerungsgewinns in der Veranlagung verpflichtet. Die Erklärungspflicht besteht nur dann nicht, wenn die Ersatzbemessungsgrundlage höher ist als der Gewinn aus der fiktiven Veräußerung. Rz. 183 des (BStBl 2016 I S. 85) ist auch auf die Fälle der Ersatzbemessungsgrundlage nach § 56 Absatz 3 Satz 4 InvStG anzuwenden. D. h. aus Billigkeitsgründen kann von einer Erklärung abgesehen werden, wenn die Differenz zwischen der Ersatzbemessungsgrundlage und dem tatsächlichen Gewinn aus der fiktiven Veräußerung zuzüglich etwaiger Differenzen aus dem Ansatz sonstiger Ersatzbemessungsgrundlagen je Veranlagungszeitraum nicht mehr als 500 € beträgt und keine weiteren Gründe für eine Veranlagung nach § 32d Absatz 3 EStG vorliegen.

e. Keine Abgeltungswirkung bei Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage

56.76 Nach § 56 Absatz 3 Satz 5 InvStG hat der Kapitalertragsteuerabzug bei Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage keine abgeltende Wirkung i. S. d. § 43 Absatz 5 Satz 1 erster Halbsatz EStG. Außerdem ist zwingend eine Steuerbescheinigung nach § 45a Absatz 2 EStG auszustellen. In dieser ist die Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage anzugeben. Der Anleger ist grundsätzlich verpflichtet, den auf Basis der tatsächlichen Anschaffungskosten ermittelten fiktiven Veräußerungsgewinn in der Veranlagung zu erklären (zur Ausnahme hiervon siehe Rz. 56.75).

f. Steuerabzug bei akkumulierten ausschüttungsgleichen Erträgen

56.77 § 56 Absatz 3 Satz 6 InvStG regelt den Steuerabzug bei Kapitalerträgen i. S. d. § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 InvStG 2004, die aufgrund der Veräußerungsfiktion in § 56 Absatz 2 Satz 1 InvStG zum zu ermitteln sind und im Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung einem Steuerabzug unterliegen. Die als zugeflossen geltenden und noch nicht dem Steuerabzug unterworfenen Erträge i. S. d. § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 InvStG 2004 sind die besitzzeitanteiligen oder nach dem als zugeflossen geltenden ausschüttungsgleichen Erträge von ausländischen thesaurierenden Investmentfonds, die Mehr- oder Mindestbeträge i. S. d. § 6 Absatz 1 Satz 1 InvStG 2004 sowie die nach den § 17 Absatz 1 Satz 3, § 18 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 Auslandsinvestment-Gesetz als zugeflossen geltenden Erträge (akkumulierte ausschüttungsgleiche Erträge).

56.78 Der Steuerabzug bei akkumulierten ausschüttungsgleichen Erträgen ist auch in den Fällen vorzunehmen, in denen der Alt-Anteil vorher nicht von der auszahlenden Stelle verwahrt wurde (z. B. bei Einreichung effektiver Stücke, Rz. 56.48 oder bei Depotübertrag, es sei denn, aus den übermittelten Anschaffungsdaten ergibt sich ein Erwerb nach dem ). Die Kapitalertragsteuer ist nur dann anzurechnen, wenn die entsprechenden Kapitalerträge beim Anleger oder bei seinem Rechtsvorgänger als Einnahmen erfasst worden sind (, BStBl 2013 II S. 11 und BStBl 2013 I S. 54). Sofern der Steuerabzug auf die Ersatzbemessungsgrundlage nach § 56 Absatz 3 Satz 4 InvStG und der Steuerabzug auf die akkumulierten ausschüttungsgleichen Erträge nebeneinander anwendbar sind, wird nicht beanstandet, wenn nur ein Steuerabzug auf die höhere der beiden Bemessungsgrundlagen vorgenommen wird.

g. Sonderregelung für Dach-Investmentfonds und Dach-Spezial-Investmentfonds

56.79 Bei Dach-Investmentfonds und Dach-Spezial-Investmentfonds (Rz. 2.5) gilt nach § 56 Absatz 3 Satz 7 InvStG – abweichend von der Grundregel des § 56 Absatz 3 Satz 1 InvStG – der Gewinn aus der fiktiven Veräußerung zum als zugeflossen. Diese Sonderregelung für Dach-Investmentfonds und Dach-Spezial-Investmentfonds dient der administrativen Vereinfachung. Sie erleichtert insbesondere die Fondsbuchhaltung, da keine separate Gewinnermittlung für die Zeit bis einschließlich und dem darauffolgenden Zeitraum erforderlich ist. Darüber hinaus entfällt das Feststellungsverfahren für den Gewinn aus der fiktiven Veräußerung.

56.4. Pflichten der inländischen Stelle, die Alt-Anteile verwahrt oder verwaltet (§ 56 Absatz 4 InvStG)
a. Ermittlung und Speicherung des Gewinns aus der fiktiven Veräußerung

56.80 § 56 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 InvStG sieht vor, dass die depotführenden Stellen den fiktiven Veräußerungsgewinn spätestens bis zum zu ermitteln haben und bis zur tatsächlichen Veräußerung vorhalten müssen. Das gilt grundsätzlich auch für betriebliche Anleger und für Anleger mit einer NV-Bescheinigung, da sich der steuerliche Status der Anleger ändern kann oder es möglich ist, dass das Kreditinstitut von einem unzutreffenden steuerlichen Status ausgeht. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn bei betrieblichen Anlegern und bei Anlegern mit einer NV-Bescheinigung die depotführenden Stellen nur nach Aufforderung des Anlegers oder des für die Anlegerbesteuerung zuständigen Finanzamts den fiktiven Veräußerungsgewinn ermitteln und speichern.

56.81 Nach § 56 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 InvStG sind folgende weitere steuerliche Werte zu ermitteln und vorzuhalten:

56.82 Von der Speicherungspflicht sind nur Fälle erfasst, in denen ein vor dem angeschaffter Alt-Anteil nicht bis einschließlich veräußert wurde. Bei einer vorherigen Veräußerung kommt es bereits zu einer Besteuerung des Veräußerungsgewinns unter Anwendung der Regelungen des § 56 Absatz 3 InvStG (Rzn. 56.62 ff.), so dass die Speicherungspflicht entfällt.

b. Mitteilung des Gewinns aus der fiktiven Veräußerung gegenüber den Anlegern

56.83 Nach § 56 Absatz 4 Satz 2 InvStG können die Anleger von ihrem depotführenden Kreditinstitut auf Antrag verlangen, dass das Kreditinstitut die Höhe des fiktiven Veräußerungsgewinns mitteilt. Die Höhe des fiktiven Veräußerungsgewinns bestimmt sich nach den für Privatanleger geltenden Regelungen des § 8 Absatz 5 InvStG 2004. Wenn das Kreditinstitut im Nachhinein feststellt, dass die Höhe des mitgeteilten fiktiven Veräußerungsgewinns fehlerhaft war, hat es eine korrigierte Mitteilung vorzunehmen.

c. Depotübertrag

56.84 Bei einem Depotübertrag hat das abgebende depotführende Kreditinstitut nach § 56 Absatz 4 Satz 3 InvStG die Daten zu dem fiktiven Veräußerungsgewinn und zu den Erträgen i. S. d. § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 InvStG 2004 dem übernehmenden depotführenden Kreditinstitut mitzuteilen. Sofern das abgebende depotführende Kreditinstitut keine fiktive Veräußerung durchgeführt hat, ist das übernehmende depotführende Kreditinstitut berechtigt, dies nachträglich durchzuführen.

56.85 Bei einem Depotübertrag aus dem Ausland ist die Übermittlung dieser Daten nicht vorgesehen, da es sich hier nicht um für ausländische Kreditinstitute zugängliche Daten handelt, sondern um das Ergebnis der steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften des § 8 Absatz 5 InvStG 2004. Wenn das abgebende ausländische depotführende Kreditinstitut die Anschaffungsdaten mitteilt, kann das übernehmende inländische depotführende Kreditinstitut von einer Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage absehen und stattdessen auf Basis dieser Anschaffungsdaten den Gewinn aus der fiktiven Veräußerung ermitteln.

56.5. Feststellung des Gewinns aus der fiktiven Veräußerung (§ 56 Absatz 5 InvStG)
a. Feststellung nur für Alt-Anteile im Betriebsvermögen

56.86 Nach § 56 Absatz 5 Satz 1 InvStG ist der Gewinn i. S. d. § 56 Absatzes 3 Satz 1 InvStG aus der fiktiven Veräußerung nach § 56 Absatz 2 Satz 1 InvStG gesondert festzustellen, wenn die Alt-Anteile zum Betriebsvermögen des Anlegers gehören.

56.87 Für Alt-Anteile, die von einer Gesamthand (z. B. Personengesellschaft) gehalten werden, ist eine gesonderte Feststellung auf Ebene der Gesamthand nur durchzuführen, wenn es sich um eine Mitunternehmerschaft handelt (§ 56 Absatz 5 Satz 2 i. V. m. Satz 1 InvStG). Bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft wird keine Feststellung auf Ebene der Gesamthand durchgeführt. Nur soweit an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft Personen beteiligt sind, die ihre Beteiligung im Betriebsvermögen halten, sind diese betrieblich Beteiligten nach § 56 Absatz 5 Satz 3 i. V. m. Satz 1 und 4 InvStG selbst zur Abgabe einer Feststellungserklärung hinsichtlich ihrer mittelbar über die Personengesellschaft gehaltenen Alt-Anteile verpflichtet.

56.88 Bei der gesonderten Feststellung des Gewinns aus der fiktiven Veräußerung sind auch dessen Berechnungskomponenten, insbesondere der Anleger-Aktiengewinn und der Anleger-Immobiliengewinn gesondert auszuweisen.

56.89 Die gesonderte Feststellung des Gewinns aus der fiktiven Veräußerung nach § 56 Absatz 2 Satz 1 InvStG ist keine Voraussetzung für die spätere Besteuerung dieses Gewinns. D. h. der Gewinn ist auch dann im Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung zu versteuern, wenn eine Feststellung unterblieben ist.

56.90 Bei einer Mitunternehmerschaft stellt die gesonderte Feststellung des Gewinns aus der fiktiven Veräußerung einen Grundlagenbescheid für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der Mitunternehmerschaft dar.

b. Zuständiges Finanzamt für das Feststellungsverfahren

56.91 Nach § 56 Absatz 5 Satz 9 InvStG ist grundsätzlich das Finanzamt für die Feststellung des fiktiven Veräußerungsgewinns zuständig, das für die Festsetzung der Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Anlegers zuständig ist. Davon abweichend ist nach § 56 Absatz 5 Satz 10 InvStG bei einer Mitunternehmerschaft das Finanzamt für die Feststellung des fiktiven Veräußerungsgewinns zuständig, das auch für die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 18 AO zuständig ist.

c. Abgabefrist für die Feststellungserklärung

56.92 Die Feststellungserklärung ist nach § 56 Absatz 5 Satz 4 InvStG frühestens nach dem und spätestens bis einschließlich abzugeben. Soweit Alt-Anteile bereits vor dem und vor der Abgabe der Feststellungserklärung veräußert wurden, ist eine Feststellungserklärung nicht abzugeben (§ 56 Absatz 5 Satz 11 InvStG).

56.6. Begrenzung des Bestandsschutzes für Alt-Anteile (§ 56 Absatz 6 InvStG)
a. Steuerfreiheit von bestandsgeschützten Alt-Anteilen

56.93 Nach § 56 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 InvStG sind die bis einschließlich eingetretenen Wertveränderungen bei bestandsgeschützten Alt-Anteilen steuerfrei. Bestandsgeschütze Alt-Anteile sind Investmentanteile, die vor dem im Privatvermögen erworben wurden und seither im Privatvermögen gehalten werden. Anteile i. S. d. § 21 Absatz 2a und 2b InvStG 2004 sind keine bestandsgeschützten Alt-Anteile (§ 56 Absatz 6 Satz 6 InvStG).

56.94 § 56 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 InvStG hat deklaratorischen Charakter, da sich die Steuerfreiheit der Wertveränderungen bestandsgeschützter Alt-Anteile bereits aus der in § 56 Absatz 2 Satz 1 InvStG angeordneten Veräußerungsfiktion unter Anwendung der am geltenden Rechtslage ergibt.

56.95 Eine fiktive Veräußerung nach § 22 Absatz 1 InvStG aufgrund einer Änderung des anwendbaren Teilfreistellungssatzes ist keine tatsächliche Veräußerung i. S. d. § 56 Absatz 3 Satz 1 InvStG, weil auch § 22 Absatz 3 InvStG zur Erfüllung des Besteuerungstatbestands eine tatsächliche Veräußerung voraussetzt. Daher führen die Fälle des § 22 Absatz 1 InvStG nicht zu einem Verlust des Status als bestandsgeschützter Alt-Anteil.

56.96 Wenn der Investmentfonds nicht mehr in den Anwendungsbereich des Investmentsteuergesetzes fällt und nach § 19 Absatz 2 sowie § 52 Absatz 2 InvStG eine Veräußerung fingiert wird, ist diese fingierte Veräußerung einer tatsächlichen Veräußerung i. S. d. § 56 Absatz 3 Satz 1 InvStG gleichzustellen. Dadurch endet der Status als bestandsgeschützter Alt-Anteil.

b. Freibetrag für Veräußerungsgewinne aus bestandsgeschützten Alt-Anteilen

56.97 Die ab dem eintretenden Wertveränderungen von bestandsgeschützten Alt-Anteilen (Rz. 56.93) sind steuerpflichtig, soweit sie einen einmalig zu gewährenden Freibetrag i. H. v. 100.000 € überschreiten (§ 56 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 InvStG). Der Freibetrag ist nur in der Veranlagung und nicht bei der Erhebung der Kapitalertragsteuer anzuwenden.

56.98 Eine Erbschaft oder eine Schenkung begründen steuerrechtlich beim Erben oder Beschenkten keinen Anschaffungstatbestand. Der Erbe/Beschenkte tritt als (Gesamt-)Rechtsnachfolger in die Rechtsstellung des Erblassers/Schenkers ein, so dass insbesondere der Status der Investmentanteile als bestandsgeschützte Alt-Anteile übergeht. Der konkrete Zeitpunkt der Schenkung oder Erbschaft ist daher unbeachtlich. Der durch den Rechtsvorgänger nicht ausgeschöpfte Freibetrag nach § 56 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 InvStG geht nicht auf den Erben/Beschenkten über. Der Erbe/Beschenkte kann jedoch seinen (eigenen) Freibetrag geltend machen, soweit er diesen noch nicht anderweitig verbraucht hat.

56.99 Im Rahmen des Steuerabzugsverfahrens hat der Entrichtungspflichtige die Gewinne aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen mit negativen anderen Kapitaleinkünften zu verrechnen. Umgekehrt sind Verluste aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen mit positiven anderen Kapitaleinkünften zu verrechnen. Wenn keine positiven anderen Kapitaleinkünfte vorhanden sind oder die Verluste aus der Veräußerung der bestandsgeschützten Alt-Anteile überwiegen, sind die nicht ausgeglichenen Verluste auf Ebene des entrichtungspflichtigen Kreditinstituts (im Rahmen des sog. Verlustverrechnungstopfs) auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen (§ 43a Absatz 3 Satz 3 EStG).

56.100 Im nachrichtlichen Teil einer Steuerbescheinigung sind die Summe der Gewinne aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen und die Summe der Verluste aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen jeweils gesondert auszuweisen. Für diesen nachrichtlichen Ausweis ist keine Saldierung zwischen Gewinnen und Verlusten aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen vorzunehmen.

56.101 Im Veranlagungsverfahren ist von Amts wegen auf die Gewinne aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen der Freibetrag nach § 56 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 InvStG anzuwenden. Steuerpflichtig ist nur der nach einer Teilfreistellung verbleibende Gewinn, so dass auch nur der nach einer Teilfreistellung verbleibende Gewinn den Freibetrag mindert.

56.102 Soweit der im nachrichtlichen Teil einer Steuerbescheinigung ausgewiesene Gewinn aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen die bescheinigte Höhe der Kapitalerträge übersteigt, kann durch die Anwendung des Freibetrags ein Verlust entstehen. Auf den im nachrichtlichen Teil einer Verlustbescheinigung ausgewiesenen Gewinn aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen ist ebenfalls der Freibetrag anzuwenden. Dies erhöht die Verluste aus Kapitalvermögen, die nach § 20 Absatz 6 Satz 2 EStG auf die folgenden Veranlagungszeiträume übertragen werden und nach § 20 Absatz 6 Satz 3 i. V. m. § 10d Absatz 4 EStG gesondert festzustellen sind. Der Freibetrag ist stets in voller Höhe des nach einer Teilfreistellung verbleibenden Gewinns aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen anzuwenden. Eine nur teilweise Geltendmachung des Freibetrags (z. B. wenn der Anleger den Freibetrag nur insoweit anwenden möchte, als der Sparer-Pauschbetrag überschritten wird) ist unzulässig.

56.103 Die Verluste aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen sind mit positiven anderen Kapitaleinkünften zu verrechnen. Bei einem Verlustüberhang erhöhen die Verluste aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen die Verluste aus Kapitalvermögen, die nach § 20 Absatz 6 Satz 2 EStG auf folgende Veranlagungszeiträume übertragen werden und nach § 20 Absatz 6 Satz 3 i. V. m. § 10d Absatz 4 EStG gesondert festzustellen sind.

56.104 Beispiel zu positiven Kapitalerträgen (vereinfacht ohne Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer):

Gewinn aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen


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(realisierter Wertzuwachs ab 2018)
+ 11.000 €

Verlust aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen


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(realisierter Wertverlust ab 2018)
– 9.000 €
Sonstige Kapitalerträge
+ 6.000 €
Summe der Kapitalerträge
+ 8.000 €
Kapitalertragsteuer
2.000 €

In der Steuerbescheinigung ist im nachrichtlichen Teil ein Gewinn aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen i. H. v. 11.000 € und ein Verlust aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen i. H. v. 9.000 € auszuweisen.

Im Veranlagungsverfahren ist auf den Gewinn aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen i. H. v. 11.000 € der Freibetrag nach § 56 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 InvStG anzuwenden. Der verbleibende Freibetrag i. H. v. 89.000 € ist nach § 56 Absatz 6 Satz 2 InvStG gesondert festzustellen. Aufgrund der Steuerfreistellung reduzieren sich die Kapitaleinkünfte auf – 3.000 € (8.000 € – 11.000 € = – 3.000 €). Der Verlust i. H. v. 3.000 € ist nach § 20 Absatz 6 Satz 2 EStG auf die folgenden Veranlagungszeiträume zu übertragen und nach § 20 Absatz 6 Satz 3 i. V. m. § 10d Absatz 4 EStG gesondert festzustellen. Die einbehaltene Kapitalertragsteuer ist in vollem Umfang zu erstatten.

56.105 Beispiel zu negativen Kapitalerträgen (vereinfacht ohne Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer):

Gewinn aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen


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(realisierter Wertzuwachs ab 2018)
+ 11.000 €

Verlust aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen


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(realisierter Wertverlust ab 2018)
– 15.000 €
Sonstige Kapitalerträge
+ 3.000 €
Summe der Kapitalerträge (Verlust)
– 1.000 €

In den Vorjahren hat sich der verbleibende Freibetrag nach § 56 Absatz 6 Satz 2 bereits auf 40.000 € reduziert.

In der Verlustbescheinigung ist im nachrichtlichen Teil ein Gewinn aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen i. H. v. 11.000 € und ein Verlust aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen i. H. v. 15.000 € auszuweisen.

Im Veranlagungsverfahren ist auf den Gewinn aus der Veräußerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen i. H. v. 11.000 € der Freibetrag nach § 56 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 InvStG anzuwenden. Der verbleibende Freibetrag i. H. v. 29.000 € ist nach § 56 Absatz 6 Satz 2 InvStG gesondert festzustellen. Aufgrund der Steuerfreistellung erhöhen sich die Verluste aus Kapitalvermögen auf 12.000 € (– 1.000 € – 11.000 € = – 12.000 €). Der Verlust i. H. v. 12.000 € ist nach § 20 Absatz 6 Satz 2 EStG auf die folgenden Veranlagungszeiträume zu übertragen und nach § 20 Absatz 6 Satz 3 i. V. m. § 10d Absatz 4 EStG gesondert festzustellen.

c. Feststellung des verbleibenden Freibetrags

56.106 Soweit ein Gewinn aus der Veräußerung eines bestandsgeschützten Alt-Anteils von der Besteuerung freigestellt wird, ist der verbleibende Freibetrag durch das für die Einkommensbesteuerung des Anlegers zuständige Finanzamt gesondert festzustellen (§ 56 Absatz 6 Satz 2 und 3 InvStG).

56.107 Die gesonderte Feststellung des verbleibenden Freibetrags ist erstmals für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem bestandsgeschützte Alt-Anteile veräußert werden.

56.108 Die gesonderte Feststellung kann mit dem Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheid verbunden werden.

56.7. Zuflussfiktion für ordentliche Alterträge (§ 56 Absatz 7 InvStG)
a. Zuflussfiktion zum

56.109 Nach § 56 Absatz 7 Satz 1 InvStG gelten ordentliche Alterträge bei den Anlegern eines Investmentfonds oder eines Spezial-Investmentfonds als zugeflossen, wenn der Investmentfonds oder der Spezial-Investmentfonds die Erträge nicht vor dem ausschüttet und diese Erträge dem Anleger nicht vor diesem Stichtag zufließen. Der Begriff der „ordentlichen Alterträge” wird in § 56 Absatz 7 Satz 5 InvStG definiert (Rz. 56.122). Die Zuflussfiktion ist auch dann anwendbar, wenn der Investmentfonds oder der Spezial-Investmentfonds im Jahr 2017 einen Ausschüttungsbeschluss fasst, aber die tatsächliche Auszahlung dem Anleger erst im Jahr 2018 zufließt.

56.110 Die ordentlichen Alterträge gelten nach § 56 Absatz 7 Satz 1 InvStG mit Ablauf des in 2017 endenden Geschäftsjahres als zugeflossen. Aufgrund der Zuflussfiktion zum muss der Anleger grundsätzlich die ordentlichen Alterträge noch im Veranlagungszeitraum 2017 als ausschüttungsgleiche Erträge versteuern Ausnahmen kann es nach § 4a Absatz 2 Nummer 2 EStG oder nach § 7 Absatz 4 Satz 2 KStG bei Anlegern mit abweichendem Wirtschaftsjahr geben.

56.111 Auch das Rumpfgeschäftsjahr nach § 56 Absatz 1 Satz 3 InvStG ist ein Geschäftsjahr, so dass die in diesem Rumpfgeschäftsjahr erzielten Erträge des Investmentfonds bei den Anlegern am als zugeflossen gelten.

b. Zuflussfiktion zum bei Anlegern von Spezial-Investmentfonds

56.112 Nach § 56 Absatz 7 Satz 2 InvStG gelten die ordentlichen Alterträge erst am als zugeflossen, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • 56.113 Die ordentlichen Alterträge stammen aus einem Geschäftsjahr eines Spezial-Investmentfonds, das nach dem geendet hat.

    Dies kann sowohl ein regulär in der zweiten Jahreshälfte endendes Geschäftsjahr als auch ein Rumpfgeschäftsjahr i. S. d. § 56 Absatz 1 Satz 3 InvStG sein. Wenn der Spezial-Investmentfonds beispielsweise ein am 30. September endendes Geschäftsjahr hat, fallen sowohl das zum endende reguläre Geschäftsjahr 2016/2017 als auch das Rumpfgeschäftsjahr bis unter den Anwendungsbereich des § 56 Absatz 7 Satz 2 InvStG.

  • 56.114 Der Anleger muss den Spezial-Investmentanteil ununterbrochen vom Zeitpunkt des Geschäftsjahresendes bis zum gehalten haben.

    Dies stellt sicher, dass sich die Anleger nicht durch zwischenzeitliche Veräußerung einer Zuflussfiktion entziehen können. Bei einer Veräußerung vor dem bleibt es dagegen bei der Anwendung der Regelungen in § 56 Absatz 7 Satz 1 InvStG. Veräußert der Anleger nur einen Teil seiner Spezial-Investmentanteile vor dem , bleibt es nur hinsichtlich der veräußerten Spezial-Investmentanteile bei der Anwendung der Regelungen des § 56 Absatz 7 Satz 1 InvStG.

  • 56.115 Die ordentlichen Alterträge müssen von einem Spezial-Investmentfonds i. S. d. § 15 InvStG 2004 oder § 16 InvStG 2004 erzielt werden, der ab dem die Voraussetzungen eines Spezial-Investmentfonds nach §§ 26 f. InvStG erfüllt. Damit ist § 56 Absatz 7 Satz 2 InvStG nicht anwendbar, wenn ein Spezial-Investmentfonds i. S. d. alten Rechts nicht mehr die Anforderungen an einen Spezial-Investmentfonds i. S. d. neuen Rechts erfüllt.

56.116 Die nach § 56 Absatz 7 Satz 2 InvStG am als zugeflossen geltenden Erträge können vorrangig für Ausschüttungen ab dem verwendet werden. Diese ausschüttungsgleichen Erträge mindern nicht den Gewinn aus der fiktiven Veräußerung zum (§ 56 Absatz 3 Satz 1 InvStG), sondern sind bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach neuem Recht (§ 49 Absatz 3 Satz 2 und 3 InvStG) zu berücksichtigen.

56.117 Bei einem in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2017 endenden Geschäftsjahr konnte am Geschäftsjahresende noch nicht festgestellt werden, ob die Anleger die Spezial-Investmentanteile bis zum halten werden, so dass am Geschäftsjahresende noch nicht feststand, ob die Voraussetzungen des § 56 Absatz 7 Satz 2 InvStG erfüllt sein werden. Daher war für die Zwecke des Steuerabzugs zunächst davon auszugehen, dass die ordentlichen Alterträge nach § 56 Absatz 7 Satz 1 InvStG mit Ablauf des Geschäftsjahres als zugeflossen gelten. Wenn am feststand, dass die Voraussetzungen des § 56 Absatz 7 Satz 2 InvStG erfüllt sind, war der Steuerabzug zum Geschäftsjahresende zu korrigieren und ein neuer Steuerabzug im Jahr 2018 vorzunehmen. Es wird nicht beanstandet, wenn sowohl die Korrektur des Steuerabzugs zum Geschäftsjahresende 2017 als auch der Steuerabzug im Jahr 2018 unterbleiben. Die auf die Fälle des § 56 Absatz 7 Satz 2 InvStG entfallende Kapitalertragsteuer ist auch dann nur im Veranlagungszeitraum 2018 anrechenbar, wenn von der Nichtbeanstandungsregelung Gebrauch gemacht wird.

56.118 Wenn im Jahr 2017 eine Teilausschüttung der ordentlichen Alterträge beschlossen wurde und diese ordentlichen Alterträge den Anlegern im Jahr 2017 zugeflossen sind und die Teilausschüttung ausreicht, um die Kapitalertragsteuer nach § 7 Absatz 1 bis 3 InvStG 2004 einschließlich der Zuschlagsteuern zur Kapitalertragsteuer einzubehalten, dann sind diese Erträge bei bilanzierenden Anlegern im Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschlusses und bei allen anderen Anlegern im Zeitpunkt des Zuflusses zuzurechnen (§ 2 Absatz 1 Satz 3 InvStG 2004). Wenn die Teilausschüttung nicht ausreicht, um die Kapitalertragsteuer nach § 7 Absatz 1 bis 3 InvStG 2004 einschließlich der Zuschlagsteuern zur Kapitalertragsteuer einzubehalten, dann gelten diese Erträge grundsätzlich mit Ablauf des Jahres 2017 als zugeflossen (§ 2 Absatz 1 Satz 4 InvStG 2004). Sind jedoch gleichzeitig die Voraussetzungen des § 56 Absatz 7 Satz 2 InvStG erfüllt, dann gelten bei einer nicht für den Steuerabzug ausreichenden Teilausschüttung die ordentlichen Alterträge zum als zugeflossen.

c. Fortgeltung des alten Rechts für die als zugeflossen geltenden ordentlichen Alterträge

56.119 Für die Besteuerung der nach § 56 Absatz 7 Satz 1 oder 2 InvStG als zugeflossen geltenden ordentlichen Alterträge bleibt nach § 56 Absatz 7 Satz 3 InvStG das am geltende Investmentsteuergesetz anwendbar. Insbesondere sind die Regelungen zur Erhebung der Kapitalertragsteuer nach § 7 InvStG 2004 und § 15 Absatz 1 Satz 7 und 8 InvStG 2004 sowie die bei Spezial-Investmentfonds geltenden Sonderregelungen für inländische Immobilienerträge nach § 15 Absatz 2 InvStG 2004 anzuwenden.

56.120 Auch die Regelungen zur beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe b EStG in der am geltenden Fassung sind für die Zwecke der Besteuerung der am als zugeflossen geltenden ausschüttungsgleichen Erträge weiterhin anzuwenden. Rechtstechnisch wird auf die am geltende Fassung des Einkommensteuergesetzes verwiesen, da § 49 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe b EStG durch das am in Kraft getretene Investmentsteuerreformgesetz aufgehoben wurde und nur aufgrund einer Anwendungsregelung in § 52 Absatz 45a Satz 4 EStG bis einschließlich anwendbar bleibt.

d. Steuerfreie Ausschüttbarkeit von bereits besteuerten ausschüttungsgleichen Erträgen

56.121 § 56 Absatz 7 Satz 4 InvStG regelt, dass die in 2018 nach altem Recht besteuerten ausschüttungsgleichen Erträge eines Spezial-Investmentfonds (§ 56 Absatz 7 Satz 2 und 3 InvStG) im Jahr 2018 oder später als ausschüttungsgleiche Erträge der Vorjahre i. S. d. § 35 Absatz 5 InvStG steuerfrei an die Anleger des Spezial-Investmentfonds ausgeschüttet werden können. Ein zwischenzeitlich gebildeter Ausgleichsposten in der Steuerbilanz des Anlegers ist insoweit aufzulösen.

e. Definition der ordentlichen Alterträge

56.122 Ordentliche Alterträge sind Erträge der in § 1 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 4 InvStG 2004 bezeichneten Art (§ 56 Absatz 7 Satz 5 InvStG). Dies sind im Wesentlichen Dividenden, Zinsen und inländische Immobilienerträge.

56.8. Neubeginn anlegerbezogener Besteuerungsgrundlagen ab dem (§ 56 Absatz 8 InvStG)
a. Keine Berücksichtigung von außerordentlichen Alterträgen und anderen nach altem Recht ermittelten Besteuerungsgrundlagen im Rahmen des neuen Rechts

56.123 Nach § 56 Absatz 8 Satz 1 InvStG sind außerordentliche Alterträge, ausschüttungsgleiche Erträge, die vor dem als zugeflossen gelten sowie Absetzungsbeträge, Verlustvorträge und alle sonstigen auf der Fondsebene ermittelten Besteuerungswerte, die aus Zeiträumen vor dem stammen, für die Besteuerung nach dem neuen Recht unbeachtlich. Der Begriff der außerordentlichen Alterträge wird in § 56 Absatz 8 Satz 2 InvStG definiert (Rz 56.125).

56.124 Da für die außerordentlichen Alterträge auf der Anlegerebene unterschiedliche Besteuerungsregelungen gelten können, werden diese Ertragsarten auf der Fondsebene gesondert in sog. Vortragstöpfen erfasst. Bei einer Ausschüttung ist auszuweisen, welche Ertragsart für die Ausschüttung verwendet wird. Die Vortragstöpfe des alten Rechts sind unter der Geltung des neuen Rechts nicht fortzuführen. Bei Spezial-Investmentfonds sind ab dem neue Vortragstöpfe zu bilden.

b. Definition von außerordentlichen Alterträgen

56.125 Außerordentliche Alterträge sind Erträge, die nach altem Recht steuerneutral auf Ebene des Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds thesauriert werden können und erst bei einer Ausschüttung an den Anleger zu versteuern sind (§ 56 Absatz 8 Satz 2 InvStG). Außerordentliche Alterträge sind insbesondere Aktienveräußerungsgewinne, sonstige Wertpapierveräußerungsgewinne und Erträge aus Termingeschäften.

c. Neubeginn des Fonds-Aktiengewinns, Fonds-Abkommensgewinns und Fonds-Teilfreistellungsgewinns

56.126 Realisierte Gewinne, unrealisierte Wertveränderungen sowie Erträge, die auf Zeiträume vor dem entfallen, sind für die ab dem zu ermittelnden Fonds-Aktiengewinne, Fonds-Abkommensgewinne und Fonds-Teilfreistellungsgewinne unbeachtlich (§ 56 Absatz 8 Satz 3 InvStG). Die Fonds-Aktiengewinne, die Fonds-Abkommensgewinne und die Fonds-Teilfreistellungsgewinne beginnen am mit null Euro.

56.9. Besteuerung von umqualifizierten Substanzbeträgen (§ 56 Absatz 9 InvStG)
a. Umqualifizierung von Substanzbeträgen in Spezial-Investmenterträge (§ 56 Absatz 9 Satz 1 InvStG)

56.127 Die von einem Spezial-Investmentfonds zur Ausschüttung verwendeten Substanzbeträge i. S. d. § 35 Absatz 5 InvStG gelten nach § 56 Absatz 9 Satz 1 InvStG als steuerpflichtige Spezial-Investmenterträge, soweit bei dem jeweiligen Anleger des Spezial-Investmentfonds ein Gewinn aus der fiktiven Veräußerung zum vorhanden ist. Zu einer Umqualifizierung der steuerneutralen Substanzbeträge in steuerpflichtige Spezial-Investmenterträge kommt es nur bei Anlegern, die bereits vor 2018 an dem Spezial-Investmentfonds beteiligt waren und bei denen ein positiver Gewinn aus der fiktiven Veräußerung des Spezial-Investmentanteils zum vorhanden ist. Dagegen kann es nicht zu einer Umqualifizierung kommen, wenn ein Anleger den Spezial-Investmentanteil ab dem erworben hat.

56.128 Der Umqualifizierung nach § 56 Absatz 9 Satz 1 InvStG von Substanzbeträgen unterliegt nur der nach Berücksichtigung von außerbilanziellen Hinzurechnungen und Abrechnungen verbleibende Gewinn i. S. d. § 56 Absatz 3 Satz 1 InvStG.

56.129 Für die Frage, ob Substanzbeträge i. S. d. § 35 Absatz 5 InvStG als zur Ausschüttung verwendet gelten, ist es irrelevant, ob nach dem Ausschüttungsbeschluss des Spezial-Investmentfonds außerordentliche oder ordentliche Alterträge zur Ausschüttung verwendet werden sollen. Maßgebend ist nicht der Ausschüttungsbeschluss, sondern die Verwendungsfiktion des § 35 InvStG und damit der Umstand, ob nach neuem Recht entstandene ausgeschüttete Erträge i. S. d. § 35 Absatz 1 InvStG, ausschüttungsgleiche Erträge i. S. d. § 36 Absatz 1 InvStG der Vorjahre, Zurechnungsbeträge i. S. d. § 35 Absatz 3 InvStG, Immobilien-Zurechnungsbeträge oder Absetzungsbeträge i. S d. § 35 Absatz 4 InvStG vorhanden sind.

56.130 Bei steuerbefreiten Anlegern (z. B. Kirchen und gemeinnützige Stiftungen) ist die Umqualifizierung irrelevant und kann daher unterbleiben, da bei ihnen sowohl die Gewinne aus der fiktiven Veräußerung als auch die Spezial-Investmenterträge steuerfrei sind.

56.131 Die Umqualifizierung ist auf die Höhe des vorhandenen positiven Gewinns aus der fiktiven Veräußerung zum beschränkt. Mit jedem umqualifizierten Teilbetrag reduziert sich der Betrag, der für eine weitere Umqualifizierung zur Verfügung steht. Bei der Bemessungsgrundlage für die Umqualifizierung handelt es sich aber nur um eine rechnerische Größe. Der nach § 56 Absatz 3 Satz 1 InvStG bei einer tatsächlichen Veräußerung eines Alt-Anteils zu berücksichtigende Gewinn bleibt unverändert.

56.132 Beispiel:

Anleger A erwirbt am einen Alt-Anteil an dem Spezial-Investmentfonds S zu einem Preis von 100 €. Der S erzielt 20 € Gewinn aus der Veräußerung von Bundesanleihen, die er nicht ausschüttet. Dadurch steigt der Wert des Spezial-Investmentanteils auf 120 €. Der Gewinn aus der fiktiven Veräußerung zum beträgt 20 € (120 € fiktiver Veräußerungserlös – 100 € Anschaffungskosten = 20 €). Am schüttet S 5 € Substanzbeträge aus.

Nach § 56 Absatz 9 Satz 1 InvStG gelten diese 5 € als Spezial-Investmenterträge. Für eine zukünftige Umqualifizierung würden als rechnerische Größe nur noch 15 € Restgewinn verbleiben.

Durch die Ausschüttung sinkt der Anteilswert auf 115 €. Am veräußert A den Alt-Anteil zu diesem Preis. Durch die Veräußerung entsteht ein Veräußerungsverlust i. H. v. 5 € (115 € Veräußerungserlös – 120 € fiktive Anschaffungskosten zum  = - 5 €). Gleichzeitig sind nach § 56 Absatz 3 Satz 3 InvStG 20 € Gewinn aus der fiktiven Veräußerung zum zu berücksichtigen.

Der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn beträgt danach insgesamt 15 €. Zuzüglich der 5 € Spezial-Investmenterträge ergibt sich ein Gesamtertrag von 20 €.

(1) Bilanzansatz des Investmentanteils am : 100 €

(2) Buchung am :


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Spezial-Investmentanteil
20 €
an
Ertrag
20 €
Ertrag
20 €
an
20 €

(3) Bilanzansatz am


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Aktivseite
 
Passivseite
 
Spezial-Investmentanteil
120 €
20 €

(4) Buchung am


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Bank
5 €
an
Spezial-Investmenterträge
5 €

(5) Bilanzansatz am


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Aktivseite
 
Passivseite
 
Spezial-Investmentanteil
120 €
20 €
Bank
5 €
Gewinn
5 €

(6) Buchung der Veräußerung am


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Bank
und
115 €
an
Spezial-Investmentanteil
120 €
Aufwand aus Veräußerung
5 €
20 €
an
Ertrag aus Auflösung
20 €

(7) Bilanzansatz am


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Aktivseite
Passivseite
Bank
120 €
Gewinn
20 €

Ertragswirksam 2018: 20 € (5 € + 115 € – 120 € + 20 € = 20 €)

b. Kein Steuerabzug auf umqualifizierte Substanzbeträge (§ 56 Absatz 9 Satz 2 InvStG)

56.133 Da in der Regel einem Spezial-Investmentfonds nicht die erforderlichen Informationen hinsichtlich des Gewinns aus der fiktiven Veräußerung zum seiner Anleger vorliegen und der Spezial-Investmentfonds daher nicht ermitteln kann, in welchem Umfang die Substanzbeträge als steuerpflichtige Spezial-Investmenterträge gelten, ist nach § 56 Absatz 9 Satz 2 InvStG kein Steuerabzug bei den umqualifizierten Substanzbeträgen vorgesehen. Vielmehr sind diese steuerpflichtigen Erträge erst in der Veranlagung des Anlegers der Besteuerung zu unterwerfen.

C. Zeitliche Anwendung dieses Schreibens

Die Regelungen dieses Schreibens sind auf alle offenen Fälle ab dem Veranlagungszeitraum 2018 anzuwenden. Bei Sachverhalten, die unter die Regelungen dieses Schreibens fallen, sind vorherige BMF-Schreiben sowie Antwortschreiben des BMF an Verbände nicht mehr anzuwenden. Insbesondere werden die Regelungen zu effektiven Stücken von Inhaberanteilscheinen in Tz. 10 des Antwortschreibens des ; DOK 2017/1058518 durch die Regelungen in Rz. 56.18 ff. ersetzt.

D. Abkürzungsverzeichnis


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AfA
Absetzungen für Abnutzung
AfaA
Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzungen
AfS
Absetzungen für Substanzverringerung
AIFM-Richtlinie
Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Verwalter alternativer Investmentfonds
AltZertG
Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BFH
Bundesfinanzhof
BStBl
Bundessteuerblatt
BZSt
Bundeszentralamt für Steuern
DBA
Doppelbesteuerungsabkommen
EZB
Europäischen Zentralbank
FIFO
First In-First Out
GBO
Grundbuchordnung
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Investmentsteuergesetz in der ab dem geltenden Fassung
Investmentsteuergesetz in der am geltenden Fassung
ISIN
International Securities Identification Number
Kapitalanlagegesetzbuch
OGAW
Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren
OGAW-Richtlinie
Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren
NV-Bescheinigung
Nichtveranlagungs-Bescheinigung
SolzG
Solidaritätszuschlagsgesetz
WoEigG

BMF v. - IV C 1 - S 1980-1/16/10010 :001


Fundstelle(n):
BStBl 2019 I Seite 527
BB 2019 S. 1365 Nr. 24
DStR 2019 S. 1212 Nr. 23
DStZ 2019 S. 602 Nr. 17
EStB 2019 S. 266 Nr. 7
EStB 2019 S. 309 Nr. 8
EStB 2019 S. 374 Nr. 9
FR 2019 S. 576 Nr. 12
FR 2019 S. 669 Nr. 14
NWB-EV 2019 S. 251 Nr. 7
StB 2019 S. 233 Nr. 7
YAAAH-16454