BFH Urteil v. - IX R 24/00

”Geleistete Einlage” i. S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG setzt auch bei Treuhandverhältnissen Zugang von Werten im Gesellschaftsvermögen voraus

Gesetze: EStG § 15a

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist über die Treuhandkommanditistin A-GmbH (Beigeladene zu 2) an der B-KG (Beigeladene zu 1), einem geschlossenen Immobilienfonds, in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft beteiligt, die im Streitjahr 1983 neben Einkünften aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte.

Nach dem Gesellschaftsvertrag der B-KG, den die Gründungsgesellschafter C als Komplementär sowie die C-GmbH und die A-GmbH als Kommanditisten unterzeichneten, war Zweck der Gesellschaft die Errichtung, Verwaltung und Vermietung eines Einkaufszentrums auf einem entsprechenden Grundstück. Das ursprünglich festgesetzte Gesellschaftskapital (100 000 DM) wurde nach Maßgabe des § 3 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages durch den Beitritt von ca. 90 Treugebern über die A-GmbH als Treuhandkommanditistin auf 6 550 000 DM erhöht. Mit der Beitrittserklärung wurde der im Prospekt abgedruckte Treuhandvertrag sowie der Gesellschaftsvertrag von den Treugebern als verbindlich anerkannt.

Nach dem Ergebnis der bei der B-KG durchgeführten Außenprüfung (Bp) hatten 10 Treugeber ihre Einlage zum noch nicht erbracht (insgesamt 1 195 500 DM, darunter die Einlage des Klägers in Höhe von 20 000 DM). Dieser Betrag war in der Bilanz der B-KG zum als sonstige Forderung gegen die A-GmbH ausgewiesen und dahin gehend erläutert, dass es sich um auf das Treuhandkonto eingezahlte, aber noch nicht an die B-KG weitergeleitete Beträge handelte, die erst am an die B-KG überwiesen wurden. Allerdings hatte die A-GmbH mit Schreiben vom die Landesbank beauftragt, ”künftige Eigenkapitaleinzahlungen wertgleich auf das vorbezeichnete Geschäftskonto der B-KG zu überweisen” (vgl. Jahresabschlussbericht; Bp-Bericht Tz. 49 b).

Auf der Basis der Feststellungen der Bp änderte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) mit Bescheid vom die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 1983 gemäß § 164 Abs. 2, 3 der Abgabenordnung (AO 1977), stellte u.a. einen Werbungskostenüberschuss von 2 692 910 DM fest, verteilte diesen auf die Beteiligten und stellte für 1983 u.a. für den Kläger einen nach § 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht ausgleichsfähigen, verrechenbaren Verlust in Höhe von 8 789 DM fest; in den Erläuterungen wies das FA darauf hin, dass der Einspruch hierdurch nicht erledigt sei und das Verfahren fortgesetzt werde.

Nach weiteren Einwendungen erließ das FA unter dem einen Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG für 1983, in dem es für acht Treugeber einen verrechenbaren Verlust in Höhe von insgesamt 562 454 DM feststellte; davon entfielen auf den Kläger 8 789 DM (wie bereits lt. Anlage ESt 1,2,3 B (V) vom ).

Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage, in dessen Verlauf der nur noch für den Kläger in unveränderter Höhe festgestellte verrechenbare Verlust mit Bescheid vom zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde, gab

das Finanzgericht (FG) mit in Entscheidungen der Finanzge-richte (EFG) 2000, 362 veröffentlichtem Urteil in vollem Um-fang statt. Zwar sei eine Festsetzungsverjährung nicht eingetreten; angesichts der beim Kläger gegebenen wirtschaftlichen Belastung infolge der Leistung der Einlage auf das Treuhandkonto sei § 15a Abs. 1 EStG im Streitfall nicht anwendbar.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 15a Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG). Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vor-entscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Das FG hat zu Unrecht die Voraussetzungen des § 15a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG im Streitfall als nicht erfüllt angesehen.

1. Gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG, der nach § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sinngemäß gilt, darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft (KG) nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Das ist, wie sich aus Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift ergibt, dann der Fall, wenn der Verlustanteil die ”geleistete Einlage” übersteigt; denn diese Einlage bestimmt das positive Kapitalkonto des Kommmanditisten. Ein hiernach nicht berücksichtigungsfähiger, sog. verrechenbarer Verlust, der nach § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG gesondert festzustellen ist —dieser Bescheid ist Gegenstand im vorliegenden Verfahren—, mindert gemäß § 15a Abs. 2 EStG die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der KG zuzurechnen sind.

a) Die Voraussetzungen für die Beschränkung des Verlustaus-gleichs liegen im Streitfall entgegen der Ansicht des FG vor.

In Anknüpfung an die in § 171 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) getroffene Regelung ist der ausgleichsfähige Verlust in § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG grundsätzlich auf die zum maßgebenden Bilanzstichtag tatsächlich bereits geleistete Einlage im Sinne eines Zuflusses von Werten in das Gesellschaftsvermögen beschränkt (vgl. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VIII R 8/87, BFHE 165, 27, BStBl II 1992, 232; vom IV R 106/94, BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226; vom IX R 7/95, BFHE 190, 432, BStBl II 2000, 265). Die im Innenverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter bestehende Einlageverpflichtung, die ”ausstehende Einlage”, oder eine entsprechende sonstige Forderung der Gesellschaft gegenüber dem betreffenden Gesellschafter reichen hierfür nicht aus (vgl. , BFHE 182, 26). Daraus folgt für die Zahlung durch Banküberweisung, dass die Einlage i.S. von § 15a Abs. 1 EStG jedenfalls dann noch nicht geleistet ist, wenn der vom Leistenden zur Zahlung angewiesene Geldbetrag lediglich dem Geldinstitut der Gesellschaft gutgeschrieben ist, dieses aber seinerseits über den Betrag noch nicht zugunsten der Gesellschaft disponiert hat. Denn bei Banküberweisungen ist der Wert des überwiesenen Betrages erst dann der Gesellschaft als Empfänger zugeführt, wenn die Gutschrift auf dem Gesellschaftskonto erfolgt ist (BFH in BFHE 165, 27, BStBl II 1992, 232, 233).

b) So verhält es sich auch im Streitfall; denn die Gutschrift des Einlagebetrages auf dem Konto der B-KG ist nach den tat-sächlichen, den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) erst nach dem maßgebenden Bilanzstichtag () erfolgt. Damit hat die A-GmbH als die nach handelsrechtlichen Kriterien zu bestimmende Kommanditistin (vgl. von Beckerath in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 2. Aufl. 2002, § 15a Rn. 45; Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz, § 15a Rz.60) ihre Kommanditeinlage vor Ablauf des Streitjahres 1983 noch nicht geleistet.

Zwar kann auch ein Dritter (hier der Kläger als Treugeber) die Einlage bewirken (vgl. § 267 des Bürgerlichen GesetzbuchsBGB—; Ebenroth/Boujong/Joost, Handelsgesetzbuch, Bd. 1, 2001, § 171 Rdnr. 66; K. Schmidt in Münchener Kommentar, Handelsgesetzbuch, Bd. 3, 2002, §§ 171, 172 Rdnr. 47, 48; BFH in BFHE 182, 26); jedoch muss auch dessen Leistung zum maßgebenden Stichtag in das Gesellschaftsvermögen erfolgen. Dies ist nicht geschehen. Der Kläger hatte zwar den Einlagebetrag auf das Treuhandkonto der A-GmbH vor Ablauf des überwiesen, auch hatte die A-GmbH bereits im November 1983 die Landesbank beauftragt, ”künftige Eigenkapitaleinzahlungen wertgleich auf das vorbezeichnete Geschäftskonto der B-KG zu überweisen”. Die Gutschrift auf dem Konto der B-KG erfolgte aber erst nach dem und damit für diesen Stichtag verspätet.

2. Die Vorentscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend (vgl. § 126 Abs. 4 FGO). Zwar ist der BFH als Revisionsgericht, wenn —wie vorliegend— kein Verfahrensfehler, sondern (nur) die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird, nicht an die geltend gemachten Revisionsgründe gebunden (vgl. § 118 Abs.3 Satz 2 FGO). Indes hat das FG zu Recht erkannt (Urteil S. 11, 12), dass im Streitfall Festsetzungsverjährung nicht eingetreten ist.

3. Die Sache ist spruchreif. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die den Kläger betreffenden Feststellungen des FA in den angegriffenen Bescheiden sind rechtens.

4. Der Senat entscheidet nach § 90a Abs. 1, § 121 FGO durch Gerichtsbescheid.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 894
BFH/NV 2003 S. 894 Nr. 7
KÖSDI 2003 S. 13822 Nr. 8
ZAAAA-71556