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WP Praxis Nr. 6 vom Seite 165

Zur Neuregelung der Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung in der EU

Mögliche Folgen der Konsultation der EU-Kommission zur Überarbeitung der CSR-Richtlinie

Mag. (FH) Josef Baumüller und M.Sc. Oliver Scheid

Am hat die EU-Kommission ihr – lang erwartetes – Konsultationspapier zur beabsichtigten Überarbeitung der CSR-Richtlinie vorgelegt. Bis Mitte Juni dieses Jahres können nun Stakeholder, wie (berichtspflichtige) Unternehmen, Wirtschaftsprüfer, Standardsetzer oder sonstige Interessengruppen, Vorschläge hinsichtlich der Weiterentwicklung des Normenrahmens für die nichtfinanzielle Berichterstattung machen. Überraschend kommt dieser Schritt der EU-Kommission nicht, standen doch sowohl die CSR-Richtlinie als auch dazugehörige Ergänzungen, wie etwa die Leitlinien der EU-Kommission zur nichtfinanziellen bzw. zur klimabezogenen Berichterstattung, im Schrifttum deutlich in der Kritik. Deswegen und vor dem Hintergrund der in der praktischen Anwendung gesammelten Erfahrungen ist eine Überarbeitung der CSR-Richtlinie – sechs Jahre nach deren Veröffentlichung – als folgerichtig anzusehen. Die Ausführungen im Konsultationspapier lassen nunmehr auf eine anstehende Neuregelung schließen, die Handlungsbedarf für den deutschen Gesetzgeber impliziert: Für die nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärung scheint sich eine verpflichtende externe (inhaltliche) Prüfung abzuzeichnen. Wird hierfür der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer in die Pflicht genommen, so hat dieser seine nichtfinanzielle Fachexpertise weiter zu erweitern. Der nachstehende Beitrag fasst die diesbezüglichen Eckpunkte des Konsultationspapiers der EU-Kommission zusammen und würdigt die daraus ableitbaren Kernfragen für die Weiterentwicklung der externen Prüfung (und damit: der Governance im Kontext) der nichtfinanziellen Berichterstattung.

Kirsch, Nichtfinanzielle Berichterstattungspflicht (HGB), infoCenter NWB CAAAG-79145

Kernaussagen
  • Das Konsultationspapier der EU-Kommission zur Überarbeitung der CSR-Richtlinie stellt den ersten konkreten Versuch zur Überarbeitung des Normenrahmens der nichtfinanziellen Berichterstattung seit Inkrafttreten der CSR-Richtlinie im Jahr 2014 dar. Neben einer geplanten Ausweitung des Kreises der berichtspflichtigen Unternehmen und Fragen zur Einführung eines europäischen Berichtsstandards steht auch die Prüfung im Fokus der Reformüberlegungen.

  • Die EU-Kommission erwägt offenbar, eine verpflichtende externe Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung einzuführen. Dies rückt vor allem den Abschlussprüfer in den Fokus der diesbezüglichen Überlegungen bzw. den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer im Allgemeinen. Damit einhergehend gewinnt jedoch ebenso die Frage, inwieweit von dessen Seite eine entsprechende Fachexpertise in nichtfinanziellen Belangen erwartet bzw. wie diese weiterentwickelt werden kann, an Bedeutung.

  • Im Hinblick auf Folgefragen zum konkreten Prüfungsumfang, zur Prüfungsintensität oder zu hierfür infrage kommende Prüfungsstandards hält sich die EU-Kommission vergleichsweise bedeckt. Die Absicht, ggf. niedrige(re) Anforderungen (im Sinne einer geforderten Prüfung mit lediglich begrenzter Sicherheit) zu etablieren, ist kritisch zu sehen, da dies das Nutzenpotenzial der nichtfinanziellen Berichterstattung deutlich schwächen könnte.

I. Hintergrund

Nachhaltigkeitsbelange haben in den vergangenen Jahren einen beachtlichen Bedeutungsgewinn für die Unternehmensberichterstattung erfahren. Als zentraler Ausgangspunkt dieser Weiterentwicklung innerhalb der EU gilt die im Jahr 2014 in Kraft getretene CSR-Richtlinie – als bis heute gültige Rechtsgrundlage für die nichtfinanzielle Berichterstattung. Doch bereits mit Veröffentlichung der CSR-Richtlinie und vor dem Hintergrund der damit einhergehenden hohen Erwartungshaltung wurden im Schrifttum Stimmen laut, welche die Vorgaben des europäischen Gesetzgebers im Sinne einer angestrebten höheren Entscheidungsnützlichkeit oder Vergleichbarkeit nichtfinanzieller Informationen im Rahmen ihrer Berichterstattung als unzureichend ansahen. Im Besonderen gelten die – abstrakt gehaltenen – Bestimmungen der CSR-Richtlinie als sehr auslegungsbedürftig. Haaker/Gahlen bemängelten darüber hinaus, dass die nichtfinanzielle Berichterstattung auf Grundlage der CSR-Richtlinie ein von der Finanzberichterstattung losgelöstes Rechnungslegungssystem etablieren könnte. S. 166

Vor allem aufgrund der zahlreichen Auslegungsfragen zur CSR-Richtlinie veröffentlichte die EU-Kommission im Juli 2017 – und damit knapp drei Jahre nach Inkrafttreten der CSR-Richtlinie – ihre unverbindlichen Leitlinien für die Berichterstattung über nichtfinanzielle Informationen. Die Reaktionen im Schrifttum waren aber auch hier ähnlich kritisch wie bereits im Rahmen der CSR-Richtlinie. Im Zuge der stetig zunehmenden Relevanz des Klimawandels veröffentlichte die EU-Kommission im Juni 2019 darüber hinaus eine weitere, unverbindlich anzuwendende Ergänzung: Die Leitlinien zur klimabezogenen Berichterstattung. Die Reaktionen blieben indes mehr oder weniger die gleichen – vor allem im Hinblick auf den (kaum richtlinienkonformen) „Checklisten“-Charakter dieser Leitlinien. Die grundlegenden Probleme der CSR-Richtlinie konnten damit durch diese Leitlinien nicht wirksam adressiert werden, vielmehr scheinen sie zu einer gewissen Konfusion in der Rechtsauslegung und -anwendung beigetragen zu haben.

Vor dem Hintergrund der sohin wachsenden Kritik an den unionsrechtlichen Vorgaben im Zusammenhang mit der CSR-Richtlinie hat die EU-Kommission nun Anfang dieses Jahres – und in Anknüpfung an vorhergehende Verlautbarungen anlässlich des „Green New Deal“ – ihre Absicht verlautbart, die bestehende CSR-Richtlinie grundlegend zu überarbeiten. Dazu hatte die EU-Kommission bereits am einen Fahrplan („Roadmap“) zur Überarbeitung der Regelungen zur nichtfinanziellen Berichterstattung angekündigt. Dieser sieht vor, dass die Überarbeitung der CSR-Richtlinie – nach vorher getätigter Konsultation sämtlicher Stakeholder bis zur Mitte dieses Jahres – ab dem letzten Quartal dieses Jahres konkret in die Tat umgesetzt wird.