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BBK Nr. 21 vom Seite 1013

Zuflusszeitpunkt einer Tantieme – Jahresabschluss und Hinweise zu Steuererklärungen

Wolfgang Eggert

[i]FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 24.8.2017 - 6 K 1418/14 NWB CAAAG-60738 BFH, Urteil v. 28.4.2020 - VI R 44/17 NWB PAAAH-56880 Der Zufluss einer Tantieme beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer schien bisher kein streitiges Thema zu sein. Zu eindeutig – wurde vermutet – war die Festlegung des BFH, der sich das BMF angeschlossen hatte. Ein Urteil des FG Rheinland-Pfalz stiftete jedoch in Fällen der verspäteten Jahresabschlusserstellung und -feststellung erhebliche Unruhe. Nunmehr kann aufgrund des neuesten BFH-Urteils Entwarnung gegeben werden.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Zuflussfiktion für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer

1. Gesetzliche Regelung des Zuflussbegriffs

[i]Langenkämper, Zufluss-Abfluss-Prinzip, infoCenter NWB YAAAB-05702 Einnahmen bei den Überschusseinkünften „sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen“, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Speziell für Arbeitslöhne regelt jedoch § 38a Abs. 1 EStG:

  • laufender Arbeitslohn gilt in dem Kalenderjahr als bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet, S. 1014

  • sonstige Bezüge (nicht laufender Arbeitslohn) werden in dem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Arbeitnehmer zufließen. Die Tantieme stellt einen solchen sonstigen Bezug dar.

2. Sonderfall: Beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer

[i]Skalecki, Zufluss von Tantiemen beim Gesellschafter-Geschäftsführer, NWB 47/2014 S. 3548 NWB ZAAAE-78984 Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass Gehaltsbestandteile und damit auch Tantiemen eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers, die im Anstellungsvertrag vereinbart, tatsächlich aber nicht ausgezahlt worden sind, nicht erst mit der Auszahlung zu versteuern sind. Vielmehr wird angenommen, dass dem beherrschenden Gesellschafter eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen „seine“ Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zufließt.

[i]Gehrmann, Gesellschafter-Geschäftsführer, infoCenter NWB XAAAB-04820 Als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer gilt im Regelfall derjenige, welcher die Mehrheit der Stimmrechte besitzt und deshalb bei Gesellschafterversammlungen entscheidenden Einfluss ausüben kann sowie zudem als Geschäftsführer bestellt ist (§ 6 Abs. 3 GmbHG).

[i]Zahlungsfähigkeit als weitere VoraussetzungDie Rechtsauffassung entspricht den EStH, die zu Gutschriften ebenfalls ausführen, eine solche führt in dem Zeitpunkt zum Zufluss, wenn eine eindeutige und unbestrittene Leistungsverpflichtung des Schuldners besteht, diesem also insbesondere kein Leistungsverweigerungsrecht zusteht und der Schuldner in diesem Zeitpunkt zur Zahlung des Betrags in der Lage gewesen wäre (H 11 „Gutschrift“ EStH), also zahlungsfähig ist.

Die Auffassung der Finanzverwaltung ist durch die BFH-Rechtsprechung gut „hinterlegt“. Sowohl der BFH als auch das BMF vertreten diese Meinung, weil der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer es regelmäßig selbst in der Hand hat – sofern die Gesellschaft leistungsfähig ist –, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig und unbestritten ist, oder sie alternativ in der Gesellschaft zu belassen.

Hinweis:

[i]Tatsächlicher Bilanzausweis unerheblichEs ist für die Anwendung dieser sog. Zuflussfiktion ohne Bedeutung, ob sich der Vorgang in der Bilanz der Kapitalgesellschaft tatsächlich gewinnmindernd ausgewirkt hat, etwa durch die Passivierung einer Verbindlichkeit oder einer Rückstellung, sofern eine solche Schuldposition nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung hätte gebildet werden müssen.

II. Aktuelle BFH-Rechtsprechung

1. Sachverhalt

[i]FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 24.8.2017 - 6 K 1418/14 NWB CAAAG-60738 Der Kläger war zu 51 % Gesellschafter und Geschäftsführer der A-GmbH sowie zu 100 % der B-GmbH. In beiden Geschäftsführerverträgen waren gewinnabhängige Tantiemeansprüche geregelt. Als Fälligkeit war ein Monat nach der Genehmigung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung vereinbart.

Zum wurde in der Bilanz der A-GmbH eine Tantieme zugunsten des Klägers i. H. von 160.984 € passiviert. In der Bilanz der B-GmbH zum gleichen Abschlussstichtag ergab sich eine Tantieme i. H. von 160.260 €, die als sonstige Rückstellung ausgewiesen wurde. Die Bilanzen der A-GmbH und der B-GmbH wurden im Dezember des Streitjahres 2009 festgestellt.

Die Tantiemen wurden weder im Streitjahr noch in den Folgejahren ausgezahlt. Im Jahr 2011 erfolgte lediglich eine Umbuchung auf das Konto sonstige Verbindlichkeit. Eine gewinnerhöhende Ausbuchung der Ansprüche fand nicht statt.