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NWB-EV Nr. 12 vom Seite 426

Aktuelles zur Testamentsvollstreckung

Teil 1: Rechtsprechung, Gestaltungsmöglichkeiten und Praxishinweise

Eberhard Rott und Christian Vaaßen

Geschätzt 10.000 Testamentsvollstreckungen jährlich und der zunehmende Bedarf aufgrund immer werthaltiger und komplexer strukturierter Nachlässe, aber auch immer komplizierterer Familienverhältnisse, haben der in ihren Wurzeln auf das germanische Recht zurückgehenden Testamentsvollstreckung zu einer enormen Bedeutung als Mittel der modernen Nachfolgegestaltung verholfen. Dies spiegelt sich in einer wachsenden Zahl gerichtlicher Entscheidungen wider. Der Beitrag gibt einen Überblick über die seit dem Beitrag in NWB-EV 11/2019 S. 386 von der Rechtsprechung aufgegriffenen Themen. Bei der Auswahl wurde der Schwerpunkt auf Entscheidungen gelegt, die für die praktische Arbeit von geschäftsmäßigen Testamentsvollstreckern von Bedeutung sind. Ergänzt werden die Ausführungen um Praxishinweise und Gestaltungsmöglichkeiten.

Teil 2 des Beitrags „Aktuelles zur Testamentsvollstreckung“ von Rott/Vaaßen finden Sie hier: NWB CAAAH-67089

Kernaussagen
  • Präzise Formulierungen in der Anordnung der Testamentsvollstreckung verhindern Auslegung entgegen dem wahren Erblasserwillen.

  • Sorgfältige Erfüllung und gründliche Dokumentation der Kardinalpflichten schützt vor Schadensersatzansprüchen der Erben.

  • Der Auseinandersetzungsplan ist wesentliches Werkzeug für eine erfolgreiche Testamentsvollstreckung.

  • Übermaßentnahme kann eine Entlassung begründen.

I. Schadensersatz des Testamentsvollstreckers

1. Sachverhalt (verkürzt)

Die Erblasserin setzte ihre fünf Töchter testamentarisch als Erben zu gleichen Teilen ein. Durch ein späteres Testament wird eine Rechtsanwältin zur Testamentsvollstreckerin bestimmt und eine Verwaltungsanordnung mit dem Inhalt getroffen, dass lebzeitige Zuwendungen an die Töchter F und S von insgesamt 83.586 € und 35.000 € als Vorempfänge zu berücksichtigen sind.

Nach dem Tod der Erblasserin im Jahr 2016 trat die Testamentsvollstreckerin ihr Amt an. Sie veräußerte bestimmungsgemäß das Immobilienvermögen. Aus dem dann vorhandenen Kontoguthaben überwies sie im Juli 2017 an alle fünf Erbinnen je 154.000 €. Hierbei berücksichtigte sie die lebzeitigen Zuwendungen nicht. Auf dem Testamentsvollstrecker-Konto befanden sich sodann noch 24.109,48 €.

2. Erstinstanzlicher Verfahrensgang

Mit ihrer Klage fordert eine der Miterbinnen, die keine lebzeitigen Zuwendungen erhalten hatte, Zahlung von 23.713 € sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i. H. von 1.242,84 € nebst Zinsen. Sie stützt ihre Forderungen auf die pflichtwidrig zu hohe Auszahlung und fehlende Informationen über den Gang der Testamentsvollstreckung über Monate.

Das LG Landshut verurteilte die Testamentsvollstreckerin antragsgemäß. Die Pflichtverletzung bestehe in der Nichtberücksichtigung der Anordnung der Erblasserin, Vorempfänge zu berücksichtigen. Die Testamentsvollstreckerin habe zumindest fahrlässig gehandelt. Da die erforderlichen Geldmittel für alle Erben nicht zur Verfügung stünden und ohne die Pflichtverletzung eine höhere Auszahlung erfolgt wäre, habe sich ein Schaden i. H. von 23.173 € bereits realisiert. Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergäbe sich, weil gegenüber K keine Rechnungslegung erfolgt sei. Die bloße Behauptung, sie habe Miterben informiert, reiche nicht aus.