BVerfG Urteil v. - 2 BvR 1872/21

Kammerbeschluss: Verwerfung einer als Gegenvorstellung auszulegenden Anhörungsrüge gegen einen Nichtannahmebeschluss im Verfassungsbeschwerdeverfahren

Gesetze: Art 103 Abs 1 GG, § 90 BVerfGG

Instanzenzug: Az: 1 StR 519/20 Urteilvorgehend Az: 62 KLs - 213 Js 41/19 -1/19 Urteilvorgehend Az: 2 BvR 1872/21 Nichtannahmebeschluss

Gründe

I.

1Die Beschwerdeführer wandten sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die im Rubrum benannten Entscheidungen. Sie waren der Ansicht, die Feststellungen des Landgerichts Bonn sowie das Urteil des Bundesgerichtshofs stellten eine Verletzung der Unschuldsvermutung dar. Zudem sahen sie sich durch die Veröffentlichung der angegriffenen Entscheidungen in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Verfassungsbeschwerde verbanden die Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung, es der Pressestelle des Bundesgerichtshofs vorläufig zu untersagen, zu verbreiten, der Beschwerdeführer zu 1. habe sich wegen Steuerhinterziehung strafbar gemacht.

2Mit Beschluss vom nahm die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Der Beschwerdeführer zu 2. sei nicht beschwerdebefugt. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. genüge hinsichtlich der angegriffenen Urteile den Begründungs- und Substantiierungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG nicht. Hinsichtlich der Veröffentlichung der angegriffenen Entscheidungen und der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs hätten die Beschwerdeführer den Rechtsweg im Sinne des § 90 Abs. 2 BVerfGG nicht erschöpft.

3Dagegen haben die Beschwerdeführer unter dem eine Anhörungsrüge erhoben und vorgetragen, der Nichtannahmebeschluss beruhe auf einem Missverständnis der Beschwer, weswegen das Bundesverfassungsgericht andere als die eigentlich maßgeblichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe zugrunde gelegt habe. Die Beschwerdeführer hätten sich in der Hauptsache gerade nicht primär dagegen gewandt, dass durch die Veröffentlichung der Entscheidungen ihr Ansehen in der Öffentlichkeit herabgewürdigt werde. Vielmehr sei es ihnen darum gegangen, dass sich das Landgericht Bonn bereits in abschließender Weise in Bezug auf ihre strafrechtliche Schuld festgelegt habe. Der im Beschluss vom zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 2540/08 -, juris, Rn. 1; EGMR, Urteil vom - 17103/10 -, juris, Rn. 18), mit der sich die Beschwerdeführer nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts hätten auseinandersetzen müssen, liege darüber hinaus ein "anderer Sachverhalt" zugrunde. Die dortigen Beschwerdeführer hätten sich in erster Linie gegen die namentliche Nennung ihrer Person in einer mündlichen Urteilsverkündung und die damit verbundene Zeitungsberichterstattung gewandt.

II.

4Der als Gegenvorstellung zu wertende Antrag der Beschwerdeführer ist zu verwerfen.

5Nichtannahmeentscheidungen der Kammern sind unanfechtbar und können auf Gegenvorstellungen hin grundsätzlich durch die Kammer selbst nicht mehr abgeändert werden. Nach Erschöpfung des Rechtswegs und Durchführung des Annahmeverfahrens besteht ein erhebliches Interesse an einer endgültigen Beendigung des Verfahrens, das der Zulässigkeit weiterer gesetzlich nicht geregelter Rechtsbehelfe grundsätzlich entgegensteht. Es kann dahinstehen, ob ausnahmsweise eine Abänderungskompetenz der Kammer besteht, wenn bei der Entscheidung entscheidungserheblicher, dem Bundesverfassungsgericht vorliegender Prozessstoff in einer Art. 103 Abs. 1 GG verletzenden Weise außer Acht geblieben ist (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 256/08 -; vom - 2 BvR 1304/14 -; vom - 2 BvR 2148/16 -; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 2255/17 -; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1586/14 -). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben; im Kammerbeschluss vom wird kein entscheidungserheblicher Prozessstoff übergangen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2022:rk20220119.2bvr187221

Fundstelle(n):
WM 2022 S. 271 Nr. 6
BAAAI-03078