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BFH Urteil v. - III R 218/94

Gesetze: EStG § 6b Abs. 3EStG § 34 Abs. 1 Satz 3EStG § 16 Abs. 1

Setzt die Rücklagenbildung nach § 6b EStG bei Betriebsveräußerung eine Reinvestitionsabsicht voraus?

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) war Eigentümerin eines als gemischt genutzt bewerteten Grundstücks, das zum Betriebsvermögen ihres verpachteten Gewerbebetriebs gehörte. Am 20. Juni 1988 ver äußerte sie das Grundstück für ... DM. Den Erlös verwandte sie teilweise zur Tilgung privater Verbindlichkeiten (Entnahme ... DM), im übrigen zur Tilgung betrieblicher Verbindlichkeiten. Den aus dem Verkauf resultierenden Veräußerungsgewinn führte die Klägerin gemäß § 6 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung einer Rücklage zu, die sie in den zum 31. Dezember 1988 und 31. Dezember 1989 erstellten Bilanzen auswies. Im Jahre 1990 erwarb die Klägerin zwei Eigentumswohnungen und setzte in einer Bilanz zum 31. Dezember 1990 die Rücklage von den durch Kredite finanzierten Anschaffungskosten ab. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Streitjahr (1988) berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) abweichend von der eingereichten Erklärung einen, allerdings nach § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 1 i. V. m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG ermäßigt besteuerten, betrieblichen Veräußerungsgewinn. Der gegen den Bescheid vom 10. November 1989 eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es war der Auffassung, entgegen der in Abschn. 41 b Abs. 10 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1987 getroffenen Regelung setze die Bildung einer Rücklage nach § 6 b Abs. 3 EStG auch im Falle der Veräußerung eines Betriebes weder eine Reinvestitionsabsicht voraus noch bestehe eine Beschränkung hinsichtlich der Verwendung des Veräußerungserlöses. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 825 veröffentlicht. Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Zur Begründung wird u. a. vorgetragen: Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) könne zu der Frage, ob in Fällen wie hier eine Reinvestitionsabsicht gegeben sein müsse, keine eindeutige Antwort entnommen werden. Aus den unterschiedlichen Formulierungen in den vom FG genannten BFH-Entscheidungen ergebe sich jedoch, daß § 6 b EStG zumindest dann nicht anwendbar sei, wenn infolge des Mittelverbrauchs eine Re investitionsmöglichkeit und damit auch eine Reinvestitionsabsicht nicht mehr bestehe bzw. nicht bestehen könne. Insbesondere aus dem Urteil vom 26. Oktober 1989 IV R 83/88 (BFHE 159, 133, BStBl II 1990, 290) gehe eindeutig hervor, daß nach Ansicht des BFH die Bildung einer Rücklage im Wirtschaftsjahr der Entstehung des Veräußerungsgewinns zwar nicht von einer konkreten Reinvestitionsabsicht abhänge, daß aber zumindest eine allgemeine und noch nicht konkretisierte Reinvestitionabsicht bestanden haben müsse. Die hier vertretene Auffassung entspreche im übrigen der seit vielen Jahren unveränderten allgemeinen Verwaltungsauffassung. Selbst wenn man dem FG darin folgen würde, der Gesetzgeber verlange keine Reinvestitionsabsicht, so stehe dies nicht im Widerspruch zu der Anweisung in Abschn. 41 b Abs. 10 Satz 2 EStR 1987. Nach dieser Anweisung werde für eine Rücklagenbildung im Falle einer Betriebsveräußerung vorausgesetzt, daß der Steuerpflichtige die Absicht erkennen lasse, mit den bei der Veräußerung erlösten Vermögenswerten einen Betrieb weiterzuführen. Es werde also nicht expressis verbis auf die Re investitionsabsicht abgestellt, sondern auf die Absicht einer Betriebsfortführung. Die frei gesetzten und der "vorläufigen Steuerstundung" unterliegenden Vermögenswerte sollten mithin einem weiterzuführenden Betrieb zugute kommen. Die Richtlinienregelung werde somit dem Sinn und Zweck des § 6 b EStG gerecht, nämlich dem, einem "Betrieb Mittel zur Rationalisierung und Modernisierung zu erhalten, deren sofortiger Entzug den Steuerpflichtigen über Gebühr belasten würde" (BTDrucks IV/2400, S. 63). Gerade an der Absicht einer Betriebsfortführung fehle es jedoch im Streitfall. Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat diesen Antrag unterstützt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 1997 S. 754
BFH/NV 1997 S. 754 Nr. -1
AAAAB-04913

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