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infoCenter (Stand: Februar 2024)

Anleihen

Roland Ronig

I. Definition der Anleihen

Anleihe ist die allgemeine Bezeichnung für verzinsliche Wertpapiere im weitesten Sinne. Es werden auch die Begriffe Renten, Bonds, Obligationen oder Schuldverschreibung verwendet.

II. Ausstattungsmerkmale

1. Emittent

Durch den Erwerb (Zeichnung) einer Anleihe erhält der Wertpapierkäufer gegen Bezahlung die Rechte eines Gläubigers gegenüber dem die Anleihe ausgebenden Emittenten (Person, Firma oder Institution). Anleihen dienen dem Emittenten zur Deckung seines benötigten Kapitalbedarfs. Die Anleihe stellt – im Gegensatz zur Aktie – in der Bilanz des Emittenten Fremdkapital (Ausnahme nachrangige Schuldverschreibungen) dar, und die gezahlten Zinsen mindern als Betriebsausgaben den Gewinn. Als Schuldner (Emittent) treten die öffentliche Hand (Bund, Länder, Gemeinden), Unternehmen mit Industrieanleihen, Banken und Sparkassen mit Bankschuldverschreibungen sowie ausländische Emittenten auf.

2. Nennwert

Der Betrag, den der Aussteller des Papiers schuldet, wird als Nennwert oder Nominalwert bezeichnet. Aufgrund der fest vorgegebenen Verzinsung, Rückzahlungsgarantie sowie vereinbarten Laufzeiten werden Anleihen auch Renten genannt. Hierbei unterscheidet man zwischen Inlandsanleihen, Fremdwährungsanleihen, Euro-Anleihen sowie Doppelwährungsanleihen.

3. Ausgabepreis

Der Ausgabepreis einer Schuldverschreibung entspricht nicht immer dem Nennwert. Sie kann

  • zum Nennwert (pari)

  • unter dem Nennwert (mit einem Disagio, unter pari) oder

  • über dem Nennwert (mit einem Agio/Aufschlag, über pari)

ausgegeben werden.

4. Rating

Zur Bewertung einer Anleihe gehört neben den Ausstattungskriterien auch die Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Grundsätzlich gilt, dass bei mangelnder oder minderer Bonität und daher höherem Ausfallrisiko ein Aufschlag auf den aktuellen Marktzinssatz gezahlt wird.

Rating-Agenturen bewerten die wichtigsten Schuldner (Firmen und Länder) in einem sehr aufwendigen Prozess bezüglich ihrer Fähigkeit, eine Anleihe fristgerecht bedienen zu können (Zins, Rückzahlung), sowie der dem Anleiheinhaber im Fall eines Konkurses gewährten Sicherheiten.

5. Handel

Der größte Teil der Anleihen wird ebenso wie Aktien an der Börse gehandelt. Der Kurs von Anleihen wird nicht wie bei Aktien in absoluten Beträgen, sondern in Prozent vom Nennwert ausgegeben, und beim Erwerb müssen für den aufgelaufenen Zinszeitraum bis zum Kauftag Stückzinsen entrichtet werden. Die werden dem Veräußerer der Anleihe gutgeschrieben.

6. Laufzeiten

Hinsichtlich der Laufzeiten unterscheidet man zwischen Geldmarktpapieren (Anleihen bis zu einem Jahr) und Kapitalmarktpapieren (Kurzläufer, Laufzeit von maximal fünf Jahren, Langläufer, mindestens zehn Jahre Laufzeit).

7. Verzinsung

Neben festverzinslichen Wertpapieren, die jährlich den gleichen Kupon abwerfen, werden zinsvariable Anleihen (Floating Rate Notes,), unverzinsliche Anleihen (Zerobonds, Sparbriefe) sowie Wertpapiere mit schwankendem Zinssatz (Genussscheine, Hybridanleihen, indexgebundene Anleihen, Stufenzinsanleihen) angeboten.

8. Sonderformen

Neben klassischen Anleihen existieren Wandel-, Umtausch-, Aktien- sowie Optionsanleihen als besondere Kombinationen von Derivaten und Anleihen.

a) Optionsanleihen

Optionsanleihen sind festverzinsliche Wertpapiere mit einem festen Rückzahlungstermin, die von Aktiengesellschaften herausgegeben werden, um sich am Kapitalmarkt Geld von Anlegern zu beschaffen. Bei der Emission ergeben sich folgende drei Versionen:

  1. Die Verzinsung dieser festverzinslichen Optionsanleihen liegt deutlich unter dem Zinssatz, den die Gesellschaften für ein herkömmliches Darlehen aufbringen müssten, teilweise erfolgt keine Verzinsung. Dafür wird die Anleihe ohne Agio ausgegeben, es handelt sich um ein verdecktes Aufgeld.

  2. Erfolgt eine marktgerechte Verzinsung, wird ein offenes Aufgeld auf den Nominalwert verlangt (z. B. Ausgabe zu 120 %, Verzinsung zu marktgerechten 4,5 %, allerdings nur bezogen auf den Nennwert von 100 %).

  3. Bei einer Kombination aus beidem erfolgt die Ausgabe über 100 % (über pari) und zu einem niedrigen Zinssatz, also etwa zu 115 % und einer Verzinsung von 1,5 %. Diese Variante kombiniert also das offene mit dem verdeckten Aufgeld, sie ist aber eher die Ausnahme.

b) Wandelanleihen

Bei einer Wandelanleihe (Wandelschuldverschreibung i. S. des § 221 AktG) besitzt der Inhaber das Recht, innerhalb einer bestimmten Frist die Anleihe in eine bestimmte Anzahl von Aktien des Emittenten umzutauschen. Mit dem Umtausch erlischt der Anspruch auf Rückzahlung des Nominalbetrags der Anleihe.

Pflichtwandelanleihen

Pflichtwandelanleihen sind demgegenüber Wandelanleihen mit Wandlungspflicht.

Die Wandlung von Anleihe in Aktien ist meist nicht jederzeit, sondern nur zu fest vorgegebenen Terminen möglich. Der Anleger kann selbst entscheiden, ob er seine Anleihe in Aktien umwandeln möchte. Da er hierzu keine Verpflichtung hat, nimmt er sein Optionsrecht grundsätzlich nur bei freundlicher Aktienkursentwicklung vor. Bei ähnlichen Produkten wie der Aktienanleihe liegt die Option hingegen beim Emittenten, der nutzt sinkende Kurse zum Tausch und zahlt bei steigenden Aktiennotierungen lediglich den Nennwert.

Das in den Emissionsbedingungen fest vorgegebene Umtausch- bzw. Wandlungsverhältnis gibt an, wie viele Aktien der Besitzer für einen bestimmten Nominalbetrag beziehen kann. In Einzelfällen ist noch eine Zuzahlung bei Wandlung vorgesehen. Mit dem Umtausch erlöschen das Forderungsrecht aus der Anleihe sowie der Anspruch auf die noch verbliebenen Zinskupons. Der Besitzer wird zum Aktionär, indem er das ihm eingeräumte Recht ausübt.

In den folgenden Produkten ist das Dokument enthalten:

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